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Die faule Gabe II. Und die Lampe löscht das Licht


Freienweide

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„Ich will dich nicht....Ich will dich nicht.“ Sahra sitzt verkrampft in ihrem Sessel und starrt auf ihren Bauch, während sie immer und immer wieder mit zitternder Stimme den gleichen Satz wiederholt.

Sie lebt bereits seit einigen Jahren alleine, in dieser kleinen Wohnung am Rande der Stadt. Die Tränen fließen unaufhörlich ihre Wangen hinab und durchnässen ihren neuen grauen Pullover. Ihr leerer Blick versucht die trostlose Schwärze des Zimmers zu durchdringen, doch das Licht der kleinen Lampe, welche neben ihr auf dem Nachttisch steht, ist so schwach, dass sie nicht einmal ihre eigene Hand erkennen kann. Außer dem leisen Krähen eines Hahnes, das irgendwo in der Ferne ertönt, hört sie lediglich das rhythmische Ticken der Wanduhr, welches sie regelmäßig in eine Art Trance verfallen lässt, aus der sie nach kurzer Zeit wieder ruckartig erwacht.

In sich zusammengesunken, senkt Sahra nun erneut den Blick auf ihren Bauch. „Ja....du musst weg...“, flüstert sie leise und nickt dabei mit dem Kopf.

Dann nimm dies, Sahra. Es ist nur für dich.“, bringt plötzlich eine heisere Stimme hervor, die aus der hintersten Ecke des Zimmers zu kommen scheint. Fast gleichzeitig taucht aus der Dunkelheit ein unnatürlich langer Arm, mit einer knöchernen Hand auf, welche der jungen Frau langsam immer näher kommt. Als die Hand sich öffnet, erscheint in ihr ein verfaulter, stinkender Apfel, in dem bereits einige Maden umherkriechen.

Doch aus irgendeinem Grund empfindet die junge Frau, in diesem Moment, weder Angst noch Ekel. Im Gegenteil, sie nimmt das faule Obst bereitwillig entgegen und ohne auch nur ein Wort zu sagen, beißt sie hinein. Nachdem sie das komplette Stück heruntergeschluckt hat, verschmilzt die seltsame Hand langsam wieder mit dem tiefen Schwarz des Zimmers.

Sahra atmet einige Male tief durch und greift dann nach ihrer Nachttischlampe. Vorsichtig hebt sie diese an und rammt sie mit all ihrer Kraft gegen den Bauch. „Ich will dich nicht, geh weg!“, schreit sie und schlägt dabei unaufhörlich weiter auf sich ein. Das Blut läuft ihr inzwischen in Strömen aus dem Mund. Durch die heftigen Hiebe auf den Magen erbricht sie qualvoll mehrmals ihr halbverdautes Essen und selbst, als bereits die Bauchdecke geöffnet und ihr Magen, sowie das Kind zu sehen sind, hört sie nicht auf. Erst, als ihr Ungeborenes bis zur vollkommenen Unkenntlichkeit zermalmt ist, lässt sie die Lampe fallen und lehnt sich grinsend zurück in ihren Sessel.

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