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Die endgültige Fassung: Das Varieté Teil 1


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Die Geschichte der tanzenden Schaufensterpuppe ist nur solange lustig, wie diese auch tanzt. Sie selbst hält sich für wertlos, denn wie soll man die schönen Kleider an ihr bestaunen, wenn es ihr nicht gelingt einfach mal stehen zu bleiben?

Eine außergewöhnliche Puppe, doch eben wie alle Puppen ohne Emotionen und gerade deshalb nicht viel mehr als ein Würfel, bei dessen Wurf nur Sechsen fallen. Schön anzuschauen, aber eben nutzlos.

In der linken Hand hält sie eine kleine, gläserne Rose, welche jeden Blick auf sich zieht und mit glanzvoller Schönheit verflucht worden ist. Ein jeder der sie sieht, verfällt in den Zustand der abgöttischen Liebe zu ihr. Wie schade das doch ist. Sie können ihr ja weder Blumen schicken, noch ihre Blüte berühren, da diese sonst zerbricht. Denn brechen möchte man ausschließlich den Fluch, was nebenbei nur gelingen würde, wenn man jenes Wesen findet, das innerlich so hässlich ist, wie das Röslein außen schön. Die dritte Person, in diesem beklagenswerten Bunde ist der feine Herr Direktor, welcher stets betrunken ist, ohne es zu merken. Denn leider zeigt der Alkohol bei ihm keine Wirkung. So versucht er seinen Frust über diese Tatsache im Schnaps zu ertränken und gerät somit in einen ewigen Kreislauf aus Verzweiflung und Hoffnung gleicher Maßen. Doch nun wollt ihr sicher wissen, warum ich das erzähle. Nun, diese drei Gestalten sind die zentralen Akteure im wohl größten aller Varietés. Es vergeht wahrlich kein Tag ohne Vorführung und ausverkaufte Ränge. Ich bin wie die Anderen, doch nur einer von vielen Zuschauern.

Noch ist der grüne Vorhang geschlossen und wir sitzen alle, jeweils alleine, still in unseren offenen Särgen und sind gespannt, ob das was passiert das Gleiche sein wird, wie beim letzten und vorletzten Mal. Die Maske mit der lachenden und weinenden Hälfte schiebt sich nach einer Weile durch besagten Vorhang und spricht: „Die tragische Geschichte, die jeder kennt, nimmt ihren Lauf. Mal ist man eben gut und mal auch schlechter drauf.“ Zwei Mädchen, eingehüllt in grauem Stoff mit Schleier vorm Gesicht, beginnen damit, eine von rechts, die andere von links, den Vorhang zu zerreißen. Wir lehnen uns zurück, denn erst jetzt beginnt das Stück.

Man erinnert sich als Erstes, an etwas sehr positives oder sehr negatives. In diesem Fall beginnen wir mit Letzterem. Wir sehen ein Geschäft voll alter Kleider und den Mann, der sie verkauft. Die Menschen schätzen ihn und seine Ware, welche neben der Kleidung wohl auch die gute Laune ist. Denn sie steckt an und sein strahlend weißes Lächeln zaubert selbiges in die Gesichter seiner Kunden. Auch ist die eine oder andere Leckerei unter seinem Zylinder versteckt, sollte sich der Sohn oder die Tochter einmal langweilen. Dies ist der Vater unserer tanzenden Puppe. Ohne zu klagen tut diese ihr Werk und präsentiert gekonnt den bunten Stoff. Doch abends, wenn das Licht erlischt, fängt sie erst wirklich an zu leben. Eines Nachts kehrt der alte Herr unverhofft in das Geschäft zurück und sieht sein Püppchen tanzen. Seine schönen weißen Zähne werden gelb, die Augen glühen rot und seine Haut wird so grau, wie der dichteste Nebel. Wütend fragt er was ihr denn einfällt ihre Pflicht so zu missachten. Das Schwarz der Nacht zeichnet seinen Charakter nun mal ebenso, wie das weiße Licht der Sonne und so verlässt die Puppe ihr geistiges Gefängnis und zieht von dannen.

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Ich hatte Deine Antwort vorhin am Handy gelesen und wollte Dir gerade schreiben, dass ich es schön finden würde, Du Dir die Mühe aber nicht machen brauchst!

Deine Geschichte hat mich zu einem eigenen Gedicht, über eine Marionette inspiriert, an dem ich immer noch bastele.

 

Es ist sehr lieb von Dir, vielen Dank!

Ich freue mich sehr darüber!

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