Zum Inhalt springen

Der Schmied (ein Gedicht über Parkinson)


Empfohlene Beiträge

Der Schmied

 

Die Aussicht ist trüb und von keiner Gestalt,

was einst so schön warm war, ist schmutzig und kalt,

sein Glück kann der Schmied zwar alleine gestalten,

doch sein Glanz ist längst weg und sein Lächeln verhalten,

einst träumte er laut, heute träumt er nur leise,

kann nicht raus aus der Haut, dreht sich unrund im Kreise,

und stolpert dabei - so wie er es nicht mag,

mit dem Wirkstoff im Blick - völlig blind in den Tag,

 

Meld Dich doch mal - hört er so viele sagen,

doch er meldet sich nicht, denn er kann's kaum ertragen,

dass sich alles entwickelt, und wächst und gedeiht,

doch er selbst ist dank Parkinson davon befreit,

doch er schlägt sich ganz wacker, ja er trotzt dieser Last,

greift mit zittriger Hand, nach dem letzten Stück Ast,

doch es fallen nur ungewollt Blätter zu Boden,

will er Ast, braucht er sicher ganz neue Methoden,

und das gilt für alles - für sein ganzes Leben,

was früher ganz leicht ging - muss er jetzt erstreben,

zum Leben - da muss er sich wohl dran gewöhnen,

gehört jetzt auch zunehmend Fluchen und Stöhnen,

 

Doch wo so viel Schatten ist, ist sicher auch Licht,

an Aufgeben denkt er ganz sicherlich nicht,

doch was bleibt noch - wo kann er denn jetzt noch gewinnen,

eventuell kann er sich darauf besinnen,

was ihn - nach wie vor richtig liebenswert macht,

wie er - es genießt, wenn er hemmungslos lacht,

dass er krank ist - aber immer noch mitten im Leben,

er hat nach wie vor noch eine Menge zu geben,

er kann Gutes tun, wenn er denn Gutes tun will,

da wo Andere laut sind, ist er vielleicht still,

 

Doch jetzt nur noch Trauern - er wäre ein Narr,

ob mit Tremor am Zittern, oder ganz steif und starr,

so bemüht er sich redlich, das Schöne zu sehen,

ja - denn irgendwie muss es ja eh weitergehen,

jeder Tag - jedes Tun kostet so viel mehr Kraft,

und er fragt sich, was habe ich heute geschafft,

dabei ist die Erwartung, die wir an uns haben,

viel zu hoch und wir sollten sie besser begraben,

 

Einen Maßstab, den gibt es mit Parkinson nicht,

denn man sucht in den dunkelsten Ecken nach Licht,

und da schließt sich der Kreis, wir sind wieder beim Schmied,

er steht vor der Glut und summt leise ein Lied,

warum musst' gerade er an der Krankheit erkranken,

und er ist es so leid, sich mit dieser zu zanken,

lang steht er da - ganz vertieft in Gedanken,

wie wird man fertig mit so einem Biest,

er überlegt, was das klügste ist - und er beschließt,

es besiegen das geht nicht, also hat er entschieden,

mit dem Parkinson schließt er auf Lebenszeit Frieden.

 

Morten Müller-Schnelle, 2018

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • Antworten 3
  • Erstellt
  • Letzter Kommentar

aktivste Mitglieder in diesem Thema

aktivste Mitglieder in diesem Thema

Hallo Halbnorweger,

 

du beschreibst in diesem Gedicht diese unheilbare Krankheit Parkinson, sehr eindrucksvoll und wahrhaftig- ich würde annehmen, das du selbst an Parkinson erkrankt bist oder Jemand aus deinem nahen Umfeld.

Ich konnte Zeile für Zeile mitgehen, weil ich auch diese Krankheit habe- und es ist genauso, wie du es beschreibst- auch wenn ich kein Schmied bin.

Nur mit der letzten Zeile; " mit Parkinson schließt er auf Lebenszeit Frieden", kann ich nicht mitgehen, das habe ich nicht geschafft ….

 

Vielen Dank für dieses Gedicht

 

es grüßt

die eiselfe

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Eiselfe,

ich bekam die Diagnose mit 36 Jahren. Bin jetzt im 8. Jahr meiner Erkrankung, und glaube das der letzte Satz weitestgehend auf mich zutrifft! Zumindest jetzt noch - wer weiß wie es sich entwickelt! Freut mich, dass Dir mein Gedicht gefällt! Was neben dieser ganzen Grütze „Parkinson“ jedoch wirklich beeindruckend ist, ist die Tatsache, dass ich sehr kreativ geworden bin! Seitdem ich vieles, was ich früher als Rechtshänder mit der rechten Hand gemacht habe, nun immer mehr mit der linken Hand machen musste, und somit ja die rechte (kreative) Gehirnhälfte mehr beanspruche (das läuft über Kreuz), sprudelt die Kreativität....! Ich komponiere Musik, schreibe Songtexte, Gedichte, Fotografiere und vieles mehr! Wie ist das bei Dir - bist Du auch kreativer geworden?

 

LG Morten

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Morten,

 

du hattest die Diagnose sehr früh mit 36 Jahren, ich war gerade 50 geworden, das ist jetzt auch 8 Jahre her und ich dachte, das ich noch relativ jung bin- heute weiß ich, das schon sehr junge Menschen Parkinson bekommen können.

bin beeindruckt was du so alles machst, das ist gut so.

Ich schreibe seit meiner Diagnose Gedichte, das macht mir Spaß und hilft mir die Probleme mit dieser Krankheit zu verarbeiten.

 

es grüßt

die eiselfe

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Du möchtest dich an der Unterhaltung beteiligen?

Du kannst direkt mit in die Diskussion einsteigen und einen Beitrag schreiben. Anschließend kannst du ein eigenes Autoren-Konto erstellen. Wenn du schon ein Autoren-Konto hast, Logge dich ein um mit deinem Konto an der Diskussion teilzunehmen.

Gast
Schreibe hier deinen Kommentar ...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung wiederherstellen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.


×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.