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Was erlauben sich Gott?


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Was, so frag ich, erlauben sich Gott?
Habt ihr Menschenkinder denn wirklich alles vergessen?
Wegen eines Apfelbisses vertrieb er die Menschen aus Eden,
ewig muss die Schlange kriechen und Wüstenstaub fressen,
Jahwe ließ sich in seiner Güte von niemand bereden,
schenkte den Frauen die grausigen Schmerzen bei jedem Gebären,
hätt er die Männer zum Kreißen verurteilt, ich denke, sie wären
längst schon vom Glauben gefallen, vom Irrtum befreit und beglückt,
hätten sie Gott und Satan samt Schlange flugs in die Wüste geschickt.

Dieser Gott, der nicht nur Eisen wachsen ließ,
trieb, nicht alle wissens, Lilih erst, dann Adam
nebst der Eva ohn Erbarmen aus dem Paradies.
Sein Entschluss war göttlich aber radikal,
inhuman und kriminell und schau ich mal
die Genesis mir genauer an, dann graut es mir!
Und ich frage: Jahwe, was erlaubst du dir?

Wie soll ich dir, dem Weltenschöpfer, je verzeihn,
dass du mit Moses und Aaron im Verein
Ägyptens großes Volk beinah vernichtet hast;
ich habe deine Untat mal in Verse kurz gefasst:

Du wandeltest des Lebensstromes Nil In deiner Wut
mit einem Streich für sieben Tage lang zu Blut,
du ließest hunderttausend Frösche wimmeln und
Moskitos stechen, Menschen leiden, Vieh und Hund.

Du schicktest Ungeziefer, elend stechendes Geschmeiss
in jedes Haus, es litten alle Menschen - Gott, was soll der Scheiß?
Doch damit nicht genug: Die Beulenpest befiel die Rinder,
Kamele starben, viele Pferde, Schafe und auch Kinder.

Die Schwarzen Blattern waren nicht die letzte deiner Plagen,
der Hagel tötet Mensch und Vieh, zerstört in sieben Tagen
die Ernte, jedes Grün und Heuschrecken fressen alle Blätter -
so sinnlos tobten nie die heidnisch ägyptischen Götter!

Die neunte Plage waren finstre Nächte im Ägypterland,
die Krönung war, dass Gott paar Engel vom Himmel gesandt,
die schonten das Leben der jüdischen Auserwählten,
und murksten alle ab, die nicht zu jenen zählten.

Das alles sei Mythos und heute bewahre Vernunft uns
vor solchen skurrilen Gedanken und keinerlei Ängste
befallen die Menschen, wenn Spinner sie schüren, um Panik
in Herz und Verstand uns zu senken. Ihr irrt euch, ihr Lieben,
die Plagen, sie tragen nur andere Namen, und glaubt mir:

Die Summe der Leiden, die Gott uns verordnet, hat nie sich
geändert und wem es zu gut geht, dem zeigen die Engel
des Himmels sehr bald mit dem Schwert, wie man schlachtet im Namen des Herrn

Kriege, Hungersnöte, Klimawandel, Terror, Epi- oder Pandemien
alles schon mal dagewesen, selbst Vulkanausbrüche locken niemand
hinterm Ofen vor. Mit anderen Worten: Hier im deutschen Land
herrscht wohl eitel Sonnenschein, wenn da nicht wären fiese Allergien.

Nach zehn Ägypterplagen hast du, hasserfüllter Gott, mit Akribie
vorerst -zig neue uns serviert. Wir sind allergisch gegen Senf und Sellerie,
auch gegen Eier, Obst und Nüsse, Fisch und Soja, Hausstaub, Krustentiere,
Lupinen, Milben, Blütenstaub, bei Sesam strecken wir bald alle Viere
von uns; und Husten, Asthma, Durchfall, Juckreiz, Schmerzen und Erbrechen
begleiten den Allergiker, mein Gott, wofür willst du dich an uns rächen?

Ich neige nicht, und wage es kaum laut zu sagen,
zu Allergien; jedoch, wenn meine These richtig ist,
die Summe aller Leiden sei stets gleich, und Plagen
bestimmten unsern Lebenslauf, das seelische Gerüst,
dann bleibt die Frage: Was und wer macht dir das Leben schwer?


Die Dummheit zuvörderst, der Hass, das Geschwätz der Propheten,
die selbst sich ernennen, Geschwulze von Opfergerüchen
ihr eitles Gefasel uns nimmer ersparen . Wir beten
verzweifelnd, denn Dilletantismus gehört zu den Flüchen,
des irdischen Lebens;
wir warten vergebens

und zittern verzagt vor der schlimmsten Verfluchung des Herrn:
Die Rache ist mein und sie ist nicht mehr fern -
das nächste Gedicht eines Stümpers, gepflastert mit Inversionen,
bewirkt einen anaphylaktischen Schock und er wird niemand verschonen.

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Hallo Carlos,

der anaphylaktische Schock, diese schlimmste Reaktion auf eine Allergie, naht sich mir, wenn die Sprache vergewaltigt, die Poesie beleidigt wird.

Für Dein übergroßes Lob danke ich Dir sehr! Jetzt trau ich mich, auch kürzere (zwölfstophige) Gedichte einzustellen.

Liebe Grüße,

Hayk

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Hallo Perry,

nein, eine flachbrüstige Bibel- oder Religionssatire war nicht meine Absicht. Wenn meine Intention daneben gegangen ist, liegt das an mir. Was war meine Intention?

Die Summe der Leiden/Plagen, so behaupte ich, ist zu allen Zeiten gleich. Was den alten Ägyptern ihre zehn Plagen waren, sind uns Heutigen die zahlreichen Allergien.

(Dass sie allesamt, nimmt man den Allmachtsanspruch eines Gottes ernst, eben von desem Gott zu verantworten sind, ist nur ein kleiner Seitenhieb auf die Schriftgläubigen).

Zurück zu der Summe der Plagen: Selbst ein glückliches Individuum, das von sich behaupten kann, unbeschadet von Allergien durchs Leben zu wandeln, entdeckt irgendwann das Lindenblatt, das seine Verletzbarkeit markiert. Beim Autor ist es die Plage des Gesamtpakets Dummheit, Hass, geschwätziges Dilettantentum.

Der daraus resultierende anaphylaktische  Schock ist nicht die Plage, sondern die Folgeerscheinung des in diesem Fall menschengemachten Übels.

Liebe Grüße,

Hayk

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Hallo Hayk,
ich habe gehofft, dass Du den unsäglichen Spruch von Trappatoni nur als Textanreiz verwenden wolltest.
Was die Plagen der Menschen in Form von Allergien anbelangt, haben diese m. M. nach nichts mit einem Gott zu tun, sondern sind u. a. evolutionäre Anpassungsschwierigkeiten des menschlichen Körpers an eine zum Teil selbstverschuldete beschleunigte Änderungen der Umweltbedingungen.
LG
Perry

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Hallo Perry,

mit Trappatoni hast Du weitestgehend Recht. Wenn man diverse Bibeltexte ernst nimmt, versteht sich "Gott" aber selbst als Plural, und dann stimmt das "was erlauben sich..." schon fast wieder.

Mit Deiner entwicklungsgeschichtlich fundierten Aussage hast Du natürlich auch Recht. Die Schilderung der zehn ägyptischen Plagen ließe sich vielleicht auch so erklären/deuten. Aber im Alten Testament werden sie als gottgewollt und nach Gottes Willen beschrieben.

Liebe Grüße,

Hayk

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Hallo Freiform,

wenn das, was ich da "raus gehauen" habe, schon ein bisschen gefällt, bin ich ja schon ganz happy. Bei anderen Gedichten (ich bin mit der Bezeichnung "Gedicht" sehr vorsichtig) hoffe ich, dass - vor allem bei längeren - die Vers- und Strophenform zum Lesen des gesamten Werkleins anregt. Danke für das eingeschränkte Lob!

 

Hallo avalo,

bisschen Beachtung zu finden, ist doch auch ganz schön! 

Was ich nicht ganz unterbringe, ist der Hinweis auf die jungen Wilden. In meiner Selbstauskunft gebe ich an, dass ich zu den älteren Semestern zähle.


Liebe Grüße Euch beiden,

Hayk

 

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sehr interessantes Gedicht, tja, was erlaubt sich Gott?

Er erlaubt sich, seine ganze Macht aufzugeben und Mensch zu werden, bis zum bitteren Ende am Kreuz, nein, er hat sein Gottsein nicht aufgegeben, aber er ist ganz Mensch geworden um die größte Rettungsaktion der Weltgeschichte zu starten… weiter will ich das hier nicht ausführen, ist je keine Bibelstunde hier, aber die Mühe lohnt sich mal ein ganzen Evangelium (z.B. „Die Gute Nachricht“) durchzulesen, dann können Terminologien wie „hasserfüllt“, „vergebens“ oder „verzweifelnd“ umgekehrt werden in „voller nicht endender Liebe“, „begnadet“ und „hoffend“ – denn ER ist nicht am Kreuz geblieben…..

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Nur mal so andeut...

Heiden, die leider oft als gottlos betitelt werden, obwohl keine Religion mehr Götter hat, wie das Heidentum, tolerieren jede andere Religion und vor allem missionieren sie nicht.

Den Christen ihren Gott, den Muslimen ihren Allah, den Buddhisten ihren Budda, den Heiden ihre Götterfamilien, den Satanisten ihren Luzifer, den Wicca ihre Hexen und den Atheisten das Nichts....

Jedem so, wie's ihm gefällt !

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