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Hallo Schmuddelkind,

 

eine Trennung. Ich empfinde dabei, auch wenn das nicht 'geschrieben steht', das Gefühl, es hat sich um eine 'sanfte' Trennung gehandelt. Damit meine ich, eine 'friedliche', in der Hinsicht, dass sich mir hier ein LI zeigt, das nicht den Charakter oder das 'Wesen' als Natur hat, die dann zum 'Rosenkrieg' geführt hätte. Für mich spricht hier ein Träumer. 

 

Mir gefällt aber tatsächlich hier die zweite Strophe besser als die erste (was nicht heißt, dass mir die erste Strophe nicht gefällt, damit es kein Missverständnis gibt). Und das, obwohl ich mit dem letzten Vers kurz eine kleine 'Verständigungsschwierigkeit' hatte. 

Am 27.2.2020 um 23:33 schrieb Schmuddelkind:

in unsrem tristen Abendstillen.

Das, erkannte ich, lag am Wort 'unsrem' und an dessen Verbindung (als 'Sinneinheit') mit 'tristen'. Unsrem tristen. Ich dachte dann darüber nach und ich glaube, ich fand meine Deutung dafür. Das LI, so interpretiere ich es, hat die Trennung nicht verwunden - und daher emotional auch noch nicht vollzogen. Für mich befindet sich das LI also noch immer mitten in der 'Verarbeitungs- und Aufarbeitungsphase'. 

 

Und,um das auch zu erwähnen: Abendstillen ist ein sehr schöner Begriff! Er erzählt mir viel, von den Tagen, an denen (vielleicht) Beruf und Alltag für gedankliche Ablenkung sorgen. Wenn aber das LI abends alleine zuhause ist, dann ist es - still. 

 

Am 27.2.2020 um 23:33 schrieb Schmuddelkind:

Er weiß von deinen Träumen nicht

und ich kann sie dir nicht erfüllen,

Diese beiden Verse sagen mir am meisten zu. Sie 'charakterisieren' das LI und machen es für mich (im übertragenen Sinne) 'greifbar und real'. Verließ das LD das LI unter Umständen sogar genau deswegen? Suchte sich einen Realisten statt des Träumers? Da bieten sich mir beim 'Weiterdenken' viele Möglichkeiten, was der Trennung vorausging. Und, wie du sicher inzwischen weißt, schätze ich das sehr. 

 

Am 27.2.2020 um 23:33 schrieb Schmuddelkind:

und ich kann sie dir nicht erfüllen,

solange er von seinen spricht

Verdeutlicht wird das hier. Denn bei 'solange er von seinen spricht' entsteht damit ein Widerspruch - wäre der neue Partner ebenfalls ein Träumer, würde das nicht passen. Aber - es passt eben doch. Weil das die Sicht des LI ist, das Bild, die Vorstellung, die das LI vom neuen Partner hat - was nicht der Realität entsprechen muss. Ihr eben auch widersprechen kann.

 

Wirklich sehr schön und in der Kürze trotzdem sehr vielfältig, mit viel Freiraum, was du hier geschrieben hast.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch diesen Vers in Strophe eins erwähnen:

Am 27.2.2020 um 23:33 schrieb Schmuddelkind:

die du mir sonst so sanft und mild

 

Sonst. Auch das ist für mich ein Hinweis, dass das LI 'noch nicht fertig mit der Tatsache der Trennung ist'. Sonst stünde hier 'einst'. Denke ich mir.

 

 

(Hier hatte ich leider irgendwie verschusselt, den Vers (Strophe 1, Vers 3) als Zitat einzufügen und leider kann ich die Zitierfunktion beim Korrigieren nicht mehr nutzen, es wird automatisch in einen neuen Beitrag eingefügt. Also hier bitte 'Strophe 1, Vers 3, Zitat' hindenken: wie ein Versprechen zugedacht,:classic_blush:

 

Wie ein Versprechen. Das vielleicht gar nicht das LD gab. Sondern das LI sich selbst gab - weil es sich das so erträumte. Denn dem Versprechen folgt hier: Zugedacht. Das kann ich im übertragenen Sinn verstehen - aber auch wörtlich nehmen.

 

Am 27.2.2020 um 23:33 schrieb Schmuddelkind:

das sich im Worte selbst erfüllt.

Manchmal, da sind - Worte aber auch einfach nicht genug. Vielleicht 'scheiterte' es daran? Erfüllung (seitens des LD) - nur in der Vorstellung (des LI)?

 

Es war mir wieder eine echte Freude, Schmuddelkind! :grin:

 

LG,

 

Anonyma

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  • 4 Wochen später...

Ihr Lieben,

 

mit fast einmonatiger Verspätung komme ich endlich dazu, mich für eure Kommentare und Interpretationen zu bedanken.

 

Am 5.3.2020 um 13:05 schrieb Carry:

dieser Text ist sehr tiefsinnig und grandios.

Das gefällt mir unglaublich gut.

Vielen Dank, liebe Carry!:classic_smile:

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

eine Trennung. Ich empfinde dabei, auch wenn das nicht 'geschrieben steht', das Gefühl, es hat sich um eine 'sanfte' Trennung gehandelt. Damit meine ich, eine 'friedliche', in der Hinsicht, dass sich mir hier ein LI zeigt, das nicht den Charakter oder das 'Wesen' als Natur hat, die dann zum 'Rosenkrieg' geführt hätte. Für mich spricht hier ein Träumer. 

Das ist eine mir sehr sympathische Interpretation, liebe Anonyma, denn darin steckt die Tragik, dass der Träumer, dem Traum nachhängend, das mit der Ablehnung verbundene Leid in ganzer Intensität spürt, was möglicherweise genau der Grund für die Ablehnung sein könnte. Ich selbst hatte es eher so gelesen, dass das LI der machtlose Dritte in einer Dreiecksbeziehung ist, aber auch ein solcher ist ja oft ein Träumer. Jedenfalls ist der Widerstreit zwischen Träumerei und harter Realität hier definitiv ein Grundthema. Nach meiner Lesart teilt das LI mit dem LD den Traum der geteilten Zweisamkeit, aber die Träume scheinen nicht zu genügen und das Gegenüber entscheidet sich vermutlich für die vermeintliche Sicherheit im Gewohnten. Aber vielen Dank, dass du das Gedicht aus deiner Perspektive erklärt und dabei so tief beleuchtet hast. Deine Gedanken zum Text finde ich, wie so oft, sehr lehrreich.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Mir gefällt aber tatsächlich hier die zweite Strophe besser als die erste

Wenn ich mich recht entsinne, habe ich auch die zweite Strophe zuerst geschrieben.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Das LI, so interpretiere ich es, hat die Trennung nicht verwunden - und daher emotional auch noch nicht vollzogen. Für mich befindet sich das LI also noch immer mitten in der 'Verarbeitungs- und Aufarbeitungsphase'.

Besonders interessant wäre dann in dieser Deutung die Verwendung des Possessivpronomens "unser" - hier zeigt sich, wie sehr das LI der gemeinsamen Vergangenheit verhaftet ist.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Abendstillen ist ein sehr schöner Begriff! Er erzählt mir viel, von den Tagen, an denen (vielleicht) Beruf und Alltag für gedankliche Ablenkung sorgen. Wenn aber das LI abends alleine zuhause ist, dann ist es - still. 

Danke! Ja, dieser Moment, in dem nach den alltäglichen Ablenkungen die Stille einsetzt, kann unglaublich intensiv sein und erscheint mir von einer Melancholie begleitet zu werden, die es nur in diesem Zusammenhang gibt. Für viele Menschen ist diese Situation unerträglich und sie suchen sich Ablenkung oder Gesellschaft, obwohl es wohl wichtig wäre, die Stille aufzusuchen und zu sich selbst zu finden.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Diese beiden Verse sagen mir am meisten zu. Sie 'charakterisieren' das LI und machen es für mich (im übertragenen Sinne) 'greifbar und real'. Verließ das LD das LI unter Umständen sogar genau deswegen? Suchte sich einen Realisten statt des Träumers? Da bieten sich mir beim 'Weiterdenken' viele Möglichkeiten, was der Trennung vorausging. Und, wie du sicher inzwischen weißt, schätze ich das sehr. 

Ja, da wird wohl viel in diese Richtung angedeutet, aber nichts wird vorweggenommen. Vermutlich können viele ihre eigene Geschichte irgendwie darin wiederfinden. Mir scheint es auch ein wenig so, als wäre das LI dem LD zu verträumt. Im Grunde ist die dritte Person in dem Gedicht der Sieger, weil ihm der Zugang zu den Träumen des LD fehlt. Er handelt, sieht dabei zwar nicht das LD, bietet ihm aber Sicherheit durch seine Aktivität. So in etwa lese ich es.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Aber - es passt eben doch. Weil das die Sicht des LI ist, das Bild, die Vorstellung, die das LI vom neuen Partner hat - was nicht der Realität entsprechen muss. Ihr eben auch widersprechen kann.

Ich mag meine Gedichte (und die anderer) v.a. dann, wenn sie sehr subjektiv sind, wenn es keine klare Wahrheit gibt, sondern nur eine Sichtweise. Als Leser kann man sich dann ganz in diese Sichtweise fallen lassen oder sich herauswinden, indem man die Interessenslage des LI durchleuchtet und wie dies die Wahrnehmung des LI prägt.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Sonst. Auch das ist für mich ein Hinweis, dass das LI 'noch nicht fertig mit der Tatsache der Trennung ist'.

Stimmt. Das passt wirklich gut in die Deutung. Bemerkenswert, dass du auf diese kleinen Details achtest!:thumbsup:

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Wie ein Versprechen. Das vielleicht gar nicht das LD gab. Sondern das LI sich selbst gab - weil es sich das so erträumte. Denn dem Versprechen folgt hier: Zugedacht. Das kann ich im übertragenen Sinn verstehen - aber auch wörtlich nehmen.

Wow! Danke! Das hätte ich besser nicht erklären können. Ja, auch hier wieder zeigt sich der Hang des Gedichts, die subjektive Wahrnehmung des LI zu objektivieren. Finde ich gerade richtig klasse, wie du aus dieser Sentimentalität eine extern belastbare Sichtweise herausarbeitest.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Manchmal, da sind - Worte aber auch einfach nicht genug. Vielleicht 'scheiterte' es daran? Erfüllung (seitens des LD) - nur in der Vorstellung (des LI)?

Ja, da scheint dann alles zusammenzuprallen: Die enorme Subjektivität mit den unveränderlichen äußeren Notwendigkeiten, die Träumerei mit der Realität.

 

Am 5.3.2020 um 14:27 schrieb Anonyma:

Es war mir wieder eine echte Freude, Schmuddelkind! 

Die Freude ist ganz meinerseits. Wieder einmal hast du meinen Text mit deiner tiefsinnigen Betrachtung bereichert.:classic_smile:

Danke!

 

LG

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Hallo Carlos,

 

wie bei Krimis versucht ja bei Gedichten auch jeder den "tatsächlichen" Hergang für sich zu rekonstruieren. Nur anders als bei Krimis gibt es bei Gedichten natürlich keine eindeutige Wahrheit. Insofern bin ich immer glücklich, wenn sich jeder auf seine Weise meine Gedichte zurechtreimt, solange es sich auch wirklich auf mein Gedicht reimt.

 

vor einer Stunde schrieb Carlos Larrea:

Man kann als Tatsache gelten lassen, dass nur unerfüllte oder tragische Liebe Stoff für Lyrik bietet.

Das würde ich in der Absolutheit nicht sagen. Es gibt auch wundervolle Gedichte über glückliche, erfüllte Liebe. Aber ich gebe dir insofern recht, dass unerfüllte Liebe schon den "spannenderen" Stoff bietet. Ich finde es auch tatsächlich tröstend, wenn es mir nicht gut geht, in den Texten anderer zu sehen, dass mein Gefühl auch da draußen in der Welt ist. Daher mag ich wohl auch generell lieber traurige Gedichte und Geschichten.

 

LG

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