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Den Himmel halten: Teil 9


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Wir frühstückten ausgedehnt und schafften es, die Stimmung des Vorabendessens noch einmal aufleben zu lassen. Mir wurde hoch angerechnet, mich nicht einfach vom Acker gestohlen zu haben, womit felsenfest gerechnet wurde. Durch deine Ausführungen, die Marthas Person betrafen, gelang es mir auch, ihr anders gegenüber aufzutreten, was ihrerseits mit der Reduzierung des Gebrauchs von Schimpfworten belohnt wurde. Es war also ein Frühstück in angenehmer Atmosphäre und als du mir anbotst, auch mich zum Frühstück einzuladen, nahm ich gerne und dankend an.

Irgendwann mussten wir aber wieder zum ernsten Teil des Tages wechseln und da ich derjenige am Tisch war, den es wohl am meisten unter den Nägeln brannte, fragte ich nach dem letzten Schluck Caffè „Und, was machen wir jetzt mit Jack? Da gibt es ja noch ein Problem zu lösen!“
Martha beantwortete die Frage mit einer wegwerfenden Geste „Mach dir wegen Jack mal nicht in die Hose, Ken! Wir kennen ihn gut und wie bereits erwähnt, war es das Wichtigste, ihm gestern nicht mehr über den Weg zu laufen. Er wird sich heute bestimmt abgeregt haben und wahrscheinlich schon bei Smitti zum Frühschoppen sitzen und so tun, als sein nichts gewesen. Warte ab Ken, so wird es kommen, oder was sagst du Phil?“

„Denke ich auch! Wenn wir gleich in die Stadt zurückfahren, werden wir vorher sicherheitshalber ein paar Erkundigungen einholen, wenn die Luft rein ist, werden Martha und ich das mit Jack aus der Welt schaffen. Er ist ein Hitzkopf und spielt gerne Spielchen, aber er ist kein Dummkopf und wird sich zweimal überlegen, ob er mich zum Feind haben möchte. Auch wenn wir uns nicht besonders mögen, konnten wir bis jetzt koexistieren und uns auch irgendwie respektieren. Außerdem hat er mehr zu verlieren als wir. Denn wenn er es übertreibt, geht er nicht über Los, sondern sofort wieder in den Bau! Dich halten wir aus der Sache jetzt raus, Ken, ich werde ihm aber deutlich machen, dass du unter meinem Schutz stehst. Sicherheitshalber lassen wir dich trotzdem außen vor, wenn wir uns mit ihm treffen. Sicher ist sicher. Manchmal dreht er auch total am Rad, dann ist es schwer vorherzusagen, was passiert!“

Irgendwie beruhigten mich ihre Aussagen nicht wirklich, ich konnte nur hoffen, dass sie recht hatten. Zumindest viel mir ein kleiner Stein vom Herzen, dass ich Jack nicht noch einmal unter die Augen treten musste. Nach Abschluss des Frühstücks checkten wir aus dem Hotel „Bruchbude“ aus, die sich als empfehlenswerter Gastgeber hervortat, und beglichen die Rechnungen. Ich übernahm, wie versprochen die Gesamtrechnung und du erstattetest mir dann das gemeinschaftliche Frühstück. „Schade, dass wie schon losmüssen!“ Und es lag ein sanfter und wehmütiger Ton in Marthas Stimme, den ich von ihr nicht erwartet hätte. „War doch irgendwie wie Urlaub, nicht wahr, Phil?“ „Aber ein sehr kurzer, Kleines! Jetzt beginnt wieder der Ernst des Lebens. Kommt, lasst es uns hinter uns bringen“

„Darf ich fahren, Ken?“ Fragte mich Martha und ich muss so verdutzt geschaut haben, dass sie direkt hinterher schob „War ja nur ne Frage! Ich bin noch nie so einen Schlitten gefahren und ich liebe schnelle Autos!“ Ich wollte schon Nein sagen, als ich in ihrem Blick erkannte, wie sehr sie es sich wünschte. „Hast du nicht noch zu viel Restalkohol? Überhaupt deinen Führerschein dabei?“ Und ich staunte nicht schlecht, wie schnell sie mir ihren Lappen unter meine Nase hielt. Sie konnte eindeutig überraschen, wie ich feststellen musste. Ihre Augen wirkten vollkommen klar und als sie mich anhauchte, konnte ich keinerlei Fahne wahrnehme, eher einen Hauch von Pfirsich. „OK, dein Risiko! Fahren lasse ich dich, aber mit rasen wird es nichts! Ich möchte schließlich heil nach Hause kommen und wenn du noch nie so einen Wagen gefahren bist, muss man es vorsichtig angehen lassen. Das Ding ist eine Waffe, wenn man nicht weiß, damit umzugehen!“ Gab ich zu bedenken, was Martha ernsthaft mit einem „Versprochen, großes Martha Ehrenwort!“ Quittierte und mir gleichzeitig um den Hals fiel.

Sie hielt sich an ihr versprechen und wie ich eingestehen muss, fühlte ich mich an ihrer Seite vollkommen sicher. Nach wenigen Metern fuhr sie bereits, als wenn sie noch nie ein anderes Fahrzeug gefahren wäre. Von der ersten Bremsung abgesehen, wo meine Nase fast in der Windschutzscheibe hing und sie nur „Wow“ vor Begeisterung rief „Das nenne ich mal ne Bremse, affengeil!“ Zudem war sie eine wirklich vorausschauende Fahrerin mit viel Überblick für die Verkehrssituation und jeden Meter vollkonzentriert. Ich beobachtete sie von der Seite und aus ihrem Gesicht strahlte pure Freude und Glück. Es erinnerte mich daran, dass ich doch ein sehr privilegiertes Leben führte und das Fahren eines solchen Autos nicht das normalste von der Welt war. Ich entspannte mich, lehnte mich zurück in den Sitz und betrachtete die wenigen Wolken an einem ansonsten strahlendblauen Himmel. Wir hatten noch eine gute halbe Stunde vor uns und als ich die Augen schloss, spürte ich plötzlich ihre Hand auf meiner. Ich schaute zu ihr herüber und in ihrem Auge schimmerte eine Träne, als sie mir ein leises „Danke!“ Entgegenhauchte.

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