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Die Weinbergschnecke


Hayk

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Jüngst, als ermattet vom mühsamen Tagwerk die Sonne
kaum noch die Trauben an östlichen Hängen erwärmte,
ruhte im Gras ich und heiter genoss ich die Stille.
Über mir war nur der Himmel und blinzelnd begrüßte
Luna das Schwesterchen Venus mit schelmischen Lächeln.

Käfer brummen, Grillen zierpen -
hör ich Nachtigallen schlagen?
Heimwärts letzte Bienen summen,
Imsen mühen sich und tragen
Lasten über Stock und Steine.
Lautlos fliegen Fledermäuse,
Mücken stechen in die Beine.
Eine Schnecke mit Gehäuse
kriecht gemach auf meine Hand,
kühlt mit ihrer Silberspur
meinen schlimmen Sonnenbrand -
ach, wie klug ist die Natur!

Ich fasse die Schnecke ganz zart am Gehäuse,
berühr mit dem Finger sehr sacht die Tentakel,
sie zieht sich zurück und verbirgt sich empört
im Schutz ihrer Kalkschalenhöhle und wartet,
begierig zu wissen, was ich mit Mollusken so plane.

Schnecklein, musst nicht ängstlich sein,
komm heraus aus deinem Haus.
Dienst mir nicht zum Gaumenschmaus,
spiel nur mit dem Fingerlein
- bin Gourmet, doch will ich dich nicht essen -
und bevor ich einen Mord begeh,
fallen mir spontan Wollustelspiele ein.

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Lieber @Hayk!

Schneckenspiele mit Wortgewandtheit eines besonders begabten Dichters am frühen Morgen. Was will ich mehr? Die Wortwahl wieder exzellent, eine Stimmung dem Leser dargelegt, wie sie wohliger den Tagen im Herbst nicht gerechter werden könnte. Ob ich allerdings in einer schnellen Reflexbewegung beim Bemerken der auf mir kriechenden Schnecke und ob des Ekels, den ich vor so einer Schleimspur habe, nicht mit einer schnellen Abwehrbewegung dieses langsam dahinschlürfende Getier ins Gras befördert hätte, ist naheliegend. Dann könnte sie nur noch fluchend über meinen Unverstand gemächlich das Weite suchen. Was ihr aber vielleicht sogar lieber hätte sein mögen, als sich dem Befingern eines neugierigen Menschen ausgesetzt zu fühlen. Wer weiß? 

Toll geschrieben. 

LG Sonja

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Liebe Sonja,

mit den Augen eines Erwachsenen betrachtet, hast Du natürlich recht mit der Schilderung Deiner nachvollziehbaren Reaktion. Unvoreingenommene Kinder sehen das anders. Nun - ich habe keine Kindergedicht geschrieben, sondern mit dem "Verschreiber" im letzten Vers anzudeuten versucht, dass es neben den Weinberg- auch Nacktschnecken gibt, die in gewissen Bereichen so etwas wie Schleimspuren hinterlassen, die wahlweise Ekelgefühle oder Entzücken verursachen. Für den "besonders begabten Dichter" wird meine Dankbarkeit Dich bis ans Ende Deiner Tage verfolgen.

Lieben Dank und ebenso liebe Grüße,

Hayk

 

Lieber Gummibaum,

Dein Lob läutet ein selbstverordnetes langes Wochenende ein. Vielen Dank für Dein sachkundiges Lob!

Liebe Grüße,

Hayk

 

Lieber CB90,

was will der Reimer mehr? Danke schön für die Rückmeldung!

Auch Dir meine lieben Grüße,

Hayk

 

 

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