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Es ist still geworden


Anonyma

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Es ist still geworden

 

Gestern hat ein Berg zu mir gesprochen,
über Zeiten, die vergangen sind.
Sprach zu mir, als wäre ich ein Kind,
so, als hätte ich mein Wort gebrochen,

 

nicht gehalten, was ich einst versprach.
Irgendwie, da konnte ich ihn spüren,
seine Trauer wollte mich berühren,
hallte wie ein Echo in mir nach.

 

Er erzählte mir von grünen Wäldern,
klaren Bächen, Tieren, deren Namen 
längst vergessen wurden, und von Samen,
wie sie reiften, und von Blumenfeldern.

 

Und ich sah die kahlen, grauen Hänge,
wünschte, dass ein Vogel, einer, sänge.

 

 

(04.09.2015)

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Hallo, Carlos,

 

zu viel des Lobes, du machst mich ja ganz verlegen. Aber ich freue mich natürlich trotzdem sehr - vielen, herzlichen Dank dafür! :classic_happy:

 

LG,

 

Anonyma

 

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Hallo, ferdi,

 

vielen Dank für deine Rückmeldung. Ja, die Stelle mit Er-er ... ich beschäftige mich immer wieder mit meinen älteren Gedichten. Je größer mein zeitlicher Abstand, desto größer mein innerer Abstand. Dabei entdecke ich fast immer etwas, das ich im Nachhinein dann für nicht optimal halte oder etwas, das mir sogar gar nicht mehr zusagt. 

Aber mit den Ändern ist das so eine Sache. Zu meinem (tatsächlichen) Leidwesen sind Änderungen nicht immer möglich. Er-er, das ist genau so eine Stelle. Gut, ich empfinde sie auch nicht als 'schlecht', nur eben als 'könnte besser sein'. Nicht optimal, aber ich kann das nicht ändern. Nicht, ohne dass das Gedicht dabei mehr verliert, als es gewinnt. Synonyme sind eben genau das - Synonyme. Ähnlich - aber eben nicht identisch in der Bedeutung. Das Gedicht ist ja eine Geschichte, eine Art 'Märchen', in dem es einen sprechenden Berg gibt. Der eine Geschichte bzw. ein Märchen erzählt. Eins aus 'alter Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat'. Es gibt daher innere Bezüge und Verbindungen im Gedicht - und da kann ich 'erzählte' nicht durch ein Synonym ersetzen. Nicht, dass ich nicht trotzdem Versuche unternommen hätte. Mal ein Beispiel: berichtete statt erzählte. Nur - ja, nun, dass dadurch die Wiederholung von 'mir' und die dadurch erzeugte Verbindung verloren ginge, das wäre nicht schlimm, das ist zwar schon gewollt, aber eher ein 'Zusatz', keine Notwendigkeit. 

Leider ist 'berichtete' ein Wort, das schlechter klingt als 'erzählte'. Für mich sogar deutlich schlechter. 'tete - nein. Und hinzu kommt dann noch, dass damit ein 'Trick, Kniff' verbunden wäre, den ich zwar, wie soll ich sagen, prinzipiell für zulässig halte, aber für 'unschön' - keine drei unbetonten Silben hintereinander, also wird die mittlere davon 'angehoben' (bleibt aber trotzdem schwächer, wird also 'nicht ganz angehoben') und wenn es, wie bei 'berichtete' dann ausgerechnet das 'te' ist ... 'berichtete' ist klanglich einfach - neee ... 

Und von klanglichen Aspekten abgesehen, bedeutet 'Bericht erstatten' etwas ganz anderes als 'eine Geschichte/ein Märchen erzählen'. Egal, wie ichs drehe oder wende - es geht nicht, ist nicht zu ändern. Auch nicht Jahre später. 

 

Du empfindest Vers 6 als etwas unklar. Und ich stimme zu. Allerdings - ich brauche ihn ein wenig unklar. Und zwar aus folgendem Grund: Der Berg spricht und erzählt. Bevor er seine Geschichte erzählt - weint er. Das ist die Trauer, die, wie in Vers 8 dargestellt, im LI wie ein Echo (Bergbezug) nachhallt. 'Irgendwie' bedeutet tatsächlich 'irgendwie', da sich das LI nicht erklären kann, wie es möglich ist, dass er/sie einen Berg sprechen und weinen hört. Und das Spüren ist in diesem Sinne ein 'Mit- und Nachempfinden' der vom Berg empfundenen Trauer. Eine Art 'inneres Verstehen', das sich eben rational nicht erklären lässt. Ebenso wenig wie ein sprechender Berg. :wink:

 

Ich dachte eher, dass statt Kritik zu Vers 6, Kritik zu Vers 8 kommen könnte. Denn ein Echo ist ja ein Nachhall. Nur - das bezieht sich auf das (ungeschriebene) Weinen. (Das sich aus dem Inhalt von Vers 6 bis 8 ergibt. Das 'Berühren durch die Trauer' gehört dazu. Berührt werden, berührt sein. Weinen berührt - wenn man kein Soziopath ist.) Ich möchte es folgendermaßen ausdrücken: Jedes Echo ist eine Art Nachhall - aber nicht jeder Nachhall ist ein Echo. Und das Echo 'gehört' zum Gebirge.

 

Ich verstehe, dass sich die 'Botschaft' von Vers 6-8 vielleicht nicht von jedem Leser/jeder Leserin 'finden lässt', denn dafür muss man schon ein bisschen 'zwischen den Zeilen lesen' und interpretieren.

 

Ich danke dir für deine Anmerkungen, für deine konstruktive Kritik! Immer wertvoll, immer sehr gerne angenommen! :smile:

 

LG,

 

Anonyma

 

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Hallo, horstgrosse2,

 

dankeschön! Immer eine echte Freude für mich, wenn ich lesen darf, dass ein Gedicht 'in der Wellenlänge' eines Lesers/einer Leserin 'schwingt'. :classic_happy:

 

Am 26.12.2021 um 09:45 schrieb horstgrosse2:

Und ich sah die kahlen, grauen Hänge,
wünschte, dass ein Vogel, wärmend sänge

 

Danke für deinen Vorschlag. :smile: Allerdings - mir ist 'einer' sehr wichtig. Durch die damit verbundene Aussage: 

Wenn doch ein Vogel sänge, nur einer, ein einziger ... aber es ist still geworden ... keiner singt mehr, kein einziger ...

 

Und, um das eben noch zusätzlich zu 'betonen', steht 'einer' so separiert da, zwischen zwei Kommata. Das schafft auch die Rückverbindung zum Titel und das brauche ich genau so. 

 

Ich bin sicher, du kannst das nachvollziehen.

 

LG,

 

Anonyma

 

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Hallo, Sternwanderer,

 

Am 26.12.2021 um 10:04 schrieb Sternwanderer:

der Berg erzählte alte Weisen - Geschichten von vergangnen Zeiten. Gern höre ich ihm zu und lass mich durch deine Zeilen tragen.

 

vielen, herzlichen Dank! :grin:

 

Am 26.12.2021 um 10:04 schrieb Sternwanderer:

Ja, liebe Anonyma, die Welt mit seiner Natur verändert sich und Stille legt sich über die Lande.

 

Leider ist das so, ist das tatsächlich so. Es wird bereits jetzt immer stiller auf unserer Welt. Die Gesamtzahl an Insekten (also hier bezogen auf die Anzahl an Insekten insgesamt, nicht auf die Zahl der Arten, obwohl, ganz klar, die Artenvielfalt natürlich mit betroffen ist) ist in den letzten Jahrzehnten um sage und schreibe 42% gesunken. Fast auf die Hälfte. Und, da viele Vögel sich von Insekten ernähren ... sinkt die Zahl der Vögel zunehmend mit. Blühpflanzen sind davon betroffen und von diesen oder auch direkt von Insekten leben auch andere Tiere - und damit auch wir, direkt und indirekt.

Und mittlerweile haben wir Menschen es geschafft, eine fatale Grenze zu überschreiten - seit letztem Jahr ist es soweit: Wir verbrauchen pro Jahr mehr, als die planetare Biosphäre der Erde in einem Jahr regenerieren kann. Das kann nicht gut ausgehen.

 

In der Natur wird es immer stiller. Ich frage mich, ob es nicht nur noch eine Frage der Zeit ist, bis das 'große Schweigen' herrscht. Und diese Frage habe ich mit diesem 'Zukunftsszenario' verdichtet. Es handelt in einer Zukunft, in der grüne Wälder, klare Bäche und Tiere nur noch in alten Geschichten existieren. Erzähle mir ein Märchen ... zeig mir die alten Filme - oh, also schon erstaunlich, was die damals so mit ihren antiken Computern so für Tricks und Effekte erzielen konnten, um etwas, das es gar nicht gibt, echt aussehen zu lassen. Die hatten schon interessante Phantasievorstellungen, die Leute damals ...

 

Es gibt nur eine Art von Lebewesen, die unglaublichen Lärm macht. Als ob sie die Stille damit übertönen, die Leere damit füllen könnte. Diese Art nennt sich selbst Menschen. Vögel in Städten sind gezwungen, zu Tageszeiten zu singen, in denen sie normalerweise nicht singen würden - aber wir nicht ganz so laut sind. Vögel in Städten singen in höheren Frequenzen, weil diese in all dem menschengemachten Lärm ein bisschen besser zu hören sind. Wale, deren Kälber sich versehentlich (sind eben neugierig) etwas zu weit von ihrer Mutter entfernen, schaffen es oft nicht, zu ihr zurückzufinden. Denn Mutter und Kind kommunizieren über Laute, sie rufen nacheinander. Aber in Gebieten mit besonders starkem Schiffsverkehr können sie sich oft nicht mehr hören und daher auch nicht mehr gegenseitig wiederfinden. Das kostet immer wieder Walkälber das Leben, denn ohne ihre Mutter haben sie keine Chance. Wale orientieren sich auch per 'Echolot' - und stranden, weil sie durch den Lärm (Wasser übertragt Schall besser und weiter als Luft) die Orientierung verlieren. Als der erste Lockdown kam, da traten erstaunliche Effekte ein - an Land und im Meer. Wale und Delphine tauchten an Orten auf, an denen sonst keine mehr zu finden waren. Andere kamen viel näher an Küsten/an Ufer als ansonsten. Die Vögel in den weit leiseren Städten kehrten zu ihren alten, etwas tieferen Frequenzen zurück, wenn sie sangen. 

In der 'neuen', zeitweisen Dunkelheit zeigten sich Tiere, die lange nicht gesehen wurden. Und das auch in Städten. Wildschweine, Rehe, Nachtvögel wie Eulen, Füchse, Marderartige und mehr. (Deshalb habe ich auch die beiden Dokumentationen von arte.de hier im Forum in den 'Was schaust du gerade'-Faden eingestellt.)

 

Wir Menschen schaffen es wirklich, die Erde, an Land und im Wasser, nicht nur mit Müll, Öl, Plastik und anderen Giftstoffen zu verschmutzen. Nein, das genügt uns noch nicht. Wir setzen mit Lärm- und Lichtverschmutzung nicht nur eins, sondern gleich zwei noch obendrauf.

 

Ich lese oft, dass die Welt ohne uns Menschen nicht besser dran wäre. Das Scheinargument dafür ist meist, dass ja sonst niemand da wäre, der die Welt zu schätzen weiß. Was für ein 'Nicht-Argument' und wie dumm es ist. Erstens wissen wir die Welt nicht zu schätzen, sonst würden wir nicht so mit ihr umgehen, wie wir es tun. Zweitens braucht die Welt keine Beobachter, sie wäre trotzdem da. Und es ginge ihr besser, viel besser. Denn sie böte genug Platz für eine Fülle von Leben - wären wir nicht da, um sie mit uns zu überfüllen, sie zu vergiften, zu vermüllen und anderen Lebewesen immer weniger Platz zu lassen ...

 

Ich habe in den letzten Jahren in meinem persönlichen Leben so viel geändert, wie ich kann. (Ich sitze hier an einem Recycling-PC, der ist in erster Linie auf Energiesparen ausgelegt und schafft bei Videos auf z. B. Youtube gerade mal 360p. Ist auch mein einziger, wirklicher Luxus, den ich mir leiste.) Aber es kommt mir trotzdem als viel zu wenig vor, auch wenn ich mein Leben wirklich drastisch verändert, in einigem sogar komplett umgekrempelt habe. Ich wünschte, ich könnte mehr tun.

Aristoteles hatte so recht: Was es alles gibt, das ich nicht brauche. Ich stellte fest, sobald man da mal damit begonnen hat, wird klar, dass die Trennung von Überflüssigem gar kein Verzicht, gar kein Verlust ist - sondern ein Gewinn. Ich habe viel mehr gewonnen als verloren und begriff, wie viel unnützen Ballast ich davor doch mit mir herumschleppte. Sich von Belastungen zu trennen macht das Leben leichter und erhöht die Lebensqualität - nicht, wie einem weisgemacht werden will, umgekehrt.

 

All der unnütze, unnötige Krempel, von dem uns suggeriert wird, dass wir ihn unbedingt bräuchten oder zumindest unbedingt haben müssten und ihn zudem noch ständig gegen den neuesten Krempel austauschen müssten, der ist so überflüssig wie ein Kropf. Und der Müll, der daraus entsteht, der erstickt das Leben allmählich, steckt er der planetaren Biosphäre doch quer im Hals und lässt sie mehr und mehr nach Luft japsen ... :sad:

 

Danke fürs Lesen und für deine Gedanken!

 

LG,

 

Anonyma

 

 

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