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Liebe Ostseemoewe,

 

endlich - ich habs geschafft und schreibe mal tatsächlich den ersten Kommentar! :biggrin: (Hm - vielleicht sollte ich mich aber trotzdem beeilen, sonst ...)

 

Zurück zum ernsten Thema, deinem Gedicht. Ja, dieser Wunsch, dieser Wunsch nach einem Leben, das so lange dauern soll, wie nur irgend möglich. Am besten die Unsterblichkeit, das wärs doch! Für so viele Menschen. Medizin, die das Leben verlängern soll, um jeden Preis. Selbst wenn dieser darin besteht, an unzählige Schläuche und Messgeräte angeschlossen tage-, wochen-, oder sogar monatelang dahinzuvegetieren. Auch um den Preis des lebenswerten Lebens - weg damit, Quantität ist alles, Qualität ist nichts! (Das zeigt sich auch in allen anderen Bereichen des menschlichen Lebens.)

 

Früher war es die Religion, die 'Rettung' bot: Nach diesem Leben ein neues Leben, das ewig währt. Heutzutage hat die Religion viel von ihrer Bedeutung verloren, also wird nach der direkten Unsterblichkeit gestrebt. Erinnert mich an einen Liedtext, dessen erste Zeile lautet: Ich will alles und zwar sofort!

 

Ich denke mir schon seit langer Zeit - wie soll das mit dem Paradies denn ewig funktionieren? Es gibt ein Märchen, das in dieser Hinsicht Bände spricht. Leider habe ich vergessen, wie es heißt und konnte es nicht mehr finden. Daher nur eine kurze Zusammenfassung:

 

Ein reicher Mann stirbt. Auf dem Weg ins Jenseits begegnet er Petrus, der ihn nach seinen Wünschen fragt. Der Reiche wünscht sich ein schönes Haus, einen bequemen Sessel, jeden Tag sein Lieblingsessen und einen Berg Geld, Gold und Juwelen. Petrus fragt ihn, ob das wirklich seine Wünsche seien oder ob er es sich nicht noch einmal überlegen wolle. Nein, der Reiche ist sich sicher.

Anfangs ist er sehr zufrieden, aber dann ... wird es unbequem, denn es gibt kein Bett, also muss der Reiche Tag und Nacht im Sessel sitzen. Und nach recht kurzer Zeit bekommt er es mehr und mehr satt, immer das gleiche zu essen, Tag für Tag. Dann wird aus Überdruss Ekel. Und, wozu denn all die Reichtümer - wozu, wenn er sich nichts damit kaufen kann? Als Petrus ihn, viele Jahre später, besucht, beklagt er sich: „Das soll der Himmel sein? Ich kann nicht einmal mehr schlafen, bekomme das Essen nicht mehr herunter und das ganze Geld und Gold, es ist vollkommen nutzlos für mich! Ich habe meine Meinung geändert, ich möchte meine Wünsche zurücknehmen!“ „Wie kommst du darauf, dass du im Himmel bist?“, fragt Petrus zurück. „Du bist in der Hölle, denn du hast sie dir ja selbst gewünscht!“

 

Nun, im Paradies, mit den Flüssen, in denen Milch und Honig fließt und Milch und Honig fließt und Milch und Honig fließt - auf ewig? Eine Horrorvorstellung! Irgendwann muss jedes Paradies zur Hölle werden, egal, wie 'groß' und vielfältig es auch sein mag. Denn es wäre für alle Ewigkeit! Irgendwann hätte man alles unendlich oft erlebt, unendlich oft gesehen, gehört, gesagt, getan, gegessen, getrunken und, und, und unendliche Male!

 

Und irgendwann, da wären wir grenzenlos verzweifelt, würden echte Höllenqualen erleiden und uns dann nichts sehnlicher wünschen, als die Sterblichkeit und den Tod.

 

Den wir so sehr fürchten, dass wir über die Konsequenzen unseres 'Endlos-Lebenswunsches' nicht nachdenken.

 

Ach, Ostseemoewe, wann lernen wir das Denken? Es wäre wirklich allerhöchste Zeit ... denn die Anfänge dessen, wovon das Gedicht erzählt, die sind bereits im Heute da ...

 

vor 2 Stunden schrieb Ostseemoewe:

Den Schnitter möcht ich leise kommen hören
und wissen, meine Seele geht in Frieden.
Und horch: Ich könnte es schon fast beschwören,
mein Geist ist von dem Körper längst geschieden.

 

Noch zum Formalen - sehr schön geschrieben, dein Gedicht. Das möchte ich gerne auch noch erwähnen. Jambische, elfsilbige Verse, sie sind gut gewählt, um den Inhalt zu tragen. Auch der Kreuzreim trägt dazu bei, wie ich finde. Er gibt der Thematik ein wenig mehr an 'Bewegung' und hält mein Interesse als Leserin (mit) wach. :smile:

 

Und die letzte Strophe hier zeigt auf, was nur hundertdreißig Jahre bereits bewirken können. Die mit der Ewigkeit gar nicht verglichen werden können, da kein Zeitraum damit verglichen werden kann ...

 

 

 

LG,

 

Anonyma

 

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liebe Anonyma

vielen Dank für deinen 1. Kommentar.

Ich kann es wirklich nicht glauben. Ich bin hier ja erst seit kurzer Zeit. Aber in anderen Foren kenne ich es als geben und nehmen. Bedeutet, wer keine Kommentare schreibt bekommt in der Regel auch keine.

Scheint ja dann hier anders zu sein.

Vielen Dank für Deinen langen gelungenen Kommentar zu meiner Ballade.

Ich kann deine Ausführungen nur bestätigen.

Liebe Grüße Ilona

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Liebe Ostseemoewe,

 

kann es sein, dass es ein kleines Missverständnis gibt? Ich meinte 'als Erste dran' scherzhaft, denn ich brauche, da ich in den allermeisten Fällen, nun, alles andere als kurze Kommentare schreibe, entsprechend Zeit dafür. Das hat zwei Auswirkungen: Entweder bin ich gerade am Schreiben und werde dabei von einem oder zwei anderen Kommentaren 'überholt' oder ich finde einfach nichts mehr, das noch keinen Kommentar hat! :classic_laugh: (Zum einen bedauere ich, wenn jemand Neues noch keinen Kommentar hat und zum anderen möchte ich mich ja auch gerne revanchieren, wenn eines meiner Gedichte von jemandem kommentiert wurde - ganz im Sinne von Geben und Nehmen.)

 

Natürlich ist es auch hier ein Geben und Nehmen, keine Frage. Nur ich - ich hinke immer hinterher und schaffe es einfach auch nicht, alles zu kommentieren, was ich gerne kommentieren würde. Sicher, ich könnte viel mehr Kommentare schreiben, wenn ich mich auf ein, zwei kurze Sätze beschränken würde. Aber - mir sind die Gedichte, die ich lese und dann kommentiere, mehr wert. Und daher möchte ich auch mehr geben. :classic_happy:

 

LG,

 

Anonyma

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Hallo Ilona,
ein zukunftsträchtiges Thema, denn irgendwann wird die Medizin soweit sein, das Gehirn eines Menschen auch ohne dessen Körper am Leben erhalten zu können. Ob das ein Fluch oder Segen sein wird, werden wir nicht mehr erleben. Meine Meinung ist, die Seele wird durch Körper und Geist geprägt und nur sie ist es, die -in welcher Form auch immer- nicht vergehen sollte.
Gern Reflektiert und LG
Perry

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Liebe Ilona,

 

Dein berührendes Gedicht trifft auf Nerv und Defizit einer Zeit, die sich an Effektivität Nützlichkeit sowie potentieller Lebensverlängerung orientiert. Sie hat den Tod ausgeklammert, frönt einem individuellem Hedonismus und predigt Konsum als Ersatzreligion. Zurück bleibt ein seelenloser Materialismus ohne Zukunft, da er auf Grund der ihm eigenen Begrenztheit seine Grundlagen zerstört. Wenn du schreibst:

"Ich könnte es schon fast beschwören,
mein Geist ist von dem Körper längst geschieden."

so wird deutlich: Die Einheit des Menschen durch Körper, Seele und Geist ist aufgegeben worden. Nur noch "Haben,Haben,Haben" statt "Sein" und "Bewusst-Sein"

bleibt und ausgerechnet alles, was der Vergänglichkeit anheim fällt.

Herzlichen Dank für diesen besonderen Lesegenuss!

 

Hut ab!

Carolus

 

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Nun liebe Ilona,

ich habe es mit großem Interesse gelesen. Ich glaube auch, dass gerade Du zum Thema Leben und Sterben einen ganz besonderen Zugang durch Deine Tätigkeiten bekommen hast oder sicher sogar schon zuvor hattest.

Die Wissenschaft, die Medizin und vorallem die Technik wird sich immer weiter entwickeln, dies steht wohl außer Frage und so können wir davon ausgehen, immer älter zu werden.
Ob das vielen so genehm ist, wer kann es sich schon aussuchen im Leben, wohin der Wind uns weht und wielange wir hier sein dürfen - unabhängig von Gesinnung und Glaubensfragen...

Schön vertextet von Dir, gefällt mir ausnehmen gut!

 

Herzlich liebe Grüße
Uschi

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