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Eurydike


Die Sirenen, die mich von dir fort riefen,
als ich dein war, hielten mich zum Narren.

 

Ich höhnte noch, als du mir empfahlst,
mich an den Mast zu ketten. Wie töricht war ich da.

 

Die Geister, die ich rief, könntest nur du wegzaubern,
aber auch du bist jetzt Geist und so weit weg von mir.

 

Meine Sünden vergeb‘ ich mir nie. Niemals!
Auch wenn du mir noch so segnend zuletzt vergabst.

 

Nie war ich seither in einem Moment gegenwärtig,
die Fülle des Daseins verschloss sich mir.

 

Ich sollte nichts mehr tun von dem, was Wesen 
wie ich gewöhnlich tun, um ihr karges Leben zu fristen.

 

Einmal noch ankommen in den Schutz deines liebenden Hafens,
nach langer irrender Fahrt, ist mein letzter verbliebener Wunsch.

 

Dafür gäbe ich sämtliches her, was das törichte Leben 
mir höhnend jetzt noch lauthals verspricht.

 

Warum sollte ich die Leier wieder spielen,
wenn dein Ohr ihren Klang doch nicht vernimmt?

 

Alles, was meine Liebsten mir in guter Absicht reichen,
schmeckt nur nach dem vergessen machenden Lethetrank,

 

der mich abhält, erinnernd zu dir ins dunkle Reich zu gelangen.
Dies aber erhoff‘ ich mir jetzt, sonst weiter nichts mehr teure Eurydike.

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Geschrieben

Ave Hera, 

ich vermute, du vermischt absichtlich Dyonissos und Orpheus Legenden.

Das lyrische Ich zeigt Reue, bekennt nicht wiedergutzumachende Fehler.

 

Hier, in der Rolle des Orpheus: 

 

"Warum sollte ich die Leier wieder 

spielen, 

wenn dein Ohr ihren Klang doch nicht 

vernimmt?" 

 

Wunderbar! 

 

In den letzten beiden Strophen steckt das lyrische ich in einem Dilemma, das fast wie ein philosophisches Rätsel anmutet: 

Wenn es stirbt, muss den Lethetrank trinken, was alles vergessen macht. Nur, wenn es das tut, dann würde es auch seine geliebte Eurydike vergessen ...

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  • Schön 1
Geschrieben
vor 58 Minuten schrieb Carlos:

Ave Hera, 

ich vermute, du vermischt absichtlich Dyonissos und Orpheus Legenden.

Das lyrische Ich zeigt Reue, bekennt nicht wiedergutzumachende Fehler.

 

Hier, in der Rolle des Orpheus: 

 

"Warum sollte ich die Leier wieder 

spielen, 

wenn dein Ohr ihren Klang doch nicht 

vernimmt?" 

 

Wunderbar! 

 

In den letzten beiden Strophen steckt das lyrische ich in einem Dilemma, das fast wie ein philosophisches Rätsel anmutet: 

Wenn es stirbt, muss den Lethetrank trinken, was alles vergessen macht. Nur, wenn es das tut, dann würde es auch seine geliebte Eurydike vergessen ...

Vielen Dank für deinen Kommentar lieber Carlos.

 

Ich dachte ich vermische hier die Mythen von Odysseus und Orpheus.

 

Das LI will den Lethetrank nicht trinken, damit es sich an Eurydike erinnert,

dieser Unterschied ist ganz wichtig.

 

Die Aussage der letzten beiden Strophen ist salopp gesagt folgende:

 

Meine Lieben tun alles, um mich von meinem Leiden an deinem Schicksal abzulenken,

aber ich möchte über den Tod hinaus nur an dich denken liebe Eurydike,

egal wie ich darunter leiden werde.

 

Liebe Grüße

Hera

 

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Geschrieben

Liebe/r Hera,

 

Eine interessante Neugestaltung der Geschichte, wonach Orpheus töricht gegenüber Eurydike handelt und bestraft wird, indem er das Bewusstsein für sich und seine Umwelt verliert.

 

Soweit ich weiß, berichtet der Mythos, trotz mancher Varianten, von keiner Treulosigkeit und Reue des großen Sängers. Orpheus übertönte den verführerischen Sirenengesang mit der Lyra (Odysseus ließ sich zum Schutz an den Schiffsmast fesseln).  

 

Gern gelesen.

Grüße von gummibaum

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Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb gummibaum:

Liebe/r Hera,

 

Eine interessante Neugestaltung der Geschichte, wonach Orpheus töricht gegenüber Eurydike handelt und bestraft wird, indem er das Bewusstsein für sich und seine Umwelt verliert.

 

Soweit ich weiß, berichtet der Mythos, trotz mancher Varianten, von keiner Treulosigkeit und Reue des großen Sängers. Orpheus übertönte den verführerischen Sirenengesang mit der Lyra (Odysseus ließ sich zum Schutz an den Schiffsmast fesseln).  

 

Gern gelesen.

Grüße von gummibaum

Vielen Dank lieber Gummibaum.

 

Ich beabsichtigte nicht, die wohlbekannten Mythen nachzuerzählen.

Zur Darstellung der multiplen Persönlichkeit des Menschen, die oft

notdürftig unter einem locker gezimmerten Ich verborgen ist, benötige ich

verschiedene Aspekte aus verschiedenen Mythen. Dann nehme ich mir die

Freiheit heraus (ich weiß manche finden es empörend) nach Belieben

mit den Mythenfragmenten ein neues Bild des Menschen zu malen.

Warum tue ich dies? Weil ich es für notwendig erachte und es mir zudem Freude bereitet.

 

Liebe Grüße

Hera

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