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Ich bin nun wirklich kein Fetischtrangender


Hera Klit

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Ich bin nun wirklich kein Fetischtrangender

 

Ich bin wirklich keine Fetischtransgender, das Sexuelle ist bei mir völlig nachrangig. Schon als zarter Knabe sagten die Nachbarn zu meinen Eltern, dass ich aussähe wie ein Mädchen und ich fühlte mich auch so. In der Lehre nannten mich die Gesellen Fräulein und behandelten mich auch so. Wenn ich keine Angst hätte vor Operationen, würde ich die GaOP bestimmt machen lassen, aber so habe ich mich entschieden mich mit Extremtucking zufriedenzugeben. Hormone nehme ich freilich und die Brustpumpe ist auch ständig bei mir im Einsatz. Ich betrachte meinen P... als ein weibliches Geschlechtsteil und würde ihm nie erlauben, dominant aufzutreten, schon gar nicht gegen Frauen.

Ich bin wirklich nicht auf sexuelle Begegnungen mit Männern aus, obwohl ich abends meistens in einschlägigen Foren mit reifen Herren chatte. Ihre gesitteten Komplimente geben mir ein gutes, befriedigendes Gefühl in meinem Frausein. Nie fiel bisher ein anzügliches Wort, ich legte Wert auf ein sittsames Verhalten und Gespräch. Wer dessen nicht fähig war, den sperrte ich sofort in meinem Account. So etwas lasse ich mir nicht bieten, ich bin eine Frau, aber kein billiges Sexobjekt. Das muss jedem klar sein. Ich bin eben keine billige Fetischtransgender.

In letzter Zeit habe ich mich etwas weiter vorgewagt und ich fahre in komplettem Styling hinaus in den Wald auf einen Parkplatz, um etwas spazieren zu gehen oder im Auto bei heruntergelassener Scheibe etwas zu lesen. Einfach nur um mein Frausein auch in der Natur ganz unbefangen auszuleben und zu fühlen. Diese Exkursionen brachten mir eine Weile eine tiefe innere Befriedigung und Ausgeglichenheit, die ich für mein Leben zu Hause und im Job so sehr brauche. Manchmal entspann sich auch ein unbefangenes Gespräch mit einem freundlichen Herrn, das fand ich angenehm und erfrischend. Meine weibliche Seele lebte auf.

Jetzt ist mir allerdings was passiert, das hätte nicht passieren dürfen. Ich fuhr auf einen mir bisher unbekannten Waldparkplatz hier im Odenwald, die sogenannte Obrunnschlucht, mit einer großen offenen Holzhütte, die frei zugänglich ist. Wie ich später erst durch meine Recherche auf poppen.de erfuhr, handelt es sich bei diesem Parkplatz um einen einschlägig bekannten Gaycruisingparkplatz, der gut frequentiert wird. Also ein Platz, auf dem eine Frau wie ich natürlich von vornherein völlig falsch ist und deplatziert. Ihr wisst, ich bin mehr TS als TV, also eine Transfrau, die es wirklich ernst meint und nicht eine, die nur sexuell verwirrt herum flippt. Ihr glaubt nicht, wie ich in dieser Hütte von lüsternen Männern angemacht und umringt wurde. Es war schrecklich. Und wie ihr alle wisst, kann sich eine richtige Frau natürlich unter solchen extremen Bedingungen nicht erwehren gegen solche Lumpen. Wir alle kennen die Berichte von MeToo-Frauen. Genau so erging es mir, ich war ja und das mögen die Hormone begünstigt haben, fast wie gelähmt, trotzdem gab ich den Forderungen meiner Peiniger nach und es kam zum Äußersten. Das Schlimme ist, dass ich mir jetzt daran die Schuld gebe. Das muss ich doch nicht? Ich bin doch eine Frau, das hat doch mein Verhalten in der Situation bewiesen. Ich fühle mich beschmutzt und besudelt und will verdammt sein, wenn ich diese Hütte noch jemals aufsuchen werde. Muss ich mir die Schuld geben? Was meint ihr?

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Solche Begenungen sind traurig. Freilich würde ich mir an Deiner Stelle keine Schuld bewusst sein, hast Du es doch nicht bewusst gesucht und getan. Aber - ich bin diesbezüglich ein kompletter Außenseiter - würde ich nicht die, denen es ohnehin schwer fällt, ihre Sexualität auszuüben, verachten. Das ist meine persönliche Meinung, die vor den Augen von Experten nich standhalten mag.

LG Egon

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vor 14 Minuten schrieb Egon Biechl:

Solche Begenungen sind traurig. Freilich würde ich mir an Deiner Stelle keine Schuld bewusst sein, hast Du es doch nicht bewusst gesucht und getan. Aber - ich bin diesbezüglich ein kompletter Außenseiter - würde ich nicht die, denen es ohnehin schwer fällt, ihre Sexualität auszuüben, verachten. Das ist meine persönliche Meinung, die vor den Augen von Experten nich standhalten mag.

LG Egon

Vielen Dank lieber Egon.

 

Ich schreibe Texte, inwiefern die etwas mit mir zu tun haben, ist letztlich ungeklärt.

 

Liebe Grüße

Hera

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Die Gefahr ist, daß die Gesellschaft das blanke Äußere nicht so sieht, wie z.B. die Augenfarbe. Man lebt in einer eigenen Blase und alles andere ist draußen, könnte aber mit etwas hereinkommen, daß nicht gewollt ist. Lieber also erst mal noch mehr abschotten und vielleicht ist Angriff doch die beste Verteitigung? In welchem Ausmaß auch immer. Wer nicht zur momentane Mode gehört, bildet eine Gefahr und wenn es nur das eingeständnis des eigenen Neides ist, daß der/die da sich traut, was man selbst nicht fertig bringen würde. Abgesehen davon, das die billiger erscheint, als sich mit etwas auseinander setzten zu müssen.

Und weshalb weicht der/die Auslebende auf weniger reflektierte Orte aus? Wegen der sonstigen ablehnenden Reaktion.

Ob eine gewisse Unwissenheit oder Naivität damit einhergeht, möchte ich hier jetzt nicht in den Raum stellen.

Sollte die Geschichte nicht nur fiktiv sein, so möchte ich hinsichtlich des Schuldbewußtseins eines sagen. Wir sind nicht in Gänze für alles verantwortlich. Jeder agiert und reagiert. Im Nachhinein sollte es als eine Erfahrung genommen werden. Wie der Griff zu tief ins Glas. Passiert und daraus gelernt! Oder zuviel und zu fettig am Abend gegessen. Am nächsten Abend anders entscheiden. etc.

 

LG und toi, toi, toi,

Heiko

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vor 10 Stunden schrieb Nina K.:

Toller Text.

 

Die Frage nach der Schuld steht wohl stellvertretend für viele andere Fragen, die sich LI (oder jeder Mensch) stellen sollte.

 

Wenn man, wie dein Protagonist, aufgrund äußerer Merkmale und völlig überholter Vorurteile sich nicht mit seinem physischen Geschlecht identifizieren kann, sieht man vllt eine Erlösung darin, sich in das andere Geschlecht zu flüchten.

 

Damit ist das Problem leider keineswegs gelöst.

 

In meinen Augen versucht der Protagonist nicht wirklich eine Frau zu sein, ganz egal ob mit oder ohne OP.

Er versucht vielmehr, in das Rollenmuster FRAU zu schlüpfen, nicht zuletzt weil er als kleines Kind schon erfahren hat, dass er eher weiblich wahrgenommen wird.

Nicht nur die Wahrnehmung der Anderen, auch seine eigenen oder übernommenen Rollenklischees hindern ihn daran, sich als Mann zu akzeptieren.

 

Warum glaubt er, männliche Sexualität sei grundsätzlich aggressiv?

Warum sollten Frauen immer gefallen müssen, oder wollen?

 

Tatsächlich lässt dein Text über viele Fragen nachdenken, Fragen über die Geschlechterrollen und die eigene Identität, auch jenseits der Sexualität.

Auch über die Bedeutung von Sexualität, die weit mehr ist als pure Lust an der Freude.

Den Protagonisten, der so sehr mit seinem äußeren Erscheinungsbild beschäftigt ist, scheint sich über so etwas keine Gedanken zu machen.

 

Dass er am Schluss die Schuldfrage stellt, bestätigt mir irgendwie, dass es völlig egal wäre, ob er Mann oder Frau ist. Er ist mit der „Last“ einer eigenen Identität überfordert, versucht diese dann in ein bestimmtes Rollenbild zu pressen und kann die Auswirkung dessen doch nicht in aller Konsequenz tragen.

 

 

LG

Nina

Vielen Dank liebe Nina, für deine tiefen Gedanken zu meinem Text. Inwiefern du recht hast, kann ich momentan nicht beurteilen.

 

Ich hatte diesen Text für ein bekanntes deutsches Transgenderforum geschrieben.

Es ist dort üblich, dass TS sich als über den TV stehend einschätzen und auf diese herunterschauen, weil das ja nur Fetischleute seien.

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass alle Transgender gleichwertige Menschen sind und dass ihre Geschlechtsvariabilität

psychologische Ursachen hat. Dafür ernte ich oft herbe Kritik. Die Protagonistin tut deshalb nur so und das ist durchaus ironisch überzeichnet, als wolle sie ja gar keinen Sex, weil sie ja eine richtige TS sei. Vielleicht kann man dies ohne diesen Background gar nicht erkennen. Auch im Forum haben es viele missverstanden. Ich erntete Hohn und Spott, aber ich ging nicht leer aus.

 

Liebe Grüße

Hera

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