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Geschrieben

Hallo Rudolf,

ich versuche deinen Gedankengang nachzuvollziehen.

 

Wer nicht weiß, glaubt, 

wer glaubt, ahnt, 

wer eine Ahnung hat, weiß etwas.

 

Von nicht Wissen zum Wissen durch Glauben.

 

Aber braucht man unbedingt den Glauben dazu?

 

Man kann nicht wissen und trotzdem eine Ahnung haben, ohne vorher glauben zu müssen.

 

Früher glaubten die Menschen, dass die Sonne sich um die Erde drehte. Jetzt wissen sie, dass es nicht so ist. Um zu diesem Wissen zu gelangen, musste man den damaligen Glauben in Frage stellen. Man musste an die Richtigkeit des Glaubens zweifeln. 

Man könnte sagen: Wer nur glaubt weiß nicht, hat keine Ahnung.

Vielleicht aber ist alles nur ein Wortspiel? 

Liebe Grüße 

Carlos

Geschrieben

Hallo Carlos, 

 

für deine Zeilen möchte ich dir danken. 

Das mit dem Glauben ist und bleibt eine heikle Geschichte wie du eben schon in deinem Kommentar andeutest, den du mit dem Beispiel einer wissenschaftlichen These, nach der sich die Sonne um die Erde dreht, die selbst der griechische Gelehrte und Philosoph Aristoteles seinerzeit vertrat, veranschaulichst. Dieser - so unvereinbar sich das auch anhören mag - "wissenschaftliche Glaube" wurde später mit Hilfe technischer Mittel, widerlegt. Die medizinsche Wissenschaft berief sich vor langer Zeit einmal in Sachen Heilkunde auf die Signaturenlehre der Pflanzen und glaubte, dass die äußerliche Ähnlichkeit einer Pflanze mit der Form eines menschlichen Organs, diese Pflanze zur Heilung eines mit dem entsprechenden Organ verbundenen Leidens bestimmte. Dieser Theorie schenkt man heute ebenfalls keinen Glauben mehr. 

Aber auch heute wird noch nach dem "derzeitigen Stand der Wissenschaft" geurteilt und gehandelt, eine Tatsache, die der Wissenschaft in manchen Bereichen eine dem Glauben ähnelnde Relativität verleiht. 

Natürlich ist mir klar, dass es der unfehlbaren Präzision der Wissenschaft geschuldet ist, wenn wir hier über tausende von Kilometern in Echtzeit kommunizieren können, wenn Flugzeuge sicher starten und landen und wenn die Züge und Autos und Schiffe ihre Passagiere zuverlässig befördern, wenn Menschen mit Hilfe hochtechnisierter, computergesteuerter Maschinen sicherer operiert werden können als von menschlicher Hand und wenn der elektrische Strom unser modernes Leben am Laufen hält. 

Aber am Anfang jeder Entwicklung stand und steht eben auch der Glauben - in welcher Form auch immer. Die These Aristoteles hätte ohne den festen Glauben von Kopernikus an seine eigene Theorie nicht angefochten werden können. 

Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass der Glaube - an das was wir tun und an das was wir für richtig halten - eine der Hauptantriebskräfte in unserem Leben darstellt. 

Würde irgend jemand hier schreiben, wenn er/sie nicht glaubte, dass jemand anderes seine/ihre Zeilen lesen würde?

Ist uns der optimistische Glaube  nicht von Anbeginn als Vorraussetzung für das Leben auferlegt und mit in die Wiege gelegt worden, indem sich die Menschwerdung von uns allen in der Regel innerhalb eines 9 monatigen Zeitraums der Ungewissheit, ohne jede Garantie auf Erfolg, im Bauch unserer Mütter vollzog? 

Ja, wer glaubt, weiß nicht, aber wer zum Beispiel nicht glaubt, dass er sein Ziel erreichen kann, für den macht es keinen Sinn den ersten Schritt zu wagen, um seinem Ziel näherzukommen.

Vielleicht erklärt sich aus diesem Zusammenhang der ambivalente deutsche Begriff "Ahnung" (Vermutung/Gefühl) bzw. "Ahnung haben" (bewandert/kundig sein) in Form eines unbestimmten Wissens um ein undefiniertes Etwas das sich zusammen mit dem "Glauben" zu einem Radkreis formt in dessen Mitte sich unser "Ich" im Leben fort- und vorwärtsbewegt.

Das sich die unterschiedlichen Religionen des Glaubensprinzips ermächtigt haben und es vielleicht mit ihren steifen, nur schwer mit unserer modernen Lebensweise in Einklang zu bringenden Dogmen manchmal schwer zugänglich gemacht haben, finde ich persönlich eher schade. 

Dennoch glaube ich, dass sich die vielen Avataren der Götter der unterschiedlichen Religionen im Grunde genommen immer auf die Werte "Liebe" und "Nächstenliebe" beziehen. Werte die ihren Ursprung im Teilen, dem Grundstein des Lebens, das vielleicht schon mit der ersten Zellteilung beginnt, finden.

 

Liebe Grüße

Rudolf

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Geschrieben

Ich glaube, ich habe dich unterschätzt lieber Rudolf. 

Eben habe ich deine Antwort auf meinen Kommentar gelesen und fühle mich erstmal wie ein Boxer der einen plötzlichen, schweren Schlag bekommen hat und der Schiedsrichter anfängt zu zählen... 

Beim ersten Lesen fand ich überzeugend, was du schreibst.

Ich muss es nochmals in Ruhe, langsam lesen. 

Liebe Grüße

Carlos

Geschrieben

 

vor 10 Stunden schrieb Carlos:

fühle mich erstmal wie ein Boxer der einen plötzlichen, schweren Schlag bekommen hat und der Schiedsrichter anfängt zu zählen...

Dann sei einfach versichert, dass wir uns hier eher in einem virtuellen Autorenkreis, als in in einem Boxring befinden. 

Liebe Grüße

Rudolf

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Servus Rudolf,

das mit dem Boxer war ein Vergleich. 

Ich GLAUBE, in der Aussage, 

 

"Wer nicht weiß, glaubt, 

wer glaubt, ahnt, 

wer eine Ahnung hat, weiß etwas." 

 

liegt eine Behauptung, die sich leicht widerlegen muss.

 

Wer eine mathematische Formel an einer Tafel sieht, und nichts von hoher Mathematik versteht, weiß nicht, was das bedeutet, und kann es auch nicht ahnen. Das Einzige, was er weiß, ist, dass er nicht weiß.

Woran, in diesem Kontext, soll er "glauben"? 

Ein anderes Beispiel, wie in einem Kriminalroman, zum Beispiel, wo es darum geht, herauszufinden, wer der Mörder ist.

Der Leser kann glauben, wer der Mörder ist, er kann es ahnen, er hat also eine Ahnung. Aber wissen tut er deswegen nicht. 

So, das war die zweite Runde. 

Liebe Grüße 

Carlos

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschrieben

Hallo Carlos,

 

es ist klar, dass ein tiefer Glaube allein nicht ausreicht, um die Mechanismen der höheren Mathematik zu verstehen oder ein Mörder-Mysterium zu lösen. Der Glaube im Gewand des (Selbst)Vertrauens, kann dennoch zum Katalysator werden, der eine Reaktion herbeiführt, die den Menschen zur Entfaltung der in ihnen  schlummernden schöpferischen Kraft und Willensstärke verhilft.

Er zeichnet sich für die  Ausdauer verantwortlich, derer es bedarf, um den beschwerlichen, manchmal leidlichen und langen Pilgerweg des Lebens und Lernens, beharrlich zu begehen. Unser Wissen, das uns bewandert und erfahren macht, ist vielleicht nur eine Summe der beabsichtigten und unbeabsichtigten Nebenwirkungen dieser Reise, auf der wir uns zeitlebens befinden.  

 

Der Mensch in seinem allgemeinen Logikverständnis ist es gewohnt mit festen Werten zu kalkulieren und er fühlt sich meist erst versichert, wenn er diese mit mathematischer Genauigkeit berechnen und in einer für ihn nachvollziebaren Weise aufschlüsseln, beziehunsweise mit Zahlen belegen kann.

Im Grunde genommen aber ist es doch so, dass selbst die abstraktesten menschengemachten numerischen Wertesysteme, wie zum Beispiel die uns alle betreffende Geldwirtschaft, im Glauben wurzeln.

Wer sein Geld - das unsere Gesellschaft als Platzhalter für Werte akzeptiert und vergöttert - verleiht, ist auch als Atheist ein Gläubiger. Wer einen Kredit (lateinisch credit = er glaubt) bekommt, dem wird Glauben geschenkt und unsere Wirtschaft wird von einem Wachstumsprinzip geleitet, das sich im Kern auch im Griebs eines Apfels wiederfindet.

Im Falle eines Apfelkerns setzt die Vollendung dieses Wachstumsprozesses zunächst einen Glauben - mit all dem ihm innewohnenden Risiko des Misserfolgs - voraus, der dem Unvollkommenen die geschützte Zeit stundet, die es braucht, um ein Potezial zu entfalten, mit dem die Vorahnung einer reichen Ernte in Erfüllung kann.

 

Ich glaube zu wissen, dass wir in unserer Welt in vielen Bereichen von der einen oder anderen Form des Glaubens geleitet werden, auch wenn wir uns nicht immer dazu bekennen, weil wir den Glauben oft gar nicht erst als solchen erkennen.

 

Liebe Grüße

Rudolf

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Geschrieben

Ave Rudolf! 

Du schreibst so gut und überzeugend, dass ich dir glauben will. 

Was du im letzten Absatz schreibst ist absolut wahr: In unserem praktischem Leben sind wir stark vom Glauben geleitet.

Wir "wissen", dass die Erde sich um die Sonne dreht, es fehlt uns aber schwer, daran zu glauben. 

Was glaubst du? 

Apropos Glauben: Wie siehst du es, wenn ein Zauberer Dinge vor unseren Augen macht, die uns als unmöglich erscheinen? 

Warum wollen wir nicht glauben, dass die Münze in seiner Hand wirklich verschwunden ist? 

Wir haben sie ja verschwinden sehen. 

Was hindert uns daran, uns dem Glauben hinzugeben? 

Ist es nicht das Wissen, dass das nicht möglich ist? 

Liebe Grüße 

Carlos

 

 

Geschrieben

Hallo Carlos, 

 

nochmal danke für deinen erneuten Kommentar. Dann lass mich mal versuchen, deine Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.

 

Am 17.6.2022 um 15:04 schrieb Carlos:

Wir "wissen", dass die Erde sich um die Sonne dreht, es fehlt uns aber schwer, daran zu glauben. 

Was glaubst du? 

 

Ehrlich gesagt, Carlos, wenn mir gelehrt worden wäre, die Erde drehe sich um die Sonne, ich glaube ich würde es auch glauben, weil mir die astronomischen Fähigkeiten und Mittel fehlen, um das selbst nachzuprüfen. Das heimtückische an den verschiedenen Wissenstheorien ist ja eigentlich immer die Tatsache, dass unser Geist sie annimmt, sofern uns die damit einhergehenden Erklärungen einigermaßen logikkonform erscheinen. 

 

 

Am 17.6.2022 um 15:04 schrieb Carlos:

 

Apropos Glauben: Wie siehst du es, wenn ein Zauberer Dinge vor unseren Augen macht, die uns als unmöglich erscheinen? 

Warum wollen wir nicht glauben, dass die Münze in seiner Hand wirklich verschwunden ist? 

Wir haben sie ja verschwinden sehen. 

Was hindert uns daran, uns dem Glauben hinzugeben? 

Ist es nicht das Wissen, dass das nicht möglich ist? 

 

 

Ich denke, in dem Fall ist es eher unser Wissen um die Tricks der Magierzunft, das uns, über die  wiederholte Konfirmation des Klischees, zaudern lässt, dem Zauber Glauben zu schenken. 

 

Auf der anderen Seite geschehen eben doch noch Zeichen und Wunder in dieser Welt:

Letzten Sommer fiel meine Mittagspause an einem herrlichen Sonnentag einmal zwischen zwei Kundenbesuche und ich war gerade in einer Ecke in der sich ein malerischer See befand. Folglich beschloß ich dort anzuhalten, um einen Sandwich den ich bei mir hatte, am Ufer zu verkosten. Mein Handy  hatte ich dabei so ungeschickt neben mich gelegt, dass es bei einer versehentlichen Bewegung ins Rutschen kam und über den Weg der Uferböschung flugs in den trübgrünen See glitt. Nach einer etwa zehnsekunden währenden Schockstarre, begann, ich mir die Kleider bis auf die Unterhose vom Leib zu  reißen und stürzte dem U-Phone hinterher. Mit den Füßen spürte ich gleich, dass der Grund des Sees, auf den ich mit meinen Augen nicht sehen konnte, aus weichem Schlamm bestand. In einer sicherlich komisch anmutenden Szene tastete ich irgendwie nur wild, den Kopf unter Wasser, am Boden des Gewässers herum, um das Ding ausfindig zu machen. Das ging bestimmt 2-3 Minuten so, bis eine meiner Hände auf einmal auf etwas Festes stieß, das mein taktiles Gedächtnis als mein Telefon identifizierte. Ich barg das Handy so schnell ich konnte und begann sogleich mit meinen ersten "Finger zu Taste" Wiederbelebungsversuchen. Aber am Gerät ging nur das Display wechselweise aus und an und es schien als wäre es nicht mehr zu gebrauchen. Ich hatte nichtsdestotrotz meinen Weg fortgesetzt, um meinen Termin wahrnehmen zu können, als ich bemerkte, dass sich ein Marienkäfer in mein Auto verirrt hatte. Ich hielt deswegen am Straßenrand an, um dem vermeintlich glücksbringenden Tier die Möglichkeit zu geben, seine Freiheit wieder zu erlangen, was das Geschöpf auch tat, indem es seine Flügeldeckeln anhob und surrend abhob. 

Als ich an diesem Abend nachhause kam, setzte ich mich natürlich gleich hinter den Laptop, um mich über die Überlebenschancen meines Smarties schlau zu googeln. Da stand aber überall, dass man sein Telefon nicht mehr anschalten sollte, nachdem man es aus dem Wasser gefischt hat, weil dadurch allerlei Elektroteile oxydieren würden, was dem Teil den Todesstoss geben würde. Mein Telefon hatte zu allem Unglück noch, etwa eine Woche vorher, einen Sprung ins Display bekommen, nachdem es mir aus der Hand gehüpft war und musste daher besonders undicht sein. Jackpot, dachte ich mir und begann mich mental darauf vorzubereiten mich um die Bestattungsformalitäten meiner Daten kümmern zu müssen.

Überraschenderweise, und allen virtuellen Unkenrufen der Technikforenfrösche zum Trotz, meldete sich das Telefon nach einem 5-tägigen Dornröschenschlaf doch wieder mit all seinem gespeicherten Inhalt zurück, als wäre gar nichts gewesen.

Ich hätte auch nie geglaubt, dass ich mein Smartphone nach seiner Odysee-Reise in die Tümpeltiefen eines Badesees mit all seinen Funktionen jemals wieder zurückbekommen würde. Auch die glückverheißende Episode mit dem Marienkäfer, hatte mich nicht dazu bewegen können, die technischen Analysen im Internet zugunsten eines Aberglaubens zu ignorieren. Zwischenzeitlich hatte ich mir ein neues Telefon bestellt, dass ich bis heute nur sehr selten benutze. Hätte man mir nicht mittels fachwissenschaftlicher Erklärungen eine Unmöglichkeit bewußt gemacht, hätte ich der Möglichkeit vielleicht doch noch eine Chance gelassen. Aber so kann es eben auch gehen.

 

Liebe Grüße

Rudolf

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Geschrieben

Lieber Rudolf, 

lass uns mit dieser Diskussion aufhören, wir haben lange genug gekämpft. 

Viel wichtiger: Was du über deine Odyssee mit deinem Handy schreibst ist, an sich, literarisch und menschlich, wunderbar. 

Wenn du davor etwas schreiben würdest, was den Leser auf die Erzählung vorbereitet, währe es, vielleicht, noch besser. 

Liebe Grüße 

Carlos

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