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Polartagdämmerung

Fern des Wendekreises, bei Kap Horn,

steht ein letzter Elch am Abgrund vorn,

er nippt am Tee kurz vor der Klippe,

an einer allerletzten Kante,

und zieht an seiner letzten Kippe,

der Rauch nur dringt ins Unbekannte.

 

Wohin im Dämmern aller Welt?

Dorthin doch, wo die Nacht bald schwelt!

Am Rande Edens, fern vom Traum,

da kauert allem Ende nah der Elch.

Einsam ist die Welt an diesem Saum,

so übersah ihn auch der bittre Kelch.

 

Hinter der Klippe schwelt der Fjord –

dem Alten sein Eden, der Lebenshort!

Dem letzten Baum, der Blätter spendet,

schwand sein Grün, sein Wuchs beendet.

Er fraß von ihm sein letztes Blatt,

nun sind Elch und Baum des Lebens satt.

 

Sind die Ahnen diesem Land entrückt?

War ihr Weg zum Lichte gar geglückt?

Die Welt des Alten ist vergangen,

lang, nachdem die Ahnen sie besangen.

Die Glut der Kippe bald ihr Ende fand,

schwach der Strahlen Lebenszeit,

die Sonne schwand bald diesem Land,

vermehrt die Botschaft neuer Dunkelheit.

 

Oben ist unten und unten ist oben –

durch seine Augen dringt hinein die Welt,

dem Alten die Gedanken toben,

tief in ihm der Kummer schwelt.

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Moin Ikaros,

 

also ich hatte beim Lesen nicht das Gefühl großer Trauer, vielmehr war mir ein mythisches Naturschauspiel vor Augen. 
Dazu dann eben der ganz normale Lauf der Dinge, das Älterwerden und Sterben.
Eben aber durch diesen Naturbezug finde ich das hier ganz spannend. 
Ärgerlich fand ich aber die letzte Strophe, die war mir irgendwie zu platt und hat mit dem Hammer nochmal versucht, die Traurigkeit in den Text zu zimmern. 
Für mich war der Abschluss nach der neuen Dunkelheit - schwarz, Ende.

 

Ich möchte aber einmal detailliert Strophe für Strophe durch deinen Text gehen, bitte sieh es mir nach 😉

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Polartagdämmerung

Schöner Titel, man hat direkt verschiedene Assoziationen. Ich denke an Kälte, Unwirtlichkeit, aber auch an Polarlichter und die schon erwähnte mystische Natur.

 

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Fern des Wendekreises, bei Kap Horn,

steht ein letzter Elch am Abgrund vorn,

er nippt am Tee kurz vor der Klippe,

an einer allerletzten Kante,

und zieht an seiner letzten Kippe,

der Rauch nur dringt ins Unbekannte.

Reim und Metrum:
Ich mag es wenn Texte auch mal etwas schwermütiger starten, hier dank des Trochäus mit männlichen Kadenzen in den ersten beiden Versen. Leider taucht der Trochäus danach ja nur noch sporadisch auf. Ich glaube, es hätte dem Text gestanden, das durchzuziehen. Dennoch ist es nicht unpassend hier, den Paarreim im Trochäus zu haben und im Kreuzreim davon abzuweichen.

Das Reimschema kenne ich unter keinem Fachbegriff, sieht mit aabcbc aus wie die Schwester vom Schweifreim (aabccb).


Inhalt und Wortwahl:

Ich musste die Gegebenheiten am Kap Hoorn erstmal googlen, subpolare Zone, rauhe Gegend^^ 
Solche konkreten Ortsbenennungen bringen natürlich immer das Risiko mit sich, dass man damit nichts assoziieren kann. Eine detailliertere Beschreibung der Szenerie ist da sicherer. Die Entfernung zum Wendekreis hat da ja einen guten Anfang gemacht.
Den Elch hatte ich hier als tatsächliches Tier gelesen, fand das mit dem Tee und der Kippe dann entsprechend befremdlich. 
Später ist die Rede vom Alten - hier ist für mich nicht klar, ob der Elch der Alte ist, also ein alter Elch, oder ob es um einen alten Mann geht, den du hier als Elch charakterisierst. Das Tier wäre mir lieber, aber wie gesagt, dann mag ich Tee und Kippe nicht. 
So oder so, "er" ist alt und hat seine Ende vor sich. 

Anmerkungen und Vorschläge: 
Du könntest im letzten Vers auch schreiben: "Der Rauch dring nur ins Unbekannte". 
So hast du eine normale Satzstellung. Da ändert sich auch metrisch nichts. In der Konstellation hat das "nur" ja ohnehin einen sehr betonten Charakter und kann sich gegen das eigentlich stärkere "dringt" durchaus durchsetzen.

 

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Wohin im Dämmern aller Welt?

Dorthin doch, wo die Nacht bald schwelt!

Am Rande Edens, fern vom Traum,

da kauert allem Ende nah der Elch.

Einsam ist die Welt an diesem Saum,

so übersah ihn auch der bittre Kelch.

Reim und Metrum:
Welt-schwelt ist sehr unrein, "schwelt" wird mit langem e gesprochen.
Das diesmal durchweg jambische Metrum wird im vorletzten Vers gestört.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Gut, die Szenerie wird hier nun etwas vertieft. Die schwelende Nacht fand ich erst unpassend - verbinde ich eine Polarnacht doch mit allem anderen als einem gemütlichen, warmen Schwelen. Denkt man aber an die grünen Polarlichter, wie sie so beruhigend dahinwabern, kann man das sicher auch als ein Schwelen beschreiben. "Eden" ist für  mich irgendwie unpassend, auch das assoziiere ich mit dieser Gegend einfach nicht. Auch beim "kauern" bin ich gestolpert, ich habe mir den Elch sehr stolz und erhaben vorgestellt - Kälte dürfte ihm sowieso nicht wirklich etwas anhaben. 
Die letzten beiden Verse sind tragisch. Dank dieser hätte es in Strophe 1 das "letzter Elch" gar nicht gebraucht. Das wird in diesen beiden Versen viel anschaulicher rübergebracht. Ein Kelch allerdings übersieht niemanden, er geht höchstens an jemandem vorüber. Die Wendung fände ich schöner.

 

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Hinter der Klippe schwelt der Fjord –

dem Alten sein Eden, der Lebenshort!

Dem letzten Baum, der Blätter spendet,

schwand sein Grün, sein Wuchs beendet.

Er fraß von ihm sein letztes Blatt,

nun sind Elch und Baum des Lebens satt.

Reim und Metrum:

Hier geht es etwas durcheinander. Einmal das Metrum zur Veranschaulichung: 

XxxXxXxX

xXxxXxxXxX

xXxXxXxXx

XxXxXxXx

xXxXxXxX

XxXxXxXxX

Da ist kein Vers wie der andere, das macht es ungewollt unruhig, nur noch unterstützt dadurch, dass die schöne Schweifreimschwester hier nun gegen mehrere Paarreime ausgetauscht wurde - all das an sich kein Weltuntergang, mindestens aber die gepaarten Verse würde ich mir dann im selben Metrum wünschen.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Hier ist nun der Alte, wie gesagt, für mich ist das der Elch - gerade auch, weil er Blätter frisst. 
Erneut nutzt du "schwelen", das Wort mag ich ja auch. Hier mag es mir nun aber wirklich nicht so passend erscheinen. Wie schwelt ein Fjord? Von mir aus kann der schwellen. 
"Dem Alten sein Eden" klingt irgendwie schräg. Ich lese das wie einen sehr unglücklichen Possessivdativ.... du meist natürlich, der Fjord IST Eden für den Alten, aber man liest es leider wie diese unsäglichen "das ist dem Alten seins".

"Wuchs beendet" klingt irgendwie nüchtern und abrupt, sehr reimorientiert.

Der letzte Vers hinkt für mich, warum schwindet dem Elch der Lebensmut, wenn er doch gerade noch fressen konnte?

 

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Sind die Ahnen diesem Land entrückt?

War ihr Weg zum Lichte gar geglückt?

Die Welt des Alten ist vergangen,

lang, nachdem die Ahnen sie besangen.

Die Glut der Kippe bald ihr Ende fand,

schwach der Strahlen Lebenszeit,

die Sonne schwand bald diesem Land,

vermehrt die Botschaft neuer Dunkelheit.

Reim und Metrum: 
Die ersten beiden Verse sind wieder trochäisch, das könnte sich als konsequentes Muster ja gern durchziehen. 
Je Vers ist das Metrum stabil, es unterscheidet sich untereinander aber weiterhin.
Nun bricht diese Strophe erneut aus dem Reimschema, wir haben hier zweimal Paarreime, gefolgt von einem Kreuzreim. 
Damit sind es hier auch 2 Zeilen mehr als üblich. an der folgenden letzten Strophe ist ja erkennbar, dass du hier am Ende offenbar einfach noch zu viel zu sagen hattest.^^

 

Inhalt und Wortwahl: 
Die beiden Fragen wollen mir rhetorisch nicht so ganz gefallen, denn es geht ja ganz offensichtlich aus deinem Text hervor, dass die Ahnen verschwunden/verstorben sind, eben weil der Elch der letzte hier ist. Das ist für mich eine unnötige und weniger schön ausgeschmückte Wiederholung.

Die Satzstellung in Vers 5 ist dem Reim geschuldet, das klingt nicht so angenehm. Auch der Folgevers klingt ungelenk, die Auslassung ist da problematisch und die Beziehung zwischen den beiden Versen ist nicht klar. Soll die Glut der Kippe sinnbildlich für die letzten Abendsonnenstrahlen und die Lebenszeit stehen? Also Glut = Strahlen = Lebenszeit? Ist das eine eine Konsequenz des anderen? MIT der Glut endet auch das Strahlen und die Lebenszeit? 

Der folgende Vers "die Sonne schwand bald diesem Land" ist für mich wieder eine unnötige Wiederholung von "schwach der Strahlen", in dem ich ja bereits das Ende des Tages gelesen hatte.

Der letzte Vers ist auch schief, wird eine Botschaft vermehrt? Sie wird vielleicht wiederholt oder weitergegeben oder noch lauter ausgesprochen. Aber vermehrt? Vermehrt wird eher die Dunkelheit, aber das gibt dein Satz so nicht her.
Nichtsdestotrotz, für mich hätte das Gedicht hier wie gesagt enden können.

 

Am 3.9.2022 um 21:39 schrieb Ikaros:

Oben ist unten und unten ist oben –

durch seine Augen dringt hinein die Welt,

dem Alten die Gedanken toben,

tief in ihm der Kummer schwelt.

Reim und Metrum: 

leider wieder ein wechselndes Metrum. Der Kreuzreim ist auch hier konstruiert durch den verdrehten Vers 2, 3 und 4. 
Gerade das zum Abschluss hinterlässt für mich einen unbefriedigenden Eindruck. 

Welt-schwelt, wie schon oben, ist unrein.

 

Inhalt und Wortwahl:
"Toben" kommt mir in diesem Kontext zu umgangssprachlich vor. Inhaltlich klingt es für mich nach einem Klippensturz und/oder nach dem Verdrehen der Augen im letzten Moment des Lebens. 
Wie gesagt, Kummer und Trauer hatte ich hier die ganze Zeit ohnehin nicht gelesen. Für mich dürfte der Elch nun eher Erlösung spüren, da er bald mit den Ahnen wiedervereint sein wird.

 

 

Zusammenfassend will ich sagen, dass ich den Text nicht schlecht finde. Ich selbst sehe sein Potenzial nur in einer etwas anderen Richtung und mit etwas Aufmerksamkeit und Sorgfalt an der ein oder anderen Stelle könnte das doch eine eine kleine, herzzereißende Übergangsgeschichte eines einsamem, stolzen Elchs am Ende der Welt sein.^^

 

Ich hoffe, meine Anmerkungen können dir hilfreich sein, 
LG Dali Lama

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Am 11.9.2022 um 20:58 schrieb Dali Lama:

Moin Ikaros,

 

also ich hatte beim Lesen nicht das Gefühl großer Trauer, vielmehr war mir ein mythisches Naturschauspiel vor Augen. 
Dazu dann eben der ganz normale Lauf der Dinge, das Älterwerden und Sterben.
Eben aber durch diesen Naturbezug finde ich das hier ganz spannend. 
Ärgerlich fand ich aber die letzte Strophe, die war mir irgendwie zu platt und hat mit dem Hammer nochmal versucht, die Traurigkeit in den Text zu zimmern. 
Für mich war der Abschluss nach der neuen Dunkelheit - schwarz, Ende.

 

Ich möchte aber einmal detailliert Strophe für Strophe durch deinen Text gehen, bitte sieh es mir nach 😉

Schöner Titel, man hat direkt verschiedene Assoziationen. Ich denke an Kälte, Unwirtlichkeit, aber auch an Polarlichter und die schon erwähnte mystische Natur.

 

Reim und Metrum:
Ich mag es wenn Texte auch mal etwas schwermütiger starten, hier dank des Trochäus mit männlichen Kadenzen in den ersten beiden Versen. Leider taucht der Trochäus danach ja nur noch sporadisch auf. Ich glaube, es hätte dem Text gestanden, das durchzuziehen. Dennoch ist es nicht unpassend hier, den Paarreim im Trochäus zu haben und im Kreuzreim davon abzuweichen.

Das Reimschema kenne ich unter keinem Fachbegriff, sieht mit aabcbc aus wie die Schwester vom Schweifreim (aabccb).


Inhalt und Wortwahl:

Ich musste die Gegebenheiten am Kap Hoorn erstmal googlen, subpolare Zone, rauhe Gegend^^ 
Solche konkreten Ortsbenennungen bringen natürlich immer das Risiko mit sich, dass man damit nichts assoziieren kann. Eine detailliertere Beschreibung der Szenerie ist da sicherer. Die Entfernung zum Wendekreis hat da ja einen guten Anfang gemacht.
Den Elch hatte ich hier als tatsächliches Tier gelesen, fand das mit dem Tee und der Kippe dann entsprechend befremdlich. 
Später ist die Rede vom Alten - hier ist für mich nicht klar, ob der Elch der Alte ist, also ein alter Elch, oder ob es um einen alten Mann geht, den du hier als Elch charakterisierst. Das Tier wäre mir lieber, aber wie gesagt, dann mag ich Tee und Kippe nicht. 
So oder so, "er" ist alt und hat seine Ende vor sich. 

Anmerkungen und Vorschläge: 
Du könntest im letzten Vers auch schreiben: "Der Rauch dring nur ins Unbekannte". 
So hast du eine normale Satzstellung. Da ändert sich auch metrisch nichts. In der Konstellation hat das "nur" ja ohnehin einen sehr betonten Charakter und kann sich gegen das eigentlich stärkere "dringt" durchaus durchsetzen.

 

Reim und Metrum:
Welt-schwelt ist sehr unrein, "schwelt" wird mit langem e gesprochen.
Das diesmal durchweg jambische Metrum wird im vorletzten Vers gestört.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Gut, die Szenerie wird hier nun etwas vertieft. Die schwelende Nacht fand ich erst unpassend - verbinde ich eine Polarnacht doch mit allem anderen als einem gemütlichen, warmen Schwelen. Denkt man aber an die grünen Polarlichter, wie sie so beruhigend dahinwabern, kann man das sicher auch als ein Schwelen beschreiben. "Eden" ist für  mich irgendwie unpassend, auch das assoziiere ich mit dieser Gegend einfach nicht. Auch beim "kauern" bin ich gestolpert, ich habe mir den Elch sehr stolz und erhaben vorgestellt - Kälte dürfte ihm sowieso nicht wirklich etwas anhaben. 
Die letzten beiden Verse sind tragisch. Dank dieser hätte es in Strophe 1 das "letzter Elch" gar nicht gebraucht. Das wird in diesen beiden Versen viel anschaulicher rübergebracht. Ein Kelch allerdings übersieht niemanden, er geht höchstens an jemandem vorüber. Die Wendung fände ich schöner.

 

Reim und Metrum:

Hier geht es etwas durcheinander. Einmal das Metrum zur Veranschaulichung: 

XxxXxXxX

xXxxXxxXxX

xXxXxXxXx

XxXxXxXx

xXxXxXxX

XxXxXxXxX

Da ist kein Vers wie der andere, das macht es ungewollt unruhig, nur noch unterstützt dadurch, dass die schöne Schweifreimschwester hier nun gegen mehrere Paarreime ausgetauscht wurde - all das an sich kein Weltuntergang, mindestens aber die gepaarten Verse würde ich mir dann im selben Metrum wünschen.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Hier ist nun der Alte, wie gesagt, für mich ist das der Elch - gerade auch, weil er Blätter frisst. 
Erneut nutzt du "schwelen", das Wort mag ich ja auch. Hier mag es mir nun aber wirklich nicht so passend erscheinen. Wie schwelt ein Fjord? Von mir aus kann der schwellen. 
"Dem Alten sein Eden" klingt irgendwie schräg. Ich lese das wie einen sehr unglücklichen Possessivdativ.... du meist natürlich, der Fjord IST Eden für den Alten, aber man liest es leider wie diese unsäglichen "das ist dem Alten seins".

"Wuchs beendet" klingt irgendwie nüchtern und abrupt, sehr reimorientiert.

Der letzte Vers hinkt für mich, warum schwindet dem Elch der Lebensmut, wenn er doch gerade noch fressen konnte?

 

Reim und Metrum: 
Die ersten beiden Verse sind wieder trochäisch, das könnte sich als konsequentes Muster ja gern durchziehen. 
Je Vers ist das Metrum stabil, es unterscheidet sich untereinander aber weiterhin.
Nun bricht diese Strophe erneut aus dem Reimschema, wir haben hier zweimal Paarreime, gefolgt von einem Kreuzreim. 
Damit sind es hier auch 2 Zeilen mehr als üblich. an der folgenden letzten Strophe ist ja erkennbar, dass du hier am Ende offenbar einfach noch zu viel zu sagen hattest.^^

 

Inhalt und Wortwahl: 
Die beiden Fragen wollen mir rhetorisch nicht so ganz gefallen, denn es geht ja ganz offensichtlich aus deinem Text hervor, dass die Ahnen verschwunden/verstorben sind, eben weil der Elch der letzte hier ist. Das ist für mich eine unnötige und weniger schön ausgeschmückte Wiederholung.

Die Satzstellung in Vers 5 ist dem Reim geschuldet, das klingt nicht so angenehm. Auch der Folgevers klingt ungelenk, die Auslassung ist da problematisch und die Beziehung zwischen den beiden Versen ist nicht klar. Soll die Glut der Kippe sinnbildlich für die letzten Abendsonnenstrahlen und die Lebenszeit stehen? Also Glut = Strahlen = Lebenszeit? Ist das eine eine Konsequenz des anderen? MIT der Glut endet auch das Strahlen und die Lebenszeit? 

Der folgende Vers "die Sonne schwand bald diesem Land" ist für mich wieder eine unnötige Wiederholung von "schwach der Strahlen", in dem ich ja bereits das Ende des Tages gelesen hatte.

Der letzte Vers ist auch schief, wird eine Botschaft vermehrt? Sie wird vielleicht wiederholt oder weitergegeben oder noch lauter ausgesprochen. Aber vermehrt? Vermehrt wird eher die Dunkelheit, aber das gibt dein Satz so nicht her.
Nichtsdestotrotz, für mich hätte das Gedicht hier wie gesagt enden können.

 

Reim und Metrum: 

leider wieder ein wechselndes Metrum. Der Kreuzreim ist auch hier konstruiert durch den verdrehten Vers 2, 3 und 4. 
Gerade das zum Abschluss hinterlässt für mich einen unbefriedigenden Eindruck. 

Welt-schwelt, wie schon oben, ist unrein.

 

Inhalt und Wortwahl:
"Toben" kommt mir in diesem Kontext zu umgangssprachlich vor. Inhaltlich klingt es für mich nach einem Klippensturz und/oder nach dem Verdrehen der Augen im letzten Moment des Lebens. 
Wie gesagt, Kummer und Trauer hatte ich hier die ganze Zeit ohnehin nicht gelesen. Für mich dürfte der Elch nun eher Erlösung spüren, da er bald mit den Ahnen wiedervereint sein wird.

 

 

Zusammenfassend will ich sagen, dass ich den Text nicht schlecht finde. Ich selbst sehe sein Potenzial nur in einer etwas anderen Richtung und mit etwas Aufmerksamkeit und Sorgfalt an der ein oder anderen Stelle könnte das doch eine eine kleine, herzzereißende Übergangsgeschichte eines einsamem, stolzen Elchs am Ende der Welt sein.^^

 

Ich hoffe, meine Anmerkungen können dir hilfreich sein, 
LG Dali Lama

Lieber Dali Lama, vielen Dank für das Feedback. Ich werde, wenn ich etwas mehr Zeit habe, deine Anmerkungen durchgehen und dir Antworten. Vielen Dank!

 

Am 11.9.2022 um 20:58 schrieb Dali Lama:

Moin Ikaros,

 

also ich hatte beim Lesen nicht das Gefühl großer Trauer, vielmehr war mir ein mythisches Naturschauspiel vor Augen. 
Dazu dann eben der ganz normale Lauf der Dinge, das Älterwerden und Sterben.
Eben aber durch diesen Naturbezug finde ich das hier ganz spannend. 
Ärgerlich fand ich aber die letzte Strophe, die war mir irgendwie zu platt und hat mit dem Hammer nochmal versucht, die Traurigkeit in den Text zu zimmern. 
Für mich war der Abschluss nach der neuen Dunkelheit - schwarz, Ende.

 

Ich möchte aber einmal detailliert Strophe für Strophe durch deinen Text gehen, bitte sieh es mir nach 😉

Schöner Titel, man hat direkt verschiedene Assoziationen. Ich denke an Kälte, Unwirtlichkeit, aber auch an Polarlichter und die schon erwähnte mystische Natur.

 

Reim und Metrum:
Ich mag es wenn Texte auch mal etwas schwermütiger starten, hier dank des Trochäus mit männlichen Kadenzen in den ersten beiden Versen. Leider taucht der Trochäus danach ja nur noch sporadisch auf. Ich glaube, es hätte dem Text gestanden, das durchzuziehen. Dennoch ist es nicht unpassend hier, den Paarreim im Trochäus zu haben und im Kreuzreim davon abzuweichen.

Das Reimschema kenne ich unter keinem Fachbegriff, sieht mit aabcbc aus wie die Schwester vom Schweifreim (aabccb).


Inhalt und Wortwahl:

Ich musste die Gegebenheiten am Kap Hoorn erstmal googlen, subpolare Zone, rauhe Gegend^^ 
Solche konkreten Ortsbenennungen bringen natürlich immer das Risiko mit sich, dass man damit nichts assoziieren kann. Eine detailliertere Beschreibung der Szenerie ist da sicherer. Die Entfernung zum Wendekreis hat da ja einen guten Anfang gemacht.
Den Elch hatte ich hier als tatsächliches Tier gelesen, fand das mit dem Tee und der Kippe dann entsprechend befremdlich. 
Später ist die Rede vom Alten - hier ist für mich nicht klar, ob der Elch der Alte ist, also ein alter Elch, oder ob es um einen alten Mann geht, den du hier als Elch charakterisierst. Das Tier wäre mir lieber, aber wie gesagt, dann mag ich Tee und Kippe nicht. 
So oder so, "er" ist alt und hat seine Ende vor sich. 

Anmerkungen und Vorschläge: 
Du könntest im letzten Vers auch schreiben: "Der Rauch dring nur ins Unbekannte". 
So hast du eine normale Satzstellung. Da ändert sich auch metrisch nichts. In der Konstellation hat das "nur" ja ohnehin einen sehr betonten Charakter und kann sich gegen das eigentlich stärkere "dringt" durchaus durchsetzen.

 

Reim und Metrum:
Welt-schwelt ist sehr unrein, "schwelt" wird mit langem e gesprochen.
Das diesmal durchweg jambische Metrum wird im vorletzten Vers gestört.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Gut, die Szenerie wird hier nun etwas vertieft. Die schwelende Nacht fand ich erst unpassend - verbinde ich eine Polarnacht doch mit allem anderen als einem gemütlichen, warmen Schwelen. Denkt man aber an die grünen Polarlichter, wie sie so beruhigend dahinwabern, kann man das sicher auch als ein Schwelen beschreiben. "Eden" ist für  mich irgendwie unpassend, auch das assoziiere ich mit dieser Gegend einfach nicht. Auch beim "kauern" bin ich gestolpert, ich habe mir den Elch sehr stolz und erhaben vorgestellt - Kälte dürfte ihm sowieso nicht wirklich etwas anhaben. 
Die letzten beiden Verse sind tragisch. Dank dieser hätte es in Strophe 1 das "letzter Elch" gar nicht gebraucht. Das wird in diesen beiden Versen viel anschaulicher rübergebracht. Ein Kelch allerdings übersieht niemanden, er geht höchstens an jemandem vorüber. Die Wendung fände ich schöner.

 

Reim und Metrum:

Hier geht es etwas durcheinander. Einmal das Metrum zur Veranschaulichung: 

XxxXxXxX

xXxxXxxXxX

xXxXxXxXx

XxXxXxXx

xXxXxXxX

XxXxXxXxX

Da ist kein Vers wie der andere, das macht es ungewollt unruhig, nur noch unterstützt dadurch, dass die schöne Schweifreimschwester hier nun gegen mehrere Paarreime ausgetauscht wurde - all das an sich kein Weltuntergang, mindestens aber die gepaarten Verse würde ich mir dann im selben Metrum wünschen.

 

Inhalt und Wortwahl: 
Hier ist nun der Alte, wie gesagt, für mich ist das der Elch - gerade auch, weil er Blätter frisst. 
Erneut nutzt du "schwelen", das Wort mag ich ja auch. Hier mag es mir nun aber wirklich nicht so passend erscheinen. Wie schwelt ein Fjord? Von mir aus kann der schwellen. 
"Dem Alten sein Eden" klingt irgendwie schräg. Ich lese das wie einen sehr unglücklichen Possessivdativ.... du meist natürlich, der Fjord IST Eden für den Alten, aber man liest es leider wie diese unsäglichen "das ist dem Alten seins".

"Wuchs beendet" klingt irgendwie nüchtern und abrupt, sehr reimorientiert.

Der letzte Vers hinkt für mich, warum schwindet dem Elch der Lebensmut, wenn er doch gerade noch fressen konnte?

 

Reim und Metrum: 
Die ersten beiden Verse sind wieder trochäisch, das könnte sich als konsequentes Muster ja gern durchziehen. 
Je Vers ist das Metrum stabil, es unterscheidet sich untereinander aber weiterhin.
Nun bricht diese Strophe erneut aus dem Reimschema, wir haben hier zweimal Paarreime, gefolgt von einem Kreuzreim. 
Damit sind es hier auch 2 Zeilen mehr als üblich. an der folgenden letzten Strophe ist ja erkennbar, dass du hier am Ende offenbar einfach noch zu viel zu sagen hattest.^^

 

Inhalt und Wortwahl: 
Die beiden Fragen wollen mir rhetorisch nicht so ganz gefallen, denn es geht ja ganz offensichtlich aus deinem Text hervor, dass die Ahnen verschwunden/verstorben sind, eben weil der Elch der letzte hier ist. Das ist für mich eine unnötige und weniger schön ausgeschmückte Wiederholung.

Die Satzstellung in Vers 5 ist dem Reim geschuldet, das klingt nicht so angenehm. Auch der Folgevers klingt ungelenk, die Auslassung ist da problematisch und die Beziehung zwischen den beiden Versen ist nicht klar. Soll die Glut der Kippe sinnbildlich für die letzten Abendsonnenstrahlen und die Lebenszeit stehen? Also Glut = Strahlen = Lebenszeit? Ist das eine eine Konsequenz des anderen? MIT der Glut endet auch das Strahlen und die Lebenszeit? 

Der folgende Vers "die Sonne schwand bald diesem Land" ist für mich wieder eine unnötige Wiederholung von "schwach der Strahlen", in dem ich ja bereits das Ende des Tages gelesen hatte.

Der letzte Vers ist auch schief, wird eine Botschaft vermehrt? Sie wird vielleicht wiederholt oder weitergegeben oder noch lauter ausgesprochen. Aber vermehrt? Vermehrt wird eher die Dunkelheit, aber das gibt dein Satz so nicht her.
Nichtsdestotrotz, für mich hätte das Gedicht hier wie gesagt enden können.

 

Reim und Metrum: 

leider wieder ein wechselndes Metrum. Der Kreuzreim ist auch hier konstruiert durch den verdrehten Vers 2, 3 und 4. 
Gerade das zum Abschluss hinterlässt für mich einen unbefriedigenden Eindruck. 

Welt-schwelt, wie schon oben, ist unrein.

 

Inhalt und Wortwahl:
"Toben" kommt mir in diesem Kontext zu umgangssprachlich vor. Inhaltlich klingt es für mich nach einem Klippensturz und/oder nach dem Verdrehen der Augen im letzten Moment des Lebens. 
Wie gesagt, Kummer und Trauer hatte ich hier die ganze Zeit ohnehin nicht gelesen. Für mich dürfte der Elch nun eher Erlösung spüren, da er bald mit den Ahnen wiedervereint sein wird.

 

 

Zusammenfassend will ich sagen, dass ich den Text nicht schlecht finde. Ich selbst sehe sein Potenzial nur in einer etwas anderen Richtung und mit etwas Aufmerksamkeit und Sorgfalt an der ein oder anderen Stelle könnte das doch eine eine kleine, herzzereißende Übergangsgeschichte eines einsamem, stolzen Elchs am Ende der Welt sein.^^

 

Ich hoffe, meine Anmerkungen können dir hilfreich sein, 
LG Dali Lama

Moin Dali Lama,

 

nach längerer Zeit habe ich wieder an dem Gedicht gearbeitet und auch paar Anregungen von Dir geholt.

 

Hier die neuere Version:

 

Polartagdämmerung

Fern des Wendekreises, nah Kap Horn,

steht ein letzter Elch am Abgrund vorn,

nippt am Tee kurz vor der Klippe,

dieser allerletzten Lebenskante,

zieht an seiner letzten Kippe –

nur der Rauch dringt in das Unbekannte.

 

Wohin in dieser Dämmerwelt?

Dorthin, wo letzter Tag noch fällt. –

Am Rande Edens, fern vom Traum,

da kauert allem Ende nah der Elch.

So einsam diese Welt an jenem Saum,

so übersah ihn auch sein letzter Kelch.

 

Hinter seinem Rücken siecht der Fjord,

letztes Eden, letztem Alten Lebenshort!

Seinem Baum, der Schatten spendet,

schwand der Wuchs, sein Leid beendet.

Dieser fraß von ihm das letzte Blatt,

nun sind Elch und Baum des Lebens satt.

 

Sind die Ahnen diesem Land entrückt?

War ihr Weg zum Lichte gar geglückt?

Jene Welt des Alten ist vergangen,

lang, nachdem die Ahnen sie besangen.

 

Die Glut der Kippe bald ihr Ende fand,

so schwach der Strahlen Lebenszeit,

die Sonne schwand schon diesem Land,

vermehrt die Botschaft neuer Dunkelheit.

Vom Fjorde her schon alle Nacht anhebt,

durch seine Augen dringt noch etwas Welt,

dank dem Elche ihr die Hoffnung lebt,

tief in ihr noch kurz das Alte schwellt.

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