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Romeo und Julia auf dem Sofa, eine Katzengeschichte


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Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Wunsch von meiner Familie ausging, den katzenlosen Zustand unseres Haushaltes zu beenden. Denn ein Leben ohne Katzen ist zwar möglich, aber sinnlos, sagte schon sinngemäß Loriot.

 

Zufällig hörten wir, dass unserem örtlichen Tierarzt ein Karton mit einem Wurf Kätzchen vor die Praxistür gestellt worden war. Anonym natürlich! Wir verloren keine Zeit und machten uns auf zur Tierarztpraxis. Unter den Katzenkindern war ein kleiner rotbrauner Kater, mit weißer Brust, weißem Bauch und weißen Pfötchen. Während seine Wurfgeschwister sich zu verstecken suchten, ging er forsch auf mein Frau zu und ließ sich von ihr auf den Arm nehmen, worauf er sich an ihre Brust schmiegte. In der Katzensprache heißt das, ich habe meine Wahl getroffen, ihr braucht nicht länger zu suchen. 

 

Zuhause angekommen, ging es um die Namensfindung. Es wurden etliche Namen vorgeschlagen und wieder verworfen, bis unsere Tochter, die gerade in der romantischen Phase war (unsensible Menschen sagen auch Pubertät dazu) bestimmte, ihn Romeo zu nennen. Ich wagte noch den Einwand, dass in nicht all zu ferner Zukunft er seine Fähigkeit, ein Liebhaber zu sein, einbüßen würde. Das wurde aber von den Frauen akzeptiert, was mich ein wenig kränkte.

 

Romeo nahm nun Haus und Garten in Besitz und war mit unserem Service recht zufrieden. Außerdem hatte er einige Eigenheiten, die man bei uns in Österreich mit 'er is a weng a Spinner'' zu umschreiben pflegt.

 

Zwei Jahre waren ins Land gegangen, als auf dem Bauernhof meiner Schwester in der Scheune ein Wurf Kätzchen gefunden wurde. Darunter war ein dreifarbiges allerliebstes Katzenmädchen. Es war so süß, dass ich mich sofort in es verliebte und ungefragt die Zustimmung gab, es in unsere Haugemeinschaft aufzunehmen. Nun hatten wir für unseren Romeo ein Julia gefunden. Meine Schwester war froh, dass wer den Katzenbestand dezimierte und so zogen wir zuversichtlich nach Hause. 

 

Dort wartete Romeo auf uns. Nicht dass er Julia attackierte, nein er ignorierte sie, strafte uns Menschen mit Verachtung und zog sich schmollend auf ein Fensterbrett zurück, das er nur für dringende Geschäfte verließ. Das hielt er vier Tage durch. Am fünften Tag stakste er steif durch die Stube. Julia, unbekümmert wie sie war, ging auf ihn zu, schloff zwischen seinen Vorderläufen hinein und kam zwischen seinen Hinterläufen wieder heraus. Er war zuerst verblüfft über diese Attacke, aber dann ging sowas wie ein seliger Ausdruck über sein Katzengesicht. Ab diesem Tag war das Eis gebrochen und Romeo und Julia wurden ein Liebespaar, allerdings nur platonisch. 

 

Julia erblühte zur schönsten Katzenjungfrau, die man sich nur vorstellen konnte. Sie hatte einen unbändigen Freiheitsdrang und begann zu streunen. Der Tierarzt sorgte dafür, dass sie keinen Nachwuchs bekommen konnte, obwohl ich mich heimlich über einen solchen gefreut hätte. In der Nacht nach ihrer Operation hat sie sehr gejammert und meine Frau verabreichte ihr eine homöopathische Flüssigkeit, worauf sie friedlich einschlief. Was meine Frau bis heute als Beweis dafür ansieht, dass hinter der Homöopathie mehr steckt als nur der Pleceboeffekt.

 

Leider kommt nun der traurige Teil dieser Geschichte. Julia streunte durch die Gärten, Wiesen und Felder. Sie kam oft tagelang nicht nach Hause und wir haben sie oft gesucht. Als sie einmal sehr lange nicht heimkam, waren wir sehr beunruhigt und wir haben Nachricht bekommen, dass man eine Katze gefunden habe, die unserer Julia glich. Wir fuhren zum angegebenen Ort und es war Julia. 

Sie hatte einen ausgelegten Giftköder gefressen und war daran elendiglich zugrunde gegangen. Auch andere Haustiere in der Siedlung kamen zu Schaden, man hat den Giftköderausleger nie gefunden. So ist unser Julchen nur zwei Jahre alt geworden. 

 

Romeo war wieder vereinsamt. Wir haben dann noch mehrere andere Katzen gehabt und Romeo hat sich gegen keine mehr gesträubt. Aber ob er noch einmal so glücklich geworden ist wie mit Julia, weiß ich nicht. Er ist später krank geworden und mit sechzehn Jahren gestorben. 

 

So wie in der Tragödie von Shakespeare war auch unserem Liebespaar kein langes Glück beschieden. 

 

Ich muss jetzt innehalten und die Geschichte beenden, denn ich sehe nichts mehr, weil mein Auge tränenumflort ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Lieber Alfredo,

jetzt musste ich nach deiner Geschichte suchen, ich hatte sie gestern bereits gelesen aber noch nicht kommentiert. Es ist eine bewegende Geschichte, rührend geschrieben die zu Herzen geht aber auch mit dem nötigen Humor gewürzt ist, gefällt mir sehr!

 

Mit lieben Grüßen in die neue Woche an meinen Landsmann 😉
Uschi

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