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Geschrieben am

Dem Reich des Neptun abgerungen,

in Liedern oft und gern besungen,

erglänzt die stolze Stadt der Dogen

im Traumland der Theaterlogen.

 

Vor Jahren hat sie einen Mohren

zum Condottiere auserkoren.

Die Serenissima verdankt

Othello, dass ihr Los nicht schwankt.

 

Sein Teint, getönt wie Ebenholz,

verbirgt mehr Demut noch als Stolz.

Man lässt ihn unter Treueschwüren

Respekt, doch ohne Liebe, spüren.

 

Trotz Ordensstern auf seiner Brust:

Das Fremd-Sein ist ihm stets bewusst,

so schwarz wie ehrlich seine Haut,

weshalb er arglos jedem traut.

 

Sein Fähnrich, Jago kurz gerufen,

erstiege gern des Ruhmes Stufen.

Ihn hat er vor nicht allzu Langem

beim Rang-Erheben übergangen.

 

Es schlief in Jagos Hirngekröse

seit jeher das infame Böse.

Nach jenem Karriereknick

erhebt es lechzend das Genick

 

und kennt ein Sinnen nur, ein Trachten:

Das Gute, Reine abzuschlachten,

wozu dies Monstrum, nie befriedet,

den Fähnrich sich zum Werkzeug schmiedet.

 

Der weiß sich meisterlich zu tarnen,

Othello höchst beredt zu warnen

vorm blinden Scheusal Eifersucht

und seiner schwarzen Höllenfrucht.

 

Ein Spitzentuch, geschickt vertauscht,

ein kleines Wort, geheim belauscht -

schon glimmt der Funke im Gehirne:

"Die Gattin mein ist eine Dirne!

 

Das schwärzeste von allen Schafen!

Den Frevel heißt ein Gott mich strafen!"

So wird er Beute des Dämonen,

der kam, im Herzen ihm zu wohnen.

 

Weshalb, auf Sühnetat geeicht,

er Desdemona still beschleicht,

ihr ernst ins holde Antlitz blickt

und fragt, die Stimme halb erstickt:

 

"Hast du, mein Weib, zur Nacht gebetet?"

Schon wird ihr schlanker Hals geknetet,

mit festem Druck aufs Seidenkissen

ihr Lebenszwirn entzwei gerissen.

 

Vollendet ist die Katastrophe,

da steht bestürzt die Kammerzofe,

die Hände ringend, auf der Schwelle

in bleichem Mondscheins fahler Helle.

 

Was hilfts, dass sie, die Frau des Schurken,

beim Schneiden eingelegter Gurken

des Gatten teuflisch krumme Tour

aus dessen eignem Mund erfuhr

 

und seine Ränke nun enthüllt?

Das Schicksal hat sich längst erfüllt.

Die Engelreine liegt erwürgt,

was ihr erstarrter Blick verbürgt.

 

Da hilft kein Denken und kein Dichten:

Der Richter muss sich selber richten.

Ihm wühlt der eigne Dolch im Herzen.

Die Kammerzofe löscht die Kerzen.

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Geschrieben

Lieber @Cornelius,

Ach, wie ich den düsteren Grufti Shakespeare detestierte als ich noch in High School war!

Besonders "Der Kaufman von Venedig"

Ich musste für meinen Englisch-Literaturkurs einen Aufsatz mit mindestens 1000 Wörtern über eine der Figuren in diesem Stück (Portia) schreiben.  Damals fiel es mir schwer, Shakespeares Geschichten zu verstehen.  Und ich war gezwungen es durchzuziehen denn dieser Kurs war eine Vorraussetzung für die Anrechnung auf den Abschluss.

Schade, dass ich nicht schon viel früher in meinem Leben auf deine Gedichte gestoßen bin.  Das ist die Art von Interpretation die leicht zu verstehen ist, und dazu , wie immer,

makellose Form und Reimrythmus. Chapeau!

Liebe Grüße,

Donna

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