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Geschrieben am

Auch ein betagteres Gedicht, welches ich als Hommage an Edgar Allan Poe schrieb. Es hat sich unter meinen Gedichten mittlerweile als Evergreen gemausert, da es zu einem meiner bisher beliebtesten zählt (was sich sogar mit meinem eigenen Empfinden trifft).

 

 

Rabenstein

 

 

Meines Sternes lichte Runden bahnten in die Abendstunden,

Alle Sehnsucht schloss die Lider, grau schlief meine Liebe ein.

Nichts und niemand kann behalten, was sich Schicksals Klauen krallten; –

Doch auf einmal Lichter wallten rundherum in hellem Schein.

Vor mir lag, vom Stern gefallen, in dem hellen Lichterschein –

 

Schwarz und glatt – ein fremder Stein.

 

Tief in meine Lebensschwere sank die Wärme seiner Sphäre,

Stellte bloß, was ich begehre, so auch meine bittre Pein.

Durch geheime Energien schlich sich dieses dunkle Ziehen

Zielbewusst in meine frühen Träume und Begierden ein.

In die letzte Kammer meiner Seele schloss sich’s drohend ein,

 

Und es lag dort – wie ein Stein.

 

Auch wenn ich noch nicht recht wusste, welch’ geheime und illustre

Kraft da nun im Herzen fußte, ließ sie mich der Welt verzeihn;

Abendämmrung ließ mich bange frösteln – ja, es war schon lange

Her, dass mit Dir Wang’ an Wange ich getanzt in unsrem Hain.

„Oh, du wundervolles Leben, schick’ den Tanz mit ihr zum Hain.“

 

Just ein Glühn! – Es war der Stein.

 

„Ist dies mir Signal der Götter“, sprach ich, „oder nur ein Spötter

Der Dämonenriege, der sich vorstellt als mein Bruder Kain?“

Kommst du zu mir als Mirakel, oder kleidet dich der Makel,

Als ein unheilvoll’ Orakel mir das End’ zu prophezei’n?

Lasse ich dich in mich, zieht dann eine Nemesis mit ein?“

 

Ich ergriff ihn! – Nur ein Stein.

 

Er verschwand in meiner Tasche. – „Sicher war dies eine Masche,

Eine Täuschung meiner Sinne, meines Innern letztes Schrei’n –

Wohl aus Angst vorm Untergehen. Aber nichts wird es verstehen,

Meines Sternes Bahn zu drehen“, dacht’ ich laut. „Ja, gar nichts – nein!“

Zweifelnd ob der warmen Aura, wo er ruhte, rief ich: „Nein –

 

Bist nichts weiter als ein Stein!“

 

Doch von nun an ward mein Leben neu von Morgenlicht umgeben;

Vormals dunkle und befleckte Stunden strahlten itzo rein.

In mir wieder Lieb’ erwachte – rotbeflügelt sie vollbrachte,

Dass die Sehnsucht wieder lachte; – du warst endlich wieder mein.

Ohne dich war mein Begleiter Trübsinn; schlimmer noch – denn mein

 

Herz glich einem – diesem Stein.

 

Der Gedanke sich jetzt regte, ob nicht jenes Ding bewegte,

Welche Bahn mein Stern erreichte. – Konnte dies denn wirklich sein?

Ist’s denn nicht durch ihn erschienen und drang dabei tief nach Innen,

Fordert mich mit allen Sinnen wie ein geistesvoller Wein?

Ist’s Symbol für Traum und Bangen, schwarz gleich geistesvollem Wein?

 

„Nun, so heiß ich’s: Rabenstein!“

 

Dies gesagt erschien ein Funkeln wie ein Irrlicht aus dem Dunkeln

In des Minerales Mitte, sagte mir: „Ich bin jetzt dein!“

Und da tratst du aus Gedanken, wo sich sonst nur Träume ranken,

Überschrittest alle Schranken meiner Wirklichkeit ins Sein; –

Alptraumgrenzen überschreitend tratest du zurück ins Sein –

 

Durch die Macht von Rabenstein.

 

Ich begann nun zu erkennen, keine Barrieren trennen

Mehr die Welten; – nicht ein Geist nur, sondern wirklich wieder mein.

„Ach mein Liebchen, komm und küss mich!“ hauchte ich es gar genüsslich.

„All die Jahre warn verdrießlich, selbst in Freude so allein; –

Mit der Liebe kamst du wieder und ich bin nicht mehr allein,

 

Dank der Macht von Rabenstein.

 

’s gibt nichts mehr, was ich verlange, wo wir wieder Wang’ an Wange

Zu dem Walzertakt des Kosmos tanzen, hier in unsrem Hain.

Sag nichts, Liebchen, lass dich führen und dich endlich wieder spüren,

Will dich niemals mehr verlieren; – doch du schaust so düster drein?

Warum sagst du nichts? Du fühlst dich kalt an, blickst so seltsam drein –

 

Dunkel wie der Rabenstein.“

 

Frost umgab mich und belegte meine Sinne, denn nichts regte

Sich in diesen starren Augen; – in mir wurden Welten klein.

Finstre Ironie umtoste mich, verschlang, was mir zum Troste

Blieb, als ihre so erboste Stimme mahnte, hart und fein, –

Ja, ihr schweres Mahnen traf mich hart, jedoch subtil und fein:

 

„Spiele nicht mit Rabenstein!“

 

Aufgewühlt in wildem Grauen, sah ich mich sie niederhauen;

Hände würgten ihre Kehle, wuschen mein Gewissen rein.

Immer, immer wieder pochte, pochte ich, bis mein Blut kochte,

Ihren Kopf zu Boden, mochte sie auch noch so schrei’n.

Rhythmisch dumpfe Schläge tönten, doch sie schwieg und wollt’ nicht schrei’n.

 

„Ich – ja, ich bin Rabenstein!“

 

Meines Sternes Abendstunden haben ihre Nacht gefunden;

Ewigkeit bedeutet Schicksal, findet mich und dringt hinein.

Ob du da warst an den Tagen, will und kann ich nicht mehr sagen. –

Eins jedoch lässt mich verzagen, ’s ist die Ruhstatt vom Gebein; –

Glimmend quält mich der Gedanke, liegt doch heut’ noch dein Gebein

 

Friedlich unterm Rabenstein.

 

© Sascha Besier

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Geschrieben

Verständlich, dass noch keiner was dazu geschrieben hat - nicht weil das Werk keinen Kommentar wert wäre, sondern weil es schwer zu erfassen ist (geht jedenfalls mir so )

 

Grob würde ich das Gedicht in 3 Teile gliedern, nämlich

 

1. Die Zeit vor/während/kurz nach dem Finden des Steins

 

2. Die Veränderungen zum Guten hin, hervorgebracht durch den Stein

 

3. Der Gewaltausbruch und schließlich das Ende.

 

 

Im ersten Teil ( bis Bist nichts weiter als ein Stein!“ ) stellt sich das lyr. Ich vor, wenn man so will, beschreibt seinen seelischen Zustand, seine Ängste - aber auch seine Hoffnungen (an die es noch nicht glaubt) bezüglich des Steins.

 

Der zweite Teil nimmt Bezug auf den ersten, indem es aufzeigt, welche Nöte sich nun gewandelt bzw besser gesagt aufgelöst habe.

 

Der dritte Teil ( ab – doch du schaust so düster drein? ) beginnt meines Erachtens hier in der viertletzten Strophe. Durch die Angst des 'Liebchen' bekommt das lyrische Ich einen Wutanfall und tötet sie. Danach lässt es jedoch den Stein zurück - aus Grauen vor seiner Macht, oder weil er jetzt vielleicht gar nichts mehr besser machen kann.

 

Ich bin ja ein ziemlich großer Star Wars Fan. Das Gedicht hat mich an Anakins Konflikt im dritten Teil erinnert, wo er letzten Endes Padmé angreift. Die Macht also (jetzt nich im Sinne des Starwars-Universums), die das lyrische Ich erhält, hat sowohl konstruktiven als auch destruktiven Charakter, bzw. kann Gutes und Schlechtes hervorbringen.

Die stark vereinfachte/komprimierte Interpretation wäre dann etwa die, dass dem lyrischen Ich erst durch erproben dieser 'Macht' erfährt, dass er mit ihr nicht richtig umgehen konnte, und sie am Ende wieder 'abgibt'.

 

Der Text gibt echt viel her, und wenn man sich über jede einzelne Strophe machen würde, schreibt man hier locker mal 20 Seiten Papier voll. Ich hoffe aber, dass ich den Kern einigermaßen getroffen habe.

 

liebe Grüße

Geschrieben

Und ich dachte immer, dies sei eines meiner leichter verständlichen Gedichte :mrgreen:

 

Deine Grundeinschätzungen zu den drei Teilen im Gedicht ist weitgehend so von mir gedacht. Selbst wenn sich also Einzelpunkte unterscheiden, so macht das nichts, weil das Gefühl doch ankam.

 

Ein paar Dinge zur Erhellung:

 

Es ist ja eine Hommage an Poe, besonders an sein Gedicht The Raven. Für Poe war der Tod einer geliebten Frau von höchster poetischer Bedeutung. In seinem Raben geht es denn auch um den Einsamen, der über den nächtlichen Besucher, eben dem Raben, zu reflektieren anfängt. Aber ein Stop an dieser Stelle.

 

In meinem Gedicht greife ich das Thema auf. Es ist also die Geliebte des Protagonisten bereits verstorben. Dementsprechend sieht seine Welt aus. Mein nächtlicher Besucher ist kein Rabe, sondern ein fremder Stein, der (anscheinend) vom Himmel gefallen ist. Meine Handlung erstreckt sich auch nicht über eine Nacht, sondern sie geht weiter (zumindest in der ungeklärten Wahrnehmung des Protagonisten).

 

So reflektiert mein LyrIch über diesen Stein sein Leben und den Tod seiner Geliebten - ganz wie Poes über den Raben. Während bei Poe die Hoffnung aber unerfüllt bleibt, findet sie bei mir Erfüllung - zumindest sieht es zuerst danach aus.

 

Und da tratst du aus Gedanken, wo sich sonst nur Träume ranken,

Überschrittest alle Schranken meiner Wirklichkeit ins Sein; –

Alptraumgrenzen überschreitend tratest du zurück ins Sein –

 

In diesem Teil wird also die Rückkehr der Geliebten angedeutet, auch zugleich schon die Gefahr. Zudem kommen metaphysische Aspekte ins Spiel (was für den späteren Gesamteindruck des Gedichtes wichtig wird), was Traum und was Realität ist.

 

Die untote Geliebte hat also nicht Angst, sondern sie mahnt LyrIch ob der Kräfte, mit denen er spielt, weil er das Geschenk nicht sieht, sondern zuviel will.

 

Will dich niemals mehr verlieren; –

 

In dem von Dir genannten Teil

 

doch du schaust so düster drein?

Warum sagst du nichts? Du fühlst dich kalt an, blickst so seltsam drein –

 

Dunkel wie der Rabenstein.“

 

Frost umgab mich und belegte meine Sinne, denn nichts regte

Sich in diesen starren Augen; – in mir wurden Welten klein.

 

wird LyrIch klar, dass sein Tanz ein Tanz des Todes/mit einer Untoten ist. In dieses Klarwerden fällt dann die Mahnung ein:

 

als ihre so erboste Stimme mahnte, hart und fein, –

Ja, ihr schweres Mahnen traf mich hart, jedoch subtil und fein:

 

„Spiele nicht mit Rabenstein!“

 

Es ist also die nackte Angst, die LyrIch befällt, weshalb er die Gewalttat begeht. So möchte er sein voriges Spiel mit der Macht, die er nicht begriff, rückgängig machen.

 

Während Poe also die Schrecklichkeit des Todes und der unerfüllten Hoffnungen beschwört, gehe ich hier den nächsten Schritt und beschwöre die Schrecklichkeit der erfüllten Hoffnungen. Das ist erst einmal seltsam, aber das ist natürlich symbolisch zu verstehen, nicht etwa, das tatsächlich Untote uns besuchen :-)

 

Die letzte Strophe deutet dann auch die Vermischung von Realität und Traum an, und inwieweit es überhaupt Trennungen beider Welten im Erleben gibt. Dann der offene Abgrund, warum die Geliebte eigentlich tot ist. War dies eine Traumvision des Rabensteins nach dem Tod der Geliebten? Oder wurde der Wahn LyrIchs dadurch nur offen gelegt, da er sie bereits vorher getötet hat? Der Horror bleibt LyrIch also erhalten. Und ich selbst bevorzuge hier kein klares Ende, sondern die Unklarheit.

 

Ich danke wieder einmal für Dein aufmerksames Lesen.

 

LG

 

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