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Schmuddelkind

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Alle erstellten Inhalte von Schmuddelkind

  1. Schmuddelkind

    16.1.2012

    Gut Babsi, wir werden nicht mehr darüber reden. Doch dann lassen wir auch meine Magisterarbeit unter den Tisch fallen. Oh ja, die Poesie ist mir ein Leuchtturm der Seele. Sie lässt mich wissen, auch wenn ich mich einsam wähne, dass es etwas Größeres, Bedeutsameres gibt als mein vergängliches Leid, obgleich dieses im Moment des Schreibens ganz im Mittelpunkt meiner Anschauung liegt. Jedoch in der Ferne dieses Licht zu erahnen, das mir den Weg weist, das mich erkennen lässt, wo ich bin, weitet meine Vorstellung von dem, was greifbar ist, fast als könnte ich die ganze Welt umgreifen, weil ich so viel mehr erschaffen kann, als die irdische Beschränktheit des Lebens preisgibt. Ja, so viel bedeutet mir die Poesie! Ob ich dafür jüngere Beispiele habe, fragst du? Erinnerst du dich noch an folgendes Gedicht aus glücklicheren Tagen? Gartenfest Der Garten war voll von geladenen Gästen. Ich fühlte mich einsam, verloren und fremd. Du lugtest so vorsichtig zwischen den Ästen bestimmt auf den Rotweinfleck auf meinem Hemd. Ich saß auf dem Bänkchen und zählte die Streben. Ich haderte. Sicherlich tat ich dir leid. Und plötzlich und unverhofft saßt du daneben in deinem gehäkelten weiß-beigen Kleid. „Du bist ja ein Tollpatsch; da muss ich dich hegen!“ erwogst du und deutetest auf meine Brust. Zum Glück, ach ergoss sich ein prasselnder Regen. Wir stellten uns unter die Tanne, bewusst. Jüngst habe ich dieses Gedicht so ziemlich verunstaltet und da bemerkte ich, dass ich einen Abschluss suche, dass ich nicht mehr am Alten und Trügerischen hängen möchte: Gartenfest II Kaum bist du gegangen, ging ich in den Garten, wo schüchterne Blicke sich trafen zurück, wo willige Lippen, kaum fähig zu warten, sich labten einstmalig am flüchtigen Glück. Hier stehe ich nun, meine Hoffnung verwaschen. Hier stehe ich nun und zerschlage die Bank. Hier stehe ich, trinke nun Rotwein aus Flaschen und proste der Tanne zum zynischen Dank. Hier sehe ich mich, mit mir selbst traurig tanzen, ich tanze mit Rotweinfleck auf meinem Hemd. Nach allem, was war, bliebst im Großen und Ganzen du wie auf dem Gartenfest immer mir fremd. So viel Verwirrung, Enttäuschung und Wut, wie in dem Gedicht zu finden ist, so viel davon ist mir nun abgenommen. Gewiss, ich denke immer noch an sie und ja, ich widme ihr auch noch immer meine Gedichte, aber ich suche meinen Schmerz auf, stelle mich meinen Empfindungen, um irgendwann einmal nicht wieder zurückblicken zu müssen. Das Leid ist ein Dämon, der einem im Nacken sitzt, solange man die Augen vor ihm verschließt. Man muss ihm in die Augen blicken und ihn niederringen. Und dazu verhilft mir die Poesie. Du fragtest auch nach meinem Umgang. In der Welt der Dichter finde ich die Gespräche, die mich vervollständigen, neben dem Briefaustausch mit dir natürlich. Da könnte ich dir eine ganze Reihe von einzigartigen Persönlichkeiten aufzählen, die alle mehr Zeit wert sind, als der Tag Stunden hat. Am meisten erfreue ich mich an den Unterhaltungen mit einer gewissen Sanny aus Berlin, die die zartesten Gedichte schreibt - Worte, die mir in ihrer Schlichtheit und Wärme durch all mein Erinnern streifen, ehe ich sie verstehe, als seien sie ihrem unbefangenen und doch so klaren Weltempfinden, an dem ich seither in einigen Briefen Anteil nehmen durfte, entflogen in eine Ganzheit, wovon man sich als Leser als einen Teil empfindet. Das ist Poesie, wie sie zuvor nicht vorstellbar war! Nicht weil sie nach Größe trachtet, sondern weil man sich ihrer Bescheidenheit und Natürlichkeit nicht entziehen kann. Ich werde dir demnächst davon weiter berichten. Sanny hat mir gerade geschrieben. Und ich möchte noch rasch antworten, bevor ich zu Bett gehe. Gute Nacht!
  2. Schmuddelkind

    Annäherung

    Vielen Dank, ihr Lieben, für euer einhelliges Lob! Damit kann man als Autor natürlich nicht rechnen. Umso mehr freue ich mich darüber. Verlust - eine interessante Lesart! Du meinst also, dass das LD gestorben sei? So hatte ich es ursprünglich nicht gemeint, aber diese Perspektive ergänzt und bereichert mein Gedicht. Danke dafür. Tatsächlich ist ja auch offen gelassen, warum das LI nur die Briefe des LD vor sich hat, warum es nicht einfach beim Anderen ist. Da íst es durchaus eine stimmige Deutung, dass das LD längst verstorben sei und auch das Wort "lebendig" im ersten Vers deutet darauf hin. Dass das LI den eigenen Brief am Ende dann wegwirft, ist auch gut als Konsequenz dieser Situation zu verstehen. Was soll er denn sonst damit tun, wenn der "Adressat" bereits tot ist? LG
  3. Lieber Berthold, vielen Dank für deine präzise Einschätzung und deine Gedanken zur Interpretation. Und natürlich auch für die freundliche Begrüßung. Ja, so kann man es zweifelsohne lesen. In diesem Verdingen steckt natürlich auch einiges Leid. Dennoch glaube ich, dass das LI durch den Entschluss, an der Illusion festzuhalten, mehr Glück als Leid erfährt. Das ist natürlich immer eine zweischneidige Angelegenheit, denn wie lange lässt sich eine Illusion aufrecht erhalten? Andererseits, wenn man die Zeit selbst als Illusion betrachtet, kümmern einen solche Zweifel nicht. Von daher ist dies alles natürlich schwer zu fassen, wie du schriebst. Lieber Justus, danke für deine lobenden Worte. LG
  4. Schmuddelkind

    Alarm im Märchenwald

    Lieber Alces, interessant, wie du die alten Märchen entzaubert hast! Die vorletzte Strophe fand ich besonders passend. Ich gehe in den Märchenwald und mache die Glücksbärchen kalt. Sie streuen Liebe liederlich; das ist ja direkt widerlich. LG
  5. Schmuddelkind

    Küsse für die Zukunft

    Geniale Idee, Letreo! Vielleicht wollen die Grünen das in ihr Wahlprogramm aufnehmen - eine Kusspauschale: 10 Euro gibt es dann pro Kuss vom Staat. Da werden wir schlagartig ein besseres Klima haben. Besonders gut ist die Idee ja auch, da immer gleich zwei Leute bei den Emissionseinsparungen beteiligt sind, denn . LG
  6. 14.1.2012 Danke Babsi, da offenbare ich dir meine Träume und alles, was du liest, ist "Magisterarbeit". Nun ja, ich muss mich erst wieder in das Thema einfinden. Die Mathematik hinter den Gesamtzusammenhängen habe ich zumindest ausformuliert. Allerdings wollen sich mir die Details noch nicht öffnen. Ich weiß mir keinen Rat, wie ich Rawls' Differenzprinzip einer Messung zugänglich machen soll. Und dann kommt mir wieder der Gedanke, wie unsinnig es ist, Gerechtigkeit zu messen. Gewiss wirst du mich mit viel Tücke zitieren, dass es, um eine Veränderung zu bewirken, unumgänglich sei, Sachverhalte klar und präzise darzulegen. Jedoch möchte ich dich auch an deine Zitate erinnern: "Den Weg zu denken, bedeutet nicht, den Weg zu gehen." Wie recht du damit hast! Wird denn nicht allen Dingen ihre Bedeutung genommen, wenn wir ihnen Zahlen zuordnen? Wo ist die Schönheit Beethovens, wenn wir Frequenzen messen, Fourier-Transformationen betreiben und alles, was einmal sinnhaft war, quantifizieren? Wo sind das Herzblut, die Neugier und der Fleiß eines Schülers in einer Schulnote zu finden? Worin versickert die Inspirationsquelle zeitloser Ideen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Liebe, wenn alles mit Zahlen gesagt sein soll? Überhaupt möchte ich mir keinen Elfenbeinturm in meinem Kopf einrichten. Ich will die Welt in mir wiederfinden. Egal wie kalt es ist - meine Spaziergänge haben daher Bestand. Die Kälte am ganzen Körper zu spüren, den Schmerz in den Fingern und Zehen zu empfinden - das ist eine dieser ursprünglichen Erfahrungen, nach denen man sich heimlich sehnt, nur um zu wissen, dass die Welt sich nicht um den Menschen dreht und dieser vielmehr dankbar sein kann, seinen Körper als einen Teil des Weltenganzen zu begreifen. Und wenn ich mich so ganz der Natur hingebe, wenn auch nur für wenige Stunden, erkenne ich gerade in meiner Machtlosigkeit, wie sie sich ganz mir offenbart - etwa in dem verträumten Funkeln des zugefrorenen Weihers im nahen Wäldchen. Babsi, du musst dies einmal sehen! Allmählich wird mir mein Maintal also immer werter, auch da ich nicht mehr durch so viel Forderndes abgelenkt werde - zumindest so viel Gutes kann ich bereits am Alleinsein finden. Auch der Austausch mit all den Dichtern und Schriftstellern im Forum tut mir gut. Nicht nur, weil es bedeutsam ist, sondern auch, weil unter Menschen, wie sie sich zufällig irgendwo antreffen lassen, nie so viel mir Bekanntes, Anregendes und Ersehntes zu finden ist. Durch meine Gedichte finde ich Klarheit, wenn - oder weil - sie auch oft viel Verwirrung tragen. Und in den Gedichten anderer finde ich Trost. Mir tut es wirklich leid, wie es eben einem Freund nur leidtun kann, zu lesen, wie du zwischen all den Zeilen deiner Vita so wenig Leben noch erkennen kannst. Nur, was soll ich dir anderes sagen? Dass dich, die du immerzu nur tätig bist und die die Welt nur bei Tage besieht, so viel Undeutlichkeit ängstigt, kann mich nicht überraschen und ich sage es nicht, um dich zu kränken, sondern um dir einen Weg aufzuzeigen - es muss ja nicht mein Weg sein. Wenn man einmal eine solche Verpflichtung eingegangen ist, wozu sich die meisten wohl genötigt sehen, sind alle Entscheidungen vorgezeichnet. Ich habe es dir schon oft gesagt und ich werde nicht müde, es zu sagen: Wir brauchen nicht mehr Pläne - wir brauchen mehr Zeit!
  7. Schmuddelkind

    14.1.2012

    Danke Babsi, da offenbare ich dir meine Träume und alles, was du liest, ist "Magisterarbeit". Nun ja, ich muss mich erst wieder in das Thema einfinden. Die Mathematik hinter den Gesamtzusammenhängen habe ich zumindest ausformuliert. Allerdings wollen sich mir die Details noch nicht öffnen. Ich weiß mir keinen Rat, wie ich Rawls' Differenzprinzip einer Messung zugänglich machen soll. Und dann kommt mir wieder der Gedanke, wie unsinnig es ist, Gerechtigkeit zu messen. Gewiss wirst du mich mit viel Tücke zitieren, dass es, um eine Veränderung zu bewirken, unumgänglich sei, Sachverhalte klar und präzise darzulegen. Jedoch möchte ich dich auch an deine Zitate erinnern: "Den Weg zu denken, bedeutet nicht, den Weg zu gehen." Wie recht du damit hast! Wird denn nicht allen Dingen ihre Bedeutung genommen, wenn wir ihnen Zahlen zuordnen? Wo ist die Schönheit Beethovens, wenn wir Frequenzen messen, Fourier-Transformationen betreiben und alles, was einmal sinnhaft war, quantifizieren? Wo sind das Herzblut, die Neugier und der Fleiß eines Schülers in einer Schulnote zu finden? Worin versickert die Inspirationsquelle zeitloser Ideen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Liebe, wenn alles mit Zahlen gesagt sein soll? Überhaupt möchte ich mir keinen Elfenbeinturm in meinem Kopf einrichten. Ich will die Welt in mir wiederfinden. Egal wie kalt es ist - meine Spaziergänge haben daher Bestand. Die Kälte am ganzen Körper zu spüren, den Schmerz in den Fingern und Zehen zu empfinden - das ist eine dieser ursprünglichen Erfahrungen, nach denen man sich heimlich sehnt, nur um zu wissen, dass die Welt sich nicht um den Menschen dreht und dieser vielmehr dankbar sein kann, seinen Körper als einen Teil des Weltenganzen zu begreifen. Und wenn ich mich so ganz der Natur hingebe, wenn auch nur für wenige Stunden, erkenne ich gerade in meiner Machtlosigkeit, wie sie sich ganz mir offenbart - etwa in dem verträumten Funkeln des zugefrorenen Weihers im nahen Wäldchen. Babsi, du musst dies einmal sehen! Allmählich wird mir mein Maintal also immer werter, auch da ich nicht mehr durch so viel Forderndes abgelenkt werde - zumindest so viel Gutes kann ich bereits am Alleinsein finden. Auch der Austausch mit all den Dichtern und Schriftstellern im Forum tut mir gut. Nicht nur, weil es bedeutsam ist, sondern auch, weil unter Menschen, wie sie sich zufällig irgendwo antreffen lassen, nie so viel mir Bekanntes, Anregendes und Ersehntes zu finden ist. Durch meine Gedichte finde ich Klarheit, wenn - oder weil - sie auch oft viel Verwirrung tragen. Und in den Gedichten anderer finde ich Trost. Mir tut es wirklich leid, wie es eben einem Freund nur leidtun kann, zu lesen, wie du zwischen all den Zeilen deiner Vita so wenig Leben noch erkennen kannst. Nur, was soll ich dir anderes sagen? Dass dich, die du immerzu nur tätig bist und die die Welt nur bei Tage besieht, so viel Undeutlichkeit ängstigt, kann mich nicht überraschen und ich sage es nicht, um dich zu kränken, sondern um dir einen Weg aufzuzeigen - es muss ja nicht mein Weg sein. Wenn man einmal eine solche Verpflichtung eingegangen ist, wozu sich die meisten wohl genötigt sehen, sind alle Entscheidungen vorgezeichnet. Ich habe es dir schon oft gesagt und ich werde nicht müde, es zu sagen: Wir brauchen nicht mehr Pläne - wir brauchen mehr Zeit!
  8. Schmuddelkind

    Annäherung

    Vielen Dank, liebe Letreo. Ja, wenn man persönliche Worte schon nicht persönlich überbringen kann, muss man sie eben öffentlich machen. LG
  9. Schmuddelkind

    Annäherung

    Du schriebst mir so lebendig, dass ich dich vor mir sah: du lächeltest beständig, als wärst du mir ganz nah, so nah, als streifte deine mir zugewandte Hand ganz unverhofft die meine, die hin zu deiner fand. Als wärst du hier geblieben, in jenem schönen Wort. Das hab ich dir geschrieben und warf den Brief doch fort.
  10. Da hast du recht, liebe Lichtsammlerin. Worte sind ja letztendlich nur ein vergeblicher Versuch, das eigene Erleben Anderen zugänglich zu machen. In der Lyrik ist das Vorhaben vielleicht nicht ganz so kurz gegriffen wie in der Alltagssprache, aber letztendlich kann Kunst kein Ersatz sein für das Leben. Lieber Kydrian, es freut mich sehr, dass ich dich mit wenigen Worten zum Nachdenken anregen konnte und über dein Lob freue ich mich auch. LG
  11. Hallo Kirsten, auch mir hat das Gedicht sehr zugesagt; es strahlt so eine gelassene Zuversicht aus, auch weil das zukünftige Geschehen wie eine selbstverständliche Tatsache beschrieben wird. Was mir auch positiv aufgefallen ist: In V1 personifizierst du die Natur, indem du den Wind "Atem" nennst und später verdinglichst du Menschliches wie z.B. die Gedanken, die gepflanzt werden. Dies erzeugt beim Leser eine Unsicherheit, was nun die "reale" und was die Bildebene ist und lässt mich meinen, dass es um beides zugleich geht. LG
  12. Liebe Letreo, willkommen in der WG, wenn ich mich, selbst noch Neuling, erdreisten darf, dies auszusprechen. Schön, das Wechselspiel zwischen kindlichem Weltenbau und durch Erfahrung gereiften Reflexionen! Was auch eine interessante Technik ist: du erwähnst von Anfang an den einen Baustein, der noch fehlte und als Leser ist man total gespannt darauf zu erfahren, was der Weisheit letzten Schluss nun sei. Doch dies lässt du offen, wie ich es lese und die leichte Enttäuschung darüber verbindet sich mit der freudigen Einsicht: den Baustein muss ich für mich rausfinden! ^^ Schön flüssig gedichtet! LG
  13. Vielen Dank, liebe sofakatze! Ich bin fast geplättet von deinem ausnehmend schönen Lob und deinen tiefen Reflexionen zum Gedicht. ^^ Das ist ein schöner Gedanke, den du aufwirfst. Es ging zwar auch darum, dass das LI sich der Illusion hingibt, die das LD in der offenbar nicht zu verwirklichenden Träumerei für den Gegenüber aufwirft, aber darin steckt natürlich auch die Bildebene eines fiktiven, traumgeschaffenen Menschen, der sich, obgleich er sich der Irrealität seines Seins bewusst ist, auf die Empfindungen des Anderen einlässt und darin Glück sucht. Insofern scheint diese Botschaft, sich mit dem zu bescheiden, was man vorfindet, sowohl in der Bildebene, als auch in der übertragenen Ebene, vermittelt zu werden. LG
  14. Liebe sofakatze, der Wechsel zwischen Geborgenheit und Erregung wirkt in diesem Gedicht wie der Rhythmus der Liebe schlechthin. Was mir aufgefallen ist: Als es noch früh am Morgen dunkel ist, ragt die Geborgenheit aus dem Traum in die Wirklichkeit hinein. Im Zwielicht, nicht ganz klar, ob dunkel oder hell, Traum oder Wirklichkeit, ob das LI sich der Leidenschaft ganz hingeben soll oder nicht, baut sich diese emotionale und erotische Erregung auf. So wie das Zwielicht selbst diese Spannung zwischen vergehender Nacht und werdendem Tag darstellt, so baut sich auch zwischen den beiden diese Spannung auf im Ungewissen, in welche der beiden Innenwelten (Mäßigung oder Leidenschaft) sie sich tragen lassen. Daher ist es auch konsequent, dass die Auflösung dieser Spannung hier ausgespart wird. Wir wissen als Leser nicht, auf welcher Seite des Gipfels die erotische Spannung abfällt. Erst als es hell wird, fällt sie aber tatsächlich ab und wird abgelöst durch erneute Ruhe und Geborgenheit. Das Licht ist hier wohl auch eine Metapher für die Erkenntnis, die mit der verschwiegenen Erfahrung einhergeht. Wunderschönes Gedicht! LG
  15. 12.1.2012 Liebe Babsi, heute Nacht hatte ich einen Traum: Ich spürte, dass ich sterben würde. Und als meine Zeit gekommen war, stand ich auf und wurde, indem ich in das Wasser ging, zu dem Wasser selbst. Und ich umfasste die ganze Welt und spürte ihren tiefsten Grund. Und ich trug die Seerosen in den Tümpeln und die Schiffe auf den Meeren zugleich. Die völlige Stille des Ozeans barg ich in mir, während ich die Kraft der Gezeiten wiedergab, mich an den schroffen Felsen der Küsten zu erschöpfen. Und ich tränkte die Pflanzen, Tiere und Menschen und verlieh ihrer dürstenden Trauer Ausdruck. Und ich rauschte durch die Gebirge, drängte mich durch das alte Gestein, ließ mich durch die Wälder treiben und ruhte in den Seen, worin ich die Sterne spiegelte. Und ich wohnte mir selbst inne, zerfiel in mir, zerstreute mich im Nebel der Welt und fand mich, herabprasselnd in mir selbst wieder. Und dies war mein Atem, bis ich erwachte. Was dies mir wohl sagen möchte? Du kennst mich - wenn ich verliebt bin, gibt es keinen schlimmeren Romantiker als mich und dies kommt mir nicht eben zugute. Dann spüre ich den Weltschmerz in seiner ganzen Intensität und kann zuweilen ein unausstehlicher Zyniker werden, bis mich ebendies wieder zur Vernunft bringt. Und bin ich mit mir selbst im Reinen, gehe ich für eine Weile völlig in der Ruhe auf. Doch bald ist mir nichts lieber, als mich in philosophischen Fragen zu verlieren, die nichts mehr befördern als weitere Fragen. Jeder Atemzug meiner Seele ist nichts weiter als die Reaktion vorangegangener Atemzüge. Wie bin ich so unbeständig? Als wir jedoch zu Silvester - oh, und für diese schöne Nacht möchte ich dir und den anderen, die hiermit herzlichst gegrüßt sein sollen, wehmütig danken - als wir also zu Silvester einfach geradeaus fuhren - ohne Ziel, ohne Zeitgedenken - da fühlte ich mich auf dem richtigen Wege und habe all diese Zweige meiner Selbst zu einer kräftigen Wurzel zusammengeführt erlebt, die von eurer Freundschaft gewässert wurde. Dass just, als wir uns dem neuen Jahr näherten, dieser schönste Berg der gesamten Vogesen sich vor uns auftat, von wo aus wir die herrlichste Sicht auf das Feuerwerk hatten, womit die Menschen die Enttäuschungen des vergangenen Jahres zum Himmel jagten! Ich bin jedenfalls fest entschlossen, meine Enttäuschungen hinter mir zu lassen, um dieses Jahr in der Welt meine Wurzeln zu schlagen. Ich arbeite inzwischen auch schon wieder fleißig an meiner Magisterarbeit und mir geht es jedenfalls nicht schlimmer, als man es erwarten könnte. Ich hoffe, du hast klarere Träume!
  16. Schmuddelkind

    12.1.2012

    Liebe Babsi, heute Nacht hatte ich einen Traum: Ich spürte, dass ich sterben würde. Und als meine Zeit gekommen war, stand ich auf und wurde, indem ich in das Wasser ging, zu dem Wasser selbst. Und ich umfasste die ganze Welt und spürte ihren tiefsten Grund. Und ich trug die Seerosen in den Tümpeln und die Schiffe auf den Meeren zugleich. Die völlige Stille des Ozeans barg ich in mir, während ich die Kraft der Gezeiten wiedergab, mich an den schroffen Felsen der Küsten zu erschöpfen. Und ich tränkte die Pflanzen, Tiere und Menschen und verlieh ihrer dürstenden Trauer Ausdruck. Und ich rauschte durch die Gebirge, drängte mich durch das alte Gestein, ließ mich durch die Wälder treiben und ruhte in den Seen, worin ich die Sterne spiegelte. Und ich wohnte mir selbst inne, zerfiel in mir, zerstreute mich im Nebel der Welt und fand mich, herabprasselnd in mir selbst wieder. Und dies war mein Atem, bis ich erwachte. Was dies mir wohl sagen möchte? Du kennst mich - wenn ich verliebt bin, gibt es keinen schlimmeren Romantiker als mich und dies kommt mir nicht eben zugute. Dann spüre ich den Weltschmerz in seiner ganzen Intensität und kann zuweilen ein unausstehlicher Zyniker werden, bis mich ebendies wieder zur Vernunft bringt. Und bin ich mit mir selbst im Reinen, gehe ich für eine Weile völlig in der Ruhe auf. Doch bald ist mir nichts lieber, als mich in philosophischen Fragen zu verlieren, die nichts mehr befördern als weitere Fragen. Jeder Atemzug meiner Seele ist nichts weiter als die Reaktion vorangegangener Atemzüge. Wie bin ich so unbeständig? Als wir jedoch zu Silvester - oh, und für diese schöne Nacht möchte ich dir und den anderen, die hiermit herzlichst gegrüßt sein sollen, wehmütig danken - als wir also zu Silvester einfach geradeaus fuhren - ohne Ziel, ohne Zeitgedenken - da fühlte ich mich auf dem richtigen Wege und habe all diese Zweige meiner Selbst zu einer kräftigen Wurzel zusammengeführt erlebt, die von eurer Freundschaft gewässert wurde. Dass just, als wir uns dem neuen Jahr näherten, dieser schönste Berg der gesamten Vogesen sich vor uns auftat, von wo aus wir die herrlichste Sicht auf das Feuerwerk hatten, womit die Menschen die Enttäuschungen des vergangenen Jahres zum Himmel jagten! Ich bin jedenfalls fest entschlossen, meine Enttäuschungen hinter mir zu lassen, um dieses Jahr in der Welt meine Wurzeln zu schlagen. Ich arbeite inzwischen auch schon wieder fleißig an meiner Magisterarbeit und mir geht es jedenfalls nicht schlimmer, als man es erwarten könnte. Ich hoffe, du hast klarere Träume!
  17. Schmuddelkind

    Vollmond

    Lieber Zwischenzeit, der lockere Ton, der sich durch das einfache Reimschema, die spöttische Anrede der Zeit und die Ironie in S1V3 ergibt, steht in den ersten zwei Strophen in faszinierendem Kontrast zur fast melancholischen Schwere angesichts der Vergänglichkeit, die dem LI beim Anblick des abnehmenden Mondes bewusst wird. Durch den Zuspruch in der zweiten Hälfte des Gedichts könnte man zunächst meinen, im Inneren des LIs vollziehe sich eine Wende. Während ich die dritte Strophe las, dachte ich nämlich: "Ja, liebes LI! Nur Mut! Alles wird wieder gut." Doch dann hast du in der vierten Strophe den Vergleich zwischen Mensch und Mond gebrochen, setzt die Wiederkehr der Mondesfülle in Gegensatz zum Menschsein, dessen Jugend beispielsweise nie mehr wieder kehrt. Und immerzu werde wir an unsere Unzulänglichkeit erinnert. Mondschwer liegt dieser Gedanke dann in meinem Magen. Gerade dieser Bruch mit dem mühsam aufgebauten Vergleich ermöglicht hier ein derart intensives Leseerlebnis, für das ich mich bedanke. LG
  18. Vielen Dank, ihr Lieben! Eure warmen Willkommensgrüße und schönen Worte zu meinem Gedicht lese ich mit großer Freude. Schön, dich auch hier zu treffen! Wo man auch hingeht, stolpert man über alte Bekannte. Das gibt mir das Gefühl, nie ganz verloren zu gehen. Nein, ich bitte darum: Den schönen Hut musst du unbedingt anlassen. Eigentlich suche ich schon seit Jahren nach so einem, aber irgendwie gibt es keine Hüte in der richtigen Größe für meinen Dickschädel. Freut mich sehr, dass das Gedicht dir gefällt. Es war zumindest keine absichtliche Anlehnung an den Film. Aber ich erinnere mich noch sehr genau, wie er mir damals im Kino ausgesprochen gefallen hat und auch lange in mir nachwirkte. Daher kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Film in verborgenen Kanälen seinen Weg in dieses Gedicht gefunden hat. ^^ Zumindest ist Einiges an Seelenleben wohl nur ganz in den Träumen erfahrbar. Daher würde ich gerne viel häufiger träumen, aber leider habe ich nur selten Träume, an die ich mich erinnern kann. Naja, ich schreibe dann halt einfach über Träume... träume sozusagen vom Träumen. Vielen Dank! Ich fühle mich hier bereits sehr wohl, auch wegen zahlreicher herzlicher Worte wie den deinen. Diese WG macht wirklich einen sehr sympathischen Eindruck. LG
  19. Vielen Dank, ihr Lieben für die vielfältigen Reaktionen! Dachte kurz daran, auf jeden Kommentar einzeln einzugehen, aber ich glaube, dass folgende Antwort eine passende Reaktion auf alle Kommentare sein könnte: Ich lasse immer gerne möglichst viel in Gedichten offen, ohne beliebig werden zu wollen. Ich schätze, dass im Gedicht angedeutet ist, zumindest könnte man es so lesen, dass die Besucher Bewunderung für die Größe des Meisters haben, während das LI im Kleinen und Unscheinbaren zugleich Freude findet und seine Wertschätzung gegenüber Goethe ausdrückt (der ja auch dafür bekannt ist, in den kleinen, scheinbar banalen Dingen und eben auch in der Pflanzenwelt etwas Bedeutsames zu erkennen). Ich meine, das ist ein Gartenhaus - der Mann hat darin Zeit verbracht, um Pflanzen nahe zu sein, nicht um Möbelstücke zu bewundern. Angeregt war dieses Gedicht durch ein autobiographisches Erlebnis, das mich ebendies klar werden ließ: Letztes Jahr war ich tatsächlich zu Besuch in Weimar und schaute mir, nachdem man mich in Goethes Wohnhaus nicht reinlassen wollte, sein Gartenhaus an. Als ich ganz vertieft war in die handschriftlichen Briefe und Gedichte Goethes, meinte eine Bekannte: "Ich glaube, er hätte lieber die Aussicht genossen." Da erst bemerkte ich das Fenster vor meiner Nase und genoss den Blick in den Park. Das ist eine sehr interessante Beobachtung, die meine Gedanken zur Interpretation des Gedichts ausgezeichnet ergänzt. Danke dafür! LG
  20. Lieber Perry, an dem Gedicht finde ich in erster Linie Gefallen, weil hier Banales und Bedeutsames nebeneinander hergehen wie Hund und Herrchen, ohne dass dem Banalen seine Berechtigung abgesprochen wird und ohne dass die Fragen nach Schicksal/Selbstverantwortung, Angst vor dem Tod und daraus erwachsender Nostalgie nichtig werden. Zwar werden sie am Ende durch das "wuff" ironisch gebrochen, aber aus meiner Sicht, um deutlich zu machen, dass es auf diese Fragen keine eindeutigen Antworten gibt und dass man ohnehin einfach weiter durch das Leben schreiten muss wie ein Hund, der den Wegesrand entlang schnüffelt. Das nimmt aus meiner Sicht nichts von der Bedeutsamkeit der Thematik selbst. Sehr gerne gelesen. LG
  21. In Goethes Gartenhaus, da waren sehr viele int'ressierte Gäste. Im Tand von vor zweihundert Jahren ersuchten sie für sich das Beste. Ein alter Stuhl im alten Haus. Hier saß und schrieb wohl der Berühmte. Doch ich sah unbemerkt hinaus, wo eine Pappel einsam grünte.
  22. Ich glaube, so was ist mir auch noch nie passiert... Oder die Leute waren bisher zu schüchtern, mich darauf anzusprechen. Vielleicht verwechsele ich ständig Leute und alle spielen aus falscher Höflichkeit mit. Jedenfalls danke für den Hinweis und Verzeihung wegen der Verwechslung, Lichtsammlerin und Sternwanderer.
  23. Vielen Dank ihr beiden, für eure lobenden Worte und an Buchstabenenergie auch für das liebe Willkommenheißen. LG
  24. Liebe Lichtsammlerin, was ich an dem Gedicht sehr interessant finde: Es beginnt mit dieser originellen Formulierung, dass das LI sein Leben "begonnen" habe. Diese Wortwahl klingt fast wie ein bewusster Entschluss zum Leben, es ist aktiv im Gegensatz zum herkömmlichen Sprachgebrauch: "Geboren werden". Das wiedrum kontrastiert so schön mit dem letzten Vers: „Et kütt wie et kütt“ mag inhaltlich - und auch weil es eben ein Ausspruch ist, ein Gedanke der anonymen Masse, auf den man zurückgreift - wie Fatalismus erscheinen. Aber vor dem Hintergrund des ersten Verses und auch durch den Verlauf des Lebens, der hier mit großer Lockerheit und Selbstverständlichkeit beschrieben wird, ist es für mich eher ein Plädoyer für Erwartungsoffenheit: sich nicht dem Unvermeidlichen verweigern, aber eben auch nicht willenlos durch das Leben schreiten. Am Anfang war der Wille, am Ende die Erkenntnis. Gut bedichtet! LG
  25. Schmuddelkind

    In deinen Träumen

    Es lebt sich gut in deinen Träumen, dir so unmöglich nah zu sein und gleichsam niemals einzuräumen, dies alles sei nur bloßer Schein. Die Wirklichkeit kann mich nicht trügen. Ich weiß, dass ich ersonnen bin und werde mich mit Freuden fügen in deinen wundertiefen Sinn.
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