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Terrakottajojo

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Alle erstellten Inhalte von Terrakottajojo

  1. Liebe Rita, ich persönlich finde "doch dann brach dort das" total schön, denn beim sprechen stolpert die Zunge da so rüber. Doch-Dann-Brach-Dort; Das ist Soundtechnisch total schön, wie ein Wortwasserfall, eine Maschinengewehrsalve von ähnlichen Worten. Das bringt Schwung ins Gedicht und packt die Leser:in!
  2. Lieber Fietje, Danke für den interessanten Kommentar! Tatsächlich ist das kurze, recht freie Gedicht nach einem meiner nächtlichen Spaziergänge durch Meissen entstanden, es ist noch aus dem Herbst. Ich sehe das lyrische Ich bei einem Treffen mit einem guten Freund oder einer guten Freundin, die beiden schauen auf die stillschweigenden Häuser hinunter und bewundern die ruhige schwarze Elbe. Die Ruhe ist beruhigend, aber auch irgendwie einengend. Die beiden genießen ihre Zweisamkeit und das lyrische Ich denkt sich das Gedicht. Die kurzen Strophen stellen locker zusammenhängende Sinnabschnitte dar. Lg
  3. Leerstehende Kartenhäuser Gebaut für Stimmen und Schritte Die hier viel zu oft fehlen Du sprichst wortlos eine Bitte Einen hoffnungslosen Wunsch Die Nacht ist nicht zu unterscheiden In leisen Fluss und klaren Himmel Lass uns hier noch länger bleiben Fernab vom fremd vertrauten Gewimmel
  4. The Curtains Are Blue Diesen Satz haben sicherlich viele von uns schon einmal gehört, den er ist ein populäres Beispiel für die völlige Absurdität des Überinterpretierens. Sicherlich stecken da ein tieferer Sinn und eine interessante Geschichte hinter, doch das ist für diesen Essay nicht relevant. Betrachten wir diesen Satz, diese scheinbar bescheuerte Aussage, im Einzelnen, ohne Kontext: Niemals hat sich die Person, der dieser Satz entstammt, etwas dabei gedacht, das wäre ja auch völliger Schwachsinn. Die Vorhänge sind blau, weil sie blau sind. Das ist die ganze Wahrheit und entspricht schlicht und einfach der Realität. Nun, gehen wir einmal davon aus, dass der Satz tatsächlich mit der Intention geschrieben wurde, schlicht und einfach die Realität mit all ihren Details, so zufällig und nebensächlich sie auch scheinen, abzubilden und möglichst genau wiederzugeben. Selbst in diesem Fall, für den ich schon beide Augen zudrücken muss, kann man nicht behaupten, dass diesem Satz kein tieferer Sinn beiwohnt. Denn es muss mindestens einen unterbewussten Grund geben, warum dem Autor oder der Autorin dieses Detail wichtig erschien. Leserinnen und Leser mögen die Beschreibung der Vorhänge vielleicht überlesen oder nach einigen Sekunden wieder vergessen haben, doch ein Kunstwerk dient nie nur den Konsumenten. Es dient immer auch dem Schöpfungswillen des Schöpfers oder der Schöpferin. Hinter jedem Buchstaben einer Geschichte, hinter jedem Pinselstrich eines Gemäldes, hinter jeder Kerbe einer Skulptur, hinter jeder Note eines Musikstücks steckt eine Intention, und möge sie auch noch so klein sein. Jedes Detail ist Teil des Kunstwerkes, auch wenn es nicht auffallen mag. Es ist in diesem Zusammenhang übrigens nebensächlich oder eher gesagt sogar völlig egal, ob in der Schöpfung dieser Details ein tieferer Gedanke steckte. Sie sind Teil des Werkes genau wie die offensichtlichsten, elementaren Elemente, auf die sich die halbe Welt stürzt, wenn es um eine Interpretation des Werkes geht. Doch was, wenn ein Kunstwerk sehr alt ist und der Schöpfer oder die Schöpferin schon tot? Was, wenn man sich nicht sicher sein kann über die genauen Intentionen und Absichten des Werkes? In diesen Fällen, die erfahrungsgemäß recht oft eintreffen, bin im Endeffekt ich selbst die höchste, wenn nicht einzige, Autorität über den Sinn, den ich in einem Kunstwerk finde. Selbstverständlich gibt es keinen Menschen auf dieser blauen Perle, die nicht ihren eigenen Vorurteilen zum Opfer fällt und sich diesem Umstand nicht einmal bewusst ist (niemand kann sich davon endgültig freisprechen, wer das behauptet ist närrisch und naiv). Da jeder Mensch darunter leidet, kann man es für dieses Gedankenkonstrukt außen vorlassen, denn es liegt nicht in meiner Macht und in meinem Intellekt, dieses Problem, also dass der Mensch sich selbst, also seinen Trieben und Instinkten, unterworfen ist, zu lösen. Abgesehen davon ist jeder also seiner eigenen Bedeutung, seiner eigenen Interpretation Schmied. In einigen Fällen, die offensichtlicher ideologischer Natur sind oder heimtückisch manipulieren sollen, mir kommt Werbung oder Kriegspropaganda in den Sinn, wird uns die Herrschaft über unsere Interpretation genommen, das ist ein Verbrechen und verabscheuenswürdig. Es ist in einem gesamtgesellschaftlichen und generell einem universalen Kontext völlig naiv und absurd zu behaupten, ich habe die Kontrolle über meine Wahrnehmung der Welt (man fange bloß bei Kant an und höre dann irgendwo bei Ideologiekritikern auf), doch in dem Mikrokosmos der Betrachtung eines Kunstwerkes, bei der zum Beispiel Ideologie ja durchaus mitberücksichtigt werden kann, ist es korrekt und sinnvoll, von einer Interpretationsautorität auszugehen, die man selbst ist. Und dieses autonome Selbst ist nun in der Lage, eine Aussage wie „the curtains are blue“ auf sich selbst oder eine beliebige andere Sache anzuwenden und sich zu eigen zu machen. Dieser Akt kann ganz banal sein, er kann für das Individuum aber auch einen revolutionären Beigeschmack haben. Denn mit der Beanspruchung einer Interpretation nur für mich selbst überwinde ich die Autorität des Schöpfers oder der Schöpferin und nehme mich selbst nicht mehr nur als Konsumierend war, sondern auch als Schöpferisch. Diese Tat ist so revolutionär wie dem Theater seine Bühne zu klauen. Dieser Versuch hat extrem erfolgreich funktioniert und vielen Menschen einen wichtigen Dienst getan, man denke nur an Augusto Boal und sein Theaterkonzept. Warum ihn nicht auch auf alles andere übertragen? Deshalb kann ich nicht ohne stolz behaupten: The curtains are blue symbolisiert die Verhüllung von tatsächlicher Freiheit durch die pseudo-Befreiung des Einzelnen durch die wirtschaftliberale Gesellschaft . Ich könnte an dieser Stelle ausführen, wie Vorhänge eine scheinbar friedliche Verhüllungsmethode sind und den Blick von einem vierwandigem Raum engstirnigen Horizontes auf die weiten Ebenen der individuellen Befreiung mit ihrem eng verwobenen Stoff verbergen oder wie Blau als Farbe für Fortschritt und Demokratie wahrgenommen werden kann, ich kann es allerdings auch vermeiden, ihnen, dem Leser oder der Leserin, meine Ansicht aufzuzwingen. Denn die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen ist falsch, genauso wie es falsch ist, Kunst in der Hoffnung zu erschaffen, selber die Deutungshoheit nie abgeben zu müssen. Es ist eben auch ihr Recht, diesem Essay eine völlig andere Bedeutung abzuringen als es meine Intention ist. Das soll nicht heißen, dass ein Diskurs darüber nicht sinnvoll oder gar zu vermeiden ist, ganz im Gegenteil. Ich will Sie lediglich mit dem Wissen entlassen, dass der Weg zur bewussten Befreiung ihrer höchsteigenen Selbstbestimmung manchmal näher ist, als es zuerst scheint. Es kann schon bei der Interpretation eines einzelnen Satzes beginnen. Diese Interpretation soll übrigens für die Aussage dieses verworrenen Textes keinerlei Rolle spielen, es hat mich nicht unbedingt etwas zu interessieren. Ebenfalls ist dies nicht zwanghaft auch mein Standpunkt zu der "Death of the Author" Diskussion. In der Essenz ist es ein Gedankenspiel der Selbstbefreiung, denn Freiheit ist viel mehr als unter eine einzige Definition passt. Ironischerweise verliert es immer wieder seine Bedeutung, die damit wieder höchstpersönlich wird.
  5. Die Rabenvögel singen ihr scheußliches Lied Für die schaurigen Schatten auf der Eulenflußbrücke Und die im schwarzen Schlamm schwimmenden Holzstücke Auf denen kürzlich noch einer stand, ein armseliger Dieb Dessen Hals in der Schlinge hing, bis nach einem stumpfen Hieb Die schaurigen Schatten zuschauten wie er im Schlamm trieb Und die Rabenvögel singen wieder ihr scheußliches Lied So schnell wie er kläglich von uns schied War die abscheuliche Tat auch schon vollbracht Doch der nächste Dieb gibt sicher nicht besser Acht Und die Rabenvögel singen wieder ihr scheußliches Lied Alsbald bauten sie aus den gleichen Holzstücken Schnell die nächsten Eulenflußbrücken Und die schaurigen Schatten singen ihr Lied (Nach der Kurzgeschichte An Occurrence at Owl Creek Bridge)
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