Zum Inhalt springen

Dali Lama

Autor
  • Gesamte Inhalte

    149
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle erstellten Inhalte von Dali Lama

  1. Wir drehen uns wie dieses Blatt Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt: Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter, weiter. Die vielen Farben noch und Licht, und alles hält die Frucht in harter Schale. Bald ist keine Zeit mehr. Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter. Weiter zu uns, und wie wir sammeln, was wir alles tun, die Frucht in harter Schale, bald ist keine Zeit mehr sie einzufangen. Sie ist endlich, da wir ruh’n. Zu uns! Und wie wir sammeln, was wir alles tun: Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte, sie einzufangen, sie ist endlich da. Wir ruh’n zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte. Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte, die vielen Farben noch und Licht und alles, hält zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte. Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt. 27. März 2024 ______________________________________________________ Version ohne Formatierung für bessere Lesbarkeit: Wir drehen uns wie dieses Blatt Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt: Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter, weiter. Die vielen Farben noch und Licht, und alles hält die Frucht in harter Schale. Bald ist keine Zeit mehr. Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter. Weiter zu uns, und wie wir sammeln, was wir alles tun, die Frucht in harter Schale, bald ist keine Zeit mehr sie einzufangen. Sie ist endlich, da wir ruh’n. Zu uns! Und wie wir sammeln, was wir alles tun: Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte, sie einzufangen, sie ist endlich da. Wir ruh’n zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte. Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte, die vielen Farben noch und Licht und alles, hält zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte. Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt. __________________________ Winter: Ein Bär in meiner Brust Frühling: Sollbruch Sommer: Noch 8 Minuten und 20 Sekunden Herbst: Wir drehen uns wie dieses Blatt
  2. Moin Nebiros, gern geh ich nochmal auf ein paar deiner Rückmeldungen ein! Na klar, das ist formal nun so krass eingeengt, dass jede Veränderung alles zum Einsturz brächte. Ich glaube, es ist nun auch nicht der Anspruch, an diesem Text noch weiter zu schrauben. Aber wir können ja die Erkenntnisse hieraus beim nächsten Mal anwenden^^ Selbiges hier, ja. Wenn wir es uns zur Aufgabe machen, vollständige Verse zu reimen, ist da natürlich keine syntaktische Vielfalt zu erwarten. Aber es geht ja nun nicht darum, dass wir immer und nur noch diese Sequenzreime durchziehen, oder? Wenn wir in einem Text mal zwei Sequenzreime haben ist das gefühlt schon maximal ausreichend, weil das ein so krass aufmerksamkeitsbindendes Stilmittel ist. Alle anderen Verse können dann ja für die syntaktische Vielfalt sorgen^^ Ja, so habe ich das auch verstanden und natürlich MUSS es dann keinen klaren Bezug zwischen den Versen geben. Ziel sollte es aber natürlich sein, wie gesagt, wenn wir diesen Sequenzreim dosiert anwenden, dass dann natürlich klare Bezüge, stimmige Bilder zusammenspielen. Ja, also die Mehrzahl von Ode ist Oden. Aber du hast da natürlich recht: Das ist jetzt kein großes Problem in diesem Vers. Ich fand es nur auffällig, weil du zuvor ja konsequent alles in der Mehrzahl geschrieben hattest. Ich mag Alliterationen auch, aber die sind qualitativ natürlich eher auf der schwächeren Seite, wenn sie aus demselben Wort in unterschiedlichen Wortarten gebildet werden 😄 "tümlich" ist ja auch ganz nah dran an "normalem" Deutsch. Es gibt ja das sehr richtige Verb "tümeln", von daher wäre da vielleicht schon was mit machbar gewesen. "tümlich" ist so als solitäres Suffix aber leider einfach falsch und musste somit knallhart aufgezählt werden 😉 Ja, genau das meinte ich: der, die das, ein, eine. In Satzkonstruktionen mit einer Einzahl vermisst man so einen Artikel dann doch schneller, als in Sätzen in Mehrzahl. Das ist ja einfach eine Sache der Sprechgewohnheiten. Was klingt üblicher für dich: "Gebrochenes Herz in meiner Hand" oder "Ein gebrochenes Herz in meiner Hand" bzw. "Das gebrochene Herz in meiner Hand" In solchen Konstruktionen ist es einfach vollständiger, wenn wir den Artikel auch hören. Dem gegenüber im Plural: Gebrochene Herzen in unseren Händen" Hier ist es in der Mehrzahl ganz natürlich, keinen Artikel zu setzen. Mir geht's da also einfach um Sprechgewohnheiten. Klar sind wir hier in der lyrischen Sprache, die darf sich auch vom "Gewohnten" abheben. Aber solche kleinen Irritationen, unüberlegt gesetzte Auslassungen, können den Zauber auch ganz schnell stören. Ja, du hattest ja für diesen Text zwischendrin auch schon gesagt, dass hier jeder Vers eigentlich immer dieselbe Aussage machen soll, daher ist da inhaltlich natürlich gar nicht so viel los. Das ist inhaltlich für mich nun also nicht per Definition "mythisch", es sei denn du meinst ein "altertümelndes" Vokabular ^^ Bin gespannt auf Folgendes, vielleicht dann ja auch bald schon etwas mit reduzierterem Einsatz deines Sequenzreims 😉 LG Chris
  3. Moin Nebiros und willkommen im Forum! Ich probiere mich auch immer wieder mal formal aus, einfach mal ausloten, was geht und was nicht. Deine "Spielerei" entbehrt nicht eines gewissen formalen Reizes und ganz sicher ist es keine Leichtigkeit, derart ausdauernd noch über Anfangs-, Binnen- und Endreim hinauszugehen. Nein, hier ist in der Tat jeder kleinste Versbestandteil verreimt - da mir dafür kein etablierter Fachbegriff bekannt ist, nenne ich das hier jetzt einfach mal Sequenzreim. Ich denke, das Fehlen eines entsprechenden Fachbegriffs (so es einen gibt, bitte her damit!) macht aber auch klar, dass dieser Sequenzreim nicht massentauglich sein kann - im wahrsten Sinne. Denn in dieser Menge, allein um ihn bis zum Ende durchzuhalten, finden sich dann doch einige Probleme: Angefangen mit dem stakkatohaften Herunterleiern der immergleichen Struktur: Für mich geht da leider jeglicher sprachlicher Zauber verloren, da, notgedrungen, jeder Vers immer ein und derselben Struktur folgt. In diesem Übermaß an Reim geht natürlich auch der hervorhebende betonende Charakter des Reims verloren, es ist einfach ein Overflow, womit am Ende gar nichts mehr betont wird^^ Als vereinzelt eingesetztes Mittel, mag so ein Sequenzreim aber durchaus eine starke Betonung haben und auch inhaltlich ein starkes Statement setzen können. Ich hatte bei einem meiner Experimente dieselbe Erkenntnis: Da hatte ich ein Gedicht komplett im Choljambus geschrieben und extrem häufig Wörter mit derselben Wortendung verreimt (z.B.: Baumspitzen/Absteigen/Zweigen/Dasitzen/Hinabgleiten/ausbreiten). Klare Erkenntnis, dass mehr Varianz schon Sinn macht 😉 Weiter geht es mit den semantischen Redundanzen (Pleonasmen): Und zuletzt haben wir einige sprachliche Ungenauigkeiten/Sinnlosigkeiten: es müssten "schwungkräftige" sein. der untere Vers bezieht sich vermeintlich auf den vorigen, ergibt so von der Struktur aber keinen Sinn. klein aber auffällig, da du sonst immer im Plural bist: hier nutzt du nun den Singular bei "Ode", um den Reim zu bedienen. den österreichischen Begriff Tegel für irgendein Gestein kann man noch hinnehmen, aber bei "getegelt" fehlt mir jedes Verständnis, was das in diesem Kontext aussagen sollte^^ "tümlich" ist unvollständig, das wird nur als Suffix gebraucht, etwa bei "eigentümlich" oder "irrtümlich". s.o. ein vereinzelter Singular mit "Regel". s.o. Singular, bei "Sprache" finde ich das noch sinnvoll, aber "bekennende Lache" klingt auch einfach ohne Artikel unvollständig. Hier fehlt mir auch das Verständnis, was die Weichen sein könnten, aus denen Flüsse vertrieben worden sein könnten. Das soll hier aber nur beispielhaft für fast alle intersequenziellen Bezüge stehen. Denn eigentlich macht fast gar kein Vers im Zusammenspiel seiner beiden Hauptbestandteile einen größeren Sinn^^ auch hier fehlt es an Artikeln "in der grob-wucht" und "in der tobsucht", der Genitiv mit "der wille" stimmt so auch nicht nicht, es ist "des Willens". Noch kurz für die formale Vollständigkeit: Metrisch bist du mehr als ok, du kannst den 4-hebigen Amphibrachys fast durchgehend halten, sehr schön. Einzig dieser Vers bricht aus: da "sinnkosende" mindestens AUCH auf der ersten Silbe betont wird. "sinn" ist zu stark, als dass es sich da dem "kos" vollständig unterordnen könnte. Also wie gesagt: Als Experiment für die Wirkung von Sequenzreimen sicher spannend - wie so häufig aber: Die Dosis macht das Gift^^ Hintenan steht bei solchen formalfokussierten Spielereien dann natürlich auch der Inhalt. Ich mag hier keine Interpretation vorlegen, da das allermeiste auch einfach keinen zusammenhängenden Sinn ergibt. Oder aber ich bin auf einem kolossalen Holzweg und brauche hier deine Unterstützung in der Deutung 😄 Dennoch habe ich dein Experiment gern begleitet und bin gespannt, zu was du im experimentfreien Raum fähig bist 😉 LG Chris
  4. Moin gummibaum, ich erlaube mir, einmal meine Gedanken zu deinem Text anzuführen, bevor du deine Erklärung gibst! Die angesprochene Dichte/Rätselhaftigkeit finde ich ganz toll, kann ja wirklich Spaß machen, sich durch eng zusammengewobene Sprachbilder zu wühlen^^ Vorweg sei gesagt, dass ich den Humor oder die Satire hier auch nicht herauslesen und -interpretieren kann. In der Hinsicht bin ich auf deine Erläuterungen also auch sehr gespannt. Insgesamt vermittelt dein Text mir eine sehr getragene, melancholische Stimmung. Ich will das hier einmal inhaltlich Stück für Stück aufschlüsseln: Hab ich direkt auf mich bezogen, vielen anderen, die das triste Wetter satt haben, wird es genauso gehen. Nochmal dramatischer natürlich hier für das Lyrische Ich. Es wird hier als ein stiller, offenbar sehr passiver Beobachter dargestellt - seit Tagen nimmt es diese grauen Eindrücke wahr, wird von ihnen förmlich aufgezehrt und kann sich dagegen wohl auch nicht wehren. Das "hohle Wesen der Gespenster" deute ich schlicht als inhaltliche oder innere Leere, in Verbindung mit den Gespenstern vielleicht auch eine drohende Lebensmüdigkeit. Hier nun ein kleiner Wendepunkt. Der Seelengarten ist für mich schon ein Lichtblick, wobei auch der Bezug zur Seele hier schon wieder in Richtung Lebensende gehen kann. Ich betrachte es hier aber als Ausflucht aus den aufzehrenden Eindrücken der Außenwelt, das Lyrische Ich findet in der Nacht, im Schlaf, die Zeit und Ruhe, in sich hineinzuhören, sich meditationsartig auf sich zu besinnen. Ich verstehe die bereits angesprochene syntaktische Verwirrung hier gut. Der Satz ist in der Tat verzwickt aufgebaut. Wenn mich nicht alles täuscht, sollen wir das hier als Syllepse mit "spür ich" lesen: Einerseits eben für den Satz "Im kühlen Bett spür ich das Grab", andererseits für den Satz "im kühlen Bett spür ich mich vor Zwölf den Schlag erwarten" - also im Sinne von "ich erwarte hier im kühlen Bett den Schlag vor Zwölf." Ich wäre hier aber glaube ich auch für eine syntaktisch etwas eingängigere Lösung, etwa: Das kühle Bett ist mir ein Grab, lässt mich vor Zwölf den Schlag erwarten, falls ich das hier inhaltlich korrekt durchdrungen habe. Das kühle Bett als Grab lässt sich hier auch schon wieder in einer Todessymbolik lesen, ich betrachte es aber eher als heilsamen Ort der Ruhe, in dem eher die schädlichen Eindrücke von Außen begraben werden. Vielleicht soll es auch Einsamkeit ausdrücken - ein geteiltes Bett wäre weniger kühl. "Zwölf" wiederum als Wendepunkt, die Mitternacht als Zeit des Übergangs, das Lyrische Ich steht vielleicht vor einer großen Veränderung, die vom "Schlag" (ich gehe hier vom Glocken-, Uhren-, Stundenschlag aus) angekündigt wird. Wieder passend zur bereits zu Beginn angesprochenen Passivität, die Dinge geschehen so mit dem Lyrischen Ich, ohne viel Dazutun. Das Dazutun wird dann aber doch im vierten Vers aufgegriffen, denn der Schlag weckt im Lyrischen Ich ebendies, was das Lyrische Ich zuvor "dem Schlag" gegeben hat. Was ich denke, was das Lyrische ich dem Schlag gegeben hat: Es nimmt ihn wahr und der Schlag ist damit frei, zu existieren, das Lyrische Ich lässt den Schlag durch seine Wahrnehmung erst geschehen. Und genau dies wird eben im Lyrischen Ich nun auch aufgeweckt, es befreit sich von den äußeren Eindrücken, es ist frei zu existieren. Ebendiese Freiheit spürt das Lyrische Ich sofort, hier in einem traumhaften Überdendingenschweben. Der Regen, anfänglich der Feind, die Ursache für die innere Zerfressenheit des Lyrischen Ich ist hier nun ein Spielball des Lyrischen Ichs. In seiner neu gewonnenen Art, die Dinge zu betrachten, kann "der Regen" dem Lyrischen Ich nun nichts mehr anhaben, es entwischt ihm immer wieder. Ich finde in diesem Sinne den "Becher ohne Boden", der diese Spielball-Bildlichkeit gut rüberbringt, und auch das Entrinnen verdeutlicht, schon schön. Allerdings ist es sprachlich dabei etwas unglücklich, dass das "entrinnen" sich ja nicht auf den "Regen" bezieht, sondern auf das Lyrische Ich. Nicht der Regen entrinnt, durch einen bodenlosen Becher - was ja sprachlich, bezogen auf eine rinnende Flüssigkeit ein lupenreines Bild wäre. Nein, das lyrische Ich entrinnt, als Becher ohne Boden. Einziger bildsprachlicher Kritikpunkt für mich hier. Weitergedeutet zeigt aber auch dieses Spielen mit dem Regen, dass das Lyrische Ich es noch nicht ganz geschafft hat, sich von seinem Feindbild zu lösen. Auch das "entrinnen" vermittelt ja eher ein "gerade so davonkommen" und auch als Becher ohne Boden gibt es immer noch sehr viel Seitenfläche, die vom Regen angegriffen werden kann. So bleibt also für mich die Gewissheit, dass die Freiheit des Lyrischen Ichs äußerst begrenzt ist, dass es bald schon aus seinem Traum erwachen wird und die regengraue Wirklichkeit wieder durch sein Fenster zu beobachten haben wird. Ich bin gespannt, inwieweit meine Deutung sich mit deiner Idee deckt. Auf jeden Fall gern gelesen und drüber nachgedacht! 🙂 LG Chris
  5. Moin @Marc Donis, kleiner Seitengedanke, bevor es um deinen Text geht: lustig, ich hatte erst im Dezember im privaten Kontext ein Gedicht geschrieben, das sich metrisch an Aladdins Arabische Nächte orientiert. Das Metrum jeder Strophe war dabei wie folgt aufgebaut: xxXxxXxxXxxA xxXxxXxB xxXxxC xxXxxC xxXxxXxB Echt spannend, wie alleine dieser Rhythmus so sehr von diesem Lied eingenommen ist, dass man unweigerlich daran denken muss. Nun zu deinem Text: Natürlich macht auch dein Text alleine mit seinem Einstiegsvers eine deutliche Referenz zum Lied auf. Zwar ist dein Metrum ganz anders als das Original: xxXxxX(x) xxXxxX(x) xxXxxX(x) xxXxxX(x) XxxXxxX Aber der Einstiegsvers (und die sich immer wiederholenden Strophenendverse) genügt da schon. Ich weiß allerdings gerade nicht, was mir lieber wäre: Eine metrische Ähnlichkeit, die den Rhythmus des Songs transportiert, oder eine inhaltliche Ähnlichkeit in anderem Gewand. Tatsächlich war ich nun aber so sehr bei Aladdin, beim Song, dass es deinen Text immer wieder überschattet hat - das kann aber auch mein ganz eigenes Problem sein, weil ich die Referenz nun so sehr im Kopf habe. Aber: Da es ja auch EINIGE Strophen sind und du inhaltlich nicht unbedingt eine voranschreitende Geschichte erzählst, sondern vielmehr verschiedene Eindrücke nebeneinanderstellst, habe ich leider festgestellt, dass ich inhaltlich immer wieder mal abgedriftet bin. Dazu beigetragen hat auch das über all die Strophen immer gleichbleibende oben aufgeführte Metrum, es beginnt in dieser Form irgendwann im Kopf zu leiern. Ich glaube, eine kürzere, inhaltlich pointiertere Fassung könnte den Zauber der Arabischen Nächte nochmal ganz anders rüberbringen^^ Hinzu kommen dann ein paar kleine Auffälligkeiten, die ich hier der Vollständigkeit halber auch noch aufführen will: hier ist für die Einhaltung des Metrums eine Ellipse, das nötige "die" oder "eine" ist ausgelassen, das finde ich nicht so schön. Falls dir das "liegt" nicht allzu wichtig ist, könntest du den Vers wie folgt abändern: die Prinzessin mit Gatten Der Bezug innerhalb der Strophe ist damit weiterhin korrekt gegeben: komm‘ nun rein, um zu sehen, zwischen Vollmond und Schatten, die Prinzessin mit Gatten, in der arabischen Nacht. metrisch in deinem Schema müsste es hier eher etwa so sein: und nun blüh'n auch die Zweige Hier ist der Reim Matten/Granaten unrein - da die Nutzung des Granatapfels in dieser Formulierung ohnehin unüblich ist, liegt hier doppelt die Aufmerksamkeit. Hinzu kommt, dass der Matten-Reim bereits in Strophe 3 genutzt wurde. Nirgendwo sonst (außer bei den sich wiederholenden Strophenendversen) wiederholst du einen bereits genutzten Reim - das macht diese Stelle also NOCHMAL auffälliger^^ hier fehlt eine unbetonte Silbe am Anfang: für die Menschen, die irrten meinst du Myrten? bei diesem Vers fehlt irgendetwas, ich kann da auf keinen Teil in der Strophe einen Bezug herstellen, auch das "so" scheint mir deplatziert. LG Chris
  6. Moin @Schmuddelkind, das hast du sehr zart geschrieben, gefällt mir. Besonders schön finde ich "Erst gehst du halb, dann bleibst du ganz." und "Erst bleibst du halb, um ganz zu gehen.", die beide den titelgebenden zaghaften Abschied sehr passend darstellen. Metrisch bist du konsequent im 4-hebigen Jambus, und bis auf Strophe 2 bei unten/gefunden und Strophe 3 bei Armen/umgarnen haben wir einen reinen Kreuzreim (die kleine Ungenauigkeit ist aber ganz klar zu vernachlässigen 😉 ). Nachdem du deinen Text in Liebe&Romantik eingestellt hast, gehe ich nun auch davon aus, dass der zaghafte Abschied von begrenzter Dauer ist und das Lyrisch Ich und das Lyrische Du sich bald schon wiedersehen werden. In meiner Vorstellung sind sie ein Paar in einer Fernbeziehung, da sind die Abschiede immer so schön bittersüß - schrecklich war das, nie wieder 😄 Von Texten dieser Art aber gerne mehr, gern gelesen! LG Chris
  7. Moin Letreo, kurzer Einschub noch einmal zu dieser Antwort: Ja, hier ist es mir wichtig, dass das "das", in Bezug auf das Geschehene, nochmals betont wird. Grundsätzlich ist dein Vorschlag hierzu auch passend. Vielleicht könnte man das "das" dann im wahrsten Sinne sogar noch mehr betonen. Aktuell steht es unbetont in deinem Vers. Es würde das gewünschte Gewicht betont noch viel besser erhalten. Zum Beispiel so: Niemals werd ich das vergessen, Sidgranis Änderungsvorschlag hier zum "Vorfall" find ich sehr gut: Auch damit kann man das Verzeihen etwas universeller auffassen - das Lyrische Ich verzeiht nicht wortwörtlich dem Lyrischen Du, es verzeiht grundsätzlich das Vergehen. Guter Punkt! Edit: Gestern und auch hier nun fast vergessen: Das Komma hinter "stattdessen" müsste im Original und auch im Änderungsvorschlag weg. LG Chris
  8. Moin Ehren-Worte, ein schöner Text. Ich bin gerade auf Arbeit, daher hier nur ein paar wenige Eindrücke: Besonders die erste Strophe gefällt mir mit den Alliterationen und den kleinen kreativen Wortspielen. Auch die zweite Strophe hat im wahrsten Sinne dann noch einen frischen Wind, mit dem du die Frühlingsthematik aufgreifst. Das wird im weiteren Verlauf dann aber doch abgelöst von, nennen wir es "brachialpoetische Frühlingssprache" (buntes Blumenfeld, goldener Regen, Blütenkelch-Champagnertulpen). Nachdem das alles in einer Strophe steckt ist es nochmal mehr betont, diese ist damit für mich auch am schwächsten. Danach geht es ja wieder feiner weiter^^. Einen metrischen Vorschlag möchte ich im vorletzten Vers noch machen: "damit" wird hier auf der zweiten Silbe betont, es erfüllt hier ja nicht den Zweck eines "mit DIESEM", sondern den Zweck eines "SO, dass". In diesem Sinne gestaltet sich auch mein Vorschlag: so, dass mir nicht eins der Wunder So wäre die Betonung eindeutig auf der ersten Silbe. Gern gelesen! LG Chris
  9. Moin Letreo, das ist inhaltlich in der Tat sehr bedrückend. In deiner Umsetzung zeigt sich aber ganz gut, dass das Lyrische Ich dieses schlimme Ereignis hinter sich lassen will. Der Text ist nicht laut oder aggressiv, die inhaltliche Schwere wird formal vielleicht durch die Trochäen ausgedrückt, das finde ich passend. Wäre es nicht so, dass es hier eben ums Vergeben ginge, würde mir das bei so einem Thema möglicherweise nicht reichen, aber hier, wo es um Milde geht, soll es so sein! Ein paar Punkte würde ich noch ansprechen wollen: Vers 4 ist hier metrisch etwas wackelig, weil das "es" schwächer betont wird als das "gab". Das könnte man an dieser Stelle reicht einfach lösen, wenn wir auch das unpersönliche Passiv mit "es" änderten. Vielleicht so: gabst mir keinen Ausweg mehr. So wird die Täterschaft des Lyrischen Du nochmal betont, denn die Ausweglosigkeit wurde ja durch dieses überhaupt erst durchgesetzt. Bei Vers 1 dachte ich, dass das klanglich und metrisch auch ohne die Elision (Streichung des e bei "werde") so gut funktionieren könnte: Nein, ich werde nie vergessen, Vielleicht ist es dir wichtig, "das" im wahrsten Sinne des Wortes nochmal zu betonen, wobei es ja eigentlich auch nicht nur um "das" geht. Auch danach ging es für das Lyrische Ich ja noch weiter, ohne das "das" wäre die Aussage also vielleicht sogar etwas universeller. Bezüglich dieses Verses spreche ich auch nochmal den Titel an, der erscheint mir in diesem Kontext nicht richtig. Bezogen auf den Inhalt müsste es dann ja Zeit zu verzeihen sein, was meinst du? Bei Vers 4 stimme ich meinen Vorrednern zu, der "Vorfall" klingt unheimlich harmlos. Ich kann sicherlich nicht wie das Lyrische Ich über diesen Schrecken nachfühlen, aber das erscheint mir ZU aufgeräumt. Über Alternativen wurde ja bereits gegrübelt, jede erscheint mir angemessener. Ich möchte bei diesem Vers aber noch einen anderen Impuls anstoßen, da ich auch dieses direkte "dem Lyrischen Du verzeihen" echt krass finde. Vielleicht kann das Lyrische Ich das, aber für mich fühlt sich das unvorstellbar an. Was ich mir aber dachte, und da denke ich wieder an meine Anregung aus Vers 1 dieser Strophe: Vielleicht könnte es dem Lyrischen Ich ja auch um ein universelleres Verzeihen gehen. Nicht eines in dieser unglaublichen Gerechtigkeit gegenüber dem Lyrischen Du. Sondern ein Verzeihen der Welt gegenüber, etwa so: ich der Welt all das verzeih'n. Denn im Endeffekt lebt und liebt das Lyrische Ich ja nicht für das Lyrische Du oder mit ihm. Es ist ihm nichts schuldig, erst recht nicht die Gerechtigkeit des Verzeihens. Vielmehr lebt das Lyrische Ich unabhängig vom Lyrischen Du. Es will diesen Hass nicht mehr in sich, in seinem Leben und die Welt eben ohne diesen erleben. So zumindest lese ich das. Aber ich verstehe natürlich, wenn das Lyrische Ich da ein viel besserer Mensch als ich sein könnte, und tatsächlich auch ganz konkret dem Lyrischen Du verzeihen kann und will. LG Chris
  10. Noch 8 Minuten und 20 Sekunden summSummsummSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~*~* Noch 8 Minuten und die Stunden waren gut, ~*~*~*~*~*~* die hier mit uns im Schatten warten. ~*~*~*~*~ Dort draußen ist ein Garten, ~*~*~*~ und irgendwann, da findest du den Mut. ~*~*~*~*~* summSummsummSummsummSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~*~*~* Dann stürzt du dich ins Immergrüne. ~*~*~*~*~ Noch 6 Minuten gar nichts tun, ~*~*~*~* bis dahin lässt du deine Glieder ruh‘n, ~*~*~*~*~* auf meiner Fensterbank, auf deiner Bühne. ~*~*~*~*~*~ summSummsummSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~*~* Und träge tropft das Bernsteinlicht. ~*~*~*~* Der Himmel ist im Endlosfließen. ~*~*~*~*~ In 4 Minuten wird es uns umschließen. ~*~*~*~*~*~ Ich seh hinein, nur sehen kann ich nicht. ~*~*~*~*~* summSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~* Doch du erstrahlst, in Fensterscheiben, ~*~*~*~*~ in deinen Spiegeln, flügelweit, facettenreich. ~*~*~*~*~*~* Ich weiß, die Zeit vergeht und Bald ist gleich. ~*~*~*~*~* Nur 2 Minuten bleiben. ~*~*~*~ summSummsummSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~*~* Dann musst du gehen und mit dir mein Wunsch und Dank ~*~*~*~*~*~* für einmal mehr Libellenreigen. ~*~*~*~*~ Doch einst, es wird sich zeigen, ~*~*~*~ dann folg ich dir von meiner Fensterbank. ~*~*~*~*~* summSummsummSummsummSummsummSummsummSummsummSumm ~*~*~*~*~*~* 12. März 2024 (Aufgrund der Formatierung empfehle ich für bessere Lesbarkeit die Desktopansicht.) __________________________ Winter: Ein Bär in meiner Brust Frühling: Sollbruch Sommer: Noch 8 Minuten und 20 Sekunden Herbst: Wir drehen uns wie dieses Blatt
  11. Moin Lydia, danke dafür, freut mich, das zu lesen! weil dadurch wird das Gedicht, aus meiner Sicht, anklagend und (ver)urteilend. Es schiebt dem lyrischen Du Schuld zu, noch dazu immer. Die originale Version lässt hier mehr offen, deshalb sagt sie mir mehr zu. Ja, auf jeden Fall! Jede Änderung macht ja was mit dem Text, da will ich mir auch gar nicht anmaßen, dass ich den Text in seinem Kern durchdrungen habe, wie er vom Autor intendiert war. Das ist dann natürlich meine Lesart und die ist auf gar keinen Fall allgemeingültig 😄 Das "immer" könnte an der Stelle in der Tat zu scharf sein. Ich würde aber nicht sagen, dass in der aktiven Formulierung nun mehr Anschuldigung steckt als in der Passivkonstruktion. Dann steckt das genauso auch schon in der passiven Formulierung, nur eben nicht unmittelbar dem Lyrischen Du zugeordnet. Mir kam gerade noch folgende Alternative in den Sinn: Du hörst sie nur verdreht, mit falschem Klang. Das zusätzliche "verdreht" würde nochmal betonen, dass das Gesagte nicht so ankommt, wie es sollte. Mit dem "nur" statt "immer" ist es jetzt vielleicht auch weniger "bewusst", also kein aktives Versagen des Lyrischen Du, die Schuld liegt eher bei den Worten, die eben verdreht sind. So gefällt mir der Vers nun auch nochmal besser. Danke, dass du da nochmal für Anregung gesorgt hast! LG Chris
  12. Moin Patrick, hier ging es ja schon rege zur Sache und du hast sogar schon eine Variante für dein feines Sonett aufgesetzt. Vielleicht kann die ja noch in den Ursprungsbeitrag, damit auch alle sie sofort finden können und man auch auf derselben Grundlage diskutieren kann! Ein paar Anmerkungen hätte ich aber auch zur geänderten Version noch: Mir gefällt hier der unreine Reim von ran/Klang, da ja ebendieser falsche Klang auch inhaltlich Thema ist. Das führst du ja auch in der Folgestrophe mit an/Drang fort. Weniger passend finde ich aber das gänzlich neue Reimpaar Blüte/Hüte, da du ja offenbar das sonetttypische Reimschema der wiederholenden umarmenden und eingeschlossenen Reime nutzt aber hier nicht konsequent umsetzt. Das wäre mit wiederum unreinen Reimen sicher möglich gewesen. Ansonsten möchte ich die Passivkonstruktion im letzten Vers ansprechen. Man kann hier argumentieren, dass im Passiv mehr Distanz zum lyrischen Du entsteht. Aber es klingt irgendwie sehr künstlich, nachdem das Lyrische Du ja eh schon konkret benannt wurde. Ich würde das also hier eher fortsetzen, da es hier ja schon ganz konkret um die Worte an das Lyrische Du geht, oder? Vielleicht "Du hörst sie immer falsch, mit falschem Klang." es ist mein eigenes Problem, aber ich lese im zweiten Vers immer "vergleich", also mit elisiertem e, da du diese Elision auch häufiger verwendet hast und da ein Gewohnheitseffekt eintritt. Für meinen Lesefluss wäre sowas wie klarer: "vergleich' sie mit der längst vergang'nen Blüte." So gäbe es auch kein Betonungsproblem mehr mit "sie", das in deiner Version mal betont und direkt danach unbetont eingesetzt ist. Das kommt so unmittelbar aufeinanderfolgend gern mal unsicher rüber. Die "Blüte" ist für mich nicht ganz eindeutig, meint es die persönliche Blüte, also die besten Jahre hinter sich haben? Sie kommt mir hier jedenfalls etwas zu unvermittelt, da deine Bildsprache zuvor auch eine andere war und sie hier innerhalb des konsistenten Sprachbildes mit fremden Worten, weichenden Worten und dem zuletzt sprachlosen Lyrischen Ich fehl am Platze wirkt. Das Lyrische Ich hat wohl keinen Antrieb mehr, mit dem Lyrischen Du zu sprechen, Worte zeigen keine Wirkung. Gefühlt ist dieser Teil, dieser Verzicht auf weitere Worte hier etwas zu dominant. Mit der vorigen Strophe waren es ganze 4 Verse, die allesamt die Sprachlosigkeit des Lyrischen Ichs beschreiben. Daran anknüpfend ist die Konsequenz daraus, die Mutlosigkeit, es mit dem Lyrischen Du noch weiter zu versuchen, doch sehr kurz abgetan. Das "So" erhält damit eine ziemlich starke Bedeutung - denn es macht klar, dass das Lyrische Ich in DIESEM Zustand des Aufgegebenhabens nun auf das Lyrische Du zugeht. Nun ist metrisch das so aber unbetont, das passt hier für mein Empfinden gar nicht, um diese Konsequenz deutlich zu machen. Weitere metrische Anmerkungen: "Sprunge" fühlt sich sehr künstlich an mit dieser e-Verlängerung fürs Metrum. Gerade auch weil du ansonsten ja eher verkürzend mit Elisionen arbeitest, sticht das nochmal mehr hervor. Das würde ich abändern. Die diversen "sie" in dieser Strophe sind wiederum unterschiedlich betont. Das alles zusammen macht diese Strophe für mich am schwächsten und insgesamt überarbeitungswürdig. Vielleicht in diese Richtung: mich länger an den Worten festzubinden, dich nur auf diesem einen Weg zu finden. Ich setz' zum letzten Sprung nach vorne an, Hier finde ich das eingeschobene "dem letzten" nicht so ganz schön und die Verkürzung bei "übers" ist sehr umgangssprachlich. Der Vorschlag von @Lydia J. für diese Strophe gefällt mir dabei aber sehr gut. Der "Graben" und das "aufgerissen" passen wirklich gut zu deinen übrigen sprachlichen Bildern, denken wir zurück an das gewaltvolle Aufschälen aus der ersten Strophe - da passt "aufgerissen" einfach viel besser als das noch sehr friedliche "aufgetan". Nur im letzten Vers von Lydias Vorschlag würde ich eine Kleinigkeit anpassen, damit es sich etwas besser an meinen Vorschlag für die vorige Strophe anfügt: zu überwinden diesen tiefen Graben, den Worte heimlich aufgerissen haben: Doch immer noch komm' ich an dich nicht ran. Alles zusammen ergäbe dann meine favorisierte Version 3: Ich komm’ und komm’ nicht an dich ran - Die Worte, die ich such’ und die ich wähle, Die ich mit scharfem Messer aus mir schäle - Du hörst sie immer falsch, mit falschem Klang. Wie Fremde schau’ ich meine Worte an, Vergleich' sie mit der längst vergang'nen Blüte. Sie weichen von mir, nehmen ihre Hüte. Zurück bleib ich ganz sprachlos, ohne Drang Mich länger an den Worten festzubinden, Dich nur auf diesem einen Weg zu finden. Ich setz' zum letzten Sprung nach vorne an, Zu überwinden diesen tiefen Graben, Den Worte heimlich aufgerissen haben: Doch immer noch komm' ich an dich nicht ran. So oder so ist das aber ein schöner Text, gern gelesen und damit beschäftigt 🙂 LG Chris
  13. Moin, Melda-Sabine Fischer, nun, die Auffassung, was humorvoll ist, darf ja durchaus verschieden sein. Wenn es aber nicht erlaubt ist, die von mir angesprochenen Punkte zu äußern, frage ich mich, wozu du "Feedback jeder Art" ausgewählt hast, wenn du kein Feedback jeder Art wünschst. Schade, dass du auf die angesprochenen Punkte nicht eingehen magst und offenbar lieber auf persönlicher Ebene mich angehst. Im Übrigen kommentiere ich so, wie es mir passt usw. LG Chris
  14. Moin @Herbert Kaiser, ich hatte genau dieselben Gedanken wie Joshua Coan. Für einen melancholischen, traurigen, düsteren Text finde ich allein das Vokabular schon unpassend, "Wehwehchen zwicken", "Billigschrott", "Lotterbett", "Abos ... abbestellt" - hinzu kommt dann noch der fröhliche Paarreimen mit kurzen Versen. Vielleicht war es genau deine Intention, das Lyrische Ich hier nicht bedauernd, leidend, klagend darzustellen, sondern eben sehr aufgeräumt, akzeptierend und abschließend. Dann ist es aber eben, wenn auch in der Sache, im Gesamtton kein trauriger Text. Metrisch gilt es, neben den unregelmäßigen Auftakten besonders folgenden Vers zu beachten: Hier ist es schief. Vielleicht eher: Den letzten Flug werd' ich nun buchen Moin @Zorri, ich glaube, du musst dir da keine Sorgen machen. Üblicherweise sind Autor und Lyrisches Ich grundverschieden, mindestens sollten wir als Lesende davon ausgehen und da keine unangebrachten Rückschlüsse ziehen. Ansonsten wäre ich nach meinem letzten Text ein frisch geschlüpftes Küken 😉 LG Chris
  15. Moin @Endeavour, na, gestern noch sinnierte man harmonisch unter Sidgranis "Der Baum" über die qualitative Umsetzung und die lyrische Qualität der Syllepse und schon trittst du hier für uns den Beweis an: Dass es eben unterschiedliche Qualitäten sind, die wir bei der Nutzung sprachlicher Stilmittel ansprechen oder eben nicht. Schön, in deinem Beispiel hier die unterschiedlichen Qualitäten in der Umsetzung direkt nebeneinander zu sehen: bezieht sich schon im ersten Vers auf "Amateuere" und auf "leicht verderblich", hier mit in deinen Worten "korrekter syntaktischer Verbindung", bezieht sich anschließend aber auch auf mehrere folgende Teile, dort eben "syntaktisch inkorrekt", aber, und darum ging es, ganz im Sinne der Syllepse. Die lyrische Qualität hattest du gestern angesprochen. Man kann hier nun streiten, wie schön, sinvoll, angebracht, lyrisch die Syllepse ist. Nachdem du gestern aber auch die Verständlichkeit angesprochen hast: die ist da, allein schon, weil wir solche Verkürzungen standardsprachlich gewohnt sind. Anders als bei der Ellipse, die uns das fehlende Element vollständig vorenthält, ist dieses Element in der Syllepse ja da, nur in anderer Form. Kann man das auch anders umsetzen, auf die Syllepse verzichten, lyrischer sein? Ja, und doch gibt es die Syllepse und sie kann in ihrer syntaktischen Inkorrektheit korrekt angewandt werden, um mehr ging es dann ja gestern tatsächlich auch nicht. Dein Beweis war damit nun also gar nicht unbedingt notwendig, wir sind da sicherlich auf einer Linie. Umso mehr dürfen wir uns natürlich darüber freuen, dass du diesen in lyrischer Form angebracht hast 😉 LG
  16. Moin @Melda-Sabine Fischer, dein Text ist allein in seiner schieren Länge von 16 Strophen eine Persiflage auf alle Gender-Kritiker*innen. Tatsächlich sind es nämlich ebendiese, die nur allzu ausschweifend immer und immer wieder das Gendern thematisieren. Man schaue in den Süden, wo Söder nun sogar gesetzlich gegen Gendern vorgeht, nirgendwo sonst wird so energisch FÜR das Gendern gekämpft^^ Der Rest der Welt nutzt es oder eben nicht, aber den Kritiker*innen ist es offenbar ein so wichtiges, brennendes Thema, dass es immer wieder und maximal ausführlich auf die Tagesordnung gehört. Sprachliches: Das Lyrische Ich in deinem Text geht neben dieser persiflierten Ausuferung kategorischen Dagegenseins allerdings kaum über die altbekannten Plattitüden und oft gehörten Wortwitze hinaus, das ist, was Mario Barth an einem schlechten Tag rausdrischt. Ganz unangenehm sind dabei gänzlich falsche Formen wie "Dober*innen" (wenn dann doch "Dober*frau"), oder Sächliches wie "Kann*innen", "Hut*in" oder "Semmelkloß*in" - damit treibst du es natürlich bewusst auf die Spitze, aber genau diese populistischen Überspitzungen sind es ja, die immer wieder angeführt werden, um Gendern zu diskreditieren. Ich hab in ernsthaften Diskursen noch nie jemanden solche Genderformen verlangen hören. Gelungen hingegen finde ich die herausgestellten "quasi unmöglichen" Formen "Papst*innen" (wobei das korrekterweise "Päpst*innen" sein müsste), "Nonn*erich" oder "Kater*innen". Nun aber zu meiner konkreten Kritik an deinem Text: Für mein Empfinden sollte zur satirischen Auseinandersetzung mit einem Thema schon etwas mehr kommen als repetitive Fäkalsprache. Wenngleich die Vielfalt an "Arsch"-, "Kot"- und "blöd"-Synonymen fast beeindruckend ist, macht das für mich über die Distanz der 16 Strophen den Text nun nicht lustiger, sorry. Inhaltliches und Formales: Inhaltlich (und in der Konsequenz auch formal) muss ich außerdem fragen, warum der Germanist hier relevant sein soll, bzw. verantwortlich für das Gendern? Germanist*innen untersuchen die Sprache, wie sie ist, sie verändern sie nicht oder treiben gar eine Gender-Agenda voran. Gendergerechte Sprache ist ja vielmehr ein soziokulturelles Phänomen, aber "Woke*r" oder "linksgrünversiffter Gutmensch" passt hier natürlich weniger ins Metrum. Dennoch finde ich solche sprachlichen bzw. inhaltlichen Ungenauigkeiten nur zum Zwecke des Metrums immer schade. Metrisch sind besonders die Strophen 7 und 8 auch sehr ungenau. Hättest du damit den inhaltlich formulierten Hass ausdrücken wollen, wärst du da ja auch anderswo metrisch viel mehr abgewichen. Bei diesen beiden Strophen ist auch auffällig, dass sie sich komplett an "Kund*innen" aufhängen, kein anderer Begriff hat so viel Aufmerksamkeit erhalten, das finde ich also etwas überrepräsentiert. Reimlich bist du sauber. Einzig bei frigide/rapide kam es mir extrem gesucht vor. "frigide" mag sich inhaltlich bei Nonnen und Mönchen wohl fühlen, aber wieso da nun das nicht vorhandene Lustempfinden des (offenbar weiblichen) Lyrischen Ichs beim Sex ein Thema sein sollte, erschließt sich mir nicht. Inhaltlich passender ist an der Stelle bestimmt, dass das Lyrische ich vom Gendern sexuell abgetörnt wird, das hat aber mit Frigidität nichts zu tun. Im Duktus des Lyrischen Ichs passen da vielleicht eine Formulierung wie: Ein solcher Quatsch macht mich ganz trocken, das Gendern haut mich aus den Socken. tldr: Inhaltlich bin ich nicht überzeugt, der Text wird nicht lustig, nur weil er viele fäkalsprachliche Begriffe ansammelt. Du reproduzierst für meinen Geschmack zu viel, was genau so schon oft da war. Außerdem ist einiges inhaltlich und sprachlich auch einfach nicht korrekt. Formale Schnitzer in Reim und Metrum fallen auf, da du ansonsten ja genau darauf achtest, diese zu vermeiden. In diesem Sinne mag das nun als Ausdauerübung funktionieren, meinen Nerv trifft es in seiner Gesamtheit allerdings nicht, sorry. LG Chris
  17. Moin, genau so funktioniert doch die Syllepse, inkongruenter Bezug zwischen Satzgliedern bei Person, Anzahl oder grammatischem Geschlecht. Jedes in Definitionen dazu gegebene Beispiel entspricht dem, was Sidgrani hier gemacht hat. LG Chris
  18. Dali Lama

    Sollbruch

    Hey sofakatze, danke dir fürs Reinschauen! Ja, ich hatte das am Handybildschirm auch schon gesehen, dass es da nicht so richtig passt. Da werden irgendwie die zusätzlichen Leerzeichen zwischen den Wörtern nicht richtig angezeigt und dann sind die Verslängen durcheinander. Zum Glück hast du es dir am PC nochmal angeschaut^^ Freut mich, dass die Form dir gefällt! Ja, na aber gern 😄 An dieses Gerät habe ich natürlich auch gedacht und ich hab mich bei der Titelauswahl auch gefragt, ob es dann nicht viel zu technisch und nüchtern rüberkommt. Aber ich dachte mir, dass gerade durch die Verkürzung lediglich auf "Sollbruch" da schon noch ne andere andere Ebene reinkommt. Sollbruchstellen gibt es aber auch in vielen anderen Bereichen, bei abtrennbaren Papierstücken z.B. 😄 Bzgl. Spoiler dachte ich, dass bei der sehr auffälligen Textform aber ohnehin jedes Geheimnis verpufft, von daher hab ich es beim Titel offen gestanden auch nicht wirklich versucht^^ Ja, ganz so hoffnungsvoll ist es in meiner Fantasie nun nicht gewesen, ich glaub, so ganz bereit ist das Küken noch immer nicht, aber das Knacken soll auf jeden Fall die Umbrüche darstellen 🙂 ja, es hat leider nicht bei allen geklappt, das "glau-ben" ist ohne Bedeutungsverschiebung umgebrochen. Dazu meinte ich bei Claudi ja schon, dass eine vorherige Idee mit "klau-ben" mich nicht überzeugt hatte. Die übrigen Umbrüche sollten allerdings auch doppeldeutig sein: "Morgentau-mel" und "bau-meln" "bau" als Teil des vorherigen Verses sollte da das "bauen" ansprechen, das LI versucht da ja, alle Teile zusammenzuhalten und die Immerkuppel quasi wiederaufzubauen - während mit der Auflösung zum "baumelnd" im Folgevers dann der "Schwebezustand" des Ungewissen dargestellt werden sollte. Danke dir, das Wort selbst tut da ja schon total viel, es ist ja fast onomatopoetisch mit dem scharfen z, dem doppelten t. Dazu kommt die Verlängerung mit dem e, die es ja auch in seiner Aussprache und Betonung wackeliger macht 🙂 Schöne Assoziation, so in der Art war das auch in meiner Vorstellung, einfach etwas Gewohntes, unter dem das LI sich verstecken kann. Zusammen mit dem "glauben" hatte ich selbst da auch Assoziationen mit einem "Eipostel", der unter seiner Immerkuppel betet, dessen Glauben nun durch diese Katastrophe aber erschüttert wird. 😛 Vielen Dank fürs Reinschauen und für deinen Input, hat mich gefreut von dir zu lesen 🙂 LG Chris
  19. Dali Lama

    Sollbruch

    Moin Claudi, vielen Dank! nach dem Winterschlaf mit "Ein Bär in meiner Brust" hatte notgedrungen den Frühling im Kopf, aber weniger die vielen schönen Blümchen, als vielmehr ein Küken, das einfach noch nicht aus seiner bequemen Schaler herauswill. Die Welt ist bekanntlich grausam, das muss auch zu Frühlingsbeginn nicht verschwiegen werden 😄 Zum Glück! Ich hatte zunächst eine Version ohne diesen Reimkreislauf, die hat sich aber einfach nicht rund (lol) angefühlt, da hatte ich es nochmal angepasst. Mir gefällt es so nun auch viel besser. Das freut mich 🙂 Das "flau-mig" war der Initialgedanke, um den herum das ganze entstanden ist. Ein wenig schade, dass ich die Mehrdeutigkeit bei "glau-be" nicht fortführen konnte. In einer vorigen Idee hatte ich da einen anderen Satz mit "klau-be" stehen, aber auch das fand ich schon schwächer als die anderen. Ja, sehe ich auch so, für das Ohr kein Unterschied. Ich wollte da nur visuell auch eine Formatierung zusätzlich anbieten, die gut lesbar ist. Kleine Schrift, die teilweise größeren Abstände zwischen Wörtern oder auch das Zentrierte, können ja für den einen oder die andere schon problematisch sein. Ich habe nichts anderes erwartet 😄 Es soll nun keine Ausrede sein, aber tatsächlich wollte ich den ersten und den letzten Vers bewusst wackeliger haben, daher auch die vielen Einsilber. Im ersten und letzten Vers haben wir die wortwörtlichen Knackpunkte, das erste Brechen der Schale und damit auch die erste Unsicherheit des LI, bis hin zum zweiten Knacken, die vermeintliche geistige Festigung steht auf sehr wackeligen Füßen. Aber ich fühl's total, wenn das Metrum trotzdem zu unsicher rüberkommt. Anpassen würde ich an den Stellen aber eben aufgrunddessen nicht wollen. 🙂 herrje, mir wird ganz warm ums Herz^^ Gern dürfen andere deine Einladung aufgreifen! Ich freue mich sehr, vielen Dank für deine Auseinandersetzung und deinen wertschätzenden Kommentar, LG Chris
  20. Moin @Zorri, die Geschichte kann ich natürlich nachfühlen, mein Midas ist eine äußerst effiziente Stockvernichtungseinheit. Ich würde aber lügen, wenn ich sagte, dass ich mir dabei jemals derartige Gedanken über die Existenz des Stöckleins gemacht hätte 😄 Aber so ist das mit der Lyrik: Wir schaffen es, noch jeder Nichtigkeit mit großen Worten die kunstvollste Bedeutsamkeit zukommen zu lassen 😉 Dafür würde ich deinem Text aber eine kleine Kur ans Herz legen, da das viele Stöckchenwerfen hier schon seine Spuren hinterlassen hat. Metrisch als auch sprachlich kann man hier schon noch die ein oder andere verhärtete Stelle wegmassieren. Wenn du erlaubst: Hier mag ich die Ellipsen in Vers 1 nicht. Du lässt hier augenscheinlich grundlos Wörter aus ("ist" und "den"), der Satz klingt nicht gut. Gefolgt von einer Inversion in Vers 2, also einer Verschiebung der üblichen Satzstruktur. Du hast das Verb "fand" für den Reim hier ganz nach hinten gesetzt. Wenn es dir wichtig ist, den Reim zu bedienen, würde ich den Satz entsprechend umstellen, damit das Verb regulär an letzter Stelle stehen kann, dann klingt es nicht so schief. Vorschlag, auch mit angepasstem Metrum: Ein Hund ist in den Wald gerannt, wo er ein kleines Stöcklein fand. In meinem Vorschlag gibt es nun den Diminutiv von "Hund" nicht mehr, aber ich denke schon, dass das "kleine Stöcklein" vollkommen ausreicht um die vermeintliche Unbedeutsamkeit der Sache auszudrücken. "klitzekleine" hat wieder diesen reduzierenden Effekt, den wir auch schon mit dem Diminutiv hatten. Das wird auch inhaltlich hier nun dargestellt mit dem sich immer weiter auflösenden Stock. Ein feines, kleines Detail. In diesem Teil nutzt du nun deutlich mehr Silben als vorher. Hab ich aber so auch nichts gegen, es beschreibt hier ja nun auch eine dynamische Situation, da darf es auch ausbrechen^^ Ich würde aber wieder metrisch so anpassen, dass betonte und unbetonte Silben sich regelmäßig abwechseln. Das klingt einfach schöner. Außerdem ist das ein oder andere Zeichen anzupassen: Hat's hin und her und durch die kalte Luft geschmissen und bald schon Stück für Stück ganz klitzeklein gerissen. / gebissen. finde "gebissen" glaube ich auch passender. Ich glaube, "kleine Stöcklein" muss hier nicht wiederholt werden, es sei denn, du legst da Wert auf eine längere Zeile. Ansonsten könnte man das abkürzen und bringt das ganze etwas griffiger zu Ende. Auch die ein oder andere metrische Feinjustierung kann man damit gleich vornehmen. Vorschlag: Und so verschwand es irgendwie im Nirgendwo, verrottet wär' es sowieso. / verrottet wär's ja sowieso. / verrottet wär's doch sowieso. Alles zusammengetragen sähe dein Gedicht dann also etwa so aus: Ein Hund ist in den Wald gerannt, wo er ein kleines Stöcklein fand. Hat's hin und her und durch die kalte Luft geschmissen und bald schon Stück für Stück ganz klitzeklein gebissen. Und so verschwand es irgendwie im Nirgendwo, verrottet wär's ja sowieso. Was denkst du darüber? LG Chris
  21. Dali Lama

    Sollbruch

    Moin Cornelius, das Küken fühlt sich sichtlich...nunja, unwillkommen 😄 Es würde dann doch gern zurück in seine schützende Kalkschale^^ Ja, ich denke auch, dass es sinnvoll ist, hier beide Varianten anzubieten. Freut mich, dass du in den Morgentau-mel eingestimmt hast, vielen Dank für deine lieben Worte! Herzlichen Dank auch für die Likes, ihr Lieben 🙂 LG Chris
  22. Dali Lama

    Sollbruch

    Sollbruch Knack! Und das soll es nun wohl gewesen sein. Die Immerkuppel bricht - war sie so alt? Um mich herum fällt alles auf mich ein: Das Schattenglas zer/split-tert ungestalt, ein Unwind dringt durch jeden kleinen Spalt und alles ändert sich. Ich fühl' mich flau- mig, fasse mich, doch diese Welt ist kalt, ich z i t t e r e im ersten Morgentau- mel, greife blind nach Teilen, haltend, bau- melnd. Doch ich werde einfach winzig klein, streif ab den Kalk und wenn ich ganz fest glau- be mit der Kappe auf, kann ich noch sein. Knack! ______________________________________________________ Version ohne Formatierung für bessere Lesbarkeit: Sollbruch Knack! Und das soll es nun wohl gewesen sein. Die Immerkuppel bricht – war sie so alt? Um mich herum fällt alles auf mich ein: Das Schattenglas zersplittert ungestalt, ein Unwind dringt durch jeden kleinen Spalt und alles ändert sich. Ich fühl' mich flau- mig, fasse mich, doch diese Welt ist kalt, ich zittere im ersten Morgentau- mel, greife blind nach Teilen, haltend, bau- melnd. Doch ich werde einfach winzig klein, streif ab den Kalk und wenn ich ganz fest glau- be mit der Kappe auf, kann ich noch sein. Knack! 28. Februar 2024 __________________________ Winter: Ein Bär in meiner Brust Frühling: Sollbruch Sommer: Noch 8 Minuten und 20 Sekunden Herbst: Wir drehen uns wie dieses Blatt
  23. Moin @sofakatze, ich fürchte, ich werde zum Fan 🙂 Dein Stil gefällt mir! Vielleicht ist das gerade auch nur eine Episode, aber schon bei marie hatte ich ja auch viel Bittersüße herausgelesen, hier ist sie auf jeden fall auch ohne Interpretation unverkennbar! Dieses Spiel mit deiner geneigten Leserschaft, mit über den Haufen geworfenen Erwartungen spielst du offensichtlich gerne 😉 Ich habe den Eindruck, dir sind die Details wichtig, darum will ich ein paar Beobachtungen aus deinem Text hier aufgreifen. Zunächst sei aber erstmal das Metrische und Reimliche abgehandelt: xXxXxXxA xXxXxXxBb xXxXxXxCc xXxXxXxBb xXxXxXxCc xXxXxXxA XxxXxXxBb xXxXxXxCc xXxXxXxA xXxX xXxX Metrisch bricht nur V7 aus deinem ansonsten sauberen 4-hebigen Jambus aus (wenn wir den letzten Satz als metrisch als eine Verseinheit betrachten), In Vers 7 kann sich das schwache "in" leider nicht gegen "sich" und "den" behaupten und die Betonung tragen. Das Reimschema basiert auf dem Wechsel der Reime im 3er-Gespann, wobei dieser Wechsel nur ab V4 regelmäßig ist. Die ersten 3 Verse sind reimlich anders angeordnet, wobei ich hier mit Blick auf den Inhalt keine direkte Erklärung finde. Ich hätte diese Abkehr vom Reimschema dann eher bei den letzten 3 Versen erwartet, die ja offenbaren, wo wir uns hier wirklich befinden. Dort dreht es sich, streut sich die angesprochene Bittersüße ein, also wäre hier auch die Umkehr des Reimschemas sehr passend. Passend aber in jedem Fall, den letzten Vers bzw. die beiden Versfragmente als Reimwaise stehen zu lassen. Weiter mit ein paar Stellen, die mir aufgefallen sind: "nimmermüd" ist natürlich schön! Es referenziert für mich sowohl auf "nimmermehr" als auch auf "immergrün" und damit ist genau der richtige Grundstein für deinen Text gesetzt. herrje, auch hier kann es schon bitter werden. "grün" für das Leben, die Hoffnung, "blau" für Kälte und Tod? Jemand läuft blau an. Oder die "Blauheit" der Hinterbliebenen, die sich dem Alkohol hingeben, möglich. Reime auf -inger sind nicht allzu häufig. Leider passt "Zwitscherlinger" grammatisch nicht, da Wörter mit -ling am Ende eben anders dekliniert werden: die Schmetterlinge - der Schmetterlinge - den Schmetterlingen - die Schmetterlinge Alternativ passt hier vielleicht "Zwitschersinger"? eine Singer-Konstruktion ist zwar recht selten (Liedersinger, Sternsinger), aber grammatisch auch nicht falsch. Aber ich kann es auch verstehen, wenn "Zwitscherlinger", wenn auch nicht ganz korrekt, leichter von den Lippen geht! auch -ippen Reime sind eher selten, "stippen" ist da für mich leider einfach einer der unschöneren, weil es auch sehr regional daherkommt. Ich dachte direkt an einen Reim auf "tippen". Da wir hier ja vielleicht eh etwas gegen die metrische Ungenauigkeit tun wollen, böte sich in dem Vers also eine kleine Anpassung an, evtl. auch mit Wiederaufgreifen des "so", das du bei einigen Versen an den Anfang gestellt hast: und sonnenfunken sollen kühn sooft auf hellen Marmor tippen | schon bald auf hellen Marmor tippen Flexibler wäre es wahrscheinlich, wenn wir auf "hellen" verzichten könnten? und sonnenfunken sollen kühn wie finger auf den marmor tippen | fast streichelnd auf den marmor tippen Fett markiert hier der Favorit unter meinen Vorschlägen, wobei "kühn" und "streichelnd" recht unterschiedliche Intentionen haben. Starker Abschluss! Trotzdem fies, dass du das alles immer unter "Hoffnung & Fröhliches" stellst 😄 Gern gelesen, LG Chris
  24. Moin sofakatze, das ist wirklich ein schöner Text, es freut mich, dass er so viel Aufmerksamkeit über Kommentare und Likes erhält 🙂 Zu kritisieren habe ich hier nichts - wenn überhaupt dann den Titel, weil der so unscheinbar daherkommt, dass ich fast nicht draufgeklickt hätte. Dennoch will ich ein paar wertschätzende Gedanken loswerden! Mir gefällt hier das metrische Hin und Her: xXxXxA xXxXxXxXxB xXxXxXxB xXxXxXxXxXxA xXxXxA xXxXxXxXxB xXxXxXxB xXxXxXxXxXxA Es wirkt nicht unruhig da die zweite Strophe derselben Struktur folgt und auch die Reime sich widerspiegeln. So folgen wir dem fröhlichen Auf und Ab, Hin und Her von Maries wehendem, hüpfenden Kleid und Haar. Sprachlich und bildlich ganz wunderbar das "Haarpech", die "Löwenzähne" und die "Ewigzeit". Tatsächlich sind das für mich auch die maßgeblichen inhaltlichen Markierungen und Wendepunkte. Denn auch wenn dein Text im Forum für "Hoffnung" steht und natürlich eine sehr fröhliche Stimmung erzeugt, schwingen hier für mich auch die Gegenpole mit. Ich lese hier nämlich nicht von der gesegneten Goldmarie, sondern von der Pechmarie, daher auch das "Haarpech". In diesem Geiste schwingt da ein märchenbedingter Unterton mit, das faule Ding, das sich lieber tanzend vergnügt, selbst mit Pech übergossen immer noch unbeschwert herumspringt - oder damit vielleicht auch nur überspielt, eine glänzende Fassade aufrecht erhält? Die "wild schäumende Flur" hat etwas Geiferndes, Sabberndes, so wunderbar passend zu den folgenden "Löwenzähnen". Hier verbindest du ein friedliches, schönes Naturbild vom im Wind schwingenden Löwenzahn so passend mit einer sehr gewaltvollen Vorstellung vom schnappenden Löwen, toll! Nicht beißend zwar, wie du direkt aufklärst, wohl aber schon abschreckend. Typisch Pechmarie, wendet sie sich aber einfach von jeglicher Gefahr, jedem Problem, jeder Unbequemlichkeit ab und so wird sie wohl auch weiterhin, für eine "Ewigzeit", die Pechmarie bleiben - hier in ihrer schönsten Fassade dargestellt, schlussendlich aber eben (ein-)gefangen (in das Gedicht), unfähig, von selbst auszubrechen. Das "werd nicht erwachsen" kann man dabei auch nicht als Appell, sondern als Drohung bzw. drohende Voraussicht betrachten: Wenn du nicht erwachsen wirst, bleibst du in meinem Gedicht bzw. in dir selbst gefangen. Möglicherweise spinne ich da nun viel zu weit, aber es passte für mich gerade so wunderbar zusammen, gerade auch wegen genau dieser 3 Bilder, die mir so gefallen haben. Gern gelesen! LG Chris
  25. Moin MonoTon, du hast deinen Antwort nun ergänzt und so ausführlich reagiert, da will ich nun auch nochmal drauf antworten! Ich freue mich, nachdem schon die ein oder andere Kritik von mir hier ohne Reaktion von Autoren blieb, so ist die viele Mühe nicht verschenkt^^ Klar, also wie gesagt, das passt sicher auch und lässt sich inhaltlich begründen mit den unebenen Reimen. Es klingt eben etwas "schief", "gebogen", sehr ruinös eben. Aber auch wenn es inhaltlich gut begründet ist, ist manches vom Gefühl einfach schöner als anderes. Ich will dir das Stilmittel aber auch nicht absprechen, alles gut^^ Ah, okay. Also diese zeitliche Aufschlüsselung kam mir so direkt nicht in den Sinn, zumal die in den Strophen genutzten Zeitformen darauf so nicht unbedingt hinweisen. Das kann man sich also inhaltlich so herleiten, ich fände dann aber eben auch eine direkte Nutzung von unterschiedlichen Zeitformen zur Verstärkung hilfreicher - an einer Stelle mit dem Wachsen der Wurzeln und der Krone hatte ich das ja schon angesprochen, dass da die verschiedenen Zeitformen auffallen. Hmja, diese Textschleife ist für mich persönlich nicht unbedingt so sehr im Vordergrund, eben weil in meiner Lesart der Tod-Teil hier so viel dominanter ist, und eben dieser Ist-Zustand des Verfalls, des Sich- und Lichtverlierens für mich im Mittelpunkt steht. Oha, also da wäre ich nicht drauf gekommen. Wenn etwas "zugebaut" ist, bekomme ich da eher Assoziationen wie "zugestellt", "verbaut", "im Weg". Gerade auch wegen dem "auch" müsste das Wort eher einen Zustand beschreiben, den das Mauerwerk jetzt hat. Das "auch bringt das Adjektiv ja auf eine Ebene mit "groß", "aschfahlgrau" und "kalt". So finde ich also auch das "auch" nun eher unpassend, zumindest nach deiner Intention. Mir fällt akut aber auch keine bessere Lösung ein. Bezüglich der Lichtdurchlässigkeit: Die hatte ich ja sowieso eher als Licht von innen gelesen, das durch das Mauerwerk nach außen dring. Nicht als Licht von der Sonne, das oben durch das Mauerwerk nach innen dringt. Ja, guter Punkt, passt so auf jeden Fall für mich. In meiner Vorstellung war die Ruine wohl einfach ruinöser als von dir intendiert. Da war auch keine Decke mehr, die den Baum aufhalten würde. Also, es ist ja nun auch einfach nur mein persönlicher Geschmack. Aber aus diesem Grund nutze ich Ellipsen einfach grundsätzlich nicht. Und wenn ich in einer Situation wäre, in der ich einen Reim unbedingt bräuchte, wobei aber eine Ellipse provoziert würde, dann würde ich den Satz versuchen umzuschreiben. Bei dir geht das nun mal mehr mal weniger leicht. Folgendes kam mir nun spontan in den Sinn: Hier könntest du das weggelassene "Es" (das Bäumchen) ganz im Sinne deiner Hakenstil-Strategie in den vorigen Vers bringen: Kopf durch Schutt und Tod erhob, es wuchs in Stille, unter Regen Für das fehlende "wurde" im ersten Vers finde ich keine einfache Lösung. Beim zweiten Vers könntest du wie im ersten Kommentar schon angesprochen theoretisch "erbrach" statt "erbracht" nutzen, da "erbrach" kein "hat" fordert. Das ist aber inhaltlich natürlich eine starke Veränderung. LG Chris
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.