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"Wir entscheiden das gemeinsam", versicherte er ihr, doch ehe sie es recht bedenken konnte, lag sie mit gespreizten Beinen auf einer gynäkologischen Vorrichtung, während das Werdende verging. Das Vakuum, das sie an ihrem Unterleib erzeugten, saugte und ihr war, als saugte es sich in sie hinein.

Schüttelfrost.

Wenn er ihre heiße Stirn fasste und ihr erklärte, er sei bei ihr, wollte sie ihm dazu die Berechtigung absprechen. Aber sie erduldete die Fürsorge. Sie träumte viel und schlecht. Wochenlang lag sie in ihrem Bett, einsam, regungslos. Der Schleim, den sie von sich geschieden hatte, formte sich zu einem bedrohlichen Geflecht, das, wie ein Pilz, sie zu überziehen begann und sie langsam auffraß. Sie konnte nichts dagegen tun. Hin und wieder stand sie auf, um Babybrei abfließen zu lassen, wie sie es nannte. Manchmal meinte sie, im Widerhall ihrer Ausscheidung leise Seufzer zu erkennen.

Schwere Tropfen.

Ihre Bauchdecke verdorrte bald zu einem weichen, porösen Gewebe. Er streichelte ihren Bauch: "Na? Wie geht's meinem süßen Kartoffelbovist?" War dies alles noch normal? Wer hatte das noch zu entscheiden?

"Es wird alles wieder gut!"

So oft sie auch träumte, sie hatte das Gefühl, dass sie stets ein mal zu wenig mit diesen Worten geweckt wurde. Als träumte sie sich immer tiefer in sich selbst hinein, bis sie sich schließlich in ihrem eigenen Uterus versteckte.

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vor 6 Stunden schrieb avalo:

War das wirklich nötig das so breit zu schreiben von den Empfindungen einer Frau, die du als Mann nur fantasieren kannst?

 

Danke avalo, dass Du das aussprichst.
Ich habe mir dasselbe beim ersten Lesen gedacht.

Ich fühle mich erinnert an einen Freund, der partout ehrenamtlich mitarbeiten wollte im Notruf für sexuell mißbrauchte Frauen. Er konnte selbst nach langen Gesprächen nicht verstehen, dass ein Mann dort "kontraproduktiv" wäre, um es flapsig auszudrücken.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ichdichteab&zu

 

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Am 6.1.2021 um 16:40 schrieb maass59:

Eine Abtreibung - gruseliger kann man es nicht beschreiben.

Vielen Dank! Hin und wieder beschleicht mich ein Gefühl, das an die frische Luft muss und dann kommt schon mal so etwas raus. Dieser Text z.B. ist mitten in der Nacht entstanden, als ich aus einem derartigen Traum aufgewacht bin. Dass man es nicht gruseliger beschreiben kann, fasse ich als Kompliment auf.

 

vor 7 Stunden schrieb avalo:

War das wirklich nötig das so breit zu schreiben von den Empfindungen einer Frau, die du als Mann nur fantasieren kannst?

Das war allerdings nötig. Alles, was man als Schriftsteller tun kann, ist fantasieren und der einzige gute Grund zu schreiben, ist seiner Fantasie zu folgen. Alles andere gehört zum Psychologen oder in die Kirche. Ich bin weder der Stalker aus Querfeldein, noch der Muttermörder aus so manchem Gedicht, noch die Protagonistin dieser Geschichte und dennoch darf ich dies alles sein beim Schreiben und muss es sogar sein, wenn ich ernsthaft etwas zu sagen habe.

 

Warst du es nicht übrigens, dem es so wichtig war, beim Namen genannt zu werden? Nun, jetzt weißt du vielleicht, warum mir das unwichtig ist, weil ich weder dir, noch sonst einem Fremden gegenüber jemand anders bin, als all die Figuren, die ich erschuf. Und ob ich eine Frau, ein Mann, schwarz oder weiß, dumm oder klug bin, darf gerne demjenigen wichtig sein, der meint, jemanden nach solcherlei Oberflächlichkeiten zu bewerten, ohne in der Anonymität des Internets wenigstens darüber genaue Kenntnisse zu haben. Mir persönlich jedoch ist es egal.

 

Lustigerweise erhielt ich damals, als ich das Gedicht geschrieben habe, Reaktionen des Erstaunens darüber, dass ich "als Mann" diese Situation so gut aus "Frauenperspektive" geschrieben habe und das von Leuten, die mein Geschlecht gar nicht kannten; das hat mich damals schon etwas amüsiert - ähnlich amüsant finde ich nun die Behauptung, "als Mann" könne ich keine Geschichte aus "weiblicher" Perspektive schreiben. Beide Positionen, so konträr sie erscheinen, meißeln jedoch Geschlechtlichkeit in Steine, von denen ihre Vertreter nicht wissen, wie bröckelig sie eigentlich sind.

 

vor 51 Minuten schrieb Ichdichteab&zu:

Ich fühle mich erinnert an einen Freund, der partout ehrenamtlich mitarbeiten wollte im Notruf für sexuell mißbrauchte Frauen. Er konnte selbst nach langen Gesprächen nicht verstehen, dass ein Mann dort "kontraproduktiv" wäre, um es flapsig auszudrücken.

Das kann ich nur zu gut verstehen. Ich erkenne zwar die guten Absichten des besagten Freundes. Aber gute Absichten haben noch niemandem geholfen. Zum Glück geht es in der Literatur weder um gute Absichten, noch darum, jemandem zu helfen.

 

LG

 

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