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Über diesen Blog

Wäre dies eine Geschichte, so wäre sie keine originelle Geschichte über Menschen, die Außergewöhnliches tun. Vielmehr ist es das Triviale mit seinen verborgenen Facetten, das mich hier anrührt und das ich mit dem geneigten Leser teilen möchte. Es wäre eine Geschichte über die Liebe, über Ungewissheit, Sehnsucht, Glück, Enttäuschung und die Abgründe in unserer Hinneigung.

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14.10.2012

Oh Babsi,   dem geheimnisvollen Dunkeln eines Waldes sah ich mich zugeneigt, ganz in der Nähe meines Lagerplatzes. Je tiefer ich in den Wald hinein drang, umso mehr umfing mich eine tiefe Traurigkeit, ein Gefühl der Unvollständigkeit. Als hätte ich stets zu wenig gelebt und als könnte man mit etwas Glück erst dann befinden, man habe das Leben ausgeschöpft, wenn man den Tod vor Augen hat. Dann aber erinnerte ich mich an das Gefühl des wahren Lebens, an das unwirkliche Glück, das einem d

Schmuddelkind

Schmuddelkind in Briefe

13.10.2012

Liebe Babsi,   ich möchte dich nur wissen lassen, dass ich mich wohl befinde und hoffe, dass es auch dir gut ergangen ist. Alle Habseligkeiten bin ich losgeworden und kann von Glück sprechen, dass es nicht so viele Dinge gibt, die meinen Tag bestimmen und von mir ablenken. Was ich zu Geld machen konnte, habe ich verkauft und alles andere unbesehen weggeworfen. Nur mein Zelt, eine Matratze, einen Schlafsack, ein paar Klamotten, einen Gaskocher und so viele Lebensmittel, wie ich tragen k

Schmuddelkind

Schmuddelkind in Briefe

6.9.2012

Ja,   stur bin ich! Wieso also beharrst du so darauf, mich aufzunehmen? Genügt es dir nicht, meine Sturheit aus der Ferne zu ertragen? Mein Entschluss steht: ich werde irgendwohin gehen. Ich weiß noch nicht, wohin. Doch gehen muss ich und da wird sich der Weg von selbst ergeben. Ich werde also zumindest eine ganze Weile nicht erreichbar sein, aber wenn wir uns eines Tages wiedersehen sollten, dann weil ich dazu bereit bin, dir in die Arme zu fallen. Dann werden wir genügend G

Schmuddelkind

Schmuddelkind in Briefe

5.9.2012

Danke Babsi,   tausend Dank! Doch ich kann ein Angebot nicht annehmen, das du bereuen wirst. Ich weiß, ein Mensch braucht einen Platz, wo er sein kann, aber ich kann meine Gesellschaft kaum jemandem zumuten, schon gar nicht dir, die du mir so viel wert bist.

Schmuddelkind

Schmuddelkind in Briefe

4.9.2012

Liebe Babsi,   bin ich denn schon so wenig Teil meiner selbst, dass ich die Regungen nicht aufbringen kann, gegen die sich niemand wehren könnte, der ihrem Grunde erliegt? Es war nur eine Frage der Zeit, aber die Zeit erscheint mir verstorben: bis Ende der nächsten Woche muss ich meine Wohnung geräumt haben. Ich sollte mich schämen, aber ich wundere mich nur.

Schmuddelkind

Schmuddelkind in Briefe

18.8.2012

Liebe Babsi,   zu dem Punkte des Selbsterkennens und der daraus zu schöpfenden Kraft, Vergangenes zu überwinden und neue Liebe zu finden, möchte ich dir etwas sagen: es ist die Möglichkeit, nicht geliebt zu werden, die die Liebe kostbar macht und es ist die Möglichkeit, nicht geliebt zu werden, die mich in diesen flüchtigen Zeiten an der Möglichkeit der Liebe schlechthin zweifeln lässt. Und indem ich dies sage, verschwinde ich. Ich bin nichts ohne den Menschen, der mich versteht, wie e

Schmuddelkind

Schmuddelkind

15.8.2012

Liebe Babsi,   verzeih mir, dass ich so selten schreibe! Mir fehlt selbst hierzu meist die Kraft. Ich wage kaum einen Schritt nach draußen, habe schon seit Wochen die Sonne nicht gesehen. Doch mir fehlt sie nicht, ebensowenig wie der August, von dessen Gegenwärtigkeit ich ohne deine hübsch beschmückten Ausführungen nichts gewusst hätte oder die Heimat, die du mir ans Herz legtest. Nein, dieses Herz ist sich selbst genug und es ist der Verschlossenheit vielmehr zugetan als der gefahrvol

Schmuddelkind

Schmuddelkind

30.7.2012

Liebe Babsi,   man könnte glauben, es sei gut, dass die Zeit vergeht. Du weißt, Babsi, was der Volksmund über die Zeit und die Wunden zu sagen weiß. Aber es ist Unsinn, der nur deshalb aller Orten zu hören ist, weil diejenigen, die unter unheilbaren Wunden leiden vor Schmerz und Resignation stumm geworden sind; in ähnlicher Weise verbreitet sich übrigens allerlei Unsinn in der Welt. Oft ist die Zeit in solchen Fällen eine zweite Wunde, da sie dem Gefühl der Unerträglichkeit das kalte D

Schmuddelkind

Schmuddelkind

26.7.2012

Liebe Babsi,   es ist nun schon über eine Woche vergangen, seitdem ich sie angeschrieben habe und noch immer kein Wort von ihr. Doch ich kann es ihr nicht verdenken, nach all meinen verzweifelten Ausbrüchen in alle Richtungen, in denen doch auch ein Wunsch des Vergessens geäußert wurde. Ich schrieb ihr, dass es mir Leid tue, was ich darüber in der geistigen Getrübtheit meinte, erkundigte mich nach ihrer Großmutter und ließ erkennen, wie wichtig mir der Austausch mit ihr nach wie vor se

Schmuddelkind

Schmuddelkind

14.7.2012

Ach Babsi,   wie mir weder das Gefühl der Wachheit noch der Müdigkeit in meine Sinne gelangen will und ich dennoch aufstehe, um nicht liegen zu bleiben und zu Bett gehe, damit der Tag vorüber geht, als sei ich ein zum Tode Verurteilter, der jeden Abend einen Strich an die Zellenwand zeichnet, nur um zu sich selbst sagen zu können, er habe einen weiteren Tag hinter sich gebracht, wohl wissend, dass es lediglich ein Tag des stumpfen Wartens war, wie ich mich mit jedem Gedanken entmenschl

Schmuddelkind

Schmuddelkind

8.7.2012

Liebe Babsi,   wie ich mich fühle ist eine Frage, die voraussetzt, dass ich mich fühle. Jeder Atemzug ist ein Nachruf auf den Tod, den ich verpasste. Jedoch habe ich mich mit dem Leben abgefunden; besser gesagt: ich habe mich damit abgefunden, mich nicht damit abfinden zu können. Heute war ich für etwa drei Stunden in Wilhelmsbad und zu beobachten, wie die Enten sich um meine Brotkrumen stritten, verschaffte mir wohltuende Ablenkung. Dennoch, es ist nur Ablenkung! Es ist nur das, was d

Schmuddelkind

Schmuddelkind

Zweiter Brief vom 6.7.2012

Liebe Babsi,   atme auf! Dann kann es wenigstens jemand.   Ich spürte das Pulsieren der kalten Klinge im Takt der Erlösung an meinem Hals, wissend, dass zwischen mir und dem ewigen Frieden nur dünne Haut lag und dass diese mir keinen Widerstand mehr darstellte. Mit einer Bewegung, so wusste ich, wäre es getan und dazu fehlte mir nichts. In verkürztem Sinne war ich bereits tot. Wieso lebe ich dann noch?   An meinem Leben, so tat sich in mir die Gewissheit auf, ist mi

Schmuddelkind

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Erster Brief vom 6.7.2012

Liebe Babsi,   hab keine Angst! Ich weiß, was ich tue. Seit Wochen verdichten sich alle Gedanken und Empfindungen zu diesem Wunsch, der so kräftig mir aus allen Einfällen spricht, dass ich nichts anderes in Erwägung ziehen könnte. Sei also beruhigt! Ich tue nichts, was ich bereuen werde. Verzeih mir meinen Zynismus! Es ist nur so, dass ich kaum noch etwas ernst nehmen kann an diesem Leben, nicht einmal den Tod. Ja, ich bin entschlossen! So fest entschlossen, dass ich behaupten kann: ic

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24.6.2012

Liebe Babsi,   wenn du wüsstest, wie unbedeutend mir der Gedanke an Bedeutung und Sinn ist, du spartest dir hoffentlich die Mühe. Und mag das Leben auch schön sein, in dem Sinne, wie du es geschildert hast, dass es kein Leid gäbe, das als Grund hinreiche, auf so viel Schönheit zu verzichten, an der ich - da stimme ich dir seufzend zu - wie ein Künstler als Schöpfer und Bewunderer teilnahm, so kann ich dir nur erwidern: Welche Bedeutung hat die Aussicht auf Schönheit und Wonne im Augenb

Schmuddelkind

Schmuddelkind

20.6.2012

Liebe Babsi,   ich lebe noch, aber meine Tod, wenn ich atme. Ich dachte, mir täte der Abstand zu ihr gut. Aber nichts kann mir als Linderung gereichen, weder ihre Worte, noch ihr Schweigen, weder meine Ruhe, noch der nutzlose Versuch, etwas mit meiner Zeit anzufangen, weder der wehmütige Blick zurück, noch der hoffende Blick nach vorn, der doch mehr von meiner Verzweiflung preisgibt, weder Reue, noch Wut.   Längst bin ich mutlos geworden, grundlos, ja beinahe gegenstandslos.

Schmuddelkind

Schmuddelkind

6.6.2012

Nein Babsi,   ich werde ihr nur noch einmal schreiben, um sie zu bitten, mir nicht mehr zu schreiben! Im Austausch mit ihr verliert sich jeglicher Bezug zu mir selbst. Alles steht im Schatten einer anmaßenden Erinnerung und so ist alles, was ich unter diesem Einfluss von mir gebe, eine dekadente Veräußerung meines Wesens.  

Schmuddelkind

Schmuddelkind

4.6.2012

Liebe Babsi,   in mir reift der Wunsch, sie wiederzusehen. Es ist unmöglich und es ist töricht. Wenn ich vor ihr stünde, in der unendlichen Tiefe ihrer blauen Augen versänke und ganz in dem Raum einginge, der von ihrer warmen Stimme durchdrungen ist, wie könnte ich da auch nur einen Gedanken an die Seelenlosigkeit dieses Erlebnisses aushalten? Trotzdem drängt es mich danach wie ehedem.  

Schmuddelkind

Schmuddelkind

3.6.2012

Oh Babsi,   sie hat mir geschrieben. Ich kann ihre Worte voller Versöhnung und freundschaftlicher Verbundenheit nicht ertragen! Und doch habe ich jeden ihrer Buchstaben wie ein Gebet immer und immer wieder vor mir hergesagt und wie unter Fluch litt ich nicht bloß an den Worten, sondern an dem Glauben daran. Ich bin nicht mehr als ein lebendiger Widerspruch.   "Ein guter Mensch" sei ich und immer wieder "ein guter Mensch". Und jedes Mal war es eine liebevolle Beleidigung und j

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29.5.2012

Liebe Babsi,   wie mir die Enge hier unerträglich wurde und mich die eigene Trägheit angeekelt hat, habe ich mich mit dem Mond nach draußen gewagt. In den Sternen fand ich gute Gesellschaft, als ich mich in die Weite der Mainwiesen fallen ließ. Mit einem Moment packte mich das Staunen: da strahlen die Sterne so hell und ich kann keinen näheren Sinn darin erkennen, als den, dass sie millionen Jahre später von mir betrachtet werden können. Dabei wissen sie gar nicht darum.   Vi

Schmuddelkind

Schmuddelkind

25.5.2012

Liebe Babsi,   ob ich viel trinke? Ich komme über die Runden. Ganz gleich, was ich jetzt anfange, es kann mir nichts bringen, was über den Erhalt einer kurzen Perspektive hinausgeht. Dabei ist mir doch nichts ferner! Was ist das Leben denn anderes, als ein langsames Dahinsiechen? Und ist es nicht eine ungeheuerliche Frivolität, jemandem eine Perspektive zu geben? Alles ist eine nackte, unüberwindliche Notwendigkeit.   Du hast gefragt, was denn wichtig sei und dabei deinen Vor

Schmuddelkind

Schmuddelkind

24.5.2012

Liebe Babsi,   wie schwer sich nun alles über mich legt! Über "mich" - ach, was bedeutet das noch? Was soll das noch bedeuten, da mir mehr genommen wurde als gegeben? Ist es nicht ein merkwürdiger Umstand, dass ich wohl nicht in solch ein Elend sänke, hätte ich sie nie gekannt, obgleich ich doch, ob so oder so dasselbe bei mir hätte. Das weiß ich mit dem Verstande, doch kann es mit sonst nichts begreifen, da ich nicht derselbe bin, da ich nicht einmal das bin, was ich mit viel Fantasie

Schmuddelkind

Schmuddelkind

20.5.2012

Ach Babsi,   wenn ich ein wenig bedachter gewesen wäre oder wenn sie nachsichtiger gewesen wäre oder diese schlimmen Umstände an einem anderen Tag... ach, was nützt es? Es sind bloß Bedingungen zum Erhalt einer Einbildung, die mein ganzes Denken vergiftet und doch meinen Verstand vor dem Darben bewahrt. Oh, hätte ich nicht alles wissen, alles mitempfinden wollen, als sie mir erzählte, dass sich der Gesundheitszustand ihrer Großmutter drastisch verschlechterte, hätte ich vielleicht kaum

Schmuddelkind

Schmuddelkind

17.5.2012

Liebe Babsi,   ich glaube, zu träumen, so schwärmerisch ist mir zumute! Nie weiß ich, ob ich nun glücklich sterben will oder ewig leben möchte, wenn ich sie um mich habe. Als sei das Leben mit einem kurzen Blick in ihre lachenden Augen getan, als sei nichts mehr zu tun, als die Arme in der Gewissheit eines tragenden, warmen Frühlingswindes weit auszustrecken, über den Belangen der Menschen schwebend, so einfach ist doch alles, wenn ich ihr im Wald verspielt hinterher jage, wie ich es g

Schmuddelkind

Schmuddelkind

11.5.2012

Liebe Babsi,   als es Mitternacht wurde, schrieb sie mir: "Morgen komme ich zu dir, Liebster!" und all mein Verlangen war mit einem Male so nahe der Erfüllung. Allein zu wissen, dass sie darauf genauso sehnsüchtig wartet wie ich, bringt sie mir bereits so nah, dass das Warten selbst mir als ein Trugbild erscheint. Vielleicht ist es dies, wonach ich mich wirklich sehne - nicht ihre beruhigende Stimme, nicht ihr anregender Körper - nein, das Gefühl, in ihrer Seele ganz aufzugehen, worauf

Schmuddelkind

Schmuddelkind

10.5.2012

Liebe Babsi,   ihre Zeichnung an meiner Wand spendet mir wertvollen Trost. Wie die beiden Wölfe inmitten der romantischen Landschaft so sehnsüchtig in die Ferne blicken... ach, in allem, was sie tut, in jedem Detail ihrer Kunst, in jedem Wort, womit sie unserem Dasein so viel Leichtigkeit und Sinn verleiht, in der Unbekümmertheit ihrer Gesten ist eine unerdenklich erfüllende Freiheit erlebbar. Im Geiste dieser Freiheit könnte ich auf so Vieles verzichten, fast als sei ich über das Atme

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