18.8.2012
Liebe Babsi,
zu dem Punkte des Selbsterkennens und der daraus zu schöpfenden Kraft, Vergangenes zu überwinden und neue Liebe zu finden, möchte ich dir etwas sagen: es ist die Möglichkeit, nicht geliebt zu werden, die die Liebe kostbar macht und es ist die Möglichkeit, nicht geliebt zu werden, die mich in diesen flüchtigen Zeiten an der Möglichkeit der Liebe schlechthin zweifeln lässt. Und indem ich dies sage, verschwinde ich. Ich bin nichts ohne den Menschen, der mich versteht, wie ein Buch, das nicht gelesen wird - bedeutungslos und überflüssig, gleich wie ansprechend, wahrhaftig und schön der Inhalt sein möge, den es birgt.
Doch ich muss dich fragen: wie kann man denn irgendeinem Menschen noch glauben, der in der intimstmöglichen leiblichen und in jeder Körperregung ausgedrückten empfundenen Nähe, mehr noch mit den, das größte Glück spiegelnden Augen als mit den sehnsüchtig verlangenden Lippen sagt: "Ich liebe dich"? Ja, vielleicht kann man dem Menschen glauben, der so etwas sagt, vielleicht kann man einigen Menschen so viel Ehrgefühl nicht absprechen, dass man ihnen diejenige aufrichtige Empfindung zugestehen muss, die solchen Wahn heraufbeschwört und was meine Sanny betrifft, so kann ich jedenfalls nichts Gegenteiliges sagen. Doch ist es dann nicht der geteilte Glaube an etwas, das man für sich geschaffen hat, um gemeinsam daran zu glauben? Kannst du mir zwei Menschen nennen, die unter der Liebe exakt das Gleiche verstehen? Und jede kleinste Unstimmigkeit in den Auffassungen, so unbedeutend sie zu Beginn sein mag, verdeutlicht mit der Zeit den Irrglauben vor dem Hintergrunde unveränderlicher, nicht weg zu glaubender Realitäten, so dass der geringste Zweifel an der Liebe des Anderen die eigene Liebe derart plötzlich, radikal und nachhaltig auslöscht, dass nur der größtmögliche Abstand zu dem einstmals intimsten Schatz den Frieden mit sich selbst wieder herstellen kann.
Der größtmögliche Abstand - für mich kann es ihn nicht geben; denn ich liebe sie noch immer, ungeachtet all meiner Ausführungen. Nein, ich kann mich nicht überzeugen! Ich bin mit mir in Krieg und kann nicht eher Frieden finden, bis ausgefochten ist.
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