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Heulsusen Gesellschaft? ( 12.01.21 )


Freiform

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Mein Großvater fuhr in den Nachkriegsjahren bei Wind und Wetter jeden Tag 100 Kilometer und mehr mit dem Fahrrad durch die Lande, um Lebensmittel für sich und seine Familie aufzutreiben, damit sie nicht verhungerten. In den 2ten Weltkriegsjahren davor, lag er bei -40 Grad und mehr vor Moskau und begrub im gefrorenen Boden seine Kameraden, genauso wie er täglich dafür sorgte, dass die angeblichen Feinde auch etwas zu graben hatten. Er überlebte einen Fuß-Durchschuss und eine MG-Salve zerfetzte ihm seinen Arm, während sie seine Kameraden in großer Zahl in Stücke riss.
Und wir kriegen zum Teil Depressionen, weil wir unsere Freunde ein paar Wochen nicht besuchen dürfen oder weil wir unsere Kinder neben dem Homeoffice betreuen müssen?

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10 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Jo Freiform!

Ein krasser Vergleich... ja da war alles heftig-deftiger. Da hieß es entweder oder. Wir wachsen im Schlaraffenland auf und heulen herum, wenn uns einer die Zuckerstange klaut. Wie wäre es mit Vergleichen...

Das habe auch ich mir ein wenig antrainiert, jedes Mal wenn es mir (scheinbar) schlecht geht, denke ich an Leute, die viel schlimmeres erlebt und überlebt haben und vergleiche dann im Kopf deren Situation mit meiner. Hilft ungemein. 

Okay, z.B. Wenn ich fluche und meckere das ich mit dem Fahrrad durch den Schnee fahren muss und meine Hände für zwanzig Minuten kalt werden, denke ich an den Bergsteiger, der in eine Gletscherspalte gestürzt ist, sein Bein gebrochen war und er tagelang über die Felsen sich ins Basislager hat kriechend zurückkämpfen müssen. Oder wenn ich mich aufrege, nichts gutes mehr im Kühlschrank zu haben, einfach an den Typen denken, der 76 Tage im Atlantik in einem kleinen Gummiboot verschollen war und es jeden Tag mit Wassermangel und Hunger zu tun hatte. Junge, junge, geht es mir doch schlecht! Ich armes Weichei... das überall in einer Komfortzone leben muss und das auch noch zu jeder Zeit.  

 

Trotzdem finde ich den inneren Protest wichtig. Unsere Rechte werden hier gerade eingeschränkt - zu welchem Zweck auch immer - wir finden uns nicht wie entseelte Strohmänner damit ab, sondern spüren ein Unbehagen und ein Unwohlsein, etwas diktiert zu bekommen. Und das ist gut so, dass wir nörgeln und meckern. Dafür wird es hinterher umso schöner, wenn diese Zeit nicht mehr ist. Ich sage, lasst die Heulsusen heulen und 

Soll manch einer auch über die Politik schimpfen! Egal! Nur still werden darf es nicht. 

Kleiner Nörgler hat gesprochen. Hau! 

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Hallo Freiform,

 

- nichts ist schlimmer als Krieg und Flucht. 

 

In meinem Bekanntenkreis gibt es auch so einen Jammerlappen der sich eingesperrt und beschnitten fühlt. Wir können froh sein, dass wir Lebensmittel kaufen können, Medizin wenn nötig holen können. Mehr brauche ich nicht - 

 

Allen anderen Luxus, wie ein frisch gezapftes Bier mit einer herrlichen Krone und dazu ein ordentliches Steak ect. weiß ich später umso mehr zu schätzen - jammer dem aber nicht hinterher. 

 

 

LG Sternwanderer

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Hallo Freiform

 

Dein Statement gefällt mir ausgesprochen gut. Nach allen was ich bisher mit den Herren, der von Dir beschriebenen Generation erleben durfte, kann ich Dir nur zustimmen. Vor etwa zwanzig Jahren bin ich mit Onkel Karl nach Schottland geflogen. Auf meine Frage, nach dem Start, ob alles für ihn gut sei, antwortete er, fantastisch und so gemütlich, das sei übrigens sein zweiter Flug, den ersten verbrachte er auf einer Munitionskiste sitzend, unter Beschuss, von Stalingrad nach Mellensee südlich von Berlin. Onkel Karl war ein bescheidener, äußerst gutmütiger Mann, den nichts aus dem Gleichgewicht bringen konnte. Immer gut gelaunt und dankbar für jeden Tag, half er wo immer er konnte und hatte eine Liebe und Milde in sich, die nicht von dieser Welt schien. Er klagte nie und nahm alles äußerst gelassen hin. Wir vermissen ihn und die Erinnerung an ihn und sein Verhalten, nimmt einfach vielen Situationen die Schärfe. Kurt

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Hallo Miteinander,

ich danke euch ganz herzlich für eure wertvollen Gedanken und Ausführungen zu meinem Text!

Die Ausführungen zu meinem Großvater entsprechen der Tatsache mit einer Ausnahme, den Fuß-Durchschuss ereilte meinen zweiten Großvater, der ebenfalls in Russland war, bevor er in Kriegsgefangenschafft geriet. Beide haben trotz ihrer Kriegsversehrtheit den Krieg überlebt und durften liebevolle 94 und 96 Jahre alt werden. Ich vermisse sie sehr und ihre Geschichten, die genauso liebevoll wie auch voller Grausamkeit sein konnten. Ich empfinde es als Glück, das beide in der Lage waren zu reflektieren und offen mit ihrer Kriegsvergangenheit umgingen, dass sie andere Menschen auf Befehl getötet haben. Ich durfte viel von ihnen lernen und dafür bin ich mehr als dankbar dafür.

Wenn ein Mensch leidet, dann leidet er und es wäre vermessen sich ein Urteil darüber zu bilden, ob dieses Leiden gerechtfertigt ist, oder nicht. Bei dem einem reicht bereits ein Schnupfen, um genauso zu leiden, wie bei einem anderen, der ein schwere Grippe hat.

Aber insgesamt beschleicht mich das Gefühl, das wir als Gesellschafft doch arg verweichlicht sind, wenn wir mal in die Geschichtsbücher gucken und darüber nachdenken, was unser Vorfahren erleiden mussten. Und wir brauchen ja noch nicht einmal das, es gibt mehr als genug Leid auf der Welt, das uns tagtäglich über die Medien erreicht und dass wir zum Teil abgestumpft und Chips essend nur noch konsumieren und in seiner Tragweite gar nicht mehr realisieren. „Guck mal, denen geht’s aber schlecht, kann ich noch ein Bier haben Uschi?“

Einerseits zeigt es, wie gut es uns zum Teil geht, anderseits ist es aber auch ein Hinweis, dass wir zum Teil zu glauben scheinen, dass wir ein Recht darauf hätten, das es uns so gut geht. Dem ist meiner Meinung nach nicht so.

Die Pandemie ist scheiße, aber vielleicht auch eine Chance, der Realität wieder näher zu kommen und zu begreifen, dass man an den Härten des Lebens wachsen kann, und sich nicht klagend darin ergeben muss und auf ein Recht pocht, das es nicht gibt.
 

Ich danke euch ganz herzlich!
@Joshua Coan@avalo@Sternwanderer@Kurt Knecht@Gina

 

Grüßend Freiform

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Gerade heute bin ich mit einer Nachbarin ins Gespräch gekommen,

sie ist 85 Jahre alt und erzählte auch aus ihrer Kindheit während des Krieges.

Von Hunger, Bombenangriffen, einer überlebten Kinderlähmung, getöteten Freunden ...

Wir kamen gerade beide vom Einkaufen und trugen unsere prall gefüllten Einkaufstaschen ...

mit unseren Masken vor dem Mund.

Und stellten fest, wie gut es ist, dass wir im Frieden leben und mit reich gefüllten Taschen ...

 

Gut, sich immer wieder herzuholen, wofür eineR dankbar sein darf und muss -- in diesen krassen Zeiten.

 

Dein Text erinnert daran und das ist gut so.

 

Vielleicht sollten wir - die Dichter und Dichterinnen eine Aktion machen und solche Texte zuhauf ... in Bushaltestellen legen, laminiert ...als kleine Denkzettel

 

liebe Grüße

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Hallo Ichdichteabundzu,
einen herzlichen Dank für das teilen deines Erlebnisses! 

Am 19.1.2021 um 21:16 schrieb Ichdichteab&zu:

Vielleicht sollten wir - die Dichter und Dichterinnen eine Aktion machen und solche Texte zuhauf ... in Bushaltestellen legen, laminiert ...als kleine Denkzettel

Vielleicht sollte sie es tuen, aber ob es von Erfolg gekrönt sein wird? Kann man die Menschen damit erreichen? Ich weiß es nicht! 
Ich weiß nur eins , das mit dem laminieren sollte man wahrscheinlich besser lassen, zu viel Kunststoff. 
Zumindest können wir uns die Seele aus dem Leib schreiben in der Hoffnung, das es auf fruchtbaren Boden fällt. Aber wer liest uns schon?
Wahrscheinlich nicht diejenigen, denen es gut tun würde.

 

Dankeschön!

 

Grüßend Freiform




 

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Ja, das mit dem Laminieren ist keine gute Idee ...

und zu Deiner Frage, wer eineN liest:

 

Da gibt es diese Weisheit ...die ungefähr so lautet:

 

NIchts ist so stark , wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist .

 

Auch nur eineN zu erreichen mit dem Funken im Herzen ... und vllt. erreicht der wieder eineN...

 

liebe Grüße

 

Ichfunkeab&zu

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vor 6 Stunden schrieb Ichdichteab&zu:

Da gibt es diese Weisheit ...die ungefähr so lautet:

 

NIchts ist so stark , wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist .

Ja, da wirst du wohl Recht haben @Ichdichteab&zu
Nur leider, werden Weisheiten zwar sehr gerne zitiert, aber nur äußerst selten gelebt.
Sie schmücken die Eitelkeit und den Auftritt nach außen, um beim genaueren hinschauen sich schnell in Luft aufzulösen.
Ich möchte aber nicht zu negativ klingen, denn es gibt schon viele Menschen, denen Weisheiten als wirkliche Richtlinie dienen und nicht nur als eitler Schmuck getragen werden.

 

Grüßend Freiform
 

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Moin zusammen!

 

Hehe.. Weisheiten und Reichweiten gibt es heutzutage wohl eher auf Youtube. Zettel liest doch keiner mehr, ist doch meist Werbung. Wir filmen einfach Freiform, während er die Botschaften möglichst actionreich gestikulierend von sich gibt. Zur Not wird geschminkt *g*

 

Zum Thema selbst: Wieder mal sehr gut geschrieben. "Unsere" Großväter hatten es nicht leicht, aber es gibt natürlich auch heute noch genügend Leid in Form von Kriegen. Kenne jetzt die Zahlen nicht, aber im Mittelmeer sind wahrscheinlich auch schon mehr ertrunken, als in so manchem Krieg gestorben sind. Und so sicher wie sich viele sind, dass wir "hier" sicher davor wären, wäre ich mir auch nicht. Ist in einigen Ländern relativ angespannt. Auch ich denke, dass Krieg wohl mit das "Schlimmste" ist, was man miterleben kann.

 

Dennoch denke ich auch, dass viele "Klagen" heutzutage berechtigt sind. Es kommt eben auch immer etwas auf den Standpunkt an. Schon nach ein paar Tagen wegen "Masken" heulen, fand ich z.B. heftig übertrieben.. wie auch viele andere Dinge während der Corona Zeit. Gut, ich sitze seit 12 Jahren in meiner Quarantäne, da kommt mir das noch lächerlicher vor, als einem "normalen" Menschen.. aber es gibt natürlich auch Wehwehchen abseits davon, die wirklich lächerlich sind. "Normale" politische Dinge sehe ich z.B. anders. Da darf man ruhig meckern, weil es z.B. den "Armen" in DE auch nicht immer gut geht. Schlimm genug, dass dazu sogar Rentner zählen. Das sollte in einem Land, dass wirtschaftlich an Nr. 4 der Welt steht.. nicht passieren. Hatte noch aufgeführt, warum man sich in dieser Situation evtl. auch nicht mit "Afrika", etc. vergleichen sollte, obwohl auch hier Menschen hier und da "hungern", aber gut.. das war etwas viel, daher habe ich es wieder gelöscht. Ich finde diesen "Vergleich" jedenfalls teilweise fast unverschämt, und der Anfang dieses "Vergleichs" stammt ja auch eher aus den Medien. Einfach ein 5€ Patenkind "kaufen", dann passt das schon, mit dem Gewissen.^^

 

Also ja.. das mit dem "Leid" und dem "Jammern" ist ein schwieriges Thema. Wo ist es angebracht.. und wo nicht. Einige, die den Krieg überlebt haben, werden sicher auch "dankbarer" durch die Welt gehen, als vorher. Geht mir nach Nahtoderfahrungen auch so. Da "sinken" dann auch mal "Ansprüche", wobei ich persönlich nie große hatte, außer ein Dach über dem Kopf und etwas zu Essen. So geht es sicher den meisten Schreiberlingen hier. Wie Freiform schon sagte.. lesen solche Dinge meist die, die eh schon genügsam sind. Die "Gierigen" interessiert es herzlich wenig, solange sie keinen Verlust machen. Aber gerade ein "nichts sagen", weil man selbst "zufrieden" ist.. kann noch mehr "Probleme" verursachen, weil man sie irgendwann vielleicht nicht mehr erkennt, oder nicht mehr beachtet. Dann kommen auf einmal "alle" zusammen.. aus allen "Schichten", nicht nur die "persönlichen". Und ich denke.. genau das sieht man in einigen Ländern um "uns" herum, in welchen diverse Spannungen zu finden sind. Und auch hier knistert es.

 

Das Problem ist.. der Menschheit fehlt ein gemeinsames Ziel. Man weiß nicht wohin,

dann jammert man herum, oder prügelt sich mit anderen Meinungen.

Wenn jemand wüsste wohin, haben andere meist was dagegen.

Hoffentlich finden uns bald Aliens ?

 

Liebe Grüße,

Stefan

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Huhu ^^

 

Naja.. ist ja immer schön und gut, dass das Volk alles selbst machen soll. Aber.. wie kann das Volk sich z.B. selbst mehr Rente, mehr Kindergeld oder höhere Grundsicherung geben, oder Mindestlöhne erhöhen, etc.? Soll es die Regierung stürmen? Da bleibt wohl nur "jammern". Ohne reagiert eben auch keine Politik. Das Gejammer kommt ja  auch vom Volk.. will aber keiner so wirklich was ändern. Diverse Alibierhöhungen von 5€ helfen da nicht viel. Zudem werden auch diese von der Grundsicherung abgezogen. Bei den Leuten "ganz unten" kommt keine Erhöhung an. Diese "jeder soll bei sich anfangen" Sache.. hilft eben nicht bei allen Themen. Ist dann irgendwann auch kein Wunder mehr, wenn Menschen "Alternativen" suchen und wählen. Außer für die Politik. Die wundert sich natürlich, weil sie ja immer alles richtig gemacht hat *g* "Sinnvolle" Alternativen gibt es ja nicht wirklich. Wie gesagt.. bin gespannt wo die Reise hin geht.. hoffentlich zügig in eine positive Richtung. Avalo muss eine Partei gründen.. dann ist gleich Ende mit Krieg und Gejammer ?

 

LG, Stefan

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