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12.3.2012


Schmuddelkind

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Liebe Babsi,

 

ich suche nach beschönigenden Umschreibungen in der Hoffnung, wenn es mir leichter von der Hand gehe, sei es auch leichter in meinem Herzen zu tragen. Aber es hilft nichts. So ernüchternd, wie es über mich kam, so ernüchternd muss ich es mit dir teilen: Sie sagte ihren Besuch gestern ab. Hin- und hergerissen sei sie gewesen zwischen Vorfreude und Zweifel. Wenngleich ich genau verstehen konnte, wie ihr zumute sein müsse, fand ich mich trunken im Zwiespalt innerer Kräfte. Da konnte ich nicht anders, als wenigstens in einem Punkte Klarheit zu suchen, denn in der Hingabe zur Ungewissheit ahnte ich düstere Ewigkeit, und ich eröffnete ihr die gesamte Tiefe meines Empfindens.


Dich wird interessieren, wie ich mich angestellt habe, doch dies macht keinen Unterschied. Sie teilt meine Liebe nicht und nichts ist mehr von Belang. Zwar schrieb sie mir die liebsten Komplimente - und selbstpeinigend trug ich sie mir heute immer wieder vor - zwar befand sie, dass sie keinem Menschen so viel anvertrauen könne wie mir - ach, warum ausgerechnet mir? Und ich träumte von einer Welt, in der sie diesem Vertrauen zum Zeichen ihre Hand in meine legt. Zwar meinte sie, sie müsse wohl verrückt sein, doch sie empfinde nicht dasselbe wie ich und ich erkannte, dass die ganze Welt ein großes Missverständnis sein muss.


Die Wirklichkeit wollte ich mir austreiben - mit Wein und Poesie - und bin heute doch wieder darin aufgewacht. Dann schrieb ich ihr einen Brief, von welchem ich einen Auszug mit dir teilen möchte:

 

"Gestern Abend habe ich sehr klar gesehen, dass dies ein Ende und ein Anfang zugleich ist, aber ich habe das Ende zunächst höher gewichtet.


Heute Morgen aber habe ich darüber nachgedacht, welche Gründe ich meinte zu erkennen, dass du meine Gefühle erwidern könntest und da kam mir z.B. die folgende Aussage in den Sinn: "Wenn du noch einen solchen Schwächeanfall erleidest, dann rufe mich an, auch wenn es nachts um drei ist!". Ich hatte den Gedanken als unsinnig von mir gewiesen, dies könntest du aus Freundschaft gesagt haben, denn es schien mir viel zu aufopfernd und empfindsam dafür zu sein.


Jetzt, da ich aber weiß, dass du dies aus der reinen freundschaftlichen Liebe heraus gesagt hast, bin ich umso glücklicher darüber, denn so viel Nähe findet man nicht alle Tage und wenn ich mir diesen Satz in diesem Bewusstsein selbst sage, dann steigen mir fast Freudentränen in die Augen. 


Und es hat mich dazu angeregt, weiter über Freundschaft und Liebe zu reflektieren. Fast neige ich dazu, dass freundschaftliche Liebe schöner und umfassender ist, als die Liebe zwischen Frau und Mann. Die Liebe unter Freunden ist leicht und geduldig. Sie trägt so natürlich empor und erträgt so Vieles. Die Liebe zweier Liebender ist schwer. Sie verschlingt beide völlig in dem Gedanken, für den Anderen zu leben, dass die Seele erstarrt und sich nur aus ihrer Starre zu befreien weiß, indem sie aufhört zu lieben. Ich neige dazu zu glauben, dass die wahre Liebe in der Freundschaft liegt und ich bin so dankbar, mit dir befreundet zu sein und erkenne, dass ich so viel mehr gewonnen als verloren habe!"


Das klingt alles sehr sinnig und heilsam, nicht wahr? Und beinahe überzeugen meine Worte mich auch. Doch ganz gleich, wieviel Wahrheit darin ist - die Welt ist eine Lüge und kaum mehr kann ich in meinen Worten sehen als der hinterlistige Versuch meines Verstandes, mich zu trösten. Nein, ich kann mir vor ihrer Allgegenwart selbst kein Freund sein! Jedenfalls werde ich nicht mehr mit ihr telefonieren.


Abschied

 

Ich stehe stumm im Regen,
winke dir, als wenn ich wüsste...
Oh, du vielfach Ungeküsste,
wenn ich wüsst weswegen...
 

  • Traurig 1

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