14.3.2012
Ach Babsi,
der Unmittelbarkeit ihres alles erfassenden Wesens ausgeliefert - das könnte ich nicht ertragen, auch wenn ich mich noch so sehr nach ihrer Stimme sehne wie nach den naiven Tagen, als das Schicksal unmerklich seinen Lauf nahm. Aber wir schreiben einander und geben mit größtem Bemühen vor, es wäre nichts geschehen.
Heute tauschten wir uns über Heines "Das Fräulein stand am Meere" aus und ich zeigte meine Bewunderung darüber, wie er im Moment der tiefsten Bekümmertheit und des sehnsüchtigen Ausgreifens nach der Unendlichkeit ganz lapidar auf den alltäglichen Lauf der Dinge verweist und darauf, dass die Sonne wieder aufgehen werde. Was ich für mich behielt, schrieb sie als sensible Betrachtung aus: "Aber in dem Augenblick gibt es für das Fräulein keinen Lauf der Dinge. Es gibt nur einen endgültigen Sonnenuntergang." Oh, diese Endgültigkeit überschattet mein ganzes Dasein.
Zumindest bemühe ich mich also, auch ihr zuliebe, nicht mehr darüber zu sprechen. Und doch kann ich nicht anders, als all mein Leid in Poesie einzufassen und sie kann nicht umhin, meine Gedichte zu lesen - das weiß ich. Sie leidet meine Tränen und ich beweine ihre Melancholie. Wieso kann ich es uns beiden nicht einfacher machen? Reicht es nicht aus, wenn einer leidet? Ich bin mir selbst fremd, aber ich würde sonst ersticken. Nun gut, so erhält sie also einen Einblick in meine Wunden und kann doch die Tiefe meines Leidens zum Glück nicht erahnen.
Trauermaske
Geschützt reich ich dir eine letzte Rose,
eine Trauermaske vorm Gesicht.
Du siehst nur meine eitle Schwermutspose.
Meine langen Tränen siehst du nicht.
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