30.3.2012
Liebe Babsi,
da sich das Osterfest allmählich nähert, fragte sie, wie ich Ostern denn verbringen wolle und sogleich überschlugen sich ihre Worte und sie schien nicht die Macht besessen zu haben, ihren Text zu ändern - oder sie will ganz ehrlich sein oder ich lese wieder zu viel hinein: dass dies doch der Tag habe werden sollen, an welchem wir uns gesehen hätten, dass sie zu Ostern ganz allein sein werde, dass wir einander vielleicht ein anderes Mal besuchen sollten, wie bemerkenswert sie es finde, dass ich trotz allem noch immer an ihrem Wohlergehen interessiert sei und wieviel ihr unsere Freundschaft bedeute und dass ich überhaupt ein ganz besonderer Mensch sei, was sie dazu veranlasst habe, wieder über ihre Entscheidung nachzudenken: "Ich hätte dich überhaupt nicht verdient."
Was soll das alles heißen? Ist dies Trost? Ist dies Folter? Ist dies Bedauern? Verzweiflung? Hoffnung? Und doch erkannte ich mich in den Wirren ihrer Worte wieder. Ach, so viel tröstende Vertrautheit in der Verwirrung! Und doch so viel Schmerz in ihrem Trost! Und Nähe! Ja, Nähe in unserem Leid!
Ich übte mich in Zurückhaltung und schrieb lediglich, dass ich zu Ostern ebenfalls allein sein werde und verschwieg ihr meine Gründe und sah, wie ihre Einsamkeit die meinige spiegelt, so wie mein Verlangen ihre Zerrissenheit, ihre Zerrissenheit mein Leid spiegelt. Irgendwo in diesem Spiegelkabinett sah ich mich zu ihr aufbrechen, dass die Welt an mir vorüberrauschte, während ich ihr immer näher kam und alle die Widersprüche der Wirklichkeit, Sehnsucht und Geborgenheit, Unrast und Ruhe, Tag und Nacht und Dunst und Regen, sich in einem Kuss vereinten. Jedoch wusste ich, dass so sinnhaft nur Träume sein können und beließ meine Antwort dabei. Stattdessen schrieb ich ein Gedicht:
Dein Trost
Dein Trost ist Grund, warum ich leide.
Drum tröste mich noch öfter, herzlich, wahr!
Denn wenn wir uns umarmen, beide,
dann bin ich deinem Busen ach so nah.
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