Tag vier
"Bloß nicht den Verstand verlieren! Bloß nicht den Verstand verlieren! Bloß nicht den Verstand verlieren!", bete ich mir immer wieder vor, während ich die Dielen zähle. Schmuddi, du bist doch verrückt! Geh lieber mal ans Fenster! Da kommst du auf andere Gedanken.
Der Typ im Kapuzenpulli trägt eine Packung Toilettenpapier - scheiß Angeber! Ansonsten sind die Straßen so leer, dass Berlin auch gut ohne auskommen könnte. Wie eine Stadt ohne Straßen wohl aussehen würde? Das wäre dann wohl ein einziges, riesiges Haus. Dann wäre es auch nicht so schlimm, das Haus nicht verlassen zu können.
Ach, das ist überhaupt das Blöde an der Quarantäne, dass man nicht mehr rauskommt. Ob es verantwortungslos wäre, ein Inserat zu schreiben? "Biete Aussicht auf Corona-Infektion gegen soziale Interaktion." Wenn der Verrückte freiwillig zu mir kommt... Ist vielleicht gar nicht so verrückt. Lieber jetzt anstecken, als in ein paar Wochen, wenn die Krankenhäuser überlastet sind.
Diese Gedanken sind selbst mir zu absurd und so falle ich wieder zurück in die Langeweile. Es ist so langweilig, ich würde sogar arbeiten gehen, um etwas zu tun. Ich könnte ja mal meine Mutter anrufen... Nein, dafür ist mir nicht langweilig genug. Ach, ich werde einfach wieder die Dielen zählen. Das verliert eigentlich kaum an Reiz.
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