Tag sechs
In einem Anfall spontaner Rebellion gegen die Langeweile habe ich heute in den sozialen Netzwerken gepostet, dass Forscher herausgefunden hätten, der Corona-Virus werde durch Blickkontakt übertragen. Man könne sich vor einer Infektion schützen, indem man mit geschlossenen Augen durch die Welt gehe.
Noch ehe ich mein "April, April!" darunter setzen konnte, wurde meine Fantasie zur Realität der Sicherheitsdürstigen. Auf Youtube sah ich Online-Tutorials, wie man sich mit geschlossenen Augen im Raum orientieren könne. In den Foren bildeten sich zwei Lager. Lager A: "Blickkontakt ist ein soziales Grundbedürfnis. Das lasse ich mir durch kein Virus der Welt verbieten. Macht endlich die Augen auf!" Lager B: "Wenn es nur darum ginge, den eigenen Tod zu bevorzugen, sei dir das zugestanden. Aber Blickkontakt ist eben verantwortungslos und sollte schnellstmöglich verboten werden."
Bundespressesprecher Seibert erklärte in einer Pressekonferenz: "Zwar tappt man, was die Erforschung des Virus angeht, noch im Dunkeln und sichere Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus sind derzeit noch nicht zu erwarten. Allerdings ist die Bundesregierung nach Rücksprache mit führenden Virologen zu dem Schluss gekommen, dass eine Übertragung des Virus durch die Augen nicht zu erwarten sei." Zu diesem Zeitpunkt wurde schon der erste Fall von panischer Selbstblendung berichtet.
Dummheit ist viraler als jeder Virus.
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