Rotzöpfchen
Rotzöpfchen
Es war einmal ein rothaariges Mädchen, das hatte nicht jeder lieb. Die Kinder hänselten das liebe Mädel und nannten es „rote Hexe.“ Die Mutter hatte mit ihrem Kind Mitleid und kaufte vom Ersparten feines weißes Leinen, daraus nähte sie dem Kinde ein schön verziertes Häubchen. Weil die Haube die Haare so gut bedeckte und sie es für immer tragen wollte, hieß es jetzt „Weißhäubchen.“
Die Kinder spotteten:
„Ei, du dummes Täubchen,
nichts nützt das Häubchen!
Lieber eine Tote als eine Rote,
nie kommst du unter die Haube,
jeder macht sich aus dem Staube.
Niemand will Sex mit einer Hex.“
Der Spott verging ihnen bald, denn die Spötter wurden im Schlaf von bösen Alpträumen geplagt. Weißhäubchens rothaarige Großmutter, wurde damals als Hexe zum Tode durch Verbrennen verurteilt. Dreimal wurde sie auf den Scheiterhaufen gebunden und jedes mal wenn er angesteckt wurde, kam ein schlimmes Unwetter auf und löschte die Flammen. Weil hernach wieder die Sonne strahlte, deuteten die Ankläger das Phänomen als Wunderzeichen vom Himmel und die angeklagte Hexe wurde von ihrer Schuld freigesprochen.
Seither wohnt die Großmutter abseits vom Dorf, in einem Häuschen im Siebengebirge. Jetzt wo sie altersschwach geworden ist, schaut die Tochter wöchentlich nach ihrer Mutter und tätigt ihre Besorgungen. Eines schönen Tages sprach Weißhäubchens Mutter: „Mir geht es heute nicht so gut, du bist klug und kennst den rechten Weg, nimm das Körbchen mit den Lebensmitteln, und bring es der Oma, aber pass gut auf dich und den Schlehenlikör auf, und schau das du vor der Dämmerung wieder zu Hause bist.“„Keine Angst, ich bin schon groß und werde wohl alles richtig erledigen“, versprach das Weißhäubchen der Mutter.
Unterwegs grüßte Weißhäubchen einen bekannten Holzfäller, der vor seinem Haus Holzstämme und ein totes Reh ablud. Es fragte nach; „wie es dem Wolfswelpen ginge, der vor drei Wochen ihnen zugelaufenen ist.“ Der Holzfäller der den Welpen liebend gerne in Obhut nahm, antwortete: „Leider ist mir das kleine Wölfchen entlaufen, es wird wohl wieder den Weg zurück, zu seiner Mutter gefunden haben,“ tröstete er das Weißhäubchen. Ein Wolfsfell das zum Trocknen aufgespannt war, ließ Weißhäubchen böses erahnen und es dachte, dieses feine Fellchen kenne ich wohl! Seine Einladung, in der Küche etwas zu trinken und zu essen, lehnte es dankend ab.
Traurig machte sich Weißhäubchen weiter auf den Weg zur Großmutter. Auf dem Gebirgsweg begegnete es den sieben kleinen Bergarbeitern, die aus einem Bergstollen kamen und eine Pause einlegten. Die sieben Gold und Erzsucher wunderten sich darüber, warum das hübsche Rotzöpfchen eine Haube trug? Weißhäubchen klagte ihr Leid, ein Bergmännchen hatte eine Lösung für das Problem. Er holte ein Säckchen mit Goldstaub, nahm eine Handvoll davon, mischte es mit seltenen Erzen und wusch damit ihre Haare, ein anderer hielt ihr einen Spiegel vor und sagte: „Rotzöpfchen, Rotzöpfchen, sag, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Es war sprachlos, eine Stimme sprach:
„Nie ein schöneres Mädchen ich fand.
Es liegt auf der Hand ‚Goldzöpfchen‘
ist die Schönste im ganzen Land,
bald läuten die Hochzeitsglöckchen.“
Überglücklich über ihre schönen rot-goldenen Haare herzte Goldzöpfchen die Erzsucher und sie trug, solange bis sie unter die Haube kam, ihr Haar offen.
Frohgemut pflückte Goldzöpfchen auf einer Wiese noch einen Strauch Blumen für die Großmutter und es bemerkte nicht den Waidmann der in ihrer Nähe stand, als sie ihn erblickte, sprach er: „Hallo junges Mädchen, es ist gefährlich ohne Begleitung unterwegs zu sein, ein Wilderer und Unhold, der auch Kinder vernascht, treibt sich in der Gegend herum.“ Goldzöpfchen antwortete: „Dass ein Waldarbeiter der neben der Straße wohnt, ein totes Reh vom Wagen ablud.“ Der Waidmann bedankte sich für diesen Hinweis und er sprach: „Ich verstehe jetzt, warum im Wald die Axt oft nicht mehr schallt. Den Schuss habe ich nie gehört, aber ich sah manche Falle und er schießt gewiss mit einer Armbrust." Goldzöpfchen sagte: „Ich habe nur noch einen kurzen Weg, gleich nach dem Wäldchen wohnt meine Großmutter.“ Der Waidmann bestand darauf, sie zu begleiten, bis das Haus in Sichtweite ist. Goldzöpfchen willigte gerne ein.
An der Haustüre bei der Oma angekommen, wunderte es sich, warum die Türe nicht verschlossen war und warum alle Fensterläden verschlossen sind, so das man vor lauter Dunkelheit kaum etwas sah. Es rief nach der Großmutter, eine heisere Stimme sprach: „Komm herein ins Schlafzimmer Weißhäubchen, ich liege im Bett und es geht mir sehr schlecht.“ Goldzöpfchen erkannte diese Stimme und sagte: „Ich komme gleich, ich stelle noch die Blumen in die Vase und zünde eine Lampe an.“
Schnell lief es aus dem Haus und rief nach dem Waidmann, der den Braten wohl gerochen hat und sich in unmittelbarer Nähe aufhielt. Der Waidmann deutete mit einem Finger vor dem Mund an, sich ruhig zu verhalten und er stellte sich neben die Haustüre. Bald schon eilte der Holzfäller aus der Türe, der Waidmann brachte ihn zu Fall und hielt ihn, solange mit dem Gewehr in Schach, bis Goldzöpfchen Schnüre und Seile zur Fesselung brachte. Im Schopf befand sich auch die gefesselte und geknebelte Großmutter. Der Unhold wurde der Gendarmerie übergeben.
Der Landesfürst der eine hohe Belohnung für die Ergreifung des Unholds ausschrieb und den Waidmann und das Goldzöpfchen auf sein Schloss einlud, fragte es: „Welche drei Wünsche es hätte.“ Es antwortete: „Gesundheit, Frieden und Glück.“ Der Fürst sprach: „Mein Hofarzt wird unentgeltlich für die Gesundheit deiner Familie sorgen. Für den Frieden sind meine Soldaten und die Gendarmerie zuständig. Für das Glück bekommst du eine angemessene Belohnung.“ Auch der Weidmann bekam ein Teil der Belohnung und dazu eine Beförderung.
Goldzöpfchen konnte sich nun die schönsten Kleider leisten und jeder junge Mann im Land begehrte es. Goldzöpfchen liebte den klugen Prinzensohn des Fürsten und sie hatten ein glückliches Leben und wenn sie auch gestorben sind, so lebt ihre gute Seele bis heute noch weiter.
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