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Break Dancer Republik


Break Dancer Republik

Break Dancer
Vielleicht kann sich der ein oder andere noch an dieses martialische Folterinstrument erinnern.
Ein Fahrgeschäft das nach Meinung vieler Vergnügungssüchtiger auf keinem Kirmesplatz fehlen durfte.

 

Mir persönlich dreht sich bei dem kleinsten Gedanken daran, sofort der Magen um.

 

Während ich so in Erinnerung an die “guten alten Zeiten” schwelge, fällt mir auf, dass unser Leben in Deutschland in den vergangenen Monaten dieser rasanten Fahrt sehr ähnlich war.

 

Möglicherweise ist es auch kein Zufall wenn man auf die Anfangsbuchstaben B und D schaut.
Zumindest taugt diese Theorie für einen illegalen Kaffeeplausch der Querdenker am Tisch des verrückten Hutmachers.
Man darf sich nur nicht dabei erwischen lassen, wie man neben der Haselmaus noch mit weiteren Hausständen an einer Tafel sitzt.


Aber zurück zum Vergnügen!

Die Fahrt im Break Dancer

Vorbildlich stehen wir mit 2 Metern Abstand in der Warteschlange vor dem Kassenhäuschen.
Gespannt was die nächste Fahrt so alles für uns bereit hält.

 

Diesmal wird mein Zwerchfell doch ein Auge bzw den Magen zu drücken.

 

Vor mir beschwert sich ein kleiner Junge mit dem Einwand er wäre doch schon 12 Jahre alt beim Personal, das ihm den Eintritt leider nicht gewähren kann.

 

Hätten seine Eltern sich doch bloß nicht für das Wachstum in die Breite entschieden.
Wie soll er ohne diesen Höllenritt seinen Klassenkameraden die blauen Flecken erklären.
Bestimmt sind sie bis zum nächsten “ echten” Aufeinandertreffen schon verblichen.
Man mag es ihm echt nicht wünschen!

 

Die alte Damen hinter mir kann es gar nicht erwarten, das ihr der motorisierte Tänzer ordentlich die künstlichen Hüften bearbeitet und will sich an mir vorbei schieben.

Aus Respekt und Rücksicht auf meinen Verdauungstrakt, lasse ich ihr selbstverständlich den Vortritt.
Ich wollte mich ja in Geduld üben!

 

Dann bin ich auch irgendwann an der Reihe und erhalte vom breit grinsenden Kassierer mit den Worten “ heute is Familientach” meine goldene Eintrittsmarke für den Schleudergang.

 

Schnell finde ich einen Platz mit guter Aussicht.
Vielleicht dreht sich ja meine Gondel nicht so schnell wie die der anderen.
Dieser fromme Wunsch wird sich aber nicht erfüllen.

 

Hier, wo sich alle Leidensgenossen in einem “Boot” wiederfinden, ist es vor dem Startsignal so friedlich wie an keinem anderen mir bekannten Ort.

 

Dieser Friede wird aber jeh von links unterbrochen.
Denn mein Gondelnachbar ist von der Sorte “ wir schaffen das schon” !
Wie kommt er in Gottes Namen darauf das dieses WIR auch in meinem Sinne ist?
Mein Überich verbietet es mir, ihm dieses Motivationsgebet zurück in seinen Hals zu stecken und so nicke ich einfach.

 

Jetzt fallen mir doch wieder schlagartig viel schönere Orte ein.

 

In der Nachbargondel gesellt sich ein Befürworter alter deutscher Werte zu seinem Sitznachbarn im roten Che Guevara Shirt, dessen Nase sich durch den modrigen Duft des Janker tragenden ewiggestrigen beleidigt fühlt.

 

Hier sitzen sie nun, ihre Gesäßmuskeln so nah beieinander wie sie es wohl nie wieder sein werden.
Ich möchte dem rotbraunen Pärchen zurufen, dass sie die Zeit genießen sollen.
Doch sie würden mich bei dem lauten Hintergrundrauschen so wie so nicht verstehen.

 

Am anderen Ende der Plattform weigert sich ein “Fahrgast” den Sicherheitsbügel in die vorgeschriebene Position zu ziehen.
Er werde sich doch nicht einschränken lassen, skandiert er und er könne es doch wohl noch selbst entscheiden wie er die Fahrt genießt.

 

Ich erahne schon, wie sich die physikalischen Kräfte auf seinen Genuß auswirken werden.


Doch was könnte der Unantastbarkeit seiner Würde mutmaßlich näher kommen als ein durch die Fliehkraft ermöglichter Freiflug.

Wenn ich später körperlich dazu in der Lage bin, werde ich ihm zum Abschied freundlich winken.

 

Ich entdecke die alte Dame wieder.
Selbstverständlich hat sie einen passenden “Ruhesitz” für sich gefunden.
Den Nachbarplatz hat der Einweiser vorsorglich mit dem Sicherheitsbügel verschlossen, so dass die Rentnerin ganz allein die Fahrt genießen kann.
Zumindest kann sie ja aus der Ferne in die Gesichter der anderen sehen.

 

Als aus den Lautsprechern über dem Kassenhäuschen ein ohrenbetäubendes Signal ertönt, klammert sie sich erschrocken an ihren Sicherheitsbügel.
Dieser Sirenenalarm hat sie wohl an schlimmere Zeiten erinnert.


Der “ Jäger” in der Gondel vor mir scheint sich unterdessen über dieses Signal wie ein Schnitzel zu freuen und klopft Che Guevara beherzt auf den Oberschenkel.

Ein süffisantes Weidmannsheil bleibt mir im Halse stecken, als sich die Brechmaschine ruckartig in Bewegung setzt.


“Oh nein, wir werden alle sterben, mir ist jetzt schon schlecht” schreie ich den Durchhaltefetischisten neben mir an.

Dieser erwidert meinen Ausraster lediglich mit der Feststellung das es auch Leute gibt denen es viel schlechter geht.

Ich muss mir eingestehen, dass er möglicherweise Recht hat.
Mit Sicherheit hat er den dicken Jungen damit gemeint.


Als der Break Dancer nach endlosen Runden des Durchschleuderns
endlich zum Stillstand kommt, bin ich froh, das Ganze überlebt zu haben und warte darauf das der Sicherheitsbügel entriegelt wird.


Leider warte ich vergebens, denn dieser teuflische Schausteller im Kassenhäuschen hat noch eine Zugabe für uns vorbereitet.

 

Nach seiner Frage ob wir noch eine Runde wollen, skandieren einige der anderen Hobbytänzer lauthals das magische und in mir alles vernichtende Wort RÜCKWÄRTS .

 

In diesem Moment wünsche ich mich doch in einen Ferienflieger nach Mallorca.
Zumindest würde hier keiner bei der Landeankündigung den Piloten auffordern das ganze rückwärts zu tun.

 

Nachdem ich mein Bewusstsein wieder erlangt habe, taumel ich Richtung Ausgang.
Wie soll man sich bloß von so einer Tortur erholen?

 

Ich bleibe einfach mal 14 Tage Zuhause ,-)

Platzierung

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