Lesungen alter Meister
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156 Themen in dieser Kategorie
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Anna Ritter ~ Todeswege
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Todeswege Über meinem Haupte deine Hände, Deine Liebe über meinen Wegen – Und doch führen sie der Nacht entgegen, Und ein Grab ist unsres Wanderns Ende! Laß uns, Liebster, in die Sonne schauen, Goldnes Licht und Lust und Freiheit trinken Und dann selgen Augs hinüber winken Zu den stillen, sonnenlosen Auen. Daß, wenn wir vom Lichte scheiden müssen, Noch ein Traum die lange Nacht durchglühe, Und Erinnerung das Grab umblühe Mit dem Rosenflor von deinen Küssen. Anna Ritter (Quelle: Ritter, Befreiung - Neue Gedichte 1900) geborene Nuhn (* 23. Februar 1865 in Coburg; † 31. Oktober …
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Karoline von Günderrode ~ An Clemens
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An Clemens ~ Von Bettina von Arnim überliefert Die Hirten lagen auf der Erde Und schlummerten um Mitternacht, Da kam mit freundlicher Geberde Ein Engel in der Himmelspracht. Mit Sonnenglanz war er umgeben, Und zu den Hirten neigt er sich, Er sprach geboren ist das Leben, Euch offenbart der Himmel sich. - Auch ich lag träumend auf der Erde, Ihr dunkler Geist war schwer auf mir, Da trat mit freundlicher Geberde Die heil'ge Poesie zu mir, In ihrem Glanz warst Du verkläret, Vertrauet mit der Geisterwelt, Den Becher hattest Du geleeret, Der Dich zu ihrem Chor gesellt. Dein Lied war eine Strahlenkrone, Die sich u…
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Lösch mir die Augen aus Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn, wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören, und ohne Füße kann ich zu dir gehn, und ohne Mund noch kann ich dich beschwören. Brich mir die Arme ab, ich fasse dich mit meinem Herzen wie mit einer Hand, halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen, und wirfst du in mein Hirn den Brand, so werd ich dich auf meinem Blute tragen. Rainer Maria Rilke, Sommer/Herbst 1899 Bild: Dorota Piotrowiak Music: OYstudio Rezitation: Uschi Rischanek Rilke_L_sch_mir_die_Augen_sademoOYStudio.mp4
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Frankfurt a. M., 19. Mai 1802 den 19. Mai. Es war mit ganz wunderlich zu Muth als ich Ihren Brief gelesen hatte; doch war ich mehr denkend als empfindend dabei; denn es war mir, und ist mir noch so, als ob dieser Brief gar nicht für mich geschrieben sei. So bestehle ich mich selbst. Aber es ist keine künstliche Anstalt daß ich so denke, es ist ganz von selbst so gekommen. Ja ich verstehe den Augenblik in dem Sie mir geschrieben haben; ich bin überhaupt nie weiter gekomen als Ihre Augenblikke ein wenig zu verstehhen. Von ihrem Zusammenhang u Grundton weis ich gar nichts. Es kömt mir oft vor als hätten Sie viele Seelen, wenn ich nun anfange einer dieser Seelen g…
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Rainer Maria Rilke ~ Frühling
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"Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe." R.M.R. Frühling Die Vögel jubeln – lichtgeweckt –, die blauen Weiten füllt der Schall aus; im Kaiserpark das alte Ballhaus ist ganz mit Blüten überdeckt. Die Sonne schreibt sich hoffnungsvoll ins junge Gras mit großen Lettern. Nur dorten unter welken Blättern seufzt traurig noch ein Steinapoll. Da naht ein Lüftchen, fegt im Tanz hinweg das gelbe Blattgeranke und legt um seine Stirn, die blanke, den blauenden Syringenkranz. Rainer Maria Rilke Larenopfer (1896) Bild: Netzfund Music: Ashot Danielyan Rezitation…
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Rainer Maria Rilke ~ Die Sprache der Blumen
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Die Sprache der Blumen Und glaubst du gleich den Worten nicht, die ich dir hoffend schrieb; die Sprache, die die Blume spricht, verstehst du doch, mein Lieb. Wenn dein Fuß dort fürder schreitet, wo die Fluren üppig stehn, glaub mir, jede Blume deutet viel dir – kannst du sie verstehn. Wenn ein Hauch von zarten Winden leise lispelt durch die Flur; horche, was sie dir verkünden all die Kinder der Natur: Und die Blümlein alle sagen dir so viel, vernimmst es du! Lispeln in des Unglücks Tagen süße Tröstung leis dir zu. Glücklich jeder, dem sie’s künden, geht er hin durchs weite Feld – er allein wird stets …
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Else Lasker-Schüler ~ Nur Dich
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"Es pocht eine Sehnsucht an die Welt, an der wir sterben müssen." Else Lasker-Schüler ~ Nur Dich Der Himmel trägt im Wolkengürtel Den gebogenen Mond. Unter dem Sichelbild Will ich in deiner Hand ruhn. Immer muß ich wie der Sturm will, Bin ein Meer ohne Strand. Aber seit du meine Muscheln suchst, Leuchtet mein Herz. Das liegt auf meinem Grund Verzaubert. Vielleicht ist mein Herz die Welt, Pocht – Und sucht nur noch dich – Wie soll ich dich rufen? Else Lasker-Schüler (1869 - 1945) Deutsch-jüdische Dichterin Vertreterin der avantgar…
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Die Frau spricht ~ Kurt Tucholsky IV.
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Die Frau spricht 4. Lamento Der deutsche Mann Mann Mann – das ist der unverstandene Mann. Er hat ein Geschäft, und er hat eine Pflicht. Er hat einen Sitz im Oberamtsgericht. Er hat auch eine Frau – das weiß er aber nicht. Er sagt: »Mein liebes Kind … « und ist sonst ganz vergnügt – Er ist ein Mann. Und das genügt. Der deutsche Mann Mann Mann – das ist der unverstandene Mann. Die Frau versteht ja doch nichts, von dem, was ihn quält. Die Frau ist dazu da, dass sie die Kragen zählt. Die Frau ist daran schuld, wenn ihm ein Hemdknopf fehlt. Und kommt es einmal vor, dass er die Frau betrügt: Er ist ein Mann. Und das genügt.…
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Die Frau spricht ~ Kurt Tucholsky III.
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3. Die Nachfolgerin Ich hab meinen ersten Mann gesehn – der ging mit einer! Hütchen, Rock und Bluse (Indanthren) und zwei Kopf kleiner! Sie muß ihn wohl ins Büro begleiten … Über den Geschmack ist nicht zu streiten. Na, herzlichen Glückwunsch! Sein Gehirn ist bei der Liebeswahl ganz verkleistert; wenn er siegt, dann ist er allemal schwer begeistert. Ob Languettenhemd, ob teure Seiden – seinetwegen kann man sich in Säcke kleiden … Na, herzlichen Glückwunsch! Frau ist Frau. Wie glücklich ist der Mann, dem das gleich ist! Und für sowas zieht man sich nun an! Als ob man reich ist! Das heißt: für ihn … ? Wir zieh…
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Die Frau spricht ~ Kurt Tucholsky II.
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Die Frau spricht 2. Eine Frau denkt Mein Mann schläft immer gleich ein … oder er raucht seine Zeitung und liest seine Zigarre … Ich bin so nervös … und während ich an die Decke starre, denke ich mir mein Teil. Man gibt ihnen so viel, wenigstens zu Beginn. Sie sind es nicht wert. Sie glauben immer, man müsse hochgeehrt sein, weil man sie liebt. Ob es das wohl gibt: ein Mann, der so nett bleibt, so aufmerksam wie am ersten Tag, wo er einen nahm … ? Einer, der Freund ist und Mann und Liebhaber; der uns mal neckt, mal bevatert, der immer neu ist, vor dem man Respekt hat und der einen liebt … liebt … liebt … ob es das gibt? …
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Die Frau spricht ~ Kurt Tucholsky
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1. Die geschiedene Frau Ja … da wär nun also wieder einer … das ist komisch! Vor fünf Jahren, da war meiner; dann war eine ganze Weile keiner … Und jetzt geht ein Mann in meiner Wohnung um, findet manches, was ich sage, dumm; lobt und tadelt, spricht vom Daseinszwecke und macht auf das Tischtuch Kaffeeflecke – Ist das alles nötig –? Ja … er sorgt. Und liebt. Und ists ein trüber Morgen, reich ich meine Hand hinüber … Das ist komisch: Männer … so in allen ihren Posen … Und frühmorgens, in den Unterhosen … Plötzlich wohnt da einer auch in meiner Seele. Quält mich; liebt mich; will, …
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Christian Morgenstern ~ An den Andern (1914)
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Ich hatte mich im Hochgebirg verstiegen. Die Felsenwelt um mich, sie war wohl schön; doch konnt ich keinen Ausgang mir ersiegen noch einen Aufgang nach den lichten Höhn. Da traf ich Dich, in ärgster Not: den Andern! Mit Dir vereint, gewann ich frischen Mut. Von neuem hob ich an, mit Dir, zu wandern, und siehe da: Das Schicksal war uns gut. Wir fanden einen Pfad, der klar und einsam empor sich zog, bis, wo ein Tempel stand. Der Steig war steil, doch wagten wir's gemeinsam ... Und heut noch helfen wir uns, Hand in Hand. Mag sein, wir stehn an unsres Lebens Ende noch unterm Ziel, - genug, der Weg ist klar! Daß wir uns…
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Anna Ritter ~ Ich liebe dich
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Ich liebe dich… Ich reiße dich aus meinem Herzen, Aus meinem Leben reiß ich dich, Denn wie ein heimlich schleichend Fieber Zehrst du an mir und tötest mich. In jedem Tag, in jede Stunde Schleicht dein geliebtes Bild sich ein, Und ob ich zitternd dir entfliehe In Lust und Lärm – du holst mich ein. Mein eigen Blut hat sich verschworen, Mit dir im Bunde gegen mich – Es braust und tobt mir in den Adern: "Ich liebe dich… ich liebe dich." Anna Ritter (1865 - 1921), deutsche Dichterin und Novellistin Quelle: Ritter, Befreiung. Neue Gedichte von Anna Ritter, 1904 Bild/Rezitation…
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Der andere Mann (1930) ~ Kurt Tucholsky
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" Ich glaube jedem, der die Wahrheit sucht. Ich glaube keinem, der sie gefunden hat. " K.T. Du lernst ihn in einer Gesellschaft kennen. Er plaudert. Er ist zu dir nett. Er kann dir alle Tenniscracks nennen. Er sieht gut aus. Ohne Fett. Er tanzt ausgezeichnet. Du siehst ihn dir an... Dann tritt zu euch beiden dein Mann. Und du vergleichst sie in deinem Gemüte. Dein Mann kommt nicht gut dabei weg. Wie er schon dasteht - du liebe Güte! Und hinten am Hals der Speck! Und du denkst bei dir so: "eigentlich... Der da wäre ein Mann für mich! " Ach, gnädige Frau! Hör auf einen wahren Und gute…
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Anna Ritter ~ Erinnerungsblatt
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Sein Leben war ein ernst, beharrlich Wandern Nach einem hohen Berg, darauf sie stand, Und als er endlich sich am Ziele fand, Da neigte sie sich lächelnd einem Andern! Nun geht er still den langen Weg zurück. Kein Hoffen darf die Schritte mehr beflügeln, Und hinter ihm, auf jenen blauen Hügeln, Verblaßt, verdämmert seiner Seele Glück. Anna Ritter (1865 - 1921), deutsche Dichterin und Novellistin Quelle: Ritter, Befreiung. Neue Gedichte von Anna Ritter, 1904 Music: Rion Riz Bild/Rezitation: Uschi Rischanek Ritter Erinnerungsblatt seclusionRIonRiz.mp4
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Rainer Maria Rilke ~ Erinnerung (1906)
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"Die Zukunft zeigt sich in uns – lange bevor sie eintritt." R.M.Rilke Erinnerung Und du wartest, erwartest das Eine, das dein Leben unendlich vermehrt; das Mächtige, Ungemeine, das Erwachen der Steine, Tiefen, dir zugekehrt. Es dämmern im Bücherständer die Bände in Gold und Braun; und du denkst an durchfahrene Länder, an Bilder, an die Gewänder wiederverlorener Fraun. Und da weißt du auf einmal: das war es. Du erhebst dich, und vor dir steht eines vergangenen Jahres Angst und Gestalt und Gebet. Aus das Buch der Bilder Music: Rion Riz Bild: pixabay Rezitation: Uschi Rischanek Aus: Das Buch der Bilder …
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Kurt Tucholsky „An das Publikum“ (1931)
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O hochverehrtes Publikum, sag mal: bist du wirklich so dumm, wie uns das an allen Tagen alle Unternehmer sagen? Jeder Direktor mit dickem Popo spricht: »Das Publikum will es so!« Jeder Filmfritze sagt: »Was soll ich machen? Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!« Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht: »Gute Bücher gehn eben nicht!« Sag mal, verehrtes Publikum: bist du wirklich so dumm? So dumm, dass in Zeitungen, früh und spät, immer weniger zu lesen steht? Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein; aus lauter Angst, es soll niemand verhetzt sein; aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn könnten mit Abbestellung dro…
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Elisabeth Barrett Browning ~ Wie ich dich liebe (aus dem Englischen von Rainer Maria Rilke)
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Wie ich dich liebe Wie ich dich liebe? Lass mich zählen, wie. Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit, Als meine Seele blindlings reicht, wenn sie Ihr Dasein abfühlt und die Ewigkeit. Ich liebe dich bis zu dem stillsten Stand, Den jeder Tag erreicht im Lampenschein Oder in Sonne. Frei, im Recht, und rein Wie jene, die vom Ruhm sich abgewandt. Mit aller Leidenschaft der Leidenszeit Und mit der Kindheit Kraft, die fort war, seit Ich meine heiligen nicht mehr geliebt. Mit allem Lächeln, aller Tränennot Und allem Atem. Und wenn Gott es gibt, Will ich dich besser lieben nach dem Tod. * * * * * * * Elisabeth Barre…
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Paul Verlaine (1844 - 1896) ~ Behutsam
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"Nichts tut der Seele besser, als jemandem seine Traurigkeit abzunehmen."P.V. Behutsam Gieb deine Hand und komm, den Atem still gesenkt, unter den Riesenbaum. Hier stirbt im Wipfelneigen mit Seufzerlaut der Wind in dämmergrauen Zweigen, die blasses Mondlicht sanft und zärtlich übersprengt. Verträumt ruht da der Blick, der nicht ans Leben denkt in trägem Schoss. Nun lass das Glück, das einst uns eigen, und all die Liebe frei und ungehemmt entsteigen gleich unserm Haar, um das sich Eulenschwirren drängt. Und lass das Hoffen! Nur das düstre Sonnenscheiden und dieses rätselschwere Schweigen las…
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Christian Morgenstern ~ Krähen bei Sonnenaufgang
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"Als ob Kunst nicht auch Natur wäre und Natur Kunst!" C.M. Krähen bei Sonnenaufgang Noch flieht der Blick des jungen Tags der Berge nebelgraue Gipfel, und schon entschwebt, gemessnen Schlags, die erste Krähe ihrem Wipfel. Der schwankt, befreit von schwerer Last, daß rings die Zweige sich bewegen: Fahlsilbern sprüht von Ast zu Ast des Frühtaus feiner Flüsterregen. Doch eh' sein Flüstern noch erstickt, enttönt ein „Krah“ dem stillen Raume: Der Vogel hat am Wolkensaume das erste blasse Rot erblickt. Auf allen Wipfeln wacht es auf und schüttelt sich und ruft nach Taten ... In lautem Streiten und…
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Kurt Tucholsky ~ Der schiefe Hut
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„Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.“ K.T. Der schiefe Hut Einmal – das war in den Ferien und ist noch gar nicht lange her –, da wohnte ich in einer Pension bei Luzern und sah auf den grauen See. Es war ein trübes Wetter, und ich dachte: I, dachte ich, das Pferderennen da unten wird auch nicht sehr lustig ausfallen. Vielleicht war es gar kein Pferderennen – es kann auch ein Wettspringen gewesen sein. Ich weiß nicht viel von diesen Dingen; wenn man mich reiten gesehn hat, dann versteht man, was das ist: Pazifismus. Wo beim Pferd der Kopf ist, da ist vorn … mehr weiß ich nicht,…
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Rainer Maria Rilke ~ Alles ist eins
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Einmal, am Rande des Hains, stehn wir einsam beisammen und sind festlich, wie Flammen fühlen: Alles ist Eins. Halten uns fest umfaßt; werden im lauschenden Lande durch die weichen Gewande wachsen wie Ast an Ast. Wiegt ein erwachender Hauch die Dolden des Oleanders: sieh, wir sind nicht mehr anders, und wir wiegen uns auch. Meine Seele spürt, daß wir am Tore tasten. Und sie fragt dich im Rasten: Hast Du mich hergeführt? Und du lächelst darauf so herrlich und heiter und: bald wandern wir weiter: Tore gehn auf.. Und wir sind nichtmehr zag, unser Weg wird kein Weh sein, wird eine lange Allee sein aus dem vergangenen…
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Karoline von Günderrode ~ Der Kuß im Traume
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Der Kuß im Traume Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht, Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten, Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten, Daß neue Wonne meine Lippe saugt. In Träume war solch Leben eingetaucht, Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten, Kann aller andern Freuden Glanz verachten Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht. Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen, Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen. Drum birg dich Aug' dem Glanze irrd'scher Sonnen! Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen Und heilt …
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"Um etwas desto gewisser zu gewinnen, muß man stets ein anderes aufgeben." K.G An Karoline v. Barkhaus (den 4. Juli 1799) Ungern verliess ich Sie gestern und im heftigen Kampfe mit mir selbst, ob ich Ihnen die Lage meines Herzens entdecken sollte oder nicht. Ich sehnte mich nach dem Troste, mein Herz in das Ihrige ausschütten zu können, und doch hielt mich eine geheime Furcht, deren Ursache ich mir nicht erklären konnte, zurück. Schriftlich, dachte ich, wird es leichter sein, mich zu entdecken. Dieser Gedanke ward Entschluss, welcher noch jetzt in meiner Seele haftet. Schon beim ersten Anblicke machte Savigny einen tiefen Eindruck auf mich; ich s…
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Rainer Maria Rilke ~ Die Liebende (München 1918)
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Die Liebende Das ist mein Fenster. Eben bin ich so sanft erwacht. Ich dachte, ich würde schweben. Bis wohin reicht mein Leben, und wo beginnt die Nacht? Ich könnte meinen, alles wäre noch Ich ringsum; durchsichtig wie eines Kristalles Tiefe, verdunkelt, stumm. Ich könnte auch noch die Sterne fassen in mir; so groß scheint mir mein Herz; so gerne ließ es ihn wieder los den ich vielleicht zu lieben, vielleicht zu halten begann. Fremd, wie niebeschrieben sieht mich mein Schicksal an. Was bin ich unter diese Unendlichkeit gelegt, duftend wie eine Wiese, hin und her bewegt, rufend zugleich und bange, daß einer…
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Rainer Maria Rilke ~ Königslied 1896
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"Alle Kraft, die wir fortgeben, kommt erfahren und verwandelt wieder über uns." R.M.Rilke Königslied Darfst das Leben mit Würde ertragen, nur die Kleinlichen macht es klein; Bettler können dir Bruder sagen, und du kannst doch ein König sein. Ob dir der Stirne göttliches Schweigen auch kein rotgoldener Reif unterbrach, — Kinder werden sich vor dir neigen, selige Schwärmer staunen dir nach. Tage weben aus leuchtender Sonne dir deinen Purpur und Hermelin, und, in den Händen Wehmut und Wonne, liegen die Nächte vor dir auf den Knien.... Rainer Maria Rilke: 'Traumgekrönt' Weihnachten 1896 Bild: Dorota Piotrow…
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Victor Hugo (1802-1885) ~ An die Geliebte
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"Sind wir glücklich, weil wir gut sind, oder sind wir gut, weil wir glücklich sind?" Victor Hugo An die Geliebte Weil mir dein voller Kelch die heißen Lippen kühlte, Weil meine bleiche Stirn in deiner Hand geruht, Weil ich den süßen Hauch von deiner Seele fühlte, Der wie ein Weihrauch ist in dunkler Fluth. Weil mir's gegeben ward, von dir die süßen Laute Zu hören, drin das Herz sich aufschließt bis zum Grund, Weil deine Thräne sanft auf meine Wimper thaute, Weil ich mein Lächeln sah erblühn auf deinem Mund; Weil auf mein Haupt ein Strahl in wundervollem Glanze Von deinem Sterne fiel, der sein Gewölk durchbrach, Weil ich ein Rosen…
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Joachim Ringelnatz ~ Schenken 🍀
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'Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind die, aus denen man trinkt.' - Joachim Ringelnatz (1883-1934) Schenken Schenke groß oder klein, Aber immer gediegen. Wenn die Bedachten Die Gaben wiegen, Sei dein Gewissen rein. Schenke herzlich und frei. Schenke dabei Was in dir wohnt An Meinung, Geschmack und Humor, So dass die eigene Freude zuvor Dich reichlich belohnt. Schenke mit Geist ohne List. Sei eingedenk, Dass dein Geschenk Du selber bist. Joachim Ringelnatz (1883-1934) Musik: Oleg Kyrylkow Bild/Rezitation: Uschi Rischanek Mit diesem Beitrag m…
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„Ich halte dies für die höchste Aufgabe einer Verbindung zwischen zwei Menschen: dass jeder die Einsamkeit des anderen bewachen sollte.“ — R.M.R. Welche Wiesen duften deine Hände? Fühlst du, wie auf deine Widerstände stärker sich der Duft von draußen stützt. Drüber stehn die Sterne schon in Bildern. Gib mir, Liebe, deinen Mund zu mildern; Ach, dein ganzes Haar ist unbenützt. Sieh, ich will dich mit dir selbst umgeben Und die welkende Erwartung heben von dem Rande deiner Augenbraun; wie mit lauter Liderinnenseiten will ich dir mit meinen Zärtlichkeiten alle Stellen schließen, welche sch…
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Rainer Maria Rilke ~ Werd ich vergessen? (1907)
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Ein aufrechtes Danke allen meinen Lesern und Hörern auch hier - Ein frohes Weihnachtsfest Euch Allen! Werd ich vergessen? Und wenn irgendwas viel später zu mir kommt und mich daran erinnert: Werd ich fremdhin fragen -: Wann -? Kann Leben heißen: Zu vergessen, daß mir Seligkeit, endlose unverkürzte an einem Tage ward der rasch verrann und daß dein Wesen sich in meines stürzte aus deinen Augen, da ich kaum begann dich anzusehn. Ich weiß von dir nicht mehr; nur kommen mußtest du um jeden Preis, und eine Stelle in mir ist jetzt leer für alles das von dir was ich nicht weiß. gesch…
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Meine liebe gute Mama, wir haben nie viel geredet unter dem Christbaum. So soll es auch heute sein, zumal das Reden auf dem Papier nicht einmal die Illusion von Nähe hervorruft. Und die sollst Du haben, das heißt mehr als die Illusion, - die Sicherheit, dass ich Dir nahe bin an diesem Abend, den Du mir, seit ich ihn zum ersten Mal erlebte, geschmückt und durch Beweise Deiner Liebe und Güte reich gemacht hast! Und Du sollst mich nahe empfinden, weil ich Dir mein neues Buch schenke und auf diese Weise mit dem Besten, was ich bis jetzt errungen habe und geworden bin, zu Dir komme, mit vielmehr als nur mit meinem Körper und Gesicht, mit viel mehr als meiner Seele: -…
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Rainer Maria Rilke ~ Advent (1897)🎄
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Advent Es treibt der Wind im Winterwalde Die Flockenheerde wie ein Hirt, Und manche Tanne ahnt, wie balde Sie fromm und lichterheilig wird; Und lauscht hinaus. Den weissen Wegen Streckt sie die Zweige hin – bereit, Und wehrt dem Wind und wächst entgegen Der einen Nacht der Herrlichkeit. Schmargendorf, im Dezember 1897. Music: Oleg Kyrylkow 'bach prelude c-major' Bild/Rezitation: Uschi Rischanek Rilke Advent bachpreludeOleg_Kyrylkow.mp4
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Theodor Storm ~ Weihnachtslied (1845)
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Weihnachtslied 🌲 Vom Himmel in die tiefsten Klüfte Ein milder Stern herniederlacht; Vom Tannenwalde steigen Düfte Und hauchen durch die Winterlüfte, Und kerzenhelle wird die Nacht. Mir ist das Herz so froh erschrocken, Das ist die liebe Weihnachtszeit! Ich höre ferne Kirchenglocken Mich lieblich heimatlich verlocken In märchenstille Herrlichkeit. Ein frommer Zauber hält mich wieder, Anbetend, staunend muß ich stehn; Es sinkt auf meine Augenlider Ein goldner Kindertraum hernieder, Ich fühl's, ein Wunder ist geschehn. Theodor Storm music: Grand Projekt bild/rezitation: Uschi Rischanek Storm W…
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Rainer Maria Rilke ~ Stiller Freund (1922)
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Die Sonette an Orpheus Zweiter Teil Stiller Das XXIX. Sonett Freund der vielen Fernen, fühle, wie dein Atem noch den Raum vermehrt. Im Gebälk der finstern Glockenstühle laß dich läuten. Das, was an dir zehrt, wird ein Starkes über dieser Nahrung. Geh in der Verwandlung aus und ein. Was ist deine leidendste Erfahrung? Ist dir Trinken bitter, werde Wein. Sei in dieser Nacht aus Übermaß Zauberkraft am Kreuzweg deiner Sinne, ihrer seltsamen Begegnung Sinn. Und wenn dich das Irdische vergaß, zu der stillen Erde sag: Ich rinne. Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin. Rainer Maria Ri…
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Rainer Maria Rilke ~ An den Engel 14.1.1913
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An den Engel Starker, stiller, an den Rand gestellter Leuchter: oben wird die Nacht genau. Wir vergeben uns in unerhellter Zögerung an deinem Unterbau. Unser ist: den Ausgang nicht zu wissen aus dem drinnen irrlichen Bezirk, du erscheinst auf unsern Hindernissen und beglühst sie wie ein Hochgebirg. Deine Lust ist über unserm Reiche, und wir fassen kaum den Niederschlag; wie die reine Nacht der Frühlingsgleiche stehst du teilend zwischen Tag und Tag. Wer vermöchte je dir einzuflößen von der Mischung, die uns heimlich trübt? Du hast Herrlichkeit von allen Größen, und wir sind am Kleinlichsten geübt. Wenn wir weinen, si…
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Ich ließ meinen Engel lange nicht los, und er verarmte mir in den Armen und wurde klein, und ich wurde groß: und auf einmal war ich das Erbarmen, und er eine zitternde Bitte bloß. Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, - und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand; er lernte das Schweben, ich lernte das Leben, und wir haben langsam einander erkannt... Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht, kann er frei seine Flügel entfalten und die Stille der Sterne durchspalten, - denn er muss meiner einsamen Nacht nicht mehr die ängstlichen Hände halten - seit mich mein En…
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Rainer Maria Rilke ~ Ende des Herbstes (1906)
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Ich sehe seit einer Zeit, Wie alles sich verwandelt. Etwas steht auf und handelt Und tötet und tut Leid. Von Mal zu Mal sind all Die Gärten nicht dieselben; Von der gilbenden zu der gelben Langsamem Verfall: Wie war der Weg mir weit. Jetzt bin ich schon bei den leeren Und schaue durch die Alleen. Fast bis zu den fernsten Meeren Kann ich den ernsten schweren Verwehrenden Himmel sehn. Music: Music For Videos Bild/Rezitation: Uschi Rischanek Rilke Ende des Herbstes melancholicMusicForVideos.mp4
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Paul Verlaine ~ Du Kind
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Du, Kind, glaubst an den Kaffeegrund, Aufs Lottospiel verläßt du dich: An deine Augen glaube ich. An Unglückstage, Märchen und An Träume glaubst du, die nicht trügen, Ich glaub allein an deine Lügen. An Gott glaubst du ganz wesenlos, Du weißt, daß man zu Heil'gen fleht, Für jeden Kummer ein Gebet. Ich glaube an die Stunden bloß, Die blau und rosig mir erblühen In unsrer blassen Nächte Glühen. Und alles dieses glaube ich So fest und unerschütterlich, Daß ich nur lebe noch für dich. Paul Verlaine (1844 - 1896), französischer Lyriker, hatte enge Verbindung zum Bohème…
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Rainer Maria Rilke ~ Leda (1907/08)
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Leda - Rainer Maria Rilke Als ihn der Gott in seiner Not betrat, erschrak er fast, den Schwan so schön zufinden; er ließ sich ganz verwirrt in ihm verschwinden. Schon aber trug ihn sein Betrug zur Tat, bevor er noch des unerprobten Seins Gefühle prüfte. Und die Aufgetane erkannte schon den Kommenden im Schwane und wusste schon: er bat um Eins, das sie, verwirrt in ihrem Widerstand, nicht mehr verbergen konnte. Er kam nieder und halsend durch die immer schwächere Hand ließ sich der Gott in die Geliebte los. Dann erst empfand er glücklich sein Gefieder und wurde wirklich Schwan…
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Paul Verlaine ~ Heut nacht im Traum . . . Heut nacht im Traume sah ich dich, Du dehntest dich mit leisem Lachen Und schwätztest gurrend tausend Sachen. Ich kostete gleich Früchten dich, Wie ich mit durst'ger Lippe küsste Berg, Tal und Hügel, Wang' und Brüste. Ich war von einer Biegsamkeit, Die wirklich man bewundern musste, Herrgott, welche Kraft, welche Puste! Und du, Geliebte, zur selben Zeit, Welche Puste und Kraft, welche Schnelle Und Biegsamkeit der Gazelle. Am Morgen gab's in deinem Arm, Nur viel vollkomm'ner, im Erwachen Genau dieselben süssen Sachen. …
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Ich finde dich in allen diesen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin; als Samen sonnst du dich in den geringen und in den großen giebst du groß dich hin. Das ist das wundersame Spiel der Kräfte, daß sie so dienend durch die Dinge gehn: in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehn. music: Samuell Francis Johnson 'eric satie gymnopedie no 1 dark version bild/rezitation: Uschi Rischanek RilkeIch finde dicheriksatieSamuellFrancisJohnson.mp4
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Paul Verlaine ~ Poèmes Saturniens...🦉
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Am graubedeckten Horizont erhebt Sich rot der Mond, vom Nebeltanz getragen. Das Feld schläft dampfend ein, die Frösche klagen Im grünen Schilf, durch das ein Frösteln bebt. Den Kelch verschliesst die Wasserblume wieder, Starr und gedrängt in weiter Ferne reihn Sich Pappeln auf in ungewissem Schein, Leuchtkäfer irren zu den Büschen nieder. Der Eulen lautlos finstre Schar erwacht, Die Luft mit schwerem Fluge zu durchsteuern, Der Äther füllt sich mit gedämpften Feuern, Venus taucht bleich hervor: das ist die Nacht. Paul Verlaine (1844 - 1896) Quelle: Verlaine, Poèmes Saturniens, Erstdruck d…
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Morgends Ich habe gut geschlafen mein Bester, und noch einmal muß ich Dir sagen wie viel Freude mir Dein Brief machte, und Dir danken für alle die stille Seligkeit die Du mir bereitet, ach lies Du meinen Brief nicht mehr wenn er Dich bekümmert hat, und halte Dich an den vorletzten der Dir so lieb war, ich mußte gestern noch viel über Leidenschaft nachdenken, --- Die Leidenschaft der höchsten Liebe findet wohl auf Erden ihre Befriedigung nie! Fühle es mit mir! diese suchen wäre Torheit. - - - Miteinander sterben! - - - Doch still, es klingt wie Schwärmerei, und ist doch so wahr, - - - ist die Befriedigung. - Doch wir haben heilige Pflichten für diese Welt. Es bleibt u…
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Rainer Maria Rilke ~ Der Träumer (1895)
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Der Träumer I. Es war ein Traum in meiner Seele tief. Ich horchte auf den holden Traum: ich schlief. Just ging ein Glück vorüber, als ich schlief, und wie ich träumte, hört ich nicht: es rief. II. Träume scheinen mir wie Orchideen. – So wie jene sind sie bunt und reich. Aus dem Riesenstamm der Lebenssäfte ziehn sie just wie jene ihre Kräfte, brüsten sich mit dem ersaugten Blute, freuen in der flüchtigen Minute, in der nächsten sind sie tot und bleich. – Und wenn Welten oben leise gehen, fühlst du's dann nicht wie von Düften wehen? Träume scheinen mir wie Orchide…
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Rainer Maria Rilke ~ 'Wenn die Uhren so nah wie eigene Herzen schlagen' (1898)
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Rainer Maria Rilke ~ 'Wenn die Uhren so nah wie eigene Herzen schlagen' Wenn die Uhren so nah wie eigene Herzen schlagen, und die Dinge mit zagen Stimmen sich fragen: Bist du da? – : Dann bin ich nicht der, der am Morgen erwacht, einen Namen schenkt mir die Nacht, den keiner, den ich am Tage sprach, ohne tiefes Fürchten erführe – Jede Türe in mir gibt nach... Und da weiß ich, daß nicht vergeht, keine Geste und kein Gebet (dazu sind die Dinge zu schwer) – meine ganze Kindheit steht immer um mich her. Niemals bin ich allein. Viele, die vor mir lebten und fort von mir strebten, webten, webten an meinem Sein. …
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Das Märchen von der Wolke Der Tag ging aus mit mildem Tone, so wie ein Hammerschlag verklang. Wie eine gelbe Goldmelone lag groß der Mond im Kraut am Hang. Ein Wölkchen wollte davon naschen, und es gelang ihm, ein paar Zoll des hellen Rundes zu erhaschen, rasch kaut es sich die Bäckchen voll. Es hielt sich lange auf der Flucht auf und sog sich ganz mit Lichte an; - da hob die Nacht die goldne Frucht auf: Schwarz ward die Wolke und zerrann. Rainer Maria Rilke (1875 -1926) Bild: nZengiay59 Music: PlatonDavydov Rezitation: Uschi Rischanek Rilke Das Märchen_lullabyPlatonDavydov.mp4
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Rainer Maria Rilke - Herbsttag (Paris, 1902)
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Rainer Maria Rilke ~ Herbsttag 🍂 Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gieb ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Aus: Das Buch der Bilder Music: OY Studio Rezitation/Bild: Uschi Rischanek Rilke Herbsttag insp…
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Der Ölbaumgarten Er ging hinauf unter dem grauen Laub ganz grau und aufgelöst im Ölgelände und legte seine Stirne voller Staub tief in das Staubigsein der heißen Hände. Nach allem dies. Und dieses war der Schluss. Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde, und warum willst Du, dass ich sagen muss, Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde. Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein. Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein. Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein. Ich bin allein mit aller Menschen Gram, den ich durch Dich zu lindern unternahm, der Du nicht bist. o namenlose Scham... Später erzählte man, ein En…
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Else Lasker-Schüler ~ Ich liebe Dich (1943)
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Ich liebe dich Und finde dich Wenn auch der Tag ganz dunkel wird. Mein Lebelang Und immer noch Bin suchend ich umhergeirrt. Ich liebe dich! Ich liebe dich! Ich liebe dich! Es öffnen deine Lippen sich ….. Die Welt ist taub, Die Welt ist blind Und auch die Wolke Und das Laub – – Nur wir, der goldene Staub Aus dem wir zwei bereitet: – Sind! Else Lasker-Schüler Lasker-Schüler, E., Gedichte. Mein blaues Klavier, 1943. Originaltext Rezitation/Bild: Uschi R. Music: Piano Amor ElseLaskerSchüllerIch_liebe_Dicha_mirrorPianoAmor.mp…
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Rainer Maria Rilke ~ Die Engel
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Rainer Maria Rilke ~ Die Engel Sie haben alle müde Münde und helle Seelen ohne Saum. Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde) geht ihnen manchmal durch den Traum. Fast gleichen sie einander alle; in Gottes Gärten schweigen sie, wie viele, viele Intervalle in seiner Macht und Melodie. Nur wenn sie ihre Flügel breiten, sind sie die Wecker eines Winds: als ginge Gott mit seinen weiten Bildhauerhänden durch die Seiten im dunklen Buch des Anbeginns. Rainer Maria Rilke, 22.7.1899, Berlin-Schmargendorf Rezitation/Bild: Uschi Rischanek Music: Gregor Quendel
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