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Geschrieben am

Chronomaterial

 

Sekunden tropfen von den Uhrenzeigern,

allmählich bildet sich am Boden eine Pfütze,

die täuschend hübsch in Regenbogenfarben schillert,

genau so, wie auf einer Straße in der Stadt.

 

In dieser Pfütze klumpen sich Minuten

zusammen, klebrig-zäh wie Billigkleister,

gekauft im Baumarkt, Sonderpreis-Aktion von gestern,

weshalb jetzt heute jeder davon hat.

 

Gesammelt, ausgehärtet liegen Stunden,

bizarr geformt, herum und warten

auf ein Weiter, das noch kommen müsste,

gerufen zum Appell, als Zeitsoldat.

 

Gehorsam melden sich in Hab-Acht-Haltung

die Tage, alle schlagen ihre Hacken

brav zusammen, achten nicht auf Splitter,

zwar platzen diese ab, doch moderat.

 

Sie schneidet sich, die Woche, aber Pflaster

genügen, um die Wunden abzudecken,

warum auch jammern, niemand kann es hören,

am besten hilft ein rascher Zeit-Spagat

 

zum Monat, der alleine, voller Schwäche,

sich nur im Dutzend jemals zeigen möchte,

es kann sich jeder hinter jedem andern

verstecken, hier, im Uhren-Habitat.

 

Die Jahre kommen, sammeln, sammeln, sammeln,

verbinden, kleben, weichen auf und härten,

jahrzehntelang, jahrzehntelang und endlich -

sie platzt, die Lebensblase platzt. Privat.

 

Vivat?

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Geschrieben

Genialer Ansatz, Super Idee.

Auf den Einzelheiten muss ich nochmal ein bisschen rumkauen, bevor ich vielleicht was schreibe. Aber sehr beeindruckend.

 

erinnert mich an Salvador Dalis Gemälde mit den schmelzenden Uhren - "Wie die Zeit doch so zergeht" :-)

Geschrieben
Genialer Ansatz, Super Idee.

Hallo Rudi,

 

vielen, herzlichen Dank. Das macht mich ganz verlegen ...

 

 

erinnert mich an Salvador Dalis Gemälde mit den schmelzenden Uhren - "Wie die Zeit doch so zergeht"

Ja, gut möglich. Der Fundus für unsere Gedichte sind schließlich die Erinnerungen, an alles, das wir wahr- und im Gedächtnis mitnahmen. Daraus 'schöpfen' wir. Ideen mögen spontan sein, irgendeinen aktuellen Auslöser haben - aber wir assoziieren mit unserem gespeicherten Vorrat. Durchaus wahrscheinlich, dass mein Unterbewusstsein etwas aufnahm und das in meinen Erinnerungen mit eben dem von dir erwähnten Gemälde verknüpfte. Tatsächlich war der erste Vers auch der erste Gedanke, der mir genau so in den Sinn kam.

Aber der ganz direkte Auslöser für die Grundidee war ein wissenschaftlicher Artikel, im Februar diesen Jahres, über einen neuen Aggregatzustand und sogenannte 'Zeitkristalle'. Dann nahm das obige Gedicht so seinen Verlauf.

 

 

Auf den Einzelheiten muss ich nochmal ein bisschen rumkauen, bevor ich vielleicht was schreibe.

Fühle dich zu nichts verpflichtet, auch wenn ich mich natürlich freuen würde.

Ich selbst musste an diesen Versen auch einige Zeit (und nicht nur ein bisschen) rumkauen.

 

LG und noch einen schönen Feiertag,

 

Anonyma

Geschrieben

Hallo Walther,

 

vielen Dank. Ja, ich hoffe zumindest, dass ich (richtig) verstehe. Ein gelungener Blick auf die Zeit aus einer weiteren Perspektive, dein Sonett. Es ist nicht alles Gold, was glänzt ... auch wenn ein Schweizer Chronometer (man beachte: Chronometer, nicht nur Uhr) sich durch besondere Präzision auszeichnet.

Zwar haben nur wenige eine 'Leiche im Keller', aber - gibt es jemanden, der rein gar nichts bereut oder zumindest bedauert? Das LI in deinem Sonett jedenfalls fürchtet das herannahende Ende - seiner (Lebens-)Zeit. Opfer, Täter, manchmal beides zugleich, es ist ein sehr schwieriges Thema, das oft zu Kontroversen führt.

 

Chronometer

 

 

Aus Gold ist dieser schweizer Chronometer,

Er zeigt sie an, die Zeit. Es ist schon spät.

Es war der Streit im Kern, der Zorn gesät.

Der Zeiger ruckt. Doch es hilft kein Gezeter.

 

Die Unruh klickt. Der schnelle Blick verrät:

Etwas geschah. Der Träger ist kein Täter,

Er ist ein Opfer, und verstohlen späht er,

Als spitz ein Hahn den Morgen rufend kräht. <--- Mein persönlicher Favorit, dieser Vers.

 

Er schleicht sich in ein Haus im Morgengrau,

Die Augen stier, noch voller Schreck und Grauen.

Er wird aus dem Geschehen nicht mehr schlau

 

Und kann auf keine Sicherheit nicht mehr bauen.

Die Zeiger zeigen’s an, er weiß genau,

Nur eines bleibt ihm noch: sein Gottvertrauen. <--- Eine, wie ich finde, schwierig zu meisternde und daher gelungene Vokalisation in den Terzetten.

Hi A.

zu diesem thema habe ich sonettet. ich dachte, ich lasse es als kommentar hier, das ergebnis. und hoffe auf dein verstehen.

 

lg W.

(Ich vermute, aufgrund von ein paar kleinen Fehlerchen, dass es bereits ein älteres Werk von dir ist? Was du getrost als ein Kompliment auffassen darfst. ^^ )

 

LG,

 

Anonyma

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