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HYMNE AN DEN STAU


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HYMNE AN DEN STAU

 

Oh du,

Der du uns die Weite des Raumes erahnen lässt,

Die Unendlichkeit des Universums,

In hoffnungsvollem Ersten-Gang-Getucker

Über ach so profan-irdischen Asphalt!

 

Oh du,

Der du uns die Substanz der Zeit zu genießen gönnst,

In all ihrer Dichte und komplexen Fülle,

Zuvörderst bei allsommerlicher Urlaubsfahrt

In Hallelujas auf dem Hintersitz!

 

Oh du,

Der du sie uns alle wieder bestaunen lehrst,

Die Anmut und Vielfalt von Gottes Schöpfung,

Federwolke für Federwolke,

Hain für Hain - ja, Ähre für Ähre!

 

Oh du,

Der du uns, dieser Spezies Rudeltier,

Beharrsamkeit, Stolz und Willenskraft verleihst

Trotz allem & unbeirrt & immer wieder

Irgendwo irgendeinem Rudel die Ehre zu erweisen!

 

Oh du,

Der du unser soziales Wesen neu entfachest

Von interaktiver Glück auf!-Geste

Bis Plausch und Small-Talk

Mit den auf ewig getreuen Nebenspurlern!

 

Oh du,

Der du uns befreiest aus der Hast der Hektik,

Aus dem Würgegriff des Alltags

Hin zur meditativen Stille,

Zur existentiellen Sinnfrage:

Wer-bin-ich? und Wo-denn-nun-überhaupt?

 

Oh du,

Der du uns hier und jetzt

In der Gnade der richtigen Richtung geleitest,

Bleiben doch der Gegenfahrbahn

All diese Privilegien, diese Gourmandisen

Des Auf-Erden-Daseins versperrt und verwehrt ...

 

 

(Jenno Casali)

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Hallo,

 

muss ich noch ein paarmal lesen. Ist für mich aber super!

 

Kleiner Tippfehler: 3. Strophe, erste Zeile "...bestaunen lehrst." 5. Strophe, erste Zeile bin ich mir unsicher: "soziables Wesen" - kenne ich das Wort nicht oder soll das sozial heissen?

 

Gut unterhalten

 

Ruedi

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Hallo, Jenno Casali,

 

Ironie, ick hör dir trapsen - in diesem Fall auch brummen oder tuckern (kann ja auch irgendwo ein Traktor dazwischenstecken).

 

Eine Hymne an den Stau, die ich mit wachsendem Vergnügen las.

 

 

"soziabel" beinhaltet laut Duden den (zu "sozial" weiteren) Gedanken, dass man "fähig und willig ist, sich in eine Gesellschaft einzupassen", also um überhaupt gesellschafts- und kontaktfreudig zu sein.

Mhm, ein Wort wie dieses 'soziabel' - dabei musste ich unwillkürlich daran denken, dass heutzutage in den Schulen nicht mehr Wert darauf gelegt wird, dass Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Nein, heutzutage ist es wichtig, dass sie die jeweilige 'Kompetenz' erwerben, um ggf. die Befähigung zu erlangen, Lesen, Rechnen und Schreiben lernen zu können, sofern sie das denn wollen sollten. (Wollen sie nicht, dann führt das z. B. im Supermarkt dazu, dass eine Jugendliche (die mir selbst begegnete), bei einem Sonderangebot nicht mal 10% Preisreduzierung mal eben rasch im Kopf ausrechnen konnte, sondern ihr Smartphone zu Hilfe nehmen musste ...)

 

Aber, bevor ich hier noch weiter vom Thema abschweife:

Oh du,

Der du uns, dieser Spezies Rudeltier,

Beharrsamkeit, Stolz und Willenskraft verleihst

Trotz allem & unbeirrt & immer wieder

Irgendwo irgendeinem Rudel die Ehre zu erweisen!

So sehr mir das Gedicht insgesamt auch gefällt (wirklich!) - diese Strophe hier, ich weiß nicht, ist für mich tatsächlich 'zu viel'. Liegt wohl an ihrer Aussage, aber für mich am meisten an der letzten Zeile. Die bringe ich nicht wirklich mit dem Stau zusammen. Weil für mich der Stau zwar eine 'Ansammlung' oder auch eine 'Häufung' von Menschen ist - aber kein Rudel. Für mich gehört zu einem Rudel noch viel anderes mit dazu. Unter anderem bildet sich ja ein Rudel nicht, um sich dann nach kurzer Zeit wieder aufzulösen - 'naturgemäß' hält ein Rudel, das sich gebildet hat, so lange 'zusammen', bis irgendwelche Faktoren auftreten, die es 'zwingen', sich aufzuspalten oder aufzulösen.

 

Aber davon abgesehen, auf jeden Fall: Sehr gerne gelesen und die Ironie genossen!

 

LG,

 

Anonyma

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Hallo Anonyma,

Mit deiner gedanklichen Ausmalung des Wortes soziabel hast du mich überzeugt, es wegen allmöglichger ungewollter Konnotationen trotzdem mit einfach sozial zu ersetzen (was ja nun auch den Ursprungssinn wiedergibt).

Dagegen stehe ich aber zu meiner Rudel-Strophe, denn im Wort Rudel sehe ich hier nicht die Stau-Anhäufung an sich, sondern die Unmenge, welche - eben wie ein Rudel - immer und immer wieder zurselben Zeit auf derselben Route mit demselben Ziel unterwegs sind (bzw. notgedrungen sein müssen), und dann eben in diesem Stau landen.

Danke fürs Vorbeischauen und Kommentieren.

Jenno C.

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