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Wer will nochmal, wer hat noch nicht

 

Wer will konsumentenwunschkonzipierte Ware

auf dem Weg durch die neonlichtbeleuchtete Wärme

bummelnd mit den freudestrahlenden Lächelgesichtern

zusammen im blankgeputzten durchsichtigen Fenster

gläsern zum Spiegeln des Modebewusstseins

von Schaufensterpuppen einladendem Schweigen

begleitete Reklameslogans erzählen ein Märchen

der Geborgenheit im Rabattglück der Schnäppchen

der vielen Dinge die niemand braucht und alle wollen

 

 

*Mal was anderes von mir.

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Geschrieben

Hallo Anonyma,

 

sehr dicht gewoben, deine Gedanken.

begleitete Reklameslogans erzählen ein Märchen

der Geborgenheit im Rabattglück der Schnäppchen

der vielen Dinge die niemand braucht und alle wollen

Der Schluss gefällt mir besonders, da er mir unmittelbar einleuchtet. Die Spanne ist weit von den Dingen, die wir zum Überleben brauchen (Essen, Trinken, Medizin, Kleidung), über die, die wir durchaus nötig haben (Seife, Shampoo, Tampons, Kämme, Bürsten.....), und die, die man gerne hat und verwenden kann (Tageszeitung, Fernseher, Kino, Theater, Lyrik, Romane, Handys......) hin zu denen, die schon ein wenig Luxus bedeuten (Kreuzfahrt, Urlaub am Nordkap, PC, eigenes Auto, Smarphone....). Und dann kommt glaube ich das, was Du hier kritisierst?

 

Mode?

Ein ganz bestimmtes Parfum?

Kaviar?

Eine eigene Jacht?

Ein Top-Smartphone?

Ein E- oder S-Klasse Mercedes?

 

Oder missverstehe ich dich?

 

Halb-Augenzwinkern

 

Ruedi

Geschrieben

Hallo,

Das Thema gefällt mir gut. Allerdings komme ich in den Rhythmus Deines Textes irgendwie nicht rein.

Na ja - das könnte daran liegen, dass es gar keinen Rhythmus hat ...

 

Deshalb schrieb ich ja darunter, dass es etwas anderes ist. Als das, was ich meistens schreibe (und auch, wie).

 

Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass Gedichte immer lyrisch sein müssen - dem ist nicht so. Es gäbe noch Epik, Dramatik, etc. Das hier ist in Richtung von 'Tragikkomödie' zu verorten. Und gewollt nicht lyrisch.

 

Es ist nicht komisch - aber der Inhalt könnte komisch sein, wenn es nicht so traurig wäre, wie es ist. An Absurdität fehlt es im Gedicht nicht - und Absurdität ist ein 'komisches Element'.

 

Ersichtlich wird das bereits mit dem Anfang und dem Ende des Gedichts:

 

Wer will ... <--- eine Frage

alle wollen ... <--- die Antwort

 

Aber: Dadurch, dass es innerhalb des Gedichts keine Interpunktion, keinen 'Zwischenstopp', keinen Halt, kein Ende einer Aussage oder irgendetwas in dieser Art gibt, ist das absurd, da sich hier die Frage selbst beantwortet, obwohl es keine rhetorische Frage ist.

 

Und auch das Geschehen als solches entbehrt nicht einer gewissen Absurdität. Der Aufbau/die Struktur folgt dem.

 

Ich versuche, es an ein paar Beispielen zu erläutern - dabei geht es nicht um versteckte Bedeutungsebenen, sondern um verschiedene Möglichkeiten, die 'Sinneinheiten/-abschnitte' zu lesen:

 

Wer will konsumentenwunschkonzipierte Ware

 

So im Zusammenhang lesbar.

 

konsumentenwunschkonzipierte Ware

auf dem Weg durch

 

So auch.

 

Wer will konsumentenwunschkonzipierte Ware

auf dem Weg durch die neonlichtbeleuchtete Wärme

 

Oder so,

 

konsumentenwunschkonzipierte Ware

auf dem Weg durch die neonlichtbeleuchtete Wärme

bummelnd

 

Oder so.

 

bummelnd mit den freudestrahlenden Lächelgesichtern

zusammen

 

Oder das.

 

mit den freudestrahlenden Lächelgesichtern

zusammen im blankgeputzten durchsichtigen Fenster

 

Das.

 

zusammen im blankgeputzten durchsichtigen Fenster

gläsern zum Spiegeln

 

gläsern zum Spiegeln

 

gläsern zum Spiegeln des Modebewusstseins

 

des Modebewusstseins

von Schaufensterpuppen

 

u.s.w.

 

Der Text ist 'haltlos' fortlaufend. Und führt sich (je weiter es geht, mehr und mehr) selbst 'ad absurdum'. Bis er sozusagen im 'Gipfelpunkt der Absurdität' endet.

Wer will konsumentenwunschkonzipierte Ware

auf dem Weg durch die neonlichtbeleuchtete Wärme

bummelnd mit den freudestrahlenden Lächelgesichtern

zusammen im blankgeputzten durchsichtigen Fenster

gläsern zum Spiegeln des Modebewusstseins

von Schaufensterpuppen einladendem Schweigen

begleitete Reklameslogans erzählen ein Märchen

der Geborgenheit im Rabattglück der Schnäppchen

der vielen Dinge die niemand braucht und alle wollen

So absurd - wie die Wirklichkeit. In einer Einkaufspassage, beispielsweise.

 

Auch Wortkreationen wie 'konsumentenwunschkonzipiert' - also, dieses Wort könnte sich, kann ich mir sehr gut vorstellen, bei Werbepsychologen durchaus so finden lassen ...

 

Keine echte Wärme, illusorische Wärme, im Neonlicht. Die Verkäufer, die Profis und auch die Profis in Werbespots oder auf Reklameplakaten - die lächeln freudestrahlend. Aber, wenn du mal überlegst - wenn du durch so einen Passage gehst, was siehst du? Die Kunden lächeln nicht - und, achte mal darauf - Schaufensterpuppen lächeln auch nicht.

 

Wortwahl - konsomentenwunschkonzipiert, neonlichtbeleuchtet, freudestrahlend, blankgeputzt.

 

Da stellt sich die Frage - ist das Fenster gläsern oder wir? Wer ist hinter Glas und wer 'draußen im Freien'? Wer sind die Puppen - sind sie 'hier und da'?

 

Einladendes Schweigen von Schaufensterpuppen - wortlose Einladung von leblosen Dingen. Wie kann eine Puppe 'Menschen einladen'? Absurd - aber es ist so.

 

Niemand glaubt mehr an Märchen - aber alle glauben sie ...

 

Moderne Zeiten, ein modernes Gedicht (wie gesagt - keine moderne Lyrik), das auf einer ganz anderen Konzeption beruht. Von mir deshalb so gemacht, weil - ich kann mir kaum etwas vorstellen, das zu dieser Thematik schlechter passen würde als Lyrik, sprachliche Harmonie (z. B. durch Reime), echte Ästhetik, Klang, Rhythmus, Melodie etc. Daher findet sich hier nichts dergleichen.

 

Eine absurdes Konstrukt für die Darstellung des absurden Konstruktes der Wirklichkeit. Des absurden Konstruktes unseres heutigen (Alltag-)Lebens.

 

Ich hoffe, ich konnte für dich einiges damit (er)klären.

 

Und - herzlichen Dank ^^ , wenn du es 'nichtsdestotrotz' gerne gelesen hast.

 

(Es ist ein schwieriges Stück, es fordert von Lesern Konzentration und geistige Arbeit; es möchte entschlüsselt werden. Aber ich fand, genau das passt. Es dürfte gar nicht anders konzipiert sein.)

 

LG,

 

Anonyma

 

 

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Hallo, Ruedi,

 

 

sehr dicht gewoben, deine Gedanken.

Danke - so dicht sollte es auch sein. Es freut mich sehr, wenn es zu dir als Leser auch so, wie gedacht, herüberkommt.

 

Und ja, auch das hast du erkannt - es ist Gesellschaftskritik. Kritik nicht an den Menschen, sondern an der beständig stattfindenden Manipulation. Gläserne Menschen, die konsumieren und konsumieren und konsumieren - und keiner von ihnen lächelt. Weil es keinen glücklich macht. Nur die Manipulatoren, die schon ... sie verdienen sich goldene Nasen damit. Doch, letzten Endes - sind die Manipulatoren denn nicht irgendwie, irgendwo immer zugleich auch selbst Manipulierte? Absurd.

 

(Bei Scathach erläuterte ich ja bereits ein bisschen mehr, würde mich freuen, wenn du dort nachliest, denn ich könnte auch nichts anderes tun, als alles hierher zu kopieren. Ich könnte nicht wirklich viel anderes/nicht viel mehr dazu/darüber schreiben.)

 

Wer will - alle wollen ... tja, so ist das.

 

Vielen Dank und ein Augenzwinkern zurück,

 

Anonyma

Geschrieben

Ich finde diesen Text und seine verspielte Andersartigkeit sehr schön.

Der Inhalt selbst spricht mich sehr an und ich werde mich noch ein bisschen damit beschäftigen. Was die Form angeht, da sehe ich mich sowieso gerade um und konnte mir auch etwas mitnehmen.

Viele Worte sind vielleicht auch nicht nötig und um es kurz zu machen: Mir hat es gefallen und ich bedanke mich!

Geschrieben

Hallo, Sushan,

 

Viele Worte sind vielleicht auch nicht nötig

Sind sie nicht - ich freue mich wirklich immer über jeden Kommentar.

 

s

Ich finde diesen Text und seine verspielte Andersartigkeit sehr schön.

Vielen Dank! ^^

 

 

Der Inhalt selbst spricht mich sehr an und ich werde mich noch ein bisschen damit beschäftigen. Was die Form angeht, da sehe ich mich sowieso gerade um und konnte mir auch etwas mitnehmen.

Über diesen Teil deines Kommentars freue ich mich allerdings ganz besonders. Es ist immer etwas sehr Schönes für mich, wenn ein Leser/eine Leserin etwas für sich finden und mitnehmen kann.

 

Kein Grund, zu danken - außer auf meiner Seite: Herzlichen Dank für deinen Beitrag!

 

LG,

 

Anonyma

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