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Eine kleine Zeitreise

 

_Neulich habe ich eine kleine Zeitreise unternommen, um meinen Urgroßenkel zu besuchen. Er klärte mich auf, dass ich nicht wirklich eine Zeitreise gemacht habe, sondern dass ich eine intelligente Simulation sei, basierend auf einer Analyse seiner eigenen DNA. Aber das ist natürlich Quatsch. Ich weiß ja, wer ich bin.

align=justify_Mit leuchtenden Augen zeigte er mir die Errungenschaften seiner Zivilisation.

_„Wir haben den Hunger gelöst! Niemand muss mehr an Unter- oder Mangelernährung leiden, denn es gibt jetzt syntethisch hergestellte Perfect Foods, die alles enthalten, was der menschliche Körper benötigt. Und für den guten Geschmack kann man Nano-Neurostimulatoren verwenden. Mein Favorit ist Seealgen-Pudding.

_„Natürlich kostet die Herstellung enorm viel Energie, aber das ist kein Problem, denn wir haben unbegrenzt Strom durch die Kraft der Sonne. Schau, vor ein paar Jahren haben wir festgestellt, dass Sonnenlicht viel mehr Energie freisetzen kann, als unser Gaia-System tatsächlich verwendet. Alles, was wir dafür tun mussten, war 80-90% der Erdoberfläche mit Solarpanelen abzudecken. Das, was du über uns als „Himmel“ siehst, sind energieeffiziente Superneonröhren, die den Sonnenverlauf immitieren. Damit verfügen wir nicht nur über quasi unendlich viel Energie sondern konnten ganz nebenbei die Erderwärmung stoppen, denn wir können jetzt kilowattgenau regulieren, wieviel Sonnenenergie auf der Erde verbleibt und wieviel zurück ins Weltall befördert wird.“

_Während wir zu Mittag aßen, machte ich ein paar Bemerkungen zur Architektur, die in meinen Augen doch sehr außergewöhnlich war.

_„Oh, da haben wir wirklich Unglaubliches verbracht. Ich werde dich nicht mit den Details langweilen, aber unsere Städte reichen über den ganzen Globus. Sie erstrecken sich über Hügel, Steppen und Wüsten. Sie schwimmen auf den Ozeanen, sie erklimmen den Himalya, sogar tief im Erdreich haben wir gesiedelt. Wahre Meisterwerke der Ingenieurskunst, perfekt konzipiert. Da wird kein Quadratmeter verschwendet.“

_So ging es noch den ganzen Tag weiter und ich zeigte mich in angemessenen Teilen beeindruckt, erstaunt und verwirrt – was mir nicht schwer viel. Was ich aber zunächst verbarg, war mein Entsetzen über die Lebenweise der Menschen hier. Am Abend musste ich dann aber einfach fragen.

_„Aber hast du denn noch nie den Atem angehalten, ergriffen von der majestätischen Präsenz eines wilden Rehs? Hast du noch nie die Verbundenheit gespürt, die einen ergreift, wenn man etwas auf dem Teller hat, das man selbst gepflanzt und geerntet hat? Hast du noch nie deine Zehen im nassen Sand vergraben, den Blick auf die unfassbare Weite des Meeres gerichtet und dich wohl aufgehoben gefühlt in der unerklärlichen Gewissheit, dass alles in Ordnung ist? Fehlt dir denn sowas nicht? Hast du nicht das Gefühl, unvollständig zu sein?“

_„Naja, die Amish glauben an so etwas“, winkte er leicht abfällig ab. „Aber das ist natürlich Quatsch. Ich weiß ja, wer ich bin.“

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