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Geschrieben am

Die Milch der frühen Morgenstunde

 

Ich trinke die milch der frühen morgenstunde,

da die nacht hinter dem horizont versinkt

ich schmecke den herben geruch verrottenden pappellaubes

 

unter mir knistert weißes gras vom morgentau gehärtet

in der ferne der unheimliche ruf der unken

 

behutsam und lauschend

nähere ich mich der steilkante

 

schweigend und erstarrt steht der wald

die zitternde luft nur durchtönt

vom einsam-knarrenden schrei des hähers

 

plötzlich die stille

 

die geschöpfe der finsternis haben beschlossen zu schweigen

ich stehe verstört und warte

vor mir der abgrund schwarz und noch erfüllt von der kälte der nacht

über mir ein berg geronnener erinnerungen

 

doch die unken die künder der zukunft

verweigern dem fremdling die auskunft

 

eine alte sandgrube - symbol des Lebens

da ist die kälte der nacht

da gähnt der abgrund

da ist die hoffnung, dass der boden hält

 

und niemand gibt auskunft

 

 

 

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Geschrieben

Hallo wundi,

 

ich finde deine Geschichte hat etwas phantastisches (im Sinne von Phantastik), obwohl ja eigentlich nichts außergewöhnliches passiert. Allein deine phantasievolle Wortwahl entführt einen in so eine kleine, geheimnisvolle Welt. Meine Lieblingsstelle ist:

 

doch die unken die künder der zukunft

verweigern dem fremdling die auskunft

Das wirkt so, als können das LI es nicht ganz schaffen, ausreichend Interesse aufzubringen, um sich über die frechen Biester aufzuregen. Eine skurile Mischung aus Aufgebrachtheit und Resignation kommt mir da entgegen.

 

Die "geschöpfe der finsternis" fand ich etwas zu dick aufgetragen, aber sowas ist natürlich immer Geschmackssache.

 

Dann hast du die beiden Worte "Ich" und "Leben" dadurch gekrönt, dass du sie groß geschrieben hast. Ich finde, sowas hat immer eine tolle Wirkung und erinnert mich an eden ahbez, der meinte, dass nur die Wörter Gott und Unendlichkeit es verdient haben, groß geschrieben zu werden. In deinem Text ist es aber das Wort Leben und für mich wirft das noch mal den ganzen Text um, der ja sehr düster ist:

Da steht das LI die ganze kalte Nacht vor der alten Sandgrube im Wald und brütet über Vergangenes, während sich vor ihm der Abgrund immer weiter füllt mit Kälte und Schwärze. Im letzten Moment (vor dem Sprung?) ist da dann doch plötzlich Hoffnung, aber es fehlt jemand, der stützt und tröstet. Man weiß also nicht, wie es ausgeht - wäre da nicht dieses groß geschriebene Leben, das über allen anderen Wörtern thront. Ich lese darin einen Sieg des Lebens über den Abgrund.

 

Mir ist aber noch unklar, warum nun das erste Ich groß geschrieben ist aber alle weiteren klein.

 

Vielen Dank für diese unheimliche, spannende und geheimnisvolle Geschichte.

Geschrieben

hallo nachtschwärmer

 

vielen dank für deine einfühlsame interpretation! Ich und Leben soll der leser verbinden, etwa Ich bin Leben oder Ich will Leben. Zunächst hatte ich vor, ICH und LEBEN zu schreiben. Aber das kam mir dann doch zu marktschreierisch vor. Die anderen ichs auch noch groß? Lieber nicht, das wäre für mein gefühl zu egozentrisch.

mit weihn. grüßen

wundi

 

 

Überheblichkeit ist der beste weg zum misserfolg. W.B.Yeats

Geschrieben

Hallo wundi,

 

jetzt bitte nicht in den falschen Hals bekommen. Ich gehe davon aus, dass dieses Gedicht eine besondere Bedeutung für dich hat und du deshalb den Text so geschrieben hast wie er steht. Daran will ich auch nichts herumkritteln oder zu Änderungen auffordern.

 

Als Leser war ich allerdings nach dem "Häher", spätestens nach der "Stille" in der nächsten Zeile sozusagen satt. Ich fände den Text eindrucksvoller, wenn ab da nichts mehr weitererzählt würde.

 

Das ist ein wirklich positiv gemeintes Feedback. Der Text bis dahin ist toll. Danach wird es mir aber zu eng durch die weitere Schilderung.

 

LG

 

Ruedi

  • 1 Jahr später...
Geschrieben

Hallo wundi,

 

ich fühle mich, wie auf eine Phantasiereise mitgenommen, durch die Zeit und den Raum in Geheimnisse, die vielleicht besser im Verborgenen bleiben..

Während der ersten Verse hatte ich noch Paul Celan's "Schwarze Milch der Frühe" im Kopf, aber das Bild verflog schnell.

Das LI sucht Antworten, scheint selbst nicht so recht zu wissen wie es in den Wald und vor die Sandgrube geraten ist, was es dort tut und was die Gestalten dort tun und wollen. Eine Welt zwischen Wahn und Sinn, so scheint mir.

Trotz der düsteren Stimmung spricht eine starke Hoffnung aus den Zeilen, und das Leben sucht seinen Weg. Ob der Boden hält.. kann nur der Wagemutige herausfinden, der ihn betritt. Wenn niemand Auskunft gibt,  können wir nur verharren, oder ein Wagnis eingehen - das Leben selbst kennt keinen Stillstand.

 

Jetzt weiß ich welcher Begriff passend ist - nicht Phantasiereise, sondern Zwischenwelt. Ich fühle mich wie in eine Zwischenwelt mitgenommen. Zwischen Realität und Traum, zwischen den Wahrnehmungen des LI und einer Beobachterrolle, zwischen der Zeit.. ja, das passt besser.

 

Liebe Grüße, Lichtsammlerin

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