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Geschrieben

Hallo Ruedi,

Weisheiten von Voltaire haben wir hier eher selten.

Ein wenig fehlt mir der Übergang bzw. Zusammenhang des Textes zum Titel, aber als Leser soll man ja auch etwas zum Nachdenken haben.

LG

Perry

Geschrieben

Voltaire hatte ja auch keine Ahnung vom besten Deutschland welches wir je hatten.

Eine Steigerung ist kaum möglich, denn Perfektion kann man nicht verbessern.

Deine teure Ketzerei ist also nahe am Populismus.

Geschrieben

Hallo Ruedi,

 

das Bessere ist der Feind des Guten; so weit so klar.

 

Wenn das 'Bessere' sich aber, so ließe sich dein Gedicht interpretieren, nur auf Gewinnmaximierung, Gewinnausschüttung, Synergien, DAX-Kompatibilität, Produktionssteigerung etc. reduziert, bliebe der Mensch auf der Strecke.

 

Wobei: Von 'moderner', 'progressiver', 'ökologischer' etc. ist permanent die Rede. Diese Begriffe werden m.E. gern und oft benutzt; doch vom Wort hin zur Tat ist es ein lange Weg ...

 

Insgesamt lese ich dein Gedicht als muntere und gelungene Jonglage mit Schlagwörtern und Sprüchen.

 

LG

Berthold

Geschrieben

Hallo euch beiden und herzlichen Dank für das Feedback. Ich habe nach ein wenig Recherche erstaunt festgestellt, dass in diesem Satz von Voltaire, der in meiner Familie öfter mal zitiert wurde und mich seit Kindesbeinen begleitet, wesentlich mehr offene Fragen stecken, als man auf den ersten Blick annimmt. Außerdem habe ich gelernt, dass er von Voltaire stammt.

 

Dieser Satz wurde "bei uns" stets in dem Sinne vorgebracht, dass das Bessere dem Guten überlegen ist und das bloß Gute früher oder später vom Besseren verdrängt wird. So wie die Autos, die ich im Laufe meines Lebens fuhr, tendenziell immer besser ausgestattet waren und immer sicherer und komfortabler wurden (mit Ausreißern). Folgerung: Es lohnt sich also, stets nach weiteren Verbesserungen zu streben, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Luft an der Spitze ist dünn und nur wenige kommen überhaupt in die Verlegenheit, sie zu atmen. Eine ganze Menge "Gute" stehen unterhalb des Gipfels.

 

Allerdings ist dies wohl aus dem Zusammenhang gerissen. In dem Zusammenhang, in dem Voltaire dies schreibt, ist - wie ich bei Dritten gelesen habe - eher das Gegenteil gemeint. Er warnt wohl in einem Beispiel davor, wenn man sich in einer guten Lebenssituation befindet, noch weiter nach dem Besseren zu streben, da ebendieses Streben dazu führen kann, dass das Gute von seinem Feind zerstört wird, ohne dass das angestrebte Bessere tatsächlich eintritt. Siehe die ganzen Herren, die eine laufende Ehe zerstören, weil sie das gute (Ehefrau-)Modell durch ein jüngeres ersetzen möchten. Ohne das jüngere Modell dann auch unbedingt zu bekommen. Dieser neue Zusammenhang hat mich doch überrascht.

 

Worauf ich selbst hinaus wollte war, dass bestimmte Begriffe (siehe die obige beispielhafte Aufzählung, beginnend mit "moderner") manchmal ein wenig automatisiert als Verbesserung gelten, ohne dass das unbedingt belegbar wäre. Passendes Label drauf und flugs verkauft sich das Produkt, die Idee, die Haltung oder was auch immer bei bestimmten Leuten wie von selbst (gilt auch für "Bio", "Sonderangebot"...). Ich ziehe also der Leichtfertigkeit eins über. :evil: Oder wahlweise der Denkfaulheit. Dem gedankenlosen Nachlaufen hinter jeder neuen Idee und Mode.

 

Eine zweite Frage ist aber m.E. ebenfalls eingewoben: Kann man "besser" für irgendetwas absolut feststellen? Oder ist es nicht stets vom persönlichen Standpunkt und den persönlichen Kriterien und Anforderungen abhängig, was man als Verbesserung ansieht? Ein Auto, dass weniger Sprit für die gleiche Strecke braucht als das Konkurrenzmodell erscheint sehr schnell als das bessere - aber auch für die Firmen, die vom Benzinverkauf leben? Und ist ein Auto, das weniger braucht, aber nur 2 Personen Platz bietet auch für eine Familie mit 4 Personen besser?

 

Ist der Einsatz einer Maschine in einem produzierenden Betrieb besser, wenn die so viel leistet wie vorher 6 Arbeiter, aber zu einem Zehntel der Kosten? Für den Produzenten ohne Frage. Für den Arbeiter, der arbeitslos wird, sicher nicht. Für den Kunden hängt es davon ab, ob die Ersparnis zum Teil oder ganz an ihn über einen niedrigeren Preis weitergegeben wird.

 

Was ist besser: Die Milliarden Menschen auf unserem Planeten weiter zu ernähren durch noch mehr Landwirtschaft, Viehzucht etc. Oder unsere Zahl durch Geburtenkontrolle langsam wieder auf 2-4 Milliarden runterzuregeln? Und für wen wäre welche dieser Lösungen "besser"? Ich gehe mal davon aus, dass die Beseitigung der bereits Geborenen durch Massenvernichtungswaffen allgemein als "schlechter" bewertet wird. Man könnte ja u.U. selbst betroffen sein.

 

Und wären "weniger Kunden" auch besser für diejenigen, die diese Menschen versorgen und davon leben? Für den Planeten und seine Ressourcen und unsere Mitgeschöpfe wahrscheinlich schon. Aber wollen wir uns am Ende selbst abschaffen - also auch den Typen bzw. die Ische, die mir morgens aus dem Spiegel entgegensieht? Alles nicht so einfach.

 

Diese letzten Punkte waren eigentlich das, was mir durch den Kopf ging, als ich den Text endlich mal ausformuliert hatte. Die Idee hatte ich schon lange.

 

GLG

 

Ruedi

Geschrieben

Hallo Berthold,

 

vielen Dank für dein Feedback als "gelungene Jonglage". Du hast es gepostet, während ich noch an meiner Antwort an Perry und Sushan schrieb. Wie Du siehst, gehen unsere Gedanken in eine ähnliche Richtung.

 

Es freut mich stets, von dir zu lesen. Ich habe deine Kommentare und Posts hier ein wenig verfolgt, obwohl ich selbst jetzt einige Monate weniger aktiv und anwesend war.

 

LG

 

Ruedi

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