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Steine im Meer


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Steine, Mama. Und Wellen.

Manchmal hast du einen aufgehoben und dich gefreut wie angenehm weich er in deiner Hand lag.

Jahrtausende vom Meerwasser geschliffen.

Ohne scharfe Kanten

und ich habe dich lächeln sehen.

Die Steine in meiner Brust sind nicht geschliffen

ihre Kanten schneiden.

Manche Steine waren zu schwer. Oder das Wasser zu lebendig. Du hast sie angeschrien, aber auch nach all den Jahren haben sie das Schwimmen nicht gelernt.

Sie wollten untergehen und zogen mich mit.

Ein Sog in die Tiefe.

Ich war kein Fels in der Brandung, Mama, ich konnte nicht standhalten.

 

Ich erinnere mich an deine Hände

als sie sanft und schützend waren. Können wir einfach dahin zurück kehren?

Du würdest mir zuhören und ich die Wahrheit sagen.

Ich müsste die Steine nicht mit dem Salz meiner Tränen schleifen, Tränen, die du nie gesehen hast.

Und die Zeit würde mir vergeben.

Würdest du das auch?

 

Gischtzungen lecken an meinen Knöcheln. Eisig.

Der Wind hat uns leichter gemacht, deine Gedanken für einige Stunden fort getragen.

Ich versuche diese Augenblicke festzuhalten, sie nicht von der Dunkelheit verschlingen zu lassen, die von allen Seiten nach mir greift.

Du siehst es

vielleicht ist es Gewohnheit - dass du siehst

ohne ehrlich zu sein.

Der Wind unterscheidet nicht, er trägt die Wahrheit und die Lügen gleichsam fort.

Wir lernen vergessen, hier.

Wenn ich je zurück käme

und dich bitten würde ehrlich zu sein - zu dir selbst -

würdest du dich erinnern?

 

Ich erinnere mich an deine Stimme

als sie beruhigend und die Worte leicht waren.

Einfache Worte, Mama.

Deine Stimme war Melodie, vertraut.

Wenn du nicht geschrien hast und meine Welt ein Oben und Unten hatte.

Es hätte schön sein können.

Vielleicht hätten wir einfach dort bleiben sollen und das Meer hätte uns durch die Jahre treiben lassen.

Nicht gestoßen.

 

Warten macht einsam, Mama.

Ich habe viel gewartet. Worauf.

Dass du mich ansiehst. Dass du mir Schutz gewährst, dass die Steine schwimmen lernen, dass du durch mein Schweigen siehst, durch meine Lügen.

Aber vielleicht war ich zu gut im Verdrängen und du darin Wahres in Lügen zu schmücken.

Jetzt treibt der Wind Schweigen an unsere Ufer

Welle um Welle.

Ich denke oft an dich, an deinen Blick übers Meer.

Bevor er dunkel wurde und nur blitzte wenn Wut dein Gesicht entstellte, diese Maske.

Du hast ein schönes Gesicht. Auch wenn du es selten zeigtest, ich wusste, dass es da ist.

Wenn ich ganz still war, konnte ich die Wärme spüren, die irgendwo tief in dir gegen die eisigen Wasser pochte.

 

Unter Wasser ist es ganz still.

Darum tauche ich gerne.

Auch ich war nur einer dieser Steine, unfähig, mich an der Oberfläche zu halten.

Ich bin noch da, Mama.

Ich stehe am Meer und Wellen umspülen mein Kinn.

Die Zeit tickt nicht und

dein Herz wird leicht.

Ich wünschte, ich könnte dich noch einmal lächeln sehen.

Ich gehe noch einen Schritt

Wasser schwappt über meinen Kopf, ich lasse los. Treibe mit der Strömung.

Endlich verlöschen die Flammen in meinem Inneren, die du nie zähmen konntest, die du nie sahst, weil das Feuer einem anderen geschuldet war.

Schwarze Glut bleibt wie ein Mantel um mein Herz.

Ich sinke hinab und Stille hüllt mich ein.

Am Grund rolle ich mich zusammen, warte auf die Jahrtausende, die mich schleifen und Meerwasser, das meine Kanten glättet.

Vielleicht hebst du mich eines Tages auf und freust dich, wie angenehm weich ich in deiner Hand liege.

Dann werde ich noch einmal dein Lächeln sehen.

Dieses Lächeln, Mama.

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Hallo Lichtsammlerin,

 

eindrückliche Erinnerungen und Gedanken hast du hier aufgeschrieben.

 

Die Ich-Erzählerin erinnert sich an einen Aufenthalt mit ihrer Mama am Meer, an glückliche Augenblicke: ihr Lächeln, ihre sanften und schützenden Hände. Doch diese lichten Momente können die düstere Kindheit der Ich-Erzählerin nicht wirklich erhellen. Die schweren und scharfkantigen Steine in ihrer Brust ziehen sie in die Tiefe, und nur das Salz ihrer Tränen tauge dazu, die Kanten zu schleifen.

Ihr sehnlicher Wunsch nach einer Mama, die ihr Wärme und Fürsorge schenkt, wird nicht erfüllt:

*Ich habe viel gewartet. Worauf.

Dass du mich ansiehst. Dass du mir Schutz gewährst, dass die Steine schwimmen lernen, dass du durch mein Schweigen siehst, durch meine Lügen.

 

So bleibt es der kalten Zeit überlassen, die scharfen Kanten der Steine zu bearbeiten:

*Ich sinke hinab und Stille hüllt mich ein.

Am Grund rolle ich mich zusammen, warte auf die Jahrtausende, die mich schleifen und Meerwasser, das meine Kanten glättet.

Vielleicht hebst du mich eines Tages auf und freust dich, wie angenehm weich ich in deiner Hand liege.

Dann werde ich noch einmal dein Lächeln sehen.

Diese Passage finde ich besonders gelungen und stark.

 

Dein Schlussgedanke / Schlussbild erinnert mich an eine Szene aus Spielbergs Film 'A.I. - Künstliche Intelligenz'; ein Film den ich schätze.

 

Insgesamt ein überzeugender Text, meine ich, emotional, traurig, mit vielen 'schönen' Bildern.

 

Lichtsammlerin, ich habe deine Zeilen gern und nachdenklich gelesen.

 

LG

Berthold

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Hallo Berthold,

 

vielen Dank für deine intensive Auseinandersetzung mit meinem Text.

Du hast die Hintergründe wunderbar aufgeschlüsselt, ich habe dem im Grunde nichts hinzuzufügen.

Dieser Text ist (mal wieder) mehr ein autobiographischer Text, und bei einem Besuch am Meer kamen diese Gedanken und Erinnerungen an meine Mutter. Auch wenn es manchmal weh tut, ich denke gerne an sie.

Die Kanten bleiben und kein Meerwasser schleift mich, aber in der Vorstellung gefällt mir dieses Bild, irgendwann als Stein weich in ihrer Hand zu liegen, und ihr ein Lächeln ins Gesicht zu zauben.

Danke auch für dein Lob, das freut mich natürlich sehr.

 

Den Film "A.I. - Künstliche Intelligenz" kenne ich gar nicht, dabei ist die Thematik so interessant.. muss ich wohl nachholen

 

LG

Lichtsammlerin

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