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Geschrieben am

Heute habe ich beschlossen,

mich so richtig zu besaufen.

Doch bevor ich es genossen,

musste ich den Schluck erst kaufen.

Pure Lust und Laune

spürt ich und den Drang,

und mit Glücksgeraune

kam ich schnell in Gang.

 

Schlürfe, schlürfe

manche Schlucke,

dass die Spucke

zäher fließe

und mit einem jähen Drucke

in die Kehle sich ergieße.

 

Und nun mach, du Teufelswasser!

Gib es meiner müden Seele.

Sei ein wahrer Tausendsassa.

Höre, was ich dir befehle!

Auf zwei Beinen schwankend,

duselig im Kopf,

miese Plörre tankend.

Ach, ich armer Tropf.

 

Schlürfe, schlürfe

manche Schlucke,

dass die Spucke

zäher fließe

und mit einem jähen Drucke

in die Kehle sich ergieße.

 

Laufe weg vor den Gefühlen,

träume mich in Niemandsland.

Muss die Angst doch runterspülen,

raubt sie mir sonst den Verstand.

 

Tausende von Malen,

hab ich mich befüllt,

unter manchen Qualen,

meinen Frust gekillt.

 

Höre! Höre!

Ich will leben

und will geben

angemessen!

Bitte hilf mir und ich schwöre,

dass ich nie mehr sauf stattdessen.

 

Glaube mir, ich mach ein Ende,

will fortan nur noch genießen.

Meines Lebens, Glückes Wende

mit dem Zaubertrank begießen.

Viele kleine Schlucke

schlürfe ich hinein.

Meine zähe Spucke,

soll verteufelt sein.

 

Nein, nicht länger

will ich saufen,

überlaufen.

Das ist böse!

Darum wird mir auch nicht bänger!

Weil ich mich davon erlöse.

 

Wart nur ab, du Teufelswasser,

denn ich werde dich ertränken

und mit dir den Tausendsassa.

Niemals mehr wirst du mich kränken!

 

Deine miese Plörre,

die ich gar nicht will,

macht mich nicht mehr irre,

hab verbannt den Drill!

Kann am Ende

es nicht lassen,

es zu hassen

und zu tragen.

Will die Flaschen nun behende,

mit den Händen stumm zerschlagen.

 

Seht was ich geschaffen habe,

all die Trümmer meiner Seele

ruhn als Scherben: Staub zu Grabe,

weil ich es mir selbst befehle.

 

Niemals mehr besoffen!

Alles ist entzwei.

Nein! Es ist kein Hoffen.

Ich bin endlich frei.

 

Siehe! Siehe!

Meine Seele

ich befehle

dir zu leben

ohne Wenn und ohne Wehe

und dich niemals aufzugeben!

 

Für den Falle eines Falles,

muss ich neuen Willen tanken.

Saufen ist weißgott nicht alles,

weise ich mich in die Schranken!

Nein, ich bin kein Meister,

doch ich fühl mich groß.

Meine Lebensgeister,

werd ich nie mehr los.

 

Ich will leben,

jetzt und heute,

liebe Leute.

Vorwärtsdenken!

Alles will ich dafür geben,

mir ein neues Leben schenken.

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  • Danke 1
  • wow... 3
Geschrieben

liebe letreo,

 

wahrlich meisterhaft hast du hier die geschichte des LI an den zauberlehrling angelehnt, geniale idee. gleichzeitig kommt soviel willensstärke und lebenslust bei mir an, aber auch der zwang und die überwindung, vom alkohol abzulassen und das leben im rausch des lebens selbst zu leben. puhh.

 

lediglich vers 3 und 4 der ersten strophe finde ich unnötig, weil es nichts zur sache tut, dass man den alkohol erst kaufen muss. vielleicht könntest du stattdessen etwas in dieser richtung einbauen: also hab ich eingegossen, lass es in den becher laufen. oder so ähnlich.

 

lg

sofakatze

  • Danke 1
Geschrieben

Liebe Sofakatze,

 

ich freue mich sehr über dein Lob. Mir ist dieses Gedicht nicht leicht gefallen, aber es brannte mir auf der Seele, es für einen lieben Menschen zu schreiben. Ich wünschte, ich wäre damit zu ihm durchgedrungen. (Zu Schulzeiten mochten wir beide das Original und haben es eifrig geübt.)

Deine Anmerkung zu den Versen 3 und 4, macht mich etwas stutzig, weil sie aus meiner Sicht sehr wichtig sind, denn es ist wohl mit viel Anstrengung verbunden, sich immer wieder aufzufüllen. Ich werde darüber gern nachdenken.

 

Lieben Gruß

 

Letreo

Geschrieben

Halli Halletreo

 

Walle Walle....

 

 

Ich hatte nur unterbewusst Bezug zum Zauberlehrling genommen. Doch etwas im Hinterstübchen nahm schon den altbewährten Lesetakt ein. Starkes stück mit diesem Korsett zu schreiben.

Auch die warnende Grundaussage zum Feuerwasser kann ich nur unterstützen. Gern in Maßen und zu Anlässen das genügt, ist organschonender.

 

MfG

  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Letreo,

 

was für ein feuriges Erkennen und Bekennen dem "Suff" zu trotzen.

Stilistisch musste ich auch an Goethes Zauberlehrling denken (Walle, walle):

 

Schlürfe, schlürfe

manche Schlucke,

dass die Spucke

zäher fließe

und mit einem jähen Drucke

in die Kehle sich ergieße.

 

Sehr gern gelesen und genossen, weiter so!

LG

Perry

  • Danke 1
Geschrieben

Der Zauberlehrling einmal anders, liebe Letreo, klasse! Auch ich habe mich schon mal von Goethes Ballade inspirieren lassen. Allerdings muss ich sofakatze zustimmen, die angesprochenen Verse 3 und 4 haben wenig Aussagekraft. Ich könnte mir die erste Strophe so oder so ähnlich vorstellen:

 

Heute habe ich beschlossen,

mich so richtig zu besaufen,

und nachdem ich eingegossen,

ließ ich’s durch die Kehle laufen.

Pure Lust und Laune

spürt ich und den Drang,

und mit Glücksgeraune

kam ich schnell in Gang.

 

Dein Gedicht als Appell an deinen Jugendfreund hat seine Wirkung offensichtlich verfehlt. Einem Alkoholiker muss man mit einer weitaus stärkeren Keule kommen, und auch die wird meistens versagen.

 

Liebe Grüße

Nöck

  • Danke 1
Geschrieben

Lieber Nöck,

 

ich freue mich über deinen lobenden Kommentar und ich danke dir für deinen Vorschlag, der vermutlich sogar besser passt! Für mich ist das nicht so, denn ich habe sehr lange an dem Gedicht gesessen und Wort für Wort genau überlegt und ich würde es heute immer noch so ausdrücken. Es geht um meinen Bruder und ich weiß, warum ich ihm nicht helfen kann, weder sanft, noch hart. Mir aber hat die Verarbeitung in dieser Form sehr geholfen.

 

Einen lieben Gruß

 

Letreo

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Liebe Letreo,

 

sehr beachtlich, wie du dich ganz eng an die Vorgabe gehalten hast und den langen Kampf gegen den Alkoholismus durch ein langes Gedicht beschrieben hast!mile:

Allein schon des Fleißes wegen gebührt dir Respekt, aber dass es so gut geworden ist, mit natürlich wirkender Wortwahl und technisch perfekt - alle Achtung! Noch dazu hast du es geschafft, ein sehr schweres Thema (und du schriebst ja auch, dass es dir selbst nahe geht) ganz unverkrampft, fast schon locker zu bedichten, ohne es in die Albernheit hinabgleiten zu lassen.

 

LG

  • Danke 1
  • 3 Monate später...
Geschrieben (bearbeitet)

Hallo Josina,

 

es macht ebenso viel Freude, solch einen Kommentar zu lesen.;-)

 

Vielen Dank für deine Worte!

 

Lieben Gruß, Letreo

 

**********************************************************************

 

@anaisHerzlichen Dank für die Empfehlung!

 

**********************************************************************

 

An: Seegurke, Berthold, Walther, Carry, Lotte und MRE ein großes Dankeschön fürs Lesen und Liken!

 

**********************************************************************

 

Liebe Grüße, Letreo

Geschrieben (bearbeitet)

Hallo Letreo,

ich hatte das übergroße Glück, am heutigen Abend zu einer Soiree in Weimar eingeladen worden zu sein. Die Fürstin Amalia ist eine liebenswürdige Gastgeberin und ich durfte in Anwesenheit Seiner Exzellenz, dem Geheimen Rat von Goethe, Dein Gedicht vorlesen. Und was hat das Schlitzohr Goethe gemacht? Er hat sich in einen Nebenraum verkrümelt und kam nach einer geschlagenen Stunde zurück und trug ein neues Gedicht vor. Dabei hat er Deine Form übernommen und aus Deinem sehr nachdenklich stimmenden Inhalt fast einen Schwank gemacht. Zugegeben - er hat sein Gedicht glänzend vorgetragen und, was mich am meisten begeisterte, er ganz ehrlich zugegeben, dass Dein Gedicht für ihn die Initialzündung zu seinem Zauberlehrling gewesen ist.

Langer Rede kurzer Sinn: Da ist Dir etwas sehr Gutes gelungen. Chapeau!

Hayk

  • Danke 1

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