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Auf der Wartebank

 

Der alte Mann, im Park, auf einer Bank,
bemerkt sie nicht, die Frauen beim Spazieren
und nicht das Kind, beim Raufen am Verlieren.
Sieht nur nach innen, fühlt sich matt und krank.

 

Das Leben, es pulsiert um ihn herum,
die Bäume blühen, Vögel sind am Singen,
als könnten sie die Daseinslust erzwingen.
Des Mannes Rücken schmerzt, seit langem krumm.

 

Was will ich hier, was hat mich hergeführt?
Das fragt er sich, bleibt sich die  Antwort schuldig
und wartet weiter, einsam und geduldig.
Worauf? Dass jemand ihm sein Bündel schnürt,

 

ihn an die Hand nimmt, seine Schritte lenkt,
damit er wieder weiß, wohin die Reise 
am Ende gehen soll, in Art und Weise 
des letzten Wegs, der ihm Erlösung schenkt.

 

Der alte Mann, im Park, auf einer Bank,
bemerkt den Tod. Er lächelt, voller Dank.

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Hallo Anonyma,

 

als alter Mann, kann ich mich gut in diesen deines Gedichts hineinversetzen.

Aber schon in jungen Jahren lebte ich lieber, wie Sartre, eher in den Büchern.

Alle Jahreszeiten vereinen sich für mich auf einer Seite.

Hassen tue ich was die meisten lieben: Die Hitze. Bei mir zu Hause sind wir vor der Sonne geflüchtet, haben immer den Schatten gesucht.

Ich habe viel Erfahrung mit alten und kranken Menschen.

Das Beste, was einem passieren kann, ist plötzlich zu sterben, bevor man wie der Mann deines Gedichts, halb tot auf den Tod wartet.

Dein Gedicht ist perfekt.

Liebe Grüße

Carlos

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Hallo, Carlos Larrea,

 

ich bin auch nicht mehr die Jüngste - obwohl, irgendwo, in mir, steckt, nicht immer, aber immer noch und manchmal auch immer öfter :wink:, das junge, 16-jährige Mädchen, das ich hege und pflege, damit es mir nicht abhanden kommt ...

 

Ich liebe Hitze ebenso wenig, obwohl mir Wärme lieber ist als Kälte. Aber Hitze ist, gerade in Deutschland und vor allem in Städten, oft mehr Schwüle und meist 'drückend'. Dieses Jahr gab es hier, bei mir, eine Phase, die mehrere Wochen anhielt und in der die Luftfeuchtigkeit so hoch war, dass ich ab und zu das Gefühl hatte, als ob mir demnächst Kiemen wachsen müssten, da ich gewissermaßen 'unter Wasser atmen musste'. :pinch:

 

vor 13 Stunden schrieb Carlos Larrea:

Das Beste, was einem passieren kann, ist plötzlich zu sterben, bevor man wie der Mann deines Gedichts, halb tot auf den Tod wartet.

Das hast du sehr gut erkannt. Ja, dieser alte Mann ist zwar noch da, aber auch nicht da. Nicht mehr wirklich am Leben, aber noch nicht tot. Ein Art 'Schwebezustand', ohne (Rück-)Halt. Eine verlorene Seele.

 

Wichtig ist, dass dieses Gedicht nicht mit Metaphorik, sondern mit Symbolik 'arbeitet'. Denn dieses Gedicht 'spielt' in der Realität. Dieser alte Mann ist ein 'exemplarisches Beispiel'. Er steht für die wachsende Altersarmut und für die zunehmende Vereinsamung, die sich unter uns Menschen, jeden Alters, immer mehr und immer weiter ausbreitet. 

In der Steinzeit lebten wir Menschen unserer Natur gemäß. Es spielt keine Rolle, woran man glaubt. Ob uns nun Gott direkt geschaffen hat oder ob Gott die Evolution erschuf und sie als Werkzeug nutzte oder ob man an die Evolution als solche alleine glaubt -  es macht keinen Unterschied. In jedem Fall leben wir nicht mehr unserer Natur gemäß.

 

Wir sind 'gemacht' für das Leben in der Sippe oder in einem kleinen Stamm. In einer überschaubaren und für uns mit unserer Empathie zu vereinbarenden Größe. Als wir Menschen dann von der Jäger- und Sammler-Kultur zu Ackerbau und Viehzucht wechselten, kamen zum einen Dörfer, danach auch Städte und unser Zusammenleben veränderte sich, die 'Sippen-Bindung' wurde weniger eng, dafür entstanden Großfamilien. 

 

Vor kurzer Zeit fand, im Zuge der letzen Entwicklung, der Industrialisierung oder auch des 'technische Zeitalters', eine erneute Veränderung statt, hin zur Kleinfamilie. Und aus Städten wurden Großstädte.

 

Für mich, da befinden wir uns gerade erneut in einer solchen 'Umbruchphase'. Emotionale Bindungen werden immer wenig eng oder intensiv, Trennungen häufiger und leichter zu vollziehen, die Struktur der Kleinfamilie zerbricht. Paarbeziehungen, auf Distanz begonnen, distanziert geführt und auf Distanz beendet (Internet, zwei Wohnungen, Trennung per SMS u.s.w.) Immer mehr 'Singles'. Aus Großstädten werden Weltstädte. 

 

Eine gravierende Zunahme psychischer Erkrankungen, vor allem von Depressionen. Kausalität - das Ursache-Wirkungs-Prinzip. Nichts geschieht ohne Ursache.

 

Mir macht diese Entwicklung große Sorgen. Wohin wird das führen? Indizien dafür finden sich vielfältig. Ich-AGs. Es gibt ein Videospiel mit dem Namen 'Subnautica', ein Überlebensspiel, in dem der Spielcharakter durch den Absturz des Raumschiffes, auf dem er sich befand, auf einem fremden Planeten, einem Wasserplaneten, strandet. Dort muss er darum ringen, zu überleben und er muss darauf hinarbeiten, den Planeten wieder verlassen zu können. Ein sehr schönes Spiel übrigens, es spielt tatsächlich unter Wasser und ist auch optisch wirklich gut umgesetzt. Irgendwann, im Spielverlauf, findet der Spieler eine Aufzeichnung, in der es um die Auflösung einer Partnerschaft geht, um einen 'Vertrag auf Zeit', mit genau festgelegten Abmachungen und Bedingungen.

 

In meiner Kindheit, Jugend und in meiner jüngeren Erwachsenenzeit habe ich etwas nie gesehen,  das mir heute erschreckend oft begegnet. Ältere Menschen. Sauber und ordentlich angezogen, sorgfältig gekämmt/frisiert, mit geputzten Schuhen - die sich mit gesenktem Kopf darum bemühen, sich möglichst 'unsichtbar zu machen'. Die, schamerfüllt, in öffentlichen Mülleimern nach Pfandflaschen und eventuell anderem Verwertbarem suchen. Das sind keine Drogensüchtigen, keine Alkoholiker, keine Obdachlosen. Selbst die beliebtesten Vorurteile der typischen Vorurteilsanhänger 'greifen nicht'. Das sind keine Faulenzer, keine Versager, keine Nassauer, keine Parasiten, keine Drückeberger, keine Randgruppe, keine Zigeuner, keine blablabla. Dazu kann ich nur, nein, muss ich sagen: Nein, ihr müsst euch nicht schämen. Das müssten sich ganz andere!

 

Das sind Menschen, die ihr Leben lang 'fleißig' waren. Kinder großzogen. Arbeiteten. Steuern bezahlten. Und trotzdem in Armut und im Elend enden. Ich gebe dann immer, was ich kann, aber ich bin auch nicht reich. Ich fühle mich hilflos.

 

Und mich graut vor der Zukunft. Die Zeichen stehen nicht auf Sturm, sondern auf 'Die Welt wird mit einem Flüstern enden'. Eine Dokumentation:Chinas einsame Söhne. Mehr und mehr und immer mehr Altersheime. Ich erwarte - Lebensabschnittsverträge, Geschäftsbeziehung statt Liebe. Kinder aus der Retorte und künstlichen Gebärmüttern. 24-Std.-Fremdbetreuung und -versorgung.

Nahrung, Fleisch und Pflanzen, in riesigen Petrischalen in gigantischen Produktionslabor-Fabriken herangezüchtet, genormt, geformt. (Damit wurde bereits begonnen - 'Am Anfang war das Fleisch-Patty aus der Petrischale', könnte man sagen. Noch viel zu teuer, nicht massenproduktions-tauglich. Aber das wird schon, bestimmt. Das bekommen die in naher Zukunft hin. Ja, toll, nicht wahr, was homo deus so alles kann!)

 

Jede(r) für sich und keine(r) für alle. Dafür sind wir nicht 'gemacht'. Wenn wir so weitermachen, diese Entwicklung weiter geschehen lassen, dann habe ich Angst. Um meine Enkel und um die Zukunft all unserer Nachkommen. Denn irgendwann, wenn wir so durch und durch gegen uns selbst und gegen unsere Natur leben, wie Menschen es nur irgend hinbekommen können, dann - wird sich die Menschheit damit, ganz sicher, zugrunde richten. Wie ich einem meiner anderen Gedichte, einer Satire, schrieb: Dann sterben wir uns selber aus. Ja, nicht wahr, hier und in diesem Zusammenhang klingt das gar nicht so lapidar ...

 

Herzlichen Dank für deinen Kommentar! mile:

 

LG,

 

Anonyma

 

 

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Hallo, Letreo71,

 

tut mir leid, dass ich erst mit ein bisschen Verspätung antworte. Gestern kam ich einfach nicht dazu, hier im Forum vorbeizuschauen.

 

Am 5.2.2020 um 22:42 schrieb Letreo71:

deine Zeilen machen mich betroffen vor allem, weil sie so realistisch sind. Ich denke wenn man alt und einsam ist, dann ist man wirklich dankbar, wenn es vorbei ist.

Ja - und die zunehmende Anzahl an Altersheimen sowie der daraus (unter anderem, natürlich spielen auch andere gesellschaftliche Veränderungen mit) resultierende 'Pflegenotstand' ist ein deutliches Signal für eine mehr als ungute Entwicklung. 

 

Eine Entwicklung, die sich fortsetzen wird. Es wird immer schlimmer werden, denn es kann unter den gegebenen Umständen gar nicht besser werden. Der gesellschaftliche Druck wächst weiter. Und wer nicht zumindest ein 'Besserverdiener' ist - wie soll sich z. B. ein Arbeiter häusliche Pflege für Mutter oder/und Vater leisten können? Kann er heutzutage gar nicht mehr und da er ganztags arbeitet, kann er auch die erforderliche Zeit nicht haben, sich, sofern keine intensive Pflege/Betreuung notwendig ist, selbst darum zu kümmern.

 

Danke für deinen Kommentar! mile:

 

LG,

 

Anonyma

 

 

 

 

 

 

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