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Gedanken eines Zeitungsverteilers


Schmuddelkind

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Der Karren steht fast ungerührt

und stemmt sich mir entgegen.

Erst als er meine Nähe spürt,

lässt er sich auch bewegen.

 

Ach, ließe er ganz schwerelos

wie du sich von mir führen,

wenn meine Fingerspitzen bloß

ihn sanft vertraut berühren!

 

Ich denk an dich; der Arm schmerzt sehr

vom Stapeln der Papiere.

Ich wünschte mir, du kämst jetzt her 

und würdest ihn massieren.

 

Der Regen bahnt sich durch den Schuh

und ätzt an meinen Wunden.

Doch irgendwo, da wartest du.

Es sind nur ein paar Stunden.

 

Ein Regenbogen spannt die Weite

des Tales auf - so schön!

Ach, könntest du an meiner Seite

Nur diese Szene sehn!

 

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liebes schmuddelkind,

 

eigentlich schade, dass man sich auf die reaktion für ein gedicht festlegen muss und nicht mehrere auswählen darf. außer wow hätte ich wenigstens noch gern erwähnt, dass mir das gedicht gefällt, ich es schön finde und mich dafür bedanke.:grin:

 

interessant finde ich den titel des gedichtes. der zeitungsverteiler ist es ja, der anderen menschen durch seine tätigkeit informationen zukommen lässt. hier nun bekommt der leser die gelegenheit, informationen über den zeitungsverteiler zu gewinnen, da seine gedanken- und gefühlswelt über das gedicht mit uns geteilt wird.

 

durch den durchgängigen kreuzreim baust du über die strophen hinweg eine gewisse unruhe und dynamik im gedicht auf, welche die belastungen des LI durch die umstände des austragens (schwerer karren, schmerzender arm, regen und nässe) und die dadurch wahrscheinlich nochmal zusätzlich verstärkte sehnsucht nach dem LD gut widerspiegeln. in der ersten strophe hatte ich das gefühl, dass das LI den karren trotz seiner schwere irgendwie auch liebt. er ist zwar *widerspenstig*, lässt sich aber bewegen, wenn er die nähe des LI spürt. das ist schon sehr schön poetisch ausgedrückt für das vorwärtsschieben eines schweren karrens und lässt mich vermuten, dass das LI die tätigkeit des austragens von zeitungen wirklich gern macht. ja, wäre der karren nur noch leichter zu bewegen, so leicht, wie sich das LD vom LI führen und vielleicht auch verführen lässt. da scheitert es wohl an der gegenliebe des karrens. :wink:

 

der zeitungsausträger jedenfalls wünscht sich das LD an seine seite, damit es ihm beistehen (z. b. seinen arm massieren) kann. in diesem wunsch sehe ich die hoffung auf nähe und zuwendung, die sich das LI auch in krisensituationen vom LD erbittet. letztendlich kann der zeitungsausträger aber all die mühen, die sein job so mit sich bringt, ertragen, weil er weiß: 

vor 1 Stunde schrieb Schmuddelkind:

Doch irgendwo, da wartest du.

Es sind nur ein paar Stunden.

das LD wartet also. für mich impliziert dieses warten, dass es eigentlich gern beim LI sein und es unterstützen würde, wenn es denn könnte. es bleibt ihm aber nur die rolle des inaktiven, des wartenden. die schlussstrophe deute ich daher auch in die richtung, dass sich der zeitungsausträger wünscht, die wartende rolle des LIs möge sich doch genauso bald auflösen wie sein schuh. damit es mit ihm die schweren und die schönen momente des lebens (der regenbogen steht dafür) erleben kann. überhaupt ist das gedicht für mich ein plädoyer für den wunsch nach zweisamkeit in allen lebenslagen.

 

sehr gern gelesen und darüber nachgedacht. :smile:

 

lg

sofakatze

 

 

 

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Hallo Schmuddelkind,

in der ersten Strophe sieht man, dass der Karren dem lyrischen Ich zugeneigt ist.

Aber nicht so sehr wie die Angebetete.

Von Sehnsucht, von Vermissen bezeugt die dritte Strophe.

In der vierten verschlimmert sich die Situation des lyrischen Ichs. Hierbei musste ich an Eugene Francois Vidocq denken.

Die letzte Strophe sehe ich als eine Huldigung der Liebe, einer Liebe, die nicht nur sinnlich ist.

Liebe Grüße

Carlos

 

 

 

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Liebes Schmuddelkind,

 

solche Momente, voller Sehnsucht, wie sie dein LI durchlebt, kenne ich.

Mir gefällt die Szene mit dem Karren extrem gut. 

 

Ach, wenn ich sie nur teilen könnte,

Lieb und Leid und die Momente,

in denen ich vor Sehnsucht schmachte,

den Kummer mir ins Herz verfrachte,

der dort in seiner ganzen Pracht

mich unsagbar traurig macht...

 

Sehr gern gelesen und darüber nachgedacht.

 

Lieben Gruß

 

Letreo

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  • 2 Wochen später...

Oh, vielen Dank für die vielen Reaktionen, ihr Lieben!:classic_smile:

 

Am 13.3.2020 um 23:07 schrieb sofakatze:

außer wow hätte ich wenigstens noch gern erwähnt, dass mir das gedicht gefällt, ich es schön finde und mich dafür bedanke.

Liebe sofakatze, dafür hast du den verspürten Mangel an Emoticons ja mehr als kompensiert durch deine ausführliche Beschäftigung mit meinem Gedicht. Danke dafür!:grin:

 

Am 13.3.2020 um 23:07 schrieb sofakatze:

interessant finde ich den titel des gedichtes. der zeitungsverteiler ist es ja, der anderen menschen durch seine tätigkeit informationen zukommen lässt. hier nun bekommt der leser die gelegenheit, informationen über den zeitungsverteiler zu gewinnen, da seine gedanken- und gefühlswelt über das gedicht mit uns geteilt wird.

Stimmt. Der Zeitungsverteiler selbst begegnet den meisten Menschen ja auch nur als eine Rolle. Er wird auf seine Funktion reduziert. Hier geht es aber um seine tatsächlichen Gedanken, um sein Leid, seine Freude, seine Liebe, sein Menschsein eben.

 

Am 13.3.2020 um 23:07 schrieb sofakatze:

durch den durchgängigen kreuzreim baust du über die strophen hinweg eine gewisse unruhe und dynamik im gedicht auf, welche die belastungen des LI durch die umstände des austragens (schwerer karren, schmerzender arm, regen und nässe) und die dadurch wahrscheinlich nochmal zusätzlich verstärkte sehnsucht nach dem LD gut widerspiegeln.

Den Kreuzreim hatte ich zwar sehr intuitiv angewandt, aber ich denke, dass deine Gedanken schon darauf zutreffen. Beim Kreuzreim ist es ja überdies auch so, dass sich die Reime abwechseln wie die Schritte (des Zeitungsverteilers). Und da musste ich auch darüber nachdenken: Vermutlich verschlimmern die schwierigen Umstände, die körperliche Qual etc., die Sehnsucht des LI. Man könnte ja meinen, wenn man gerade mit seinem unmittelbaren Leid beschäftigt ist, lenkt dies zumindest von dem Fehlen des geliebten Menschen ab. Aber ich glaube tatsächlich, dass dieser Mensch dann umso mehr fehlt, weil seine Anwesenheit die Situation zumindest erträglicher machen würde. Sie könnte ihm Trost geben, könnte seine Arme massieren etc..

 

Am 13.3.2020 um 23:07 schrieb sofakatze:

in der ersten strophe hatte ich das gefühl, dass das LI den karren trotz seiner schwere irgendwie auch liebt. er ist zwar *widerspenstig*, lässt sich aber bewegen, wenn er die nähe des LI spürt. das ist schon sehr schön poetisch ausgedrückt für das vorwärtsschieben eines schweren karrens und lässt mich vermuten, dass das LI die tätigkeit des austragens von zeitungen wirklich gern macht.

Da war ich wohl versehentlich genial.:wink:

Eigentlich sollte es nämlich nicht "Nähe", sondern "Mühe" heißen. Habe den "Fehler" auch bemerkt, wohl während du deinen Kommentar geschrieben hast und habe ihn sogleich korrigiert. Nachdem ich deinen Kommentar gelesen habe, fand ich aber deine Interpretation so überzeugend und so viel reicher als meine ursprüngliche Idee, dass ich mich dazu entschlossen habe, doch wieder zur "Nähe" zurückzukehren. Danke dafür!:thumbsup:

 

Am 13.3.2020 um 23:07 schrieb sofakatze:

überhaupt ist das gedicht für mich ein plädoyer für den wunsch nach zweisamkeit in allen lebenslagen.

Das hast du sehr schön erklärt und ich schätze, dass das auch tatsächlich der Sinn des Gedichts ist. Es ist eine Einladung, das LI auf seinem Weg zu begleiten, ohne falsches Versprechen, dass alles immer gut sein wird, sondern mit der Aussicht, dass das Teilen von Freud und Leid das eigentliche Glück ist.

 

Am 14.3.2020 um 10:54 schrieb Carlos Larrea:

in der ersten Strophe sieht man, dass der Karren dem lyrischen Ich zugeneigt ist.

Ja, da scheint eine interessante, ambivalente Bindung zwischen dem Zeitungsverteiler und Karren zu sein und somit wohl auch zwischen dem Menschen und seiner Arbeit.

 

Am 14.3.2020 um 10:54 schrieb Carlos Larrea:

Von Sehnsucht, von Vermissen bezeugt die dritte Strophe.

Ja, und vom Wunsch nach Zärtlichkeit in einer harten Zeit, schätze ich.

 

Am 14.3.2020 um 10:54 schrieb Carlos Larrea:

In der vierten verschlimmert sich die Situation des lyrischen Ichs.

Die Situation verschlimmert sich, aber die Hoffnung wächst. Im Grunde erträgt er sein Leid mit Würde, weil er weiß, dass seine Geliebte auf ihn wartet, für ihn da ist, auch wenn sie körperlich gerade nicht anwesend sein kann.

 

Am 14.3.2020 um 10:54 schrieb Carlos Larrea:

Die letzte Strophe sehe ich als eine Huldigung der Liebe, einer Liebe, die nicht nur sinnlich ist.

Das sehe ich genauso, lieber Carlos. Die Sinnlichkeit ist zwar in der Regel ein Bestandteil einer innigen Liebe, aber nur insofern, wie sie ja den generellen Wunsch nach Nähe und Einfühlung ausdrückt, wie es beispielsweise auch Worte, Gesten und Perspektiven tun.

 

Am 18.3.2020 um 21:59 schrieb Letreo71:

solche Momente, voller Sehnsucht, wie sie dein LI durchlebt, kenne ich.

Das ist vermutlich ein universelles Gefühl, das sich auch gar nicht immer auf einen Menschen beziehen muss, liebe Letreo. Manche haben ja eine nicht geringere Sehnsucht nach Orten.

 

Am 18.3.2020 um 21:59 schrieb Letreo71:

Mir gefällt die Szene mit dem Karren extrem gut. 

Das freut mich sehr.:classic_smile:

 

Am 18.3.2020 um 21:59 schrieb Letreo71:

Ach, wenn ich sie nur teilen könnte,

Lieb und Leid und die Momente,

in denen ich vor Sehnsucht schmachte,

den Kummer mir ins Herz verfrachte,

der dort in seiner ganzen Pracht

mich unsagbar traurig macht...

Ach, das hast du so schön geschrieben.:classic_smile:

Ja, das Teilen ist wohl ganz wichtig und vermutlich geht es in diesem Gedicht in erster Linie darum.

 

LG

 

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