Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

                      – I –

 

Im wundervollsten Sonnentrunk

Erleuchten Farben, hell und klar,

Wo vorher dichter Nachtdunst war,

Wie herrlich nur ein Götterfunk‘.

 

Dem Mauerwerk entwächst ein Strunk,

Geschmückt mit einer Blütenschar –

Im Schattenspiel vom jungen Paar,

Das tänzelnd noch im Liebesschwung.

 

Ein Reiher steigt vom Wasser auf

Und Federn fallen fort zuhauf –

Im Lichte silbern wie ein Schatz.

 

Sie preisen Kuss und Wimpernschlag,

Die schüchtern noch den Frühlingstag

Befreien von Verdruss und Hatz.

 

 

                      – II –

 

Der Lenztau tropft wie frisches Blut

Von rauen Fugen in den Fluss,

Zu sterben im vereinend‘ Kuss –

Im Hauch der roten Morgenglut.

 

Und in den Schleiern sinnlich ruht

Die alte Brücke; mit Genuss

Erwartet sie den Nebelguss.

Ein Fröschlein flieht vom Fingerhut.

 

Die Brücke lebt, das Fröschlein stirbt

Wie eine Seele, die verdirbt,

Alsbald vom liebsten Hein gehascht.

 

Die letzte Träne tropft vom Stein

Und singt im Sturz ein Liedlein fein:

»Das Leben hat vom Gift genascht!«

 

 

                      – III –

 

Es tanzen Wellen hin zum Ried

Und wecken, was im Schilfrohr harrt.

Sie wecken Geister aller Art

Und tragen sie in Reih und Glied.

 

Sie bringen sie zum schönen Schmied,

Der grad im Schwarz der Asche scharrt.

So plötzlich brennt das Hemd, der Bart –

Der Leib entflammt vor Angst: Er flieht!

 

Er stürzt ins Wasser, eisig kalt,

Dass just darauf sein Schrei verhallt.

Die tiefe Kluft ist reich gespeist.

 

Nie mehr gesehen steigt er auf

Am nächsten Tag aus Quell und Lauf –

Mit Todesgram – als neuer Geist.

 

 

                      – IV –

 

Das Bild des seichten Spiegels bebt,

Als eine Brise ihn berührt.

Und auch das Herz hat sie gespürt,

Das treu im Bett der Freude lebt.

 

Des Malers spitzer Pinsel strebt,

Zu fangen, was das Aug‘ verführt,

Doch all dem Leben nur gebührt

Der Augenblick, der bald entschwebt.

 

Es tollt am Ufer, auf dem Weg,

Es tollt im Wasser, auf dem Steg

Die heit’re Welt im Strahlenglanz.

 

So blumenbunt erblüht ihr Licht,

Den greisen Mauern ein Gedicht –

Verfasst im warmen Wogentanz.

 

 

20190925_124057.jpg

Bildquelle: eigenes Foto

  • Gefällt mir 3
  • wow... 3
  • Schön 4
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Letreo,

ja, der Ponte Vecchio ist ein wundervoller Ort und einzigartig noch dazu.

Für einen vollständigen Sonettenkranz hat es allerdings nicht ganz gereicht. Aber vielleicht kommt ja noch was...

Auf jeden Fall vielen Dank für deinen Kommentar


LG Cheti

  • Gefällt mir 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.