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Verträumt saß sie an der Bushaltestelle, mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, und sonnte sich. Die Augen fest geschlossen und mir ihrem, mit tiefen Falten durchzogenen Gesicht, wirkte sie steinalt. Wie ein uraltes Mädchen, denn ihr Gesicht strahlte, als würde die Jugend immer noch in ihr wohnen.

Ich verhielt mich ruhig, um sie nicht zu stören, und las in Ruhe den Fahrplan.
„Es gibt tatsächlich noch junge Leute, die sich zu Benehmen wissen und nicht laut polternd durch die Gegend ziehen, als wenn ihnen die Welt allein gehören würde.“ Sprach sie mich überraschenderweise an und beendete ihre Ansprache mit „Gut zu wissen!“ Ich drehte mich kurz einmal um die eigene Achse, um sicherzugehen, dass ich gemeint war, bevor ich ihr antwortete „ Wie meinen Sie das Gute Frau?“ Fragte ich höflich nach. „Na, ich habe gehört, dass sie Ihren Schritt verlangsamt und leiser gegangen sind, als Sie sich mir näherten. Ich nehme an, weil Sie mich nicht stören wollten. Diese Aufmerksamkeit findet man heutzutage nicht mehr sehr oft. Alles poltert und krakelt nur noch herum!“

„Da muss ich Ihnen wohl recht geben“ antwortete ich zustimmend. Ich wollte es eigentlich dabei bewenden lassen, aber dann brannte es mir doch zu sehr auf den Nägeln „Wäre es nicht sicherer für Sie, wenn sie sich mit einem Mundschutz schützen würden? Sie gehören doch zur Risikogruppe!“
Sie öffnete erneut Ihre Augen, die sie schon wieder zum Sonnen geschlossen hatte, und prustete dann los „Lieber Junge, schau mich doch an, welches Risiko? Ich lebe schon viel zu lange und diese Welt ist auch nicht mehr die meine. Aber der da oben,“ und hob zitternd den Finger gen Himmel, „der hat einfach kein einsehen. Was meinst du, warum ich hier sitze? Vielleicht erwischt es mich und ich darf endlich gehen!“

Erschrocken strafte ich mich und mir verschlug es die Sprache, bis ich mich wieder gesammelt und im Griff hatte. „Gute Frau, was sagen Sie denn da. Auf mich wirken Sie noch so, als wenn die pure Lebensfreude aus Ihnen strahlt!“
„Der Schein trügt Junge! Ja, jetzt wo ich hier sitze, da empfinde ich noch einen Funken Lebensfreude. Aber diese Momente sind selten geworden. Das Leben ist nur noch eine Qual und wenn du später einmal, jeden Tag in deiner eigenen Scheiße sitzen musst, wirst du es verstehen“
Ich zog scharf die Luft ein und wusste gar nicht, was ich darauf erwidern sollte.
„Ja, das Leben verschlägt einem schon mal die Sprache, ich weiß. Aber lass dir den Tag von mir nicht verderben. Setz dich doch zu mir, dein Bus kommt erst in zehn Minuten und die Frühlingssonne ist die schönste, die man in seinem Leben genießen darf!“

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Geschrieben

Hallo Freiform,

 

irgendwie traurig deine Geschichte, aber vielleicht sind wir mit zunehmenden Alter alle bereit, leichter aus dieser Welt zu scheiden.

Wie viele ältere Leute sind ganz auf sich gestellt, einsam, vielleicht das eine oder andere Wehwehchen, dann mag es auch eine Erlösung sein.

 

Gerne gelesen und hineingefühlt.

 

Liebe Grüße

Lotte

 

 

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Geschrieben

Hallo Lotte,
da bin ich mir sogar ziemlich sicher, das bei jedem, der einmal ein bestimmtes Alter erreicht, die Lebensfreude ab und die Todessehnsucht zunimmt. Wir sind nicht dazu bestimmt ewig zu leben.
Drei von meinen vier Großeltern, hatten irgendwann einfach die Faxen dicke! Hätten sie gedurft oder gekonnt, hätten sie den Zeitpunkt ihres Ablebens selbst bestimmt. Meiner Meinung nach, wird es Zeit, dass wir als Gesellschaft über solche Themen mehr nachdenken und vielleicht auch neue Wege gehen.

Einen herzlichen Dank für deinen schönen Kommentar

grüßend Freiform


Hallo Lena,

toller Kommentar!

Vielleicht schaffst du beim nächsten noch die Anrede, würde mich freuen.
Ohne geht auch, aber mit finde ich irgendwie schöner…:attention:
 

Grüßend Freiform

PS. Immer diese jungen Leute…….:whistling:

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Geschrieben

Hallo Freiform,

 

sehr berührend deine Geschichte. Die überraschende Wendung, die diese Geschichte plötzlich auf den Kopf stellt

ist dir gut geglückt und vermittelt auch den Schrecken, der ihr innewonnt.

Ja so ist das. Ich hab schon von älteren Menschen gehört, die sich absichtlich leicht bekleidet im Winter ans offene

Fenster stellen, in der Hoffnung "sich den Tod zu holen". Und ich hoffe, es mögen nicht viele sein.

Sehr gerne gelesen.

 

Mit lieben Grüßen

vom Wackeldackel

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  • 2 Wochen später...
Geschrieben

guten abend, freiform,

 

eine schöne geschichte hast du da geschrieben. :smile:

das aufeinandertreffen von zwei verschiedenen generationen. eine alte, desillusionierte frau und ein junger, empathischer mann, die sich zufällig begegnen und doch berührungspunkte finden, obwohl sie so verschieden sind, fand ich interessant zu lesen. 

ein paar kleine anmerkungen möchte ich dir dazu noch dalassen. ob und was du davon umsetzen magst, bestimmst du natürlich selbst.

 

mir hat der einstieg als solches gut gefallen. ich bin gleich im geschehen drin und kann mir die alte frau sehr gut bildlich vorstellen. inhaltlich würde ich also nichts ändern, aber an einigen stellen würde ich ein wenig umstellen und straffen. z. b. ist mir aufgefallen, dass in jedem der drei sätze des ersten absatzes das wort *gesicht* vorkommt. auch ihr alter erwähnst du zweimal (steinalt - uralt). einen vorschlag, wie man es z. b. auch schreiben könnte: 


Verträumt saß sie an der Bushaltestelle und sonnte sich, die Augen fest geschlossen. Mit dem verschmitzten Lächeln in ihrem von tiefen Falten durchzogenen Gesicht wirkte sie auf mich wie ein uraltes Mädchen. Sie strahlte, als würde die Jugend immer noch in ihr wohnen.

 

mir persönlich ist dann im weiteren verlauf der wechsel der ansprache des jungen mannes durch die frau vom *sie* zum *du* etwas zu abrupt, ich hätte die dame vermutlich entweder durchgängig beim siezen gelassen oder aber von anfang an dem jungen mann gegenüber das *du* angeschlagen.

 

ansonsten markiere ich dir einfach mal in deinem text fett die stellen, wo dir kleine flüchtigkeitsfehler passiert sind oder ich noch vorschläge habe, falls du davon noch etwas ändern magst. zeichensetzung lasse ich dabei mal außen vor.

 

Am 30.3.2020 um 14:14 schrieb Freiform:

Verträumt saß sie an der Bushaltestelle, mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, und sonnte sich. Die Augen fest geschlossen und mir (mit) ihrem, mit (ggf. von, um nicht zweimal mit zu schreiben) tiefen Falten durchzogenen Gesicht, wirkte sie steinalt. Wie ein uraltes Mädchen, denn ihr Gesicht strahlte, als würde die Jugend immer noch in ihr wohnen.

Ich verhielt mich ruhig, um sie nicht zu stören, und las in Ruhe den Fahrplan.
„Es gibt tatsächlich noch junge Leute, die sich zu Benehmen (kleinschreibung) wissen und nicht laut polternd durch die Gegend ziehen, als wenn ihnen die Welt allein gehören würde.“ Sprach sie mich überraschenderweise an und beendete ihre Ansprache mit „Gut zu wissen!“ Ich drehte mich kurz einmal um die eigene Achse, um sicherzugehen, dass ich gemeint war, bevor ich ihr antwortete „ Wie meinen Sie das Gute Frau?“ Fragte ich höflich nach. „Na, ich habe gehört, dass sie (großschreibung) Ihren Schritt verlangsamt und leiser gegangen sind, als Sie sich mir näherten. Ich nehme an, weil Sie mich nicht stören wollten. Diese Aufmerksamkeit findet man heutzutage nicht mehr sehr oft. Alles poltert und krakelt nur noch herum!“

„Da muss ich Ihnen wohl recht geben“ antwortete ich zustimmend. Ich wollte es eigentlich dabei bewenden lassen, aber dann brannte es mir doch zu sehr auf den Nägeln „Wäre es nicht sicherer für Sie, wenn sie (großschreibung) sich mit einem Mundschutz schützen würden? Sie gehören doch zur Risikogruppe!“
Sie öffnete erneut Ihre (kleinschreibung) Augen, die sie schon wieder zum Sonnen (würde ich rausnehmen, der leser weiß bereits, dass sie sich sonnt) geschlossen hatte, und prustete dann los „Lieber Junge, schau mich doch an, welches Risiko? Ich lebe schon viel zu lange und diese Welt ist auch nicht mehr die meine. Aber der da oben,“ und (ggf. stattdessen *sie*) hob zitternd den Finger gen Himmel, „der hat einfach kein einsehen (großschreibung). Was meinst du, warum ich hier sitze? Vielleicht erwischt es mich und ich darf endlich gehen!“

Erschrocken strafte ich mich und mir verschlug es die Sprache, bis ich mich wieder gesammelt und im Griff hatte. (strafft man sich, wenn man sich erschreckt? oder zuckt man eher zusammen? *für einen moment war ich sprachlos* würde mir besser gefallen als *es verschlug mir die sprache*, da es sich ja wirklich nur um den kurzen moment handelt, bis das LI sich wieder gesammelt hat. außerdem verwendest du das sprache verschlagen weiter unten noch mal, da würde ich es hier austauschen.) „Gute Frau, was sagen Sie denn da. Auf mich wirken Sie noch so, als wenn die pure Lebensfreude aus Ihnen strahlt!“
„Der Schein trügt Junge! Ja, jetzt wo ich hier sitze, da empfinde ich noch einen Funken Lebensfreude. Aber diese Momente sind selten geworden. Das Leben ist nur noch eine Qual und wenn du später einmal, jeden Tag in deiner eigenen Scheiße sitzen musst, wirst du es verstehen“
Ich zog (sog) scharf die Luft ein und wusste gar nicht, was ich darauf erwidern sollte.
„Ja, das Leben verschlägt einem schon mal die Sprache, ich weiß. Aber lass dir den Tag von mir nicht verderben. Setz dich doch zu mir, dein Bus kommt erst in zehn Minuten und die Frühlingssonne ist die schönste, die man in seinem Leben genießen darf!“

 

cool finde ich, dass sie offensichtlich den fahrplan auswendig kann. sie muss also schon sehr oft mit diesem bus gefahren sein. das lässt gedanken an ihr früheres leben zu und man kann sich die geschichte schön weiterspinnen.

 

ich hoffe, du kannst mit meinen vorschlägen was anfangen. wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. ich habe mich jedenfalls sehr gern mit deinem text beschäftigt.:smile:

 

lg

sofakatze

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Geschrieben

Hallo Sofakatze,
erst einmal ein herzliches und großes Dankeschön für deine sehr ausführliche Kritik und Korrektur. :attention:
Deine Kritik hat mir sehr gut gefallen, nicht nur in der dargebrachten Form, auch inhaltlich konntest du mich in einigen Punkten überzeugen, die ich dann sehr gerne übernommen habe.

Für mich ist Kritik immer eine Wertschätzung meiner Arbeit, auch wenn sie negativ ausfällt. Da schenkt mir jemand wildfremdes, das wertvollste, was ihm in seinem Leben zu Verfügung steht, seine Zeit. :attention:

Zu deiner Kritik:
Deine Kritik des ersten Absatzes ist berechtigt und deine Überarbeitung gelungen, da wirkt das in meiner Version etwas ungelenk. Von daher habe ich ihn gerne komplett übernommen!

Der Wechsel von der „Sie“ in die „Du“ Ebene, ist für mich ein wichtiges emotionales  Element. Das jeder Leser hoffentlich wahrnimmt. Es soll darstellen, das die „Alte“ mit der Kontaktaufnahme in der „Sie“ Form erst einmal auf Distance bleibt und auf die Reaktion des Gegenübers wartet, bevor sie dann nach einem positiven Feedback in die vertrauensvolle „Du“ Ebene wechselt.
Der Wechsel von der Sie in die Du ebene findet nach diesem Satz statt:

„Wäre es nicht sicherer für Sie, wenn sie sich mit einem Mundschutz schützen würden? Sie gehören doch zur Risikogruppe!“

In diesen Satz sorgt sich ein wildfremder Mensch um die Gesundheit des anderen. Gibt es eine vertrauensbildende Maßnahme? Das Element um diesen Wechsel der Ebene nachzuvollziehen ist also vorhanden und für mich passt es so. Sicher könnte man das etwas ausführlich überleiten, dabei entsteht aber das Problem, das der Spannungsbogen unnötig belastet wird und der Text sich in die Länge zieht, ohne das sich für mich ein Mehrwert für den Text erkennen lässt. Ich hoffe ich konnte das für dich nachvollziehbar argumentieren.

„Strafte“ kann ich schon als synonym für „zucken“ durchgehen lassen, aber deine Formulierung ist dann doch die, die ein Leser eher erwartet in dem Zusammenhang des Erschreckens.

Ja, da sind wieder eine Menge Rechtschreibfehler drin, die den Lesespaß eintrüben, obwohl ich mit Duden Online zusätzlich korrigiere. Meine Rechtschreibung ist halt grottig, da lässt sich nichts beschönigen.

Ich möchte dir noch einmal ganz herzlichen für deine Unterstützung Danken! :attention:
Der Text erscheint mir jetzt reifer in seiner Ausführung.
Hier also die neue Version. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Dankeschön! :classic_smile:

 

grüßend Freiform

 

 


Die Alte

Verträumt saß sie an der Bushaltestelle, mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, und sonnte sich. Die Augen fest geschlossen und mit ihrem von tiefen Falten durchzogenen Gesicht wirkte sie steinalt. Wie ein uraltes Mädchen, denn ihr Gesicht strahlte, als würde die Jugend immer noch in ihr wohnen.

Ich verhielt mich ruhig, um sie nicht zu stören und las in Ruhe den Fahrplan.
„Es gibt tatsächlich noch junge Leute, die sich zu benehmen wissen und nicht laut polternd durch die Gegend ziehen, als wenn ihnen die Welt allein gehören würde.“ Sprach sie mich überraschenderweise an und beendete ihre Ansprache mit „Gut zu wissen!“ Ich drehte mich kurz einmal um die eigene Achse, um sicherzugehen, dass ich gemeint war, bevor ich ihr antwortete „ Wie meinen Sie das, gute Frau?“ Fragte ich höflich nach. „Na, ich habe gehört, dass Sie Ihren Schritt verlangsamt und leiser gegangen sind, als Sie sich mir näherten. Ich nehme an, weil Sie mich nicht stören wollten. Diese Aufmerksamkeit findet man heutzutage nicht mehr sehr oft. Alles poltert und krakelt nur noch herum!“

„Da muss ich Ihnen wohl recht geben“ antwortete ich zustimmend. Ich wollte es eigentlich dabei bewenden lassen, aber dann brannte es mir doch zu sehr auf den Nägeln. „Wäre es nicht sicherer für Sie, wenn Sie sich mit einem Mundschutz schützen würden? Sie gehören doch zur Risikogruppe!“
Sie öffnete erneut ihre Augen, die sie schon wieder geschlossen hatte, und prustete dann los „Lieber Junge, schau mich doch an, welches Risiko? Ich lebe schon viel zu lange und diese Welt ist auch nicht mehr die meine. Aber der da oben,“ sie hob zitternd den Finger gen Himmel, „der hat einfach kein Einsehen. Was meinst du, warum ich hier sitze? Vielleicht erwischt es mich und ich darf endlich gehen!“

Erschrocken zuckte ich kurz und war sprachlos, bis ich mich wieder gesammelt und im Griff hatte. „Gute Frau, was sagen Sie denn da. Auf mich wirken Sie noch so, als wenn die pure Lebensfreude aus Ihnen strahlt!“
„Der Schein trügt, Junge! Ja, jetzt wo ich hier sitze, da empfinde ich noch einen Funken Lebensfreude. Aber diese Momente sind selten geworden. Das Leben ist nur noch eine Qual und wenn du später einmal jeden Tag in deiner eigenen Scheiße sitzen musst, wirst du es verstehen“
Ich sog scharf die Luft ein und wusste gar nicht, was ich darauf erwidern sollte.
„Ja, das Leben verschlägt einem schon mal die Sprache, ich weiß. Aber lass dir den Tag von mir nicht verderben. Setz dich doch zu mir, dein Bus kommt erst in zehn Minuten und die Frühlingssonne ist die Schönste, die man in seinem Leben genießen darf!“


 

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