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Hallo sofakatze,


eine spannende Idee, die bekannten Heineverse aufzugreifen und neu weiterzuspinnen. Soweit ich das beurteilen kann, hast du auch dessen schwermütigen Rhythmus sauber beibehalten ...  

Das Ergebnis, dein Gedicht, gefällt mir sehr gut. Daumen hoch.


Gern gelesen und darüber nachgedacht.

LG, Berthold 

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hallo anais,

 

vielen dank für lob und gefallen finden. ja, der olle goethe wusste schon, was er da sagt.

 

lg

sofakatze

 

hallo berthold,

 

die anfangsverse von heine haben mich schon immer fasziniert. jetzt war es wohl an der zeit, sie mal für ein eigenes reflektieren zu nutzen. 

 

freut mich sehr, dass dir das gedicht gefällt und danke schön für den daumen hoch.  

 

lg

sofakatze

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Liebe sofakatze,

 

warum ist dieses Gedicht so traurig? Zunächst ist es ja nicht mehr als ein LI, das in einfachen Worten seine Traurigkeit darüber beschreibt, nicht bei einem geliebten Menschen zu sein. Und man mag schulterzuckend entgegenhalten: "Wen interessieren zufällige Einzelschicksale?"

 

Aber, mal abgesehen davon, dass Einzelschicksale das Leben ausmachen und ich demjenigen mit der Gegenfrage antworten würde, wen apathische Einzelmeinungen interessieren, sind die Gründe, weswegen dieses Gedicht eine so mächtige Melancholie vermittelt, in der Tat sehr berührend:

 

Zunächst steckt ja im ersten Vers diese Allusion auf das berühmte Heine-Gedicht und alles, was Heines Loreley vermittelt, liegt dann wie ein schwermütiger Nebel auf deinem Gedicht und wird durch den daran angelehnten Rhythmus getragen. Es schält sich das Bewusstsein hervor, dass hier ein LI ertrinkt, noch ehe man sich dem zweiten Vers nähern kann. Auf dieses Empfinden geeicht, muss man dann lesen, wie hier jemand tatsächlich hilflos ist, nicht dem Schicksal entwinden kann und schließlich in seinen Tränen ertrinkt. Der metaphorische Untergang eines Menschen, der nur "nach Hause" will, zum Geliebten und nichts findet als tiefe Sehnsucht ist weit mehr als "nur ein bisschen Traurigkeit". Er ist gerade weil er in unterschiedlichen Formen auftretend, eine universell menschliche Erfahrung darstellt, ein Sinnbild der Tragödie, dass diejenige Empfindsamkeit, die uns die Freude des Lebens in der Hinneigung zum Anderen finden lässt, zugleich die Quelle tiefsten Leids sein kann. Und nur deshalb zuckt mancher darüber die Schultern, weil er solche Empfindsamkeit nicht wagen will.

 

Dabei betont das Gedicht aber sehr subtil und unaufgeregt, dass diese Empfindsamkeit auch angesichts der unverhohlen leidvollen Aspekte und des erläuterten Widersinns absolut erstrebenswert ist. Die wiederholte Warum-Frage weist zwar einerseits auf die Sinnlosigkeit der unerfüllten Sehnsucht hin, denn natürlich wäre es ja alles ganz einfach, wenn das LD hier wäre. Die Frage selbst zeugt ja davon, dass mit der Situation nichts anzufangen sei. Andererseits: Wenn man die rhetorische Frage für sich beantworten will, was es bedeute, dass das LI so traurig sei, scheint die Antwort klar zu sein: "Dass ich dich liebe." Und obgleich man es als sinnlos und ungerecht empfinden mag, dass ausgerechnet die Liebe zu solchem Leid Anlass gibt, verleiht es doch auch dem Leiden selbst einen Sinn im Abstrakten, selbst angesichts der klar kommunizierten Sinnlosigkeit des konkreten Erlebens. Das erweckt den Eindruck, dass sich da zwangsläufig ein Leidensgleichgewicht einstellt, wenn das Sinnlose an Sinn gewinnt und das Sinnhafte mit sinnlosem Schmerz vermengt wird.

 

Allerdings ist die Sinnhaftigkeit in dem Gedicht eher hintergründig, während das konkret Sinnlose im Vordergrund abläuft. Das Gedicht gibt es dem Leser nicht einfach als Geschenk, sondern verlangt ihm ab, durch die leidvolle Erfahrung hindurch zu gehen und das Glück dahinter selbst zu erkennen - eine Übung, wie sie das Leben uns täglich stellt. In S1V3-4 bezieht sich die Sinnlosigkeit auf einen natürlichen, unabwendbaren und ansonsten trivialen Vorgang: Ein Tag geht zu Ende - daran ist zunächst nichts außergewöhnlich. Aber selbst die trivialsten Dinge erscheinen sinnlos und ungerecht, wenn einem das Wichtigste fehlt. Wozu noch ins Bett gehen? Wozu noch aufstehen? Wozu essen? Wozu atmen? Könnte man den Gedankenfaden weiterfädeln. Hier wird man ganz schön erschlagen, da man ahnt, wie die Melancholie alles Erleben durchzieht und es keine Luftblase gibt, in der man davor sicher ist. Dies ist Weltschmerz, mit einfachen Worten und unscheinbaren Beobachtungen auf den Punkt gebracht. Umso beeindruckender, wenn man, wie ich, nicht mal die Worte findet, um bei Subway zu bestellen.:wink:

 

Um all dem sinnlosen Leid zu entkommen, gibt es nur den Ausweg ins Hintergründige, wie du durch die Variation der Frage am Ende andeutest. Als ich das Gedicht zum ersten Mal gelesen habe, war ich paradoxerweise sogar etwas erleichtert, als diese Warum-Frage am Ende auftauchte. Zunächst habe ich nicht verstanden, woher diese Erleichterung rührt. Schließlich geht es um die Unklarheit darüber, warum das LI weint. Zumindest konnte ich aber mir (wenn vielleicht sonst niemandem) durch meine Ausführungen verständlich machen, dass in der Antwort auf diese Frage der sinnhafte Rahmen unserer sinnlos-leidvollen Erfahrungen liegt. Hier ist es die Liebe, die das Leben rechtfertigt. Man könnte es schrittweise verallgemeinern: Glück, Schönheit, Ich-Bewusstsein, Lernen, das Leben selbst ist es, das das Leben rechtfertigt. Schließlich könnte man ja all dem Leid entkommen, wenn einem das Leben egal wäre - egal, aber freud- und bedeutungslos wie ein Mensch, der sich nicht für zufällige Einzelschicksale interessiert.:classic_smile:

 

Was ich wohl nur damit sagen wollte: Cooles Gedicht!:wink:

 

LG

 

P.S.: Ich hätte noch eine Menge zum Klang schreiben können, aber irgendwann ist ja mal gut.:wink:

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liebes schmuddelkind,

 

wow, noch so ein ausführlicher kommentar. danke schön! :classic_smile:

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

warum ist dieses Gedicht so traurig? Zunächst ist es ja nicht mehr als ein LI, das in einfachen Worten seine Traurigkeit darüber beschreibt, nicht bei einem geliebten Menschen zu sein.

so ist es. danke, dass du dennoch in der lage bist, die tiefen eines solchen gedichtes auszuloten und verständlich aufzuschlüsseln wie kein zweiter. 

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

Zunächst steckt ja im ersten Vers diese Allusion auf das berühmte Heine-Gedicht und alles, was Heines Loreley vermittelt, liegt dann wie ein schwermütiger Nebel auf deinem Gedicht und wird durch den daran angelehnten Rhythmus getragen.

mit den anfangsversen von heine habe ich da natürlich die richtung vorgegeben, wobei mir heines verse ganz spontan in den sinn kamen und ich einfach das gefühl hatte, sie würden die richtige einleitung für mein kleines depri-gedicht darstellen, ohne das bewusst so geplant zu haben.

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

Wenn man die rhetorische Frage für sich beantworten will, was es bedeute, dass das LI so traurig sei, scheint die Antwort klar zu sein: "Dass ich dich liebe." Und obgleich man es als sinnlos und ungerecht empfinden mag, dass ausgerechnet die Liebe zu solchem Leid Anlass gibt, verleiht es doch auch dem Leiden selbst einen Sinn im Abstrakten, selbst angesichts der klar kommunizierten Sinnlosigkeit des konkreten Erlebens. Das erweckt den Eindruck, dass sich da zwangsläufig ein Leidensgleichgewicht einstellt, wenn das Sinnlose an Sinn gewinnt und das Sinnhafte mit sinnlosem Schmerz vermengt wird.

boah, das hätte ich nicht besser sagen können. oder besser gesagt, hätte ich das gar nicht sagen können, weil ich nicht so sinnig über sinn und unsinn sinnieren kann. :wink: nein, im ernst, das ist eine analyse, die so klar und einfach die balance zwischen liebe und leid darstellt, dass ich geneigt bin, dazu anhaltend mit dem kopf zu nicken und pausenlos *ja! ja! ja!* zu schreien. 

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

 Dies ist Weltschmerz, mit einfachen Worten und unscheinbaren Beobachtungen auf den Punkt gebracht. Umso beeindruckender, wenn man, wie ich, nicht mal die Worte findet, um bei Subway zu bestellen.

deshalb bestelle ich dort immer das gleiche, dann ist es einfacher. aber es gibt natürlich noch so viele andere restaurants, bei denen das tatsächlich vereinfacht ist. z. b. beim chinesen, da muss man meistens nur eine zahl sagen und bekommt ein vollständiges essen. wer mutig ist, guckt vorher nicht in die speisekarte. auf jeden fall hat man dann die gelegenheit, die gesparten worte in einem gedicht unterzubringen, was man z. b. schreibt, während man auf das essen wartet. :grin:  

 

aber du hast recht, oftmals sind es die einfachen worte, die besonders intensiv berühren. wenn man bedenkt, welche wirkung schon solch ganz einfachen worte wie *ich liebe dich* entfalten ... da mag ich mir das gefühlschaos gar nicht ausmalen, was entsteht, wenn jemand so ganz einfach zu dir sagt: du siehst scheiße aus. :rolleyes:

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

Hier ist es die Liebe, die das Leben rechtfertigt. Man könnte es schrittweise verallgemeinern: Glück, Schönheit, Ich-Bewusstsein, Lernen, das Leben selbst ist es, das das Leben rechtfertigt. Schließlich könnte man ja all dem Leid entkommen, wenn einem das Leben egal wäre - egal, aber freud- und bedeutungslos wie ein Mensch, der sich nicht für zufällige Einzelschicksale interessiert.

ach, es ist wirklich schön, wie viel positives du in meinem doch so traurigen gedicht am ende finden konntest. :biggrin:die allumfassende liebe, durch die sich das leid bedingt und das herztiefe leid, das sich durch die liebe bedingt sind wie ein kreislauf, der erst endet, wenn das LI mit dem LD vereint ist. dafür lohnt es sich zu leben, dafür darf man sich die frage stellen, was es bedeutet, traurig zu sein.

Am 11.5.2020 um 19:18 schrieb Schmuddelkind:

Was ich wohl nur damit sagen wollte: Cooles Gedicht!

:rofl2:

zum glück bist du kein mann der langen rede und kommst sofort auf den punkt. :classic_laugh:

 

nochmals herzlichen dank, liebes schmuddelkind, für deinen wunderbaren kommentar, ich fühle mich geehrt!

(auch wenn ich zwischendurch mal ins rumalbern abgerutscht bin)

 

lg

sofakatze

  

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hallo prophecy,

 

hattest du nicht gerade erst prophezeit, dass wir uns schon bald wieder lesen? das nennt sich dann wohl selbsterfüllende prophezeiung. :wink:

 

freut mich sehr, dass du mit meinem gedicht was anfangen kannst. danke für das lob. :smile:

 

ich habe gelesen, dass der mond *dein thema* ist. irgendwann habe ich auch mal ein kurzes mondgedicht geschrieben, vielleicht such ich das mal raus und poste es demnächst für dich. 

 

lg

sofakatze

 

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Liebe Sofakatze,

was wäre nach so vielen Kommentaren noch Kluges zu sagen? Der Düsseldorfer Knabe hat mit seinem melancholischen Gedicht unübertreffliche Maßstäbe gesetzt und mir bleibt nichts anderes übrig, als seinem Klang nachzuäffen, um Dir ein wenig Linderung ins sehnsuchtsvolle Herz zu gießen:

 

Ich höre dasselbe Geläute                    
und schwer wird mir mein Herz;                
drum sag ich dir, Liebchen, was heute            
vertreibt dir jeglichen Schmerz:                

 

Komm mit in den Kahn und wir schunkeln,            
verschwinden wird das Leid,                    
wir küssen uns beide im Dunkeln -                
die Seele wird uns ganz weit.  

 

Sei gegrüßt im derzeit, ach, so weit entfernten Land!
Hayk     

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lieber hayk,

 

vielen dank für deine einfühlsamen worte und die fortführung der verse im heinischen sinne der melancholie. :grin:

 

vom ufer hab ich dir gewunken

und stieg erst gar nicht mit ein

der kahn wäre sonst schnell gesunken

das kann ich dir prophezei'n 

 

ich hab da erfahrung mit dschunken 

drum fahre doch lieber allein

ich will nicht für dein ertrunken-

nes LI verantwortlich sein :wink:

 

lg

sofakatze

 

-----------------------------------------------------------

 

vor 29 Minuten schrieb Prophecy:

Sei gegrüßt an diesem herrlich verregneten, grauen und kalten Morgen, Sofakatze.

guten morgen, prophecy

 

bei mir scheint die sonne. :grin:

vor 29 Minuten schrieb Prophecy:

Ein Gedicht von dir zum Thema "Mond" würde ich natürlich sehr gerne lesen.

Obwohl ich annehme, dass ein solches Gedicht meinen Tag eher aufhellen als verdunkeln wird.

also eigentlich ist es ja ein gedicht über eine nacht, aber der mond kommt zumindest mit drin vor. wie mir gerade auffällt, hab ich einige gedichte, in denen der mond eine rolle spielt. an ihm kommt man als dichter wohl nicht vorbei (das schaffen nur die astronauten).

aber es ist ein düsteres und sehr kurzes gedicht, eigentlich nur so eine art stimmungsbild. sollte dir also liegen. 

 

lg und einen sonnigen tag :wink:

sofakatze

  

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hallo prophecy,

 

danke für das dankesgedicht. :smile: es ist wirklich sehr düster mit all den ratten, der dunklen treppe und dem suppen-skelett. wer das wohl ist, der da liegt? der vormieter vielleicht? armer kerl! aber immerhin dient er dir jetzt noch als suppe, dann war sein tod nicht ganz vergebens. 

Am 18.5.2020 um 22:57 schrieb Prophecy:

Ich weiß, dass es nicht mehr lange dauert.

ich hoffe zumindest, dass du die treppe unbeschadet überstanden hast und nicht aufgrund der eile und eines fehltrittes nun neben deiner suppenmahlzeit liegst. falls du dich aber noch aufrappeln konntest - ich habe inzwischen mein nacht-mond-gedicht gefunden und gepostet (titel: galgennacht). viel dunkle freude beim lesen. :grin:

 

lg

sofakatze

    

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  • 1 Jahr später...

Hier reiht sich Antwortgedicht an Antwortgedicht und allesamt sind sie liebens- und lobenswert. Schön, dass ich hier nochmal gestöbert habe!;-)

 

Herzallerliebst, liebe @sofakatze und gerne hätte ich dir mein gereimtes Antwortgedicht präsentiert, aber das ist hier nicht mehr erwünscht.

 

Alles Liebe wünscht dir Letreo!

 

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  • 2 Monate später...

liebe letreo,

 

lieben dank für deinen schönen kommentar.

 

wieso ist eine gereimte antwort nicht mehr erwünscht? haben sich da die forenregeln geändert? wenn ja, fände ich das echt schade, denn wir sind doch hier in einem dichterforum und eine gereimte antwort ist dann doch mehr als passend. gerade das habe ich hier auch geschätzt - dass es keinen zwang in der form der antwort gibt.

 

ich jedenfalls würde mich sehr freuen, dein antwortgedicht zu lesen. :thumbsup:

 

lg

sofakatze

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