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Ihr Name war Sarah.

Sie arbeitete an diesem Tag wie immer in ihrem kleinen Büro.

In dem selben kargen Büro wie schon die letzten dreizehn Jahre.

Sie trug wie immer eine ihrer einfarbigen Blusen und hatte wie immer um 12:35 Mittagspause.

Die Sonne schien an diesem Junitag

"Na toll ein weiterer Tag meines Lebens der einfach an mir vorbei zieht" dachte sie.

Sie entschloss sich in den nahegelegenen Park zu gehen.  Sie hatte sich noch kurz ein Sandwich und ein paar Haferkekse in einer Tüte am Kiosk auf der Ecke geholt und spazierte wie so viele andere auf dem rötlichen Weg, der den Park komplet umrundet und für den man ziemlich genau 20 Minuten braucht.

Sie schaute auf den Weg, ihre Füße, ein paar  Blumen, die zweite Hälfte des Sandwiches von der sie beiläufig abbiss, auf einen Baum, einen Mann mitte vierzig der ihr interessierte Blicke zuwarf, den letzten Bissen vom Sandwich, die Parkanlage zu ihrer linken, auf der sich eine Wiese erstreckte, eine Frau, die ein Eichhörnchen schleichend und spielerisch verfolgte,währen das Eichhörnchen eine Eichel mit sich herumtrug, den Himmel, eine Dose am Wegesrand, die Eichhörnchenfrau,Gebüsch, Eichhörnchen...die Eichhörnchenfrau.

Was machte sie dort nur?

Sarah blieb stehen und versuchte sie unauffällig im Auge zu behalten.

Die Frau wirkte wie ein kleines Mädchen, während sie dem Tier voller Neugierde auf den Fersen war, dabei Hätte Sarah sie auf ende zwanzig geschätzt. Die Frau war volkommen unbefangen und irgendwie energetisch.

Sarah setzte sich auf eine der Parkbänke.

Etwa 20 Sekunden später war das Spektakel leider schon vorbei.

Das Eichhönchen verschwand nämlich in einem Baum.

Und die Unbekannte...sie kam direkt auf Sarah zu.

Einfach so.

Mit einem unschuldigen Lächeln und grundentspannt, so als hätte sie gerade kein Nagetier

verfolgt, sondern eher als hätte sie gerade eine alte Bekannte in Sarah wiedererkannt.

"Hallo", begann die Eichhörnchenfrau freundlich

" Äh..Hallo" antwortete Sarah mit einer leichten Unsicherheit in ihrer Stimme.

Sie antwortete, weil sie wusste, dass außer ihr niemand angesprochen sein konnte; Sie hatte sich schon vorher umgesehen.

"Ist der Platz neben dir noch frei?" fragte die Eichhörnchenfrau immernoch mit diesem einnehmenden Lächeln.

"Äh...Klar"

So saßen die beiden Frauen zunächst einige Minuten still nebeneinander und betrachteten den Park. Die ein Sarah war nicht besonders gefesselt von der Grünfläche, schaute auf ihre Uhr und holte beiläufig ihre Kekse heraus. Sie Tüte raschelte leise, wenn sie einen neuen Keks nahm um diesen nahezu desinteressiert zu essen. Der Teig klebte etwas an den Zähnen.

Sarahs Gedanken drifteten langsam ab, ohne dass sie wirklich einen Gedanken hatte und noch ein weiterer Keks wurde genusslos zuerst angeknabbert und dann gegessen.

Einmal schwer und unbewusst durchatmen. Sarah drehte den Kopf und ihr Blick schweife wieder ein wenig.

Dann passierte etwas Ungeplantes: Ein kleiner Teil in ihr erschrak fast, als sie merkte, dass die Eichörnchenfrau sie anguckte. Naja fast. Es war eher die Kekstüte, der die Aufmerksamkeit mit Zurückhaltung galt. 

" Äh...Kann ich Ihnen einen Keks anbieten?" fragte Sarah.

Die Situation war noch immer so merkwürdig wie am Anfang und sie konnte dies alles nicht deuten oder einschätzen.

"Oh darf ich?", kam als erstaunlich ruhige und dennoch freudestrahlende Antwort.

Doch das war noch lange nicht alles, denn diese "Frage" war zwar höflich, aber nur als Einleitung anzusehen,wie Sarah Momente später feststellte.

" Das ist sehr Nett. Danke. Ich bin übrigens Tiona. Tiona Laney"

Ein kurzes kichern kam von Tiona, während Sarah noch stockte.

"Ich finde diese Kekse so unglaublich lecker. Die haben einfach die perfekte Süße und den richtigen Biss, auch wenn ich normalerweise eher für Schokolade zu haben bin"

" Aha" entfloh es Sarah nahezu automatisch. Es konnte sein, dass sie ein bisschen mit den Augen rollte, doch eine solche Information von einer Fremden hatte nun wirklich einen Spannungsfaktor, der wohl am ehesten mit dem Lesen irgendwelcher AGB´s zu vergleichen wäre. Ein weiter Fakt, der so unbedeutend war, dass sie ihn wahrscheinlich schon in 5 minuten vergessen würde...

"Entschuldigung, ich denke manchmal nicht über alles nach, was ich sage, aber das gehört zu meiner Philosophie" fuhr Tiona fort und Sarah merkte, dass sie irgendwie aufwachte.

Sarah erkannte die innewohnende Sichherheit bei dieser Aussage und konnte sich die folgende Frage einfach nicht verkneifen.

"Welche Philosophie?" 

"Naja", setzte Tiona an und holte Luft.

"Ich möchte das Leben einfach nicht beeinflussen oder verfälschen, sondern exakt so leben, wie es ist.

ich weiß, dass das jetzt wahrscheinlich durchgeknallt wirkt, aber es ist so.

Und nein, ich lese nicht ausschließlich Esotherikbücher oder halte mich am Glauben fest, auch wenn das wahrscheinlich einfacher wäre und vieles erklären würde."

Tiona wurde ernster und ihre Worte waren überraschend durchdacht. Den Anfänglichen Eindruck der Verspieltheit, hatte sie momentan komplett abgelegt, während sie fortfuhr.

"Es gibt einfach zuviel Großes im Leben und zuviele Menschen, die nurnoch das Große sehen. Man schaut, wie erfolgreich ist und bemisst es mit akuratem Maß um den Vergleich mit anderen zu schaffen. "

Langes und bedeutungsvolles Durchatmen, dann kam es aus Tionas Mund, als wäre sie nur das stimmgebende Medium.

" Es ist doch so in unserer kompletten Gesellschafft. Es wird nur zu selten gesehen wie man mit seiner Umwelt umgeht, sondern was man aus ihr nutzt um weiterzukommen.

Es gibt doch soviele Ebenen, die wichtig sind. Die kleinen Momente, in denen man sich freut, weil der Bus genau mit einem an der Haltestelle ankommt, ein Kinderlachen oder... ein leckerer Kecks. Alles fügt sich doch erst zur Gesammtsituation zusammen, die unser Leben darstellt. Selbst wir sind doch nur ein Teil des Kognitivs. Sieh mal," Tiona machte eine winzige Pause, hob ihren Zeigefinger und zeigte auf. Sarahs Blick fixierte kurz den Finger, der keinerlei Auffälligkeiten zeigte, um danach in  den himmel zu Blicken. Tiona beendete die Pause: " wenn man den Arm ausstreckt um jemandem die Welt vor einem zu zeigen, sollte man sich nicht auf den Arm vor einem konzentrieren, denn sonst verpasst man all die wundervollen Momente, die einen umgeben" Nun wurde auch Tiona still und beide schauten eine Zeit lang einfach in die Umgebung.

Sarah fühlte eine schwere, welche ihren Körper zu umgeben schien.

Sie musste etwas sagen und wusste nicht was. Sie wollte gerade irgendwas wohlüberlegtes formulieren, während sie mit jedem Atemzug unruhiger wurde und ihre Hände zitterten. 

Ihr Blick traf Tionas, die bemerkte, dass ihre Worte mehr als erwartet ausgelöst haben mussten, doch bevor sie etwas weiteres sagen konnte übermannten Sahrah all diese Eindrücke, Gedanken und Gefühle. Bevor beide es recht realisieren konnten, hatte Sarah Tiona gepackt und fest in ihre Arme geschlossen. SIe zitterte immernoch, doch fühlte es sich gut an. Sanft und doch Halt gebend und voller Wärme spürte Sarah die Hand von Tiona auf ihrem Rücken. Sahrahs Augen waren tränengefüllt und ihre schwere zerbrach. Einfach so. Sie ließ los und war vollkommen in der Umarmung. Sie spührte die Wärme und die Geborgenheit. Dieser Moment war nicht imposant, pompös oder strahlend, aber er war ehrlich, wohltuend und echt. 

Etwa zwei Minuten dauerte es, bis Sarah zu zittern aufhörte und Tiona losließ. Zwei volle Minuten reiner Menschlichkeit hate sie genossen. Nun schaute sie sie wieder auf. Tiona sprach sanft und mit verstehender Stimme: " Alles gut? "

"Ja. Ich." Sahrah fand keine passenden Worte: "Es tu mi-" 

"Sag das nicht. Es war etwas Gutes und ich danke dir, dass du mir soweit vertraut hast, dass du loslassen konntest. Wenn ich dir für dieses Geschenk etwas Sicherheit geben konnte, ist das nur fair." Tiona lächelte wieder und es schien wie ein Sonnenstrahl. 

"Danke"

Sarah nahm sich ein Taschentuch. 

Was könnte sie nun am besten sagen oder tun?

Was in aller Welt- 

Es raschelte. Sarah schaute zur Seite und sah Tiona, die sich gerade einen Keks genommen hatte und nun wie ein Reh im Scheinwerferlicht in ihrer Bewegung einfror. 

Einen Augenblick lang war alles erstarrt, dann lachten beide Frauen. Sie lachten laut und alles lebte auf. 

Das Piepen einer Digitaluhr. 

"Oh ich glaube ich muss langsam zurück zur Arbeit" sagten beide synchron.

"Du auch?" entfloh es Sarah

" Klar. Denkst du ich laufe den ganzen Tag nur durch den Park beobachte Tiere und suche Menschen zum reden?" sagte Tiona und beugte sich mit zusammengezogenen Augenbrauen in 

"Ähhh..", nuschelte Sarah, doch in diesem Moment lachte Tiona schon wieder.

"Na daran musst du noch arbeiten. Der Witz lief zu einfach"

" Danke.." sagte Sarah und rollte gespielt mit den Augen " Sehen wir uns hier vielleicht mal wieder?"

"Mal sehen. Bestimmt" antwortete Tiona und zuckte mit den Schultern.

Zum Abschied drückte Sahrah Tiona die Kekstüte grinsend in die Hand und beide winkten einander nach 20 Metern nochmals zu. So gingen beide mit etwas von der anderen zur Arbeit zurück und Sarah freute sich, während sie wieder auf dem roten knirschenden Weg, an den grünen Rasenflächen und dem uhrigen alten Kiosk zur Arbeit ging. 

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 Hallo, Jendric R.

 

Was für eine ermutigende und anrührende Geschichte. Das LI verwandelte sich in dieser Schwere und wurde von Menschlichkeit erlöst. Wunderschön!

 

So was wünscht man sich doch öfters im Leben?

 

Freue mich auf weitere Geschichten. Vor allem wenn Tiere darin mitspielen, durch Tiere kommen Kinder jedenfalls ganz anders zum Nachdenken, als wenn alles durch Menschen passiert. 

 

vor 10 Stunden schrieb Jendric R.:

"Sag das nicht. Es war etwas Gutes und ich danke dir, dass du mir soweit vertraut hast, dass du loslassen konntest. Wenn ich dir für dieses Geschenk etwas Sicherheit geben konnte, ist das nur fair." Tiona lächelte wieder und es schien wie ein Sonnenstrahl. 

"Danke"

 

 

Sonnige Grüsse,

Federtanz

 

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Hallo, moin Jendric

Sahrah fand keine passenden Worte: "Es tu mi-" 

"Sag das nicht. Es war etwas Gutes und ich danke dir, dass du mir soweit vertraut hast, dass du loslassen konntest. Wenn ich dir für dieses Geschenk etwas Sicherheit geben konnte, ist das nur fair." Tiona lächelte wieder und es schien wie ein Sonnenstrahl. 

 Diese Aussage gefällt mir besonders. Es gibt Menschen, die sich in sich zurückziehen und Menschen die auf anderen zugehen. Lassen beide Nähe zu bekommt jede/r sehr viel zurück. Ein Lächeln, ein liebes Wort, eine Umarmung, machen das Leben um so viel schöner.

Gerne gelesen

LG Josina

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