Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

Geschrieben am

Leben ist zeichnen ohne Radiergummi

Alles was ich je erlebt habe,

gehört zu mir, zu meinem Leben

ist meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft!

Ich spüre eine Art Bremse, ein zögern in mir,

überlege zu lange, Spontanität geht verloren.

Nichts falsch machen wollen, kann ja nichts korrigieren,

besser verweilen und abwarten.

Ist es tatsächlich so, oder glaub ich es nur.

Ich spüre in mir einen heftigen Drang,

will endlich erleben und neues Zeichnen,

damit ich, wenn ich zurückschau,

auf sonniges, lustiges, freches und wildes blicke:

Dem Leben mit Zeichnen ohne Radiergummi

  • Gefällt mir 8
  • Schön 3
Geschrieben

Liebe Ursula,

 

die Metapher vom Zeichnen ohne Radiergummi sagt mir sehr zu, da die zugrundeliegende Wahrheit zwar selbstevident ist, aber allzu selten wirklich reflektiert wird. Tatsächlich ist das Leben eben nicht nachträglich korrigierbar, wiederholbar und du hast die sich daraus ergebende Verlockung gut in Worte gefasst: Lieber warten und Tee trinken. Am Ende allerdings hat man dann ein leeres Papier vor sich.

 

Wir haben ein Leben, und nur ein Leben allein, um uns darauf einzulassen, auszuprobieren, was uns möglich ist. Daher fällt es mir schwer, meine Fehler wirklich zu bereuen. Zwar habe ich die Einsicht, dies und jenes falsch gemacht zu haben und meine doch auch, aus so manchem Fehler gelernt zu haben, aber bereuen könnte ich diese Fehler nur, wenn ich der Meinung wäre, mein Leben wäre es nicht wert, der Sache eine Chance zu geben. Jedenfalls kann man über deine Worte so herrlich philosophieren, dass du das Gedicht auch gut und gerne unter "Weisheiten" hättest einstellen können.:thumbup:

 

An dem Text gefällt mir besonders, dass er die verschiedenen Bewegungen aufgreift und einander gegenüber stellt, die aus der im Titel vorweggenommenen Einsicht resultieren können. Dahingehend habe ich auch den Parallelismus sehr gerne gelesen:

Am 12.6.2020 um 17:24 schrieb Ursula:

Ich spüre eine Art Bremse, ein zögern in mir,

 

Am 12.6.2020 um 17:24 schrieb Ursula:

Ich spüre in mir einen heftigen Drang,

 

Hier werden zwei gegensätzliche Impulse in eine ganz analoge Formulierung gepackt, was verdeutlicht, dass man vom selben Punkt anfangend zu ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen kann. Vielleicht wäre dies noch wirkungsvoller gewesen, wenn du den Satzbau in beiden Sätzen noch mehr angeglichen hättest: "Ich spüre einen heftigen Drang in mir". Aber so oder so wird die enorme Ambivalenz deutlich, in der sich sicher Viele wiederfinden können.

 

Mir ist aufgefallen, dass das Wort "ich" und andere Pronomen in der ersten Person Singular in dem Gedicht sehr dominant sind (ich zählte insgesamt zwölf solche Wörtchen). In vielen Gedichten, in denen solche Worte derart gehäuft vorkommen, wird man es als ein wenig unbeholfen bewerten. Aber ich meine, dass es hier sehr gut passt. Ich deute es als eine Bewusstwerdung des LI, dass es eben dieses Ich gibt, dass es nur eines davon gibt und dass es daher unendlich bedeutsam ist. Gerade in der Bedeutsamkeit des eigenen Lebens als des einzigen Lebens, das man hat, steckt die Gefahr, passiv zu sein, um keinen Fehler zu machen, dieses Leben nicht an das Unzureichende zu verschwenden. Aber zugleich steckt darin ja auch die Einsicht, wie dein LI gegen Ende feststellt, dass dieses eine Leben anzupacken sei, zu nutzen sei, es nicht einfach auslaufen zu lassen aus Angst, man könnte Fehler machen.

 

So wie ich es lese, gibt es ein kleines Fehlerchen im Gedicht:

 

Am 12.6.2020 um 17:24 schrieb Ursula:

will endlich erleben und neues Zeichnen

"Neues zeichnen" oder?

 

Aber wie du geschrieben hast: Mut zu Fehlern! Denn das ist natürlich eine Kleinigkeit und stört meinen Gesamteindruck eines rundum gelungenen Gedichts kein bisschen.:classic_smile:

 

LG

  • Gefällt mir 2
  • 2 Wochen später...
Geschrieben (bearbeitet)

Hallo Ursula,

dein Text hat mich positiv angesprochen. Herausheben würde ich für mich besonders die folgende Passage.

Am 12.6.2020 um 17:24 schrieb Ursula:

Alles was ich je erlebt habe,

gehört zu mir, zu meinem Leben

ist meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft!

Hier beschreibst du eine schlichte Wahrheit, über die man gar nicht lange und tief genug nachdenken kann.

Vielen Dank - sehr gern gelesen

Herzlichst

Elmar

  • Gefällt mir 3
Geschrieben

Hallo Ursula,

 

auch mir gefällt sehr gut dein Gedicht von 12. Juni, am selben Tag von Sonnenuntergang positiv bewertet, am Tag darauf von Schmuddelkind gründlich und hervorragend kommentiert.

Elmar hat es eben zurück geholt, sonst hätte ich es nicht gesehen. Was er dazu sagt ist auch in meinem Sinne.

Das von dir angesprochene Thematik ist ein Leitmotiv in den Werken von Milan Kundera. "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" wurde auch verfilmt.

Es ist wirklich Schade, dass wir gar nicht können, etwas nochmal, anders, besser zu machen.

Darauf beruht der bekannte Spruch: "You never have a second chance to make a first impression".

Liebe Grüße

Carlos

  • Gefällt mir 3
Geschrieben

Lieber Elmar, lieber Carlos

vielen lieben dank für euer Feedback.

Alles erlebte gehört zu uns, wir dürfen Fehler machen, denn daraus lernen wir. 

Natürlich ist es schade, denn so machen wäre uns dann erspart gewesen. 

Ich persönlich meditiere gern mit diesem Text. 

Carlos, dir danke für den Filmtipp.

Liebe Grüsse

Ursula

  • Gefällt mir 1

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.