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Geschrieben am (bearbeitet)

Auch das Schöne muss sterben
Inhaltlich angelehnt an Alexis Sorbas,
in der letzten Strophe: Anlehnung an Schillers Distichen)


Monolog der Surmelina

 

Jeder im Dorf hier nennt mich Surmelina.
Pavlis, ältester Sohn des Bürgermeisters,
stellt mir nach und achtet der Witwe Trauer
nicht im geringsten.

 

Ich traue keinem, nur dem Krüppel, meinem Freund,
der manchen Dienst mir gern für Zuckerwerk erweist.
Er half mir gestern noch, die fortgelaufne Geiß
zu finden, und die Suche führte uns ins Dorf.

 

Prasselnder Regen stürzte auf mich nieder,
gierig tranken die ausgedörrten Felder
lang ersehnten Segen; nur Basils Schirm bot
Schutz vor der Nässe.

 

Nun hol ihn bald zurück von mir und warmer Dank
sei dir gewiss als kleinste Gabe einer Frau.
Er kommt - und jäh erbebt mein Herz in wildem Schlag.
Versteck ich meine Lust im Grau des Witwenkleids?
Verberg ich mein Begehren hinter Augenschwarz?

 

Monolog des Pavlis

 

Jahre sind seit meines Freundes Tod vergangen,
seine schöne Witwe Surmelina stach mir
immer schon ins Auge - viel zu lange dauert
ihre Trauer schon. Die Zeiten heilen Wunden,
doch sie graben Falten in die glatten Züge.
Werben werde ich um sie, die Spröde mit den
großen, dunklen Augen; Beute soll sie werden -
ihre herben Züge sollen schnell sich ändern.
Lieben soll sie mich und keinen andern Männern
Blicke schenken; mir gehöre ganz allein die
Gunst des Weibes, dem an meiner Seite alle
Güter dieser Erde bald zu Füßen liegen.
Glückt `s mir nicht, die Heißgeliebte zu erobern -
haben soll sie niemand außer mir und keiner
wage, ihren Durst, den Hunger ihr zu stillen!
Jener Fremde soll sich hüten, Surmelina
geile Blicke schamlos hinter meinem Rücken
zuzuwerfen. Nicht Basils, nein! - Pavlis Name
triumphiert am Ende, oder einer von uns
beiden schreitet schnell auf dunklen Todespfaden -
roten Saft begehrt die Schneide meines Messers.

 

Monolog des Basil

 

Der Schirm ist mir willkommner Grund, mit Eile
den Weg zu dir in dieser frühen Stunde,
begleitet vom Gesang der Lerchen, bald
zu finden; dich im Morgenglanz der Sonne -
und nicht durchnässt von nächtgen Regenschauern –
ein zweites Mal zu sehen. Surmelina,
kein Schlaf war mir vergönnt; du hast ihn mir
geraubt und meine Phantasie mit Bildern
so reich gefüllt, oh, lass sie Wahrheit werden.

 

„Liebes-Duett“ Basil/Surmelina

 

Nun seh ich dich und alles Glück der Erde
verwandelt jeden Sonnenstrahl in Gold.
Ich wünsche mir, dass Neigung Liebe werde,
und meine Treue sei der Liebe Sold.
Gar nimmer führe Kypris laut Beschwerde,
an deiner Brust ich gern vergehen wollt.
Geliebtes Weib, sag ja und werde mein
und ewig werd ich, Surmelina, dein!

 

Kaum wagte ich in meinen schönsten Träumen
an deine Liebe, Basil, nur zu denken.
Lass uns, mein Lieb, nun keine Zeit versäumen,
ich will dir alle Seligkeiten schenken.
Der Wein soll heut in Goldpokalen schäumen
und Aphrodite unser Schicksal lenken.
Vorbei ist nun die dunkle Trauerzeit,
nur dich zu lieben bin ich gern bereit.

 

Lamento des Pavlis

 

Nein, ich gesteh es mir ein,
niemals gehörte sie mir und sie
wird mich auch niemals erhören.
Düstere Wolken verdecken das Blau meines
Himmels mit Schwärze, nur manchmal
zucken gewaltige Blitze und künden das
kommende Unheil mit gleißender Helle.
Nie hat sie mich,
Pavlis, geliebt und der Hass zwingt mich,
selbst meinem Leben ein Ende zu setzen.
Dürstet die Klinge des Dolches noch immer nach
Blut, es gerinnt sicher bald schon mein eignes.
Donner sei letztes Geräusch mir, der
stürzende Regen ein Meer voller Tränen.

 

Der Bote des Unglücks

 

Auch auf hinkenden Beinen ereilt die erschreckende Botschaft
so geschwind wie der nahende Sturm den in Liebe Entbranntem.
Mit erstickender Stimme berichtet er Basil in Eile
von dem Selbstmord des Pavlis und hastiger redend, dass alle
der Geliebten die Schuld an dem Tode des Pavlis nicht ihm und
den gewaltigen Göttern zu geben bereit, sondern sinnlos
in archaischer Wut die Geliebte zu morden gewillt sind.

 

Basils Rettungsversuch

 

In fliegender Eile versucht der Geschockte
das drohende Unheil zu wenden; er hastet
zum Kirchhof, wo zahlreiche Menschen es wagen,
mit Steinen der Frau und Geliebten den Leib zu
zerschmettern, der kläglich sich windet und glücklos
dem geifernden Mob zu entrinnen versucht.
Und Basil gelingt es, die Wimmernde schützend
zu bergen – da stürzt mit gezücktem Stilett
der Vater des Pavlis herbei und er schneidet
mit Wut durch die Kehle und röchelnd verblutet
im Arm des Geliebten die schönste der Frauen.

 

Elegie des Basil

 

Surmelina, es rührt die verhärteten Herzen der Menschen
nicht, und nimmer begreift auch nur einer das Weh
meines Herzens, niemand erfühlt meine Pein, nur die waltenden
Götter vermögen vielleicht, wissend von Schmerz und Geschick:
Niemand kann den Trauernden trösten, tödliche Wunden
heilen; selbst Göttern versiegt alle Gewalt vor dem Tod.
Nur der Krüppel weint und Alexis, Freund und Genosse,
Basil erstarrt, nur ein Ton ringt sich aus weidwundem Hals.
Plötzlich da weinen die Wolken, es weinen die Götter mit Basil,
weil das Leben vergeht, dass Surmelina nun stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund des Geliebten ist herrlich,
und die Liebe geht nie spurlos an Menschen vorbei.

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Liebe Lisa,

nach den Sternen greifen, hießen sie auch Sophokles, wage ich mich nicht. Für dieses Gedicht gab es zwei Anlässe: Zum einen ist mir Schillers Gedicht "Nänie" in die Finger gefallen :

 

 

 Auch das Schöne muss sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
 Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
 Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
 Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
 Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
 Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
 Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
 Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
 Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
 Daß das Schöne vergeht, dass das Vollkommene stirbt.
 Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
 Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

 

(Wobei ich nicht verschweigen will, dass ich mir Interpretationshilfe suchen musste)

 

Zum zweiten: Nach Jahren habe ich mir den Film "Alexis Sorbas" noch einmal angesehen.Anthony Quinn glänzte da wohl in einem seiner besten Filme.

Weil mir such sehr oft eine gelungene Rezitation fehlt, habe ich in den letzten Jahren "Dichtertreffen" organisiert. Sie hatten unschätzbare Vorteile: 1. lernte man die Menschen kennen, die sich hinter Nicknamen verbergen (und es gab nur positive Überraschungen), 2. konnte sich jede/r als Rezitationskünstler/in entpuppen. Das nächste Treffen wird wahrscheinlich im Oktober am Stadtrand von Jena stattfinden. Könnte Dich so etwas locken?

Liebe Grüße und Dank für Deinen Kommentar!

Hayk

 

 

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