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Viele Arbeitslose kennen das Problem: Das Arbeitsamt hat Ihnen ein Vorstellungsgespräch für einen Job besorgt, den Sie gar nicht haben wollen. Um aus dieser heiklen Situation zu entkommen, könnte die folgende Anleitung hilfreich sein.

 

Für das antiperfekte Auftreten ist zunächst einiges an Vorbereitung notwendig: Am Abend zuvor muss unbedingt eine Flasche Wein getrunken werden und dann darf man sich bis zum Bewerbungsgespräch auf keinen Fall die Zähne putzen. Bitte zum Gesprächstermin ein möglichst ausgewaschenes, ausgeleiertes T-Shirt vom Vortag anziehen; dazu eine kurze Hose mit Flecken! Zu Beginn des Termins ist es von Vorteil, sich betont lässig, in den Stuhl plumpsen zu lassen. Dann die Beine ausstrecken und die Hände hinter dem Kopf verschränken!

 

Für den Fall, dass der potentielle Arbeitgeber sich vom ersten Eindruck noch nicht abschrecken lässt, ist der weitere Gesprächsverlauf entscheidend. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Wenn Sie inhaltlich zu erkennen geben, dass Sie den Job gar nicht haben wollen, besteht die Gefahr, dass der dienstbeflissene Arbeitgeber Sie beim bösen Arbeitsamt verpetzt und Ihnen die Leistungen gekürzt werden. Um dies zu verhindern, müssen Sie signalisieren, dass Sie den Job haben wollen und zugleich durch im Subtext verborgene Charakterschwächen dafür sorgen, dass der Arbeitgeber Sie gar nicht einstellen will. Die effektivste Strategie hierzu sieht wie folgt aus:

 

Bewerber: Ich möchte gleich zu Beginn betonen, wie sehr ich mich darauf freue, bald für Sie arbeiten zu dürfen. Kundenaquise für Hartkunststoffsegmente im Gartenbaubereich war schon immer mein Traumberuf.
Arbeitgeber: Ganz mit der Ruhe! Noch sind Sie nicht eingestellt.
B: Das ist ja nur eine Formalie. Offengestanden wären Sie blöd, mich nicht einzustellen. Arbeitnehmer, die ihre Aufgaben erfüllen, kann man jeden Tag finden. Aber nur einmal im Leben, wenn überhaupt, bietet sich einem die Chance, einen Menschen zu engagieren, der die ihm zugewiesene Aufgabe neu definiert. Und dieser Mensch sitzt gerade vor Ihnen. Wo kann ich unterschreiben?
A: Moment! Erst einmal hätte ich eine Reihe von Fragen an Sie. Ihnen ist klar, dass sie in unserem Unternehmen in einem dichten und stark verschränkten kollegialen Netzwerk arbeiten würden. Daher stellt sich mir zunächst die Frage, ob Sie sich als teamfähig beschreiben können.
B: Absolut! Ich war schon immer viel teamfähiger als meine Kollegen - da waren auch viele Narzissten dabei, muss ich sagen. Ich bin ausgesprochen teamfähig, aber ich verlange auch, dass sich meine Kollegen nach meinen Bedürfnissen richten. Was z.B. nicht angehen kann: Dass ich ans Telefon gehen muss, nur weil mein Chef sich nicht dazu herablassen kann. Hab ich alles schon erlebt. Deswegen sag ich das.
A: Was ist Ihre größte Stärke?
B: Oh, das ist eine schwierige Frage. Ich habe so viele Stärken. Da jetzt die größte auszuwählen... puh! Daher muss ich wohl sagen, dass meine größte Stärke meine enorm vielseitige Begabung ist.
A: Welche Begabungen gehören denn beispielsweise zu ihrem Talentreservoir?
B: Ich bin unbeirrbar. Wenn ich weiß, dass etwas richtig ist, lasse ich mich davon auch nicht von irgendwelchen Besserwissern abbringen. Sie müssen sich darauf gefasst machen, dass einige Dinge anders laufen, sobald ich bei Ihnen arbeite. Ich erkenne recht schnell, welche Abläufe in einer Firma funktionieren und welche nicht. Und was nicht funktioniert, wird mit mir nicht mehr zu machen sein. Ich werde in Ihrem Unternehmen ganz schön aufräumen. Das wird am Anfang nicht für alle leicht sein, aber danken können Sie mir hinterher.
A: Verstehe. Und was ist Ihre größte Schwäche?


An dieser Stelle ist es wichtig, betont lange zu überlegen. Besonders beeindruckend wäre es, jetzt einen Schluck aus einem Flachmann zu nehmen. Auf die mögliche Frage "Trinken Sie Alkohol?" kann man wahlweise mit einer der beiden Gegenfragen antworten: "Ist das ein Problem?" Oder: "Sie nicht?" Schließlich kommen Sie aber doch noch auf die Frage zurück:


B: Ich fürchte, darauf kann ich nichts antworten. Ich schätze, wenn ich so darüber nachdenke, habe ich gar keine wirkliche Schwäche. Vielleicht, wenn man es eine Schwäche nennen mag, bin ich zu bescheiden. Mir genügt es eben, wenn mir alle die notwendige Achtung zukommen lassen und dann verlange ich nicht mehr. Vielleicht komme ich dann am Ende des Tages etwas zu kurz. Ja, das ist wohl meine Schwäche.
A: Hier steht, dass Ihnen bei Ihrem letzten Arbeitgeber fristlos gekündigt wurde. Können Sie mir die Umstände erläutern, die zu dieser Kündigung führten.
B: Das liegt doch auf der Hand... Die Narzissten!
A: Bitte?
B: Na, meine ehemaligen Arbeitskollegen. Denen war ich natürlich mit meinem überlegenen Arbeitsethos ein Dorn im Auge. Dann haben sie gegen mich intrigiert. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
A: Apropos Arbeitsethos: Können Sie sich auch vorstellen, Überstunden zu machen?
B: Brauche ich nicht. Ich erledige meine Arbeit stets in der Regelarbeitszeit.
A: Nun gut, ich fürchte, dann habe ich keine weiteren Fragen.
B: Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen.
A: Sie werden dann von uns benachrichtigt.

  • Lustig 6
Geschrieben

Köstlich @Schmuddelkind  - eine heitere Seite an dir, die ich sehr schätze. Diese Anleitung eher nicht ans Arbeitmarktservice weiterleiten - könnte nicht so gut ankommen.

Zum Glück bin ich in Pension und mache mir darum keine Gedanken mehr. Aber als Chefsekretärin in einem Personalbüro hätte ich die Krise bekommen, wenn solch ein Typ bei der Tür hereingekommen wäre. Ich lach mich kaputt. Aber ich hätte auch einiges zu erzählen, wie es noch viel schneller geht, dass man den Job nicht bekommt (lächel).

Danke für den erheiternden Abend.

Sonja

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Vielen Dank für deine Lacher, liebe Sonja!:grin:

 

vor 14 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

Diese Anleitung eher nicht ans Arbeitmarktservice weiterleiten - könnte nicht so gut ankommen.

Ja, ich fürchte, das Arbeitsamt versteht keinen Spaß, obwohl sie die Absurdität quasi erfunden haben.:achselzucken:

 

vor 14 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

Aber ich hätte auch einiges zu erzählen, wie es noch viel schneller geht, dass man den Job nicht bekommt (lächel).

Ich bin ganz Ohr...:smile:

 

vor 14 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

Danke für den erheiternden Abend.

Gerne. Ich bringe gerne Menschen wahlweise zum Lachen oder zum Weinen (beides ist guttuend).

 

LG

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