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Geschrieben am

Vorbeigezogen sind die vielen Jahre
selbst der Nachwuchs ist erwachsen
längst ergraut sind nun die Haare
die eingerosteten Gelenke knacksen

Ich erblicke einen alten Mann im Spiegel
die Stirn ist in Falten gelegt
erschöpfte Augen, das Gemüt sensibel
ich hab schon lange gelebt

Plötzlich schellt mehrfach die Klingel
Ich ziehe das Hemd noch einmal gerade
Es ist mein Enkel, der kleine Schlingel
"Warum ausgerechnet an diesem Tage?"

Die Tür geht auf und er rennt hinein
"Opa, was machst du heute so?"
"Nicht so laut! Wir sind nicht allein!
Erst einmal gehe ich auf das Klo."
 
Dort angekommen, nach einem Schnaufen
höre ich ihn rufen: "Opa, was ist denn das?"
Erschrocken bin ich aus dem Klo gelaufen
"Nichts für Kinder, das wird nicht angefasst!"

Er fand die eingestaubten Truhen,
in denen ich Erinnerungsstücke aufbewahr'
voll Briefen, Gemälden und Figuren
aus jedem Land ein kostbares Accessoire

Mir ist mein Enkel nicht ganz geheuer
"Opa, was hast du denn hier drin versteckt?
"Vorsicht, das kommt dich sonst teuer!"
schon wurde der Schlüssel hineingesteckt

Seine kleinen Augen funkeln
er nimmt langsam den Deckel weg
eine kleine Skulptur im Dunkeln
hat nun sein Interesse geweckt
 

...............

Es ist das Präsent von meiner geliebten Frau
- die goldene Engelsfigur
Ich werde daraus wohl nie wirklich schlau
warum ging sie denn nur?

Damals war es eine unbeschwerte Zeit
Wir tanzten bis tief in die Nacht hinein
hatten den allergrößten Spaß zu zweit
genossen Rendezvous bei Kerzenschein

Zwischen uns war ein starkes Band gespannt
Meine Liebe galt für immer ihr
Ich hab sie liebevoll "meinen Engel" genannt
Drei Kinder schenkte sie mir

Doch als die Diagnose kam
da stand die Zeit still in dem Moment
Ich hielt sie fest im Arm
Jahre hat sie um ihr Leben gekämpft

Ihre Hautfarbe wirkte so fahl
das Leben wich zunehmend aus ihrem Gesicht
Der Krebs machte es zur Qual
Sie schrieb dennoch über die Liebe ein Gedicht

Nichts konnte ihr das Lächeln stehlen
war die Nacht auch durchzecht
selbst als ihre geliebten Haare fehlten
empfand sie die Welt als gerecht

Sie hielt jederzeit an ihrem Glauben fest
er gab ihr in der schweren Zeit einen Halt
Sie sagte: Wenn sie ihren Körper verlässt
öffnet sich der Himmel einen kleinen Spalt

Sie spürte wohl, es wird der letzte Morgen
den goldenen Engel erhielt ich als Geschenk
sie sei stets von guten Mächten geborgen
unsre Schritte seien geführt und gelenkt

Unwissend ging ich von ihrem Bett
und küsste sanft ihre kühle Wange
Ich war nur für eine kurze Zeit weg
als ich wieder kam, wurde es mir bange

Da lag sie, ohne irgendeine Regung
Ich schrie sie an, doch alles war vergebens
Es half auch keine Wiederbelebung
denn es verließ sie der Odem des Lebens

...............


"Opa, Opa... Du brauchst nicht weinen"
riss mich mein Enkel aus den Gedanken
"Wir können gern das Spielzeug teilen
oder spielen wir mit dem Lego Elefanten?"

"Der goldene Engel erinnert mich an Oma
sie fehlt mir doch so sehr
noch vor kurzem lag in der Luft ihr Aroma
nun ist er hier nicht mehr"

Mit Tränen in den Augen
legte ich den Arm um meinen Enkel
"Das kannst du mir glauben,
deine Oma war ein wahrer Engel"

"Ja, Oma lachte so gern
Mama sagt - im Himmel ist sie daheim
noch sind wir ihr zwar fern
doch irgendwann werden wir bei ihr sein"

Seine Worte wärmten mir das Herz
so drückte ich ihn ganz fest an mich
Mein Enkel nahm mir den Schmerz
und zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht

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Geschrieben

Lieber Feuerfunke,

Deine Verse, ich gebrauche Deine Worte zu Beginn der letzten Strophe, wärmten mir das Herz.

Der Stoff des ganzen Gedichts hätte für mindestens drei Gedichte gereicht. Diese Bemerkung bitte nicht als Kritik verstehen, sondern als zarten Hinweis darauf, dass Du den Leser/die Leserin ein wenig überforderst. Ich selbst neige auch dazu, ins Plaudern zu kommen und traue mich kaum mal, längere Gedichte einzustellen.

Aber Deine "Ode an die nie versiegende Liebe" , ich benutze noch einmal Deine Worte am Ende der letzten Strophe, zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht.

Liebe Grüße,

Hayk 

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Lieber @Hayk,

 

vielen Dank für deine ehrliche Rückmeldung. Ja, der Umfang des Gedichtes verlangt eine große Ausdauer. Es spiegelt den Gedankenfluss an diesem Tag wider. Mir fiel es schwer den "Stift" fallen zu lassen. Es freut mich, dass dich der Text dennoch ansprach.

 

Hallo @Sonnenuntergang,

 

auch dir ein herzliches Dankeschön.

 

Danke an @avalo, @Skalde, @CB90, @LisaN, @Freiform

 

 

 

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