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Geschrieben am

Ich sprach: "Ich werde dich vermissen."
und starrte an die Wand
und fing ganz furchtbar an zu weinen.

Du führtest meinen Kopf zum Kissen
und hieltest meine Hand:
"Auch nach mir wird die Sonne scheinen."

Ich ließ dich zärtlich mich belügen,
ich liebte dich zu sehr
und regte meinen Kopf nicht weiter.

Noch heute kann ich dich nicht rügen,
wiegt auch die Wahrheit schwer,
ist deine Lüge warm und heiter.

 

 

(Aus dem Fundus)

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Geschrieben

Hallo Schmuddelkind!!
 

unglaublich bewegende Zeilen, die denke ich so ziemlich jeden ansprechen jeder kennt diesen Schmerz einen geliebten Menschen zu verlieren. 
 

vor 17 Minuten schrieb Schmuddelkind:

Ich sprach: "Ich werde dich vermissen."
und starrte an die Wand

Hier wird denke ich ein Mechanismus deutlich das verdrängen, das LI kann den oder die geliebte (sterbende?) nicht ansehen. Auf die Frage ob es tatsächlich um einen sterbenden Menschen geht in deinem Gesicht kommt mir ein Beitrag von einem Bestatter in den Sinn der die Trauer mit der Zeit nach einer Trennung vergleicht. 
 

 

vor 18 Minuten schrieb Schmuddelkind:

Ich ließ dich zärtlich mich belügen,
ich liebte dich zu sehr

Hier sind wir bei leugnen. Das LI kann nicht wahrhaben dass die Sonne auch ohne das Ld scheinen wird. Es scheint unmöglich, dass es weiter geht. 
hier wird aber auch die tiefe Liebe zwischen dem LI und dem ld deutlich. Eine Lüge ist in unserer Gesellschaft eher etwas negatives, hier aber ein Schutz den das ld zärtlich um die Angst des LI legt. 
 

 

vor 20 Minuten schrieb Schmuddelkind:

Noch heute kann ich dich nicht rügen,
wiegt auch die Wahrheit schwer,
ist deine Lüge warm und heiter.

Hier weicht das LI vom normalen Verlauf der Trauer ab. Normalerweise endet der Prozess mit der Akzeptanz. Das LI hätte hier jetzt bei der Einsicht sein sollen, dass das Leben weiter geht und die Sonne wirklich wieder scheint, aber das LI scheint nicht in der Lage diesen Verlust zu verkraften. 
 

gerne gelesen, hat mich sehr berührt. 
 

lg DD

  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Schmuddelkind!

 

Ich muss mich ein wenig sortieren, die Bilder sind sehr stark!

Sprachlich war ich anfangs fast ein wenig enttäuscht. Stellenweise wirkt es (mir fällt kein besseres Wort ein) irgendwie "platt", ohne Tiefe, stumpf daher gesagt. Im nochmaligen Lesen löst sich der Eindruck etwas. Nun scheint es mir aus der Taubheit des LIs herzurühren, dieses Unbegreifen, das sich in den Worten spiegelt..

 

Ich habe keinen Verlust durch Tod im Sinn, wenn ich deine Zeilen lese. Es wäre möglich, aber.. in mir kommt ein anderes Gefühl an. Es gibt Gründe, unabdingbare Gründe, aus denen sich LI und LD nicht mehr sehen können. Obwohl sie eigentlich nicht auseinander gehen wollen.. aber so so spielt das Schicksal manches Mal.

Beide wissen im Grunde, dass der Andere die eine Hälfte ihres Lebens ist. Eine Lücke, die sich nicht ersetzen noch füllen lässt, es wird keine "neue" Sonne geben, die das gleiche Licht zu spenden vermag.

Meine Assoziation ging schnell zu einem Buch von Pascal Mercier "Der Klavierstimmer". Die Zwillinge Patrice und Patricia entscheiden sich, auseinander zu gehen, sich nie wieder zu sehen. Weil ihrer beider Gefühle zueinander zu stark sind und über geschwisterliche Liebe hinaus gehen.. Das Buch besteht aus den Briefen beider an den anderen, nach der Trennung, auch wenn sie die Briefe nie lesen. Erst als ihr Vater einen Mord begeht treffen die beiden erneut aufeinander um die Hintergründe zu erforschen, aber in jeder Begegnung liegt so viel Schmerz.

 

Jedenfalls.. dieses große Unbegreifen im Gefühl, obwohl der Kopf versteht, hat mich stark daran erinnert. LI weiß, dass es anders nicht geht. Aber die Sehnsucht bleibt, genau wie die Gewissheit, dass die Worte von LD gelogen sind, denn die Sonne wird so nicht wieder scheinen.

Am Ende sind die tröstlichen, heiteren Worte vom LD das, was dem LI verbleibt.

Die Wahrheit, dass ein Wiedersehen unmöglich ist, lastet dennoch schwer. Aber es gibt eben Gründe.. und wie könnte LI das LD dafür rügen? Zumal die Liebe so groß ist..

 

Meine Assoziation mag eine gänzlich entfernte zu deiner Intention sein, aber so ist das. Für mich stimmt nun jedes Wort und ich bin wieder mal in Zeilen versunken.. (ich tue das manchmal zu gerne, da gehen schnell die Tage dahin.. aber es ist so schön, dass ich es nicht lassen kann.)

 

Liebe Grüße, Lichtsammlerin

  • Danke 1
  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Oh, vielen Dank für die vielen tiefgründigen Worte, ihr Lieben!:smile:

 

Am 30.8.2020 um 17:35 schrieb gummibaum:

Trost darf manchmal Lüge sein. Hier heiligt der Zweck ausnahmsweise die Mittel. 

Ja, sieht so aus. Eine Lüge ist, so gesehen, nicht zwangsläufig etwas Schlechtes. Zumindest ist sie in diesem Fall vollkommen menschlich.

 

Am 30.8.2020 um 17:38 schrieb Devils.darling.:

unglaublich bewegende Zeilen, die denke ich so ziemlich jeden ansprechen jeder kennt diesen Schmerz einen geliebten Menschen zu verlieren. 

Durch Tod, durch Trennung oder weil einfach die Wege in unterschiedliche Richtungen gehen - ja, die meisten Menschen haben schon mal einen solchen Verlust erlebt und daher sind Texte über den Verlust eines Menschen oft so nahegehend. Ich liebe Bücher und Filme, die dieses Thema empfindsam verarbeiten.

 

Am 30.8.2020 um 17:38 schrieb Devils.darling.:

Hier wird denke ich ein Mechanismus deutlich das verdrängen, das LI kann den oder die geliebte (sterbende?) nicht ansehen.

Gute Beobachtung!:thumbup:

Es ist eine unglaublich große Herausforderung, den Tod zu akzeptieren, sei es den eigenen oder den eines nahestehenden Menschen. Es ist die eine Sache, die niemand erleben möchte, die aber zwangsläufig passiert. Da ist die Versuchung groß, wegzusehen, sich vom Tod abzuwenden. Letztendlich nützt es aber natürlich nichts.

 

Am 30.8.2020 um 17:38 schrieb Devils.darling.:

Hier sind wir bei leugnen. Das LI kann nicht wahrhaben dass die Sonne auch ohne das Ld scheinen wird. Es scheint unmöglich, dass es weiter geht. 
hier wird aber auch die tiefe Liebe zwischen dem LI und dem ld deutlich. Eine Lüge ist in unserer Gesellschaft eher etwas negatives, hier aber ein Schutz den das ld zärtlich um die Angst des LI legt. 

Wenn man den einen Menschen verliert, der einem mehr wert ist als alles andere in der Welt, ist es nur schwer vorstellbar, dass das Leben weitergehen soll. Schließlich war bisher im Begriff "Leben" dieser besondere Mensch inbegriffen. Daher finde ich deine Formulierung so schön, dass das LD seine Lüge zärtlich um die Angst des LI legt, denn nur in der Lüge kann das LI Trost finden, nur in der Vorstellung. Doch genau dadurch wirkt das LD noch nach dem Tod auf das Leben des LI ein, fast als wäre ein Teil, quasi der Geist des geliebten Menschen noch am Leben. Das ist dann vielleicht das größte Maß an Realität, auf das man sich in einer solchen Situation noch einlassen kann.

 

Am 30.8.2020 um 17:38 schrieb Devils.darling.:

Hier weicht das LI vom normalen Verlauf der Trauer ab. Normalerweise endet der Prozess mit der Akzeptanz. Das LI hätte hier jetzt bei der Einsicht sein sollen, dass das Leben weiter geht und die Sonne wirklich wieder scheint, aber das LI scheint nicht in der Lage diesen Verlust zu verkraften. 

Jein, würde ich sagen. In sich selbst kann es die Akzeptanz der Realität tatsächlich nicht finden, aber die Erinnerung an das LD und dessen Worte, helfen darüber hinweg. Das LI muss sich erst auf eine Täuschung einlassen, um aus der Welt der Täuschung heraus die Wirklichkeit anzunehmen.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Ich muss mich ein wenig sortieren, die Bilder sind sehr stark!

Wow!:scared:

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Sprachlich war ich anfangs fast ein wenig enttäuscht. Stellenweise wirkt es (mir fällt kein besseres Wort ein) irgendwie "platt", ohne Tiefe, stumpf daher gesagt. Im nochmaligen Lesen löst sich der Eindruck etwas. Nun scheint es mir aus der Taubheit des LIs herzurühren, dieses Unbegreifen, das sich in den Worten spiegelt..

Die Sprache ist definitiv sehr schlicht und auch die größtenteils parataktische Satzstruktur wirkt eher unaufgeregt. Es ist wohl die Sprache eines Mannes, der nach Jahren gelernt hat, mit dem Verlust zu leben, ohne ihn wirklich ganz akzeptieren zu können. Ich schätze, darin drückt sich v.a. aus, wie sehr das LI in seinen Gedanken beim verstorbenen LD ist. Wenn ich manchmal in meinen Gedanken verloren bin, antworte ich meinen Gesprächspartnern auch meist einsilbig und halbwegs nüchtern.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Ich habe keinen Verlust durch Tod im Sinn, wenn ich deine Zeilen lese. Es wäre möglich, aber.. in mir kommt ein anderes Gefühl an. Es gibt Gründe, unabdingbare Gründe, aus denen sich LI und LD nicht mehr sehen können. Obwohl sie eigentlich nicht auseinander gehen wollen.. aber so so spielt das Schicksal manches Mal.

Ja, solche Situationen drängen sich im Leben manchmal auf und das könnte auch ganz gut auf das Gedicht passen. Letztendlich ist es, so oder so, wohl ein unvermeidlicher Verlust, der eine ähnliche emotionale Wirkung haben könnte, auch wenn der Tod eines Liebsten noch mal ein Stück härter sein dürfte. Aber dieser Unterschied ist wohl graduell.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Beide wissen im Grunde, dass der Andere die eine Hälfte ihres Lebens ist. Eine Lücke, die sich nicht ersetzen noch füllen lässt, es wird keine "neue" Sonne geben, die das gleiche Licht zu spenden vermag.

Ja, wenn man einander wirklich liebt, ist es nicht leicht, das Leben danach wirklich als Leben aufzufassen, zumindest am Anfang. Auch da passt deine Interpretation wieder gut zum Geschriebenen.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Meine Assoziation ging schnell zu einem Buch von Pascal Mercier "Der Klavierstimmer". Die Zwillinge Patrice und Patricia entscheiden sich, auseinander zu gehen, sich nie wieder zu sehen. Weil ihrer beider Gefühle zueinander zu stark sind und über geschwisterliche Liebe hinaus gehen.. Das Buch besteht aus den Briefen beider an den anderen, nach der Trennung, auch wenn sie die Briefe nie lesen. Erst als ihr Vater einen Mord begeht treffen die beiden erneut aufeinander um die Hintergründe zu erforschen, aber in jeder Begegnung liegt so viel Schmerz.

Krasser Scheiß!:scared:

Klingt interessant. Werde ich vielleicht mal lesen...

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Jedenfalls.. dieses große Unbegreifen im Gefühl, obwohl der Kopf versteht, hat mich stark daran erinnert. LI weiß, dass es anders nicht geht. Aber die Sehnsucht bleibt, genau wie die Gewissheit, dass die Worte von LD gelogen sind, denn die Sonne wird so nicht wieder scheinen.

Was bei deiner Interpretation faszinierend ist: Das LD weiß dann sehr genau, dass es eine Lüge war und lügst sich somit auch selbst was vor, um den Kopf über Wasser zu halten. Das ist irgendwie noch härter, glaube ich.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Am Ende sind die tröstlichen, heiteren Worte vom LD das, was dem LI verbleibt.

Die Wahrheit, dass ein Wiedersehen unmöglich ist, lastet dennoch schwer. Aber es gibt eben Gründe.. und wie könnte LI das LD dafür rügen? Zumal die Liebe so groß ist..

Manchmal bleiben einem nicht mehr als Erinnerungen und wenn die Gegenwart zu schwer zu ertragen ist, bleibt einem wohl nur noch, die Vergangenheit zur ganzen Wirklichkeit zu erheben.

 

Am 30.8.2020 um 19:38 schrieb Lichtsammlerin:

Meine Assoziation mag eine gänzlich entfernte zu deiner Intention sein, aber so ist das.

Ich hatte tatsächlich auch eher den Tod des LD im Sinn, aber deine Lesart passt ebenso zum Gedicht und ich danke dir, dass du das Gedicht noch einmal aus einem leicht anderen Blickwinkel beleuchtet hast - nur so kann das ganze Gedicht zu Vorschein kommen. Gedichte sind nämlich wie Statuen. Man muss um sie herum gehen, sie von allen Seiten betrachten, um sie ganz zu verstehen.

 

LG

  • Schön 1

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